Hilft die Methadontherapie Heroinabhängigen?

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Staubiii
Anfänger


Anmeldungsdatum: 01.11.2016
Beiträge: 4

BeitragVerfasst am: 1. Nov 2016 12:15    Titel: Hilft die Methadontherapie Heroinabhängigen? Antworten mit Zitat

Vielleicht können sie mir ein paar Fragen beantworten.


Ist die Methadontherapie eine Alternative zu Heroin?

Was sind die Gefahren von Methadon?

Ist das Suchtpotenzial größer als bei Heroin?

Wie ist der Methadon Entzug? bzw. wie fühlt er sich an? (Kalt, Zittern, Brechen etc.)

Gibt es mögliche körperliche Schäden?
Gibt es mögliche psychische Schäden?

Was ist die Wirkung von Methadon?
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Praxx
Foren-Guru
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Anmeldungsdatum: 25.07.2014
Beiträge: 3203

BeitragVerfasst am: 1. Nov 2016 13:59    Titel: Antworten mit Zitat

Aha, Staubiii muss ein Referat schreiben...

Da wäre erst mal zu klären, was du unter "helfen" verstehst.

Die Substitutionstherapie mit Methadon oder anderen Opioiden verschafft Opioidabhängigen einen legalen und niedrigpreisigen Zugang zu ihrer Droge. Damit beseitigt sie den Anlass für den größten Teil der Verelendung von Junkies.

Opioidabhängigkeit ist ein sehr belastender 24/7-Job aus Geld beschaffen, Stoff beschaffen, Konsumieren und davon erholen, angetrieben von der Furcht vor Entzugserscheinungen. Für "normale" Aktivitäten bleibt daneben weder Kraft noch Zeit noch Geld.

Die Substitution sichert ein möglichst gesundes Überleben der Suchtkranken und ermöglicht damit eine soziale Wiedereingliederung. Substituierte könn(t)en arbeiten gehen, Schule, Ausbildung, Studium erfolgreich absolvieren und ein "ganz normales Leben" führen.

Das Langzeitziel "lebenslange Abstinenz" erreichen laut WHO mit oder ohne Substitution nur 5% der Betroffenen, deshalb gilt die dauerhafte Substitutionstherapie als "Behandlung der 1. Wahl" bei Opioidabhängigkeit.

Für die Substitution werden aus "erzieherischen Gründen" nur Substanzen ausgewählt, die eine langsam eintretende und langdauernde Wirkung haben, also kein Rauscherlebnis verursachen. Ausnahme ist die Diamorphinbehandlung mit "richtigem" Heroin, das mehrfach täglich gespritzt werden muss.

Richtig angewendet, ist die Substitutionstherapie eine "medikamentöse Prophylaxe von Entzugserscheinungen". Die Suchterkrankung besteht dabei grundsätzlich weiter. Vor allem das Bedürfnis, innere Spannungszustände (Trauer, Wut, Freude, Kränkung, Stress) durch Substanzzufuhr erträglich zu machen.

Das Suchtpotenzial ist bei allen "starken Opioiden" prinzipiell gleich, Methadon oder andere Substitute erhalten ja nur Menschen, die bereits abhängig sind.

Opiate sind wenig "organtoxisch", bei Polamidon/Methadon gibt es als Besonderheit einen Effekt auf das Herz (Rhythmusstörungen) durch eine Verlängerung der QT-Zeit im EKG, der stärker ist als bei anderen Opioiden und deshalb besonders beachtet werden muss.
Hauptproblem ist die durch alle Opioide verursachte, chronische Verstopfung, die bis zum "paralytischen Ileus" (Darmlähmung) gehen kann.
Ansonsten kann Methadon auch in hohen Dosen ohne wesentliche organische Folgen über Jahrzehnte verabreicht werden. Zudem verursachen alle Opioide (außer Buprenorphin) bei gleichmäßiger Zufuhr einen relevanten Testosteronmangel bei Männern, der eine Gewichtszunahme fördern kann.

Auch der Entzug ist bei allen Opiaten prinzipiell gleich. Kurzwirksame Opiate wie Heroin oder Morphin verursachen ein kurzes und schweres Entzugssyndrom, lang und langsam wirkende wie (Levo-)Methadon oder Buprenorphin dagegen ein deutlich längeres, dafür aber weniger ausgeprägtes.

Methadon hat alle typischen Wirkungen "starker" Opioide: Es sediert, vermindert die Schmerzwahrnehmung, vermindert Hustenreiz, senkt Puls und Blutdruck, verursacht Darmträgheit, erhöht die Schließmuskelspannung von Darm und Blase, hemmt das "sympathische Nervensystem" und dämpft das Atemzentrum.

Unabhängig von der Art der Zufuhr erreicht Methadon seine volle Wirkung erst ca 7 Stunden nach der Einnahme, auch bei Injektion. Bei "unerfahrenen" Konsumenten ist das höchst gefährlich, weil die Wirkung am Anfang nicht ausreicht und deshalb zu früh und zu oft "nachgelegt" wird - mit der Folge einer tödlichen Überdosierung erst Stunden nach der letzten Einnahme.

Die lang und langsam wirkenden Substitutionsmittel (Levo-)Methadon und Buprenorphin verdanken ihre lange Wirkdauer einer höheren "Rezeptoraffinität", das heißt, sie binden sich fester und länger an die µ-Rezeptoren der Nervenzellen. Dadurch bleiben zusätzlich zugeführte andere Opiate - wie zB Heroin (Diacetylmorhin) - fast wirkungslos, da alle Rezeptoren "besetzt" sind.

Deine übrigen Antworten kannst du sicher selber googeln

LG

Praxx
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mikel015
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Anmeldungsdatum: 27.03.2015
Beiträge: 4068

BeitragVerfasst am: 1. Nov 2016 14:28    Titel: Antworten mit Zitat

Praxx hat Folgendes geschrieben:

.
Ansonsten kann Methadon auch in hohen Dosen ohne wesentliche organische Folgen über Jahrzehnte verabreicht werden.


Praxx




kann ich so nicht stehen lassen!
Nach einem halben Jahr in der Methadonsub ist mir die Gallenblase geplatzt und mein Arzt war der Meinung das es von der hohen täglichen Einnahme von Methadon kämme.Desweiteren ist bei meinem Cousin nach 1'nem Jahr Methadon eine tödlich verlaufende Lebererkrankung ( Leberzirrhose) diagnostiziert worden. Er war wie ich vorher jahrzehntelang auf Opiate und bis zu dem Zeitpunkt des Eintritts ins Programm war alles paletti...soweit gesundheitlich...
Das waren jetzt nur zwei Beispiele von vielen...


so Long
Mikel
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Praxx
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Anmeldungsdatum: 25.07.2014
Beiträge: 3203

BeitragVerfasst am: 1. Nov 2016 16:07    Titel: Antworten mit Zitat

Ich mache seit fast 25 Jahren Substitutionsbehandlungen. Eine Cholestase durch Spasmus des "Sphincter oddi" kann zwar mal kurzzeitig vorkommen - dann wird der Stuhl hellgelb, der Urin dunkelbraun und es entwickelt sich eine Gelbsucht - das habe ich bei einigen Hundert Patienten noch nie gesehen. Ist übrigens bei Heroin noch viel häufiger als bei Pola/Metha.

Ein Gallenblasenperforation setzt immer eine Entzündung voraus - wenn du die wegen der analgetischen Wirkung des Methadon nicht bemerkst, ist nicht unbedingt das Methadon dran schuld.
Ich habe zB zwei Patienten, die dadurch eine perforierte Divertikulitis erst sehr spät bemerkt haben und deshalb dann operiert werden mussten,

Ein Leberschaden durch Methadon ist mir völlig neu. Eine Zirrhose braucht Jahre, um sich zu entwickeln. Das sieht man häufig bei Substituierten mit Hepatitis C, die zusätzlich noch erheblich Alkohol konsumieren. Fangen leider viele an, denen die Substi nicht gegen das Erleichterungs- oder Belohnungscraving hilft.

Ich habe tatsächlich bereits einige Patienten mit einer 15-20 jährigen Substi-Anamnese ohne organische Komplikationen

LG

Praxx
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sickgirl
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Anmeldungsdatum: 28.01.2015
Beiträge: 386

BeitragVerfasst am: 1. Nov 2016 16:35    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo, praxx, die 5% sind mir zwar geläufig, ich weiß allerdings nicht, ob sie sich nur auf "harte" Opioide oder auch auf "weiche" (naja, du weißt, was ich meine) beziehen?
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Praxx
Foren-Guru
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Anmeldungsdatum: 25.07.2014
Beiträge: 3203

BeitragVerfasst am: 1. Nov 2016 17:47    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Sickgirl,

die 5% stammen von der WHO und beziehen sich auf Opiate - also Heroin & Co... Richtigkeit dahingestellt - es gibt sehr viele widersprüchliche Studien zum Verlauf von Suchterkrankungen.

LG


Praxx
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sickgirl
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Anmeldungsdatum: 28.01.2015
Beiträge: 386

BeitragVerfasst am: 1. Nov 2016 18:16    Titel: Antworten mit Zitat

Okay, danke für die Info.
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nebukadnezar
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Anmeldungsdatum: 26.08.2015
Beiträge: 4292

BeitragVerfasst am: 1. Nov 2016 19:37    Titel: Antworten mit Zitat

Praxx hat Folgendes geschrieben:

- wenn du die wegen der analgetischen Wirkung des Methadon nicht bemerkst, ist nicht unbedingt das Methadon dran schuld.
n

LG

Praxx


Das ist mMn ein ganz entscheidender Punkt, wenn auch keine direkte aber doch indirekte NW von Methadon. Dadurch das man durchs Metha ständig sediert ist ( auch wenn man sich nach längerer Zeit nicht mehr so fühlt) nimmt man Warnsignale z.B. Schmerzen des Körpers nicht wahr, und läuft ggf. Gefahr eben so etwas wie von mikel beschrieben erst viel zu spät zu merken.
Ich könnte eine lange Liste an Schmerzen aufschreiben, die ich wahrnehme seitdem ich kein Methadon mehr nehmen, von Nervenschmerzen, über Knochenschmerzen und Muskelschmerzen bis ebenfalls Schmerzen an der Gallenblase. In über 20 J 23 ml Metha tgl. hatte ich nie Schmerzen...wie auch!

LG N
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