clean werden nach jahrelanger sucht: wie war es bei euch?

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SAUBERMANN
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Anmeldungsdatum: 27.03.2012
Beiträge: 1356

BeitragVerfasst am: 22. Sep 2014 00:17    Titel: clean werden nach jahrelanger sucht: wie war es bei euch? Antworten mit Zitat

hallo!

gleich das wichtigste vorweg: ich selbst bin derzeit (noch) nicht clean, sondern nehme 150 mg methadon am tag.
ins programm kam ich über meine opiatsucht (hauptsächlich tilidin und tramadol, aber kein heroin!). inzwischen bin ich seit ca 8 jahren "druff". beikonsum habe ich nicht; ich rauche und trinke auch absolut nicht.

offiziell in substi bin ich erst knapp über 1 jahr, die meiste zeit habe ich mich über den schwarzmarkt versorgt (auch mit methadon).

ich bin jetzt etwa mitte dreißig. beruflich und privat hänge ich z zt ziemlich in der luft. momentan bin ich auf jobsuche. ich habe studiert (mit abschluß!), habe gearbeitet und war dann längere zeit (über 2 jahre) arbeitslos. das letzte jahr hatte ich dann wieder einen vollzeitjob, der aber echt nicht das wahre war und mich null weitergebracht hat in meinem leben...


in letzter zeit habe ich immer mehr gespürt, dass ich so nicht weitermachen will. beruflich will ich noch etwas bewegen (klar, die "ganz große karriere" wirds nun nicht mehr, aber das ist auch nie mein ziel gewesen). mir gehts eher darum, n bißchen was anspruchsvolles zu finden, das mir spass macht und nicht nur n stupider geldverdien-job ist (der dann nichtmal wirklich kohle bringt).

das sind aktuell meine rahmenbedingungen.

die letzten wochen und monate habe ich gemerkt, dass diese "gier" nach opiaten inzwischen fast erloschen ist. viele jahre hatte ich einfach "lust" auf opiate und verspürte großen suchtdruck. ca. 6 monate habe ich meine dosis von 150 mg pro tag noch aufgestockt, indem ich ca. 4-5x in der woche noch ca. 100 mg zugekauft habe.
mittlerweile bekomme ich das aber mit der regulären dosis hin und ich merke auch nicht mehr so viel von der einnahme. denn bis vor ein paar monaten hat sich die einnahme des methadons doch noch ziemlich stark bemerkbar gemacht.

in den letzten wochen ist mir mehr und mehr bewusst geworden, wie sehr mich das alles langweilt. ich war z.t. recht aktiv hier im forum unterwegs (und finde auch, dass es hier tolle gesprächspartner gibt!). dabei empfand ich nach meinen beiträgen oft eine art "leere". ich habe gemerkt, dass ich eigentlich gar keine lust mehr habe, mich mit dem thema "sucht" noch großartig zu beschäftigen.

deshalb reift aktuell der entschluß, aus dem programm rauszugehen. wann das sein wird, weiß ich noch nicht, aber ich werde definitiv nicht bis 50 so weitermachen. das ist nix für mich...


kurioserweise stieß ich kürzlich auf fotos eines alten "suchtkumpels". mit dem typen habe ich einige zeit damals verbracht.. er war mitte-ende 30, ca 10 jahre auf H und hat täglich sein blech geraucht.. zudem war er in substi und er hatte noch n kleineres alkoholproblem...
besagter kumpel (zu dem ich leider keinen direkten kontakt mehr habe) hatte im frühjahr vor 2 jahren die auflage vom gericht, in therapie zu gehen.. er war auch schon im knast und hatte absolut null bock auf die zwangstherapie... in anbetracht seines bisherigen weges dachten wir alle aus seinem umfeld, dass er es 100%ig nicht schaffen wird, clean zu werden... er mußte dann die entgiftung antreten und ich bin dann auch direkt einige hundert km weit weggezogen und der kontakt brach ganz ab..

naja, ich habe schon vor längerer zeit erfahren, dass er es tatsächlich durchgezogen hat. das war schonmal die erste große überraschung. er war wohl insgesamt ca. 8 monate auf therapie (inkl. entgiftung von heroin, methadon und alkohol). seine entlassung ist ja jetzt ca. 2 jahre her und er hat inzwischen wieder einen festen job, kontakt zu seinen kindern (er hatte jahrelang keinen kontakt wg seiner sucht!), er hat seinen führerschein zurück, macht sport, hat eine schicke wohnung und vor allem: er sieht richtig gut und gesund aus! letzteres überraschte mich fast noch am meisten. zwar war er immer jemand, der auf sich achtete, aber wenn man jetzt fotos von ihm sieht, dann sieht man einen gepflegten, schlanken, trainierten enddreißiger... er hat locker 20-25 kg abgenommen...

was ich beachtlich finde: der typ hatte wirklich keine guten bedingungen für seinen NEUSTART: seine eltern tot, der kontakt zur restfamilie wg seiner sucht abgebrochen, hohe schulden, vorstrafen, er war ohne freundin und im grunde völlig auf sich gestellt und und und... also da gibt es wahrlich leichteres, als so einen kompletten RESET zu machen...


ich wollte seine story hier mal als aufhänger nutzen und fragen, wie sich das bei euch dargestellt hat: der entzug, evtl. die therapie und vor allem meine größte frage: WIE HABT IHR ES GESCHAFFT, EUER LEBEN OHNE SUCHT NEU ZU "ERFINDEN"?!

dabei spreche ich ehrlich gesagt eher die user hier an, die eine "etwas schwerere suchtgeschichte" haben. damit meine ich nix extremes, aber es ist eben schon ein unterschied, ob ich 20 jahre alt bin und 3 monate am stück gekokst hab und nun clean bin oder ob ich es so erlebt habe wie mein bekannter... (aber ich grenze hier natürlich niemanden aus! jeder soll seine erfahrungen teilen, wenn er möchte!).

ich weiß aus eigener erfahrung, wie schwer es allein schon ist, nach längerer arbeitslosigkeit wieder im berufsleben fuß zu fassen... und mit der sucht verschwinden ja meist auch die hobbies und sozialen kontakte.. viele sind depressiv, haben schulden usw...

kurz und knapp:
WIE BAUE ICH MIR EIN NEUES LEBEN AUF, WENN ICH KEINE 20 MEHR BIN UND EINE LANGJÄHRIGE SUCHTGESCHICHTE HABE?!

das ist meine hauptfrage. natürlich erwarte ich keine rezeptmäßige anleitung. das gibt es so nicht. aber ich bin gespannt, was ihr für erfahrungen gemacht habt, scheißegal ob ihr auf therapie wart oder in eigenregie entzogen habt...

selbst wenn ihr -wie ich- z zt nicht clean seid, interessieren mich eure erfahrungen, falls ihr euch zb trotz sucht um eure berufliche weiterentwicklung usw gekümmert habt...

denn bei mir ist es eher so, dass ich vom methadon sehr passiv werde.. nicht faul, aber passiv.. ich lasse mich ehr treiben und gestalte selbst kaum.. und das würde ich gern wieder ändern.
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joe
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Anmeldungsdatum: 28.12.2007
Beiträge: 1167

BeitragVerfasst am: 22. Sep 2014 10:00    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Saubermann, tja, herzlichen Glückwunsch zu deinem Wunsch
clean zu werden.
Ich konnte nach 20 Jahren aufhören, da war ich 38. Kurzzeittherapie, bisschen
Nachsorge, dann Selbsthilfegruppe. Als alter Punk natürlich keine Ausbildung, kein Plan.
Heute bin ich Biogemuesegaertner und lebe aufm Land.
Wichtig ist mir meine Abstinenz von allen Drogen. Das kriege ich alleine nicht hin. Daher SHG
Spirituelle weiterentwicklung zur geistigen Gesundheit.
Mein zug kommt der empfang geht.
Bis später.
Joe
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sisterofnight
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Anmeldungsdatum: 25.03.2014
Beiträge: 72

BeitragVerfasst am: 22. Sep 2014 11:38    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Saubermann,

ich verfolge deine Geschichte als passive Leserin schon länger und seit einigen Monaten auch als aktives Forumsmitglied, da es mir ganz ähnlich geht wie dir und ich auch als Akademikerin Anfang 30 nach einem Ausweg aus der mehrjährigen Arbeitslosigkeit suche (und gleichzeitig versuchen muss, damit klarzukommen, dass ich eben bestimmte Abstriche in meinem Leben machen muss, Stichwort "eigene Familie" und so, ohne dabei wieder nach mehrjähriger Cleanzeit wieder abzurutschen).

Daher kann ich dir leider keine Antworten auf deine zweite Frage, also sich ein neues Leben aufzubauen, wenn man keine 20 mehr ist, geben, da ich selbst keine weiß.

Aber zum Thema "Neuorganisation des Lebens ohne Sucht" könnte ich evtl. was beitragen:

Ich habe damals mein Leben nur durch einen Umzug in eine andere Stadt, Aufnahme eines Studiums und nahezu kompletten Kontaktabbruch zu meinen (angeblichen) "Freunden" in den Griff bekommen.
Das hat mich damals zwar 90 % meines "Freundes"kreises gekostet, aber ich habe -ehrlich gesagt- lieber eine Handvoll sehr gute Freunde, auf die ich mich auch 100-prozentig verlassen kann, als irgendwelche Kontakte zu zwielichtigen Szenegestalten, wo die Freundschaft nur bis zum nächsten Druck reicht.

Gut, ich war damals auch jünger und hatte durch durch die Uni auch sofort in der anderen Stadt Kontakt zu gleichaltrigen Leuten.

Wenn man ein gewisses Alter überschritten hat, ist das natürlich anders, da sich die Lebensumstände ändern und viele Leute dann eben doch nach der Arbeit sofort nach Hause wollen, um bei ihrer eigenen Familie zu sein und sich um ihren eigenen Kram und ihre eigenen Probleme zu kümmern.
Aber es gibt trotzdem noch genügend Leute, die Mitte/ Ende 30 sind und keine eigene Familie haben und daher mehr Zeit für gemeinsame Interessen haben.

Mir das damals echt viel geholfen, dass ich wieder Umgang mit "normalen" Leuten hatte, die zudem nichts von meiner Vorgeschichte wussten und mich einfach so akzeptiert haben, wie ich bin.

Um aus dem Trott mit der Arbeitslosigkeit rauszukommen sind möglicherweise geregelte Strukturen und Kontakt zu neuen Leuten hilfreich.

Dazu wäre natürlich eine geregelte Erwerbstätigkeit gut geeignet, da man so ja einen ziemlich geregelten Tagesablauf hat.

Wie sieht es denn bei dir aus:

Du bist momentan erwerbslos, aber du möchtest auf jeden Fall in naher Zukunft wieder arbeiten gehen, oder?
Bist du denn schon auf der Suche nach einem neuen Job?
Besteht für dich evtl. die Möglichkeit, eine sinnvolle (!) Weiterbildung zu machen, die die Aussichten auf einen neuen Job erhöht?
(-> Hast du bei der Agentur für Arbeit eine/n entsprechende/n Betreuer/in, der/die auf die Vermittlung von Akademikern spezialisiert ist und auch über mögliche entsprechende Programme Bescheid weiß?)

Da leider die Jobs in manchen Bereichen sehr rar sind, wie ich ja selbst weiß, und es ewig dauert, bis man was gefunden hat, wäre es möglicherweise eine Idee, dass du die Zeit, wo du auf Arbeitssuche bist, nutzt, um neue Leute kennenzulernen oder deinen Horizont zu erweitern.

Hast du denn irgendwelche Hobbies oder Interessen, die du schon immer machen wolltest?
Falls ja, hast du dort, wo du momentan wohnst, oder in der Umgebung die Möglichkeit, irgendwas zu machen, um diese Interessen auszuprobieren, z.B. durch einen Kurs an der VHS oder durch ehrenamtliches Engagement?

Die Kurse an der VHS werden ja immer als "Renter-Bespaßung" belächelt, aber ich mach' das schon länger und muss sagen, dass ich bislang überwiegend positive Erfahrungen gemacht habe, z.B. mit Sport-, Sprach- und Kochkursen am Abend, also zu Uhrzeiten, zu denen normalerweise erwerbstätige Menschen hingehen würden.
So habe ich immerhin drei Mal pro Woche abends "feste" Termine und zumindest etwas Struktur in meinem Leben.

Auch ehrenamtliches Engagement, falls das für dich in Frage käme, als was-auch-immer (da gibt es ja wirklich viel) kann helfen, etwas mehr Struktur und Regelmäßigkeit ins eigene Leben zu bekommen.
Die Stadt, in der ich momentan lebe, hat sogar ein eigenes Online-Portal zu ehrenamtlicher Arbeit mit den entsprechenden Kontaktmöglichkeiten zu verschiedenen Organisationen - vielleicht ist es ja dort, wo du wohnst, ebenfalls so?

Die ganzen Fragen musst du natürlich nicht beantworten.
Sie sollen eher als Denkanstoß dienen - vielleicht ist ja irgendeine der Möglichkeiten was für dich.
Wie gesagt, so richtig helfen kann ich dir auch nicht, da ich momentan mir kaum selbst helfen kann und selbst ziemlich ratlos bin. Confused

Deine Situation kommt mir halt nur so verdammt vertraut vor, aber ich glaube, dass du mit der entsprechenden Zeit und den entsprechenden Möglichkeiten es schaffen könntest, clean zu werden und zu bleiben, da du deine Situation sehr realistisch betrachtest und zu einer guten Selbsteinschätzung fähig bist und, zumindest auf mich, den Eindruck machst, dass du doch ein eher gefestigter Charakter bist.

Viele Veränderungen brauchen natürlich etwas Zeit, aber auch wenn es nur in Trippelschrittchen auf selbst bestimmte und selbst gesteckte Ziele zugeht, ist ein kleiner Schritt nach vorne immer noch besser, als auf der Stelle zu treten.

In diesem Sinne, viele liebe Grüße und einen schönen Tag noch.
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oxy moron
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Anmeldungsdatum: 23.08.2014
Beiträge: 387

BeitragVerfasst am: 22. Sep 2014 12:28    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Saubermann,

inwieweit meine Geschichte hier her passt, weiß ich nicht, aber ich erzähle sie mal trotzdem.

Wie Dir vielleicht bekannt ist, bin ich ebenfalls alles andere als abstinent, nach einer geradezu klassischen Karriere und vielen Extremen landete ich vor nun fast schon 10 Jahren in der Schmerztherapie mit Oxycodon. Unsere Situationen überschneiden sich also dergestalt, dass illegale Substanzen und die Szene heute keine Rolle mehr spielen und die Versorgung vergleichsweise sicher erscheint.
Vor einigen Jahren und nach mehreren Schicksalsschlägen sowie etwas, was man heute wohl „BurnOut“ nennen würde, war ich psychisch am Boden und versteckte mich hinter meinen Medikamenten(Opioide und Benzos) vor dem Leben, bildlich gesprochen. Mein Studium war dahin und alle Pläne gescheitert, ich lebte nur weiter, weil ich mich um meine Mutter kümmerte, die seit meiner Kindheit schwerst-pflegebedürftig ist.

Dann bin ich mit Anfang 30 noch einmal an die Uni, habe dieses Jahr tatsächlich meinen ersten Abschluss nachgeholt (immerhin mit einer Arbeit, bei der noch eine 1 vor dem Komma steht) und mache jetzt erst einmal weiter, um dann vielleicht doch noch die Promotion zu schaffen, bevor ich 40 bin..

Natürlich versuche ich auch, alle anderen Optionen außerhalb des akademischen Zirkus zu berücksichtigen, wenn man das mit dem „leben“ nie so richtig praktiziert hatte, muss man sich recht langwierig und umfassend orientieren, was am Ende dabei rauskommt, kann wohl keiner wirklich prognostizieren..

Nun will ich damit eigentlich zweierlei sagen:

Erstens denke ich inzwischen, dass man nicht warten sollte, bis das mit dem „clean-sein“ dann irgendwann einmal geklappt hat (wohl auch, da ich meine Medikation sowieso nicht einfach so absetzen kann). Denn sonst verliert man einerseits viel zu viel zusätzliche Zeit(die wir ja nun doch nicht mehr im Überfluss zur Verfügung haben Wink ), andererseits kann man es versäumen, das nötige Vertrauen zu sich selbst zu fassen, denn man ist ja auch „clean“ nicht wirklich ein anderer Mensch, auch wenn das oftmals so propagiert wird.

Zweitens bin ich, zumindest was mich selbst betrifft, der Ansicht, dass viele der Gründe, welche uns konsumieren lassen, mit genereller Unzufriedenheit und geringem Selbstwertgefühl zusammenhängen und nur durch ein möglichst aktives, erfülltes und den eigenen Vorstellungen auch nahekommendes, „erlebtes“ Leben ausgehebelt werden können. Im Idealfall trägt dies dann dazu bei, „ungesunden“ Opioidkonsum obsolet zu machen.

Grundsätzlich halte ich es für unumgänglich, von einem selbst und der Gesellschaft indirekt errichtete Blockierungen zu überwinden und sich den nötigen „Größenwahn“ wieder zuzulegen, der für das Erreichen mancher Lebensziele unumgänglich ist. Denn: alle Menschen kochen nur mit Wasser und die Einschränkungen, die wir an uns selbst erleben, sind nicht in Stein gemeißelte Naturgesetze, mit ausreichend Leidens- und Risikobereitschaft lassen sie sich überwinden. (außer, man ist den ganzen Tag „dicht“, doch das ist ja anscheinend nicht Dein Problem)

Mir hat übrigens folgende „Diät“ geholfen, meine mentale Leistungsfähigkeit ein klein wenig wiederherzustellen:
10-30g Lecithingranulat / diem
3x 2 Dragees Glutaminsäure(z.B. Verla)
10 – 5 – 5µ Vitamin B12
Ginkgo Kapseln/Dragees (je nach Budget aus Apo oder von Klosterfrau), ca. 200mg Extrakt morgens
Ausreichend Koffein Smile
Die Wirkung setzt (insbesondere, was das Lecithin betrifft) erst nach 2-4 Wochen ein, erhöht aber bei mir tatsächlich Ausdauer und maximale Leistungsfähigkeit.

Bitte versteh‘ das jetzt nicht so, als ob ich die Mär vom bestens funktionalen Opionauten verbreiten wollte, mir geht es dabei nur darum, dass der Kampf ums leben auch schon beginnen kann, wenn das clean-sein noch nicht um die Ecke liegt.

Alles Gute,
moron
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joe
Platin-User
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Anmeldungsdatum: 28.12.2007
Beiträge: 1167

BeitragVerfasst am: 22. Sep 2014 13:36    Titel: nachtrag Antworten mit Zitat

Mir ist auch klar, das meine damaligen Probleme hauptsächlich vom
drogennehmen kamen, und nicht von der Gesellschaft, meinen Eltern oder irgendwelchen
Institutionen.
Meine heutige Klarheit, selbstsicherheit und Lebensfreude resultiert aus 15 jahriger Abstinenz
und dem spirituellen Programm der 12 schritte Gruppen. Natürlich bin ich auch mal
Unklar, unsicher und voller Trauer.
Das ist auch okay und geht vorüber.
Viel Energie
Joe
Nur für heute nehm ich nix
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oxy moron
Gold-User
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Anmeldungsdatum: 23.08.2014
Beiträge: 387

BeitragVerfasst am: 22. Sep 2014 15:18    Titel: Antworten mit Zitat

Ohne irgendwen anzugreifen oder gar sein Lebensmodell zu kritisieren, will ich einmal versuchen, meine ganz subjektive Position darzustellen:

Welchen Stellenwert das Clean-Sein für eine bestimmte Person hat, kann nur diese selbst durch schonungslos ehrliches Abwägen für sich bestimmen, einen Königsweg zum guten Leben gibt es nicht. (zumindest wäre er weder mir noch irgendwem, den ich auch nur entferntest kenne, wirklich bekannt)

Mir geht es in diesem speziellen Fall einzig und alleine darum, folgende Falle, in welche sich insbesondere reflektierte Menschen gerne begeben und in der ich lange Zeit festsaß, zu beschreiben:

Man glaubt, die Anforderungen, die ein gutes und vielleicht auch erfolgreiches Leben stellt, sehr genau zu kennen. Man ist der Überzeugung, diese letztlich nicht zu erfüllen, auch aufgrund von vorangegangenem „Versagen“ ist man der Meinung, es müsste eine bestimmte grundlegende Veränderung eintreten, dass das alles überhaupt einen Sinn macht. Nur fühlt man sich nicht fähig, jene Veränderung schnell und gründlich genug herbeizuführen, also verharrt man im Hamsterrad aus Vermeidung, Selbstmitleid und Unzufriedenheit. Chancen werden nicht wahrgenommen, weil man ja eh, so wie man gerade ist, das mit Sicherheit nicht durchhielte. Die Vergleiche, die man selbst unablässig mit denen, die es „geschafft“ haben, anstellt, zeitigen immer gräulichere Ergebnisse.

Das muss man stoppen. Veränderung beginnt mit dem ersten Schritt, wie der weitere Weg im Einzelnen aussieht, welche Abzweigungen man wählen muss, wird ersichtlich, wenn man ihn eingeschlagen hat.

Enttäuschungen und Scheitern gehören dazu, daran kann man wachsen, wenn darauf verzichtet wird, nach absoluter Sicherheit und perfektem Wohlbefinden, das einem letztendlich nur das Dahinexistieren eingehüllt in den Opioidmantel gewährleisten kann, zu streben und dies zur Voraussetzung für alle Entscheidungen zu machen.

Das gehört meiner Ansicht nach zu den Dingen, die so offensichtlich sind, dass sie gerade deshalb nicht oft genug gesagt werden können.

Die beschriebene „Diät“ hat natürlich nur dann Sinn und Effekt, wenn man sich auch nahe der Grenze seiner geistigen Leistungsfähigkeit bewegt, in etwa so, wie Proteine beim Muskelaufbau im Krafttraining. Allerdings hat sie mich auch etwas „wacher“ gemacht, was ebenfalls im Alltag leicht spürbar ist.

Ob ich heute etwas nehme oder nicht, ist zweitrangig. Wichtig ist, dass ich heute das versucht habe, was ich erreichen wollte.

Beste Grüße,
moron
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tusem67
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Anmeldungsdatum: 22.12.2013
Beiträge: 367

BeitragVerfasst am: 22. Sep 2014 16:28    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Saubermann,

Ich glaube wenn einer 3 Monate kokst und dann einfach so aufhört, wird der sich bestimmt nicht hier im Forum rumdrücken. Hier sind dann doch eher die etwas härteren Fälle, meist selber betroffen oder eben als Angehörige.

Und ausserdem kann eine Droge auch in 3 Monaten genauso süchtig machen, als wenn man es jahrelang konsumiert. Hängt eher von dem Menschen, der Vorgeschichte und den Umständen ab.

Ich selbst hab Kokain etwas über 8 Jahre genommen und die letzten 6 Jahre täglich. Wobei mir eigentlich schon in den ersten Monaten klar war wohin das führt.

Trotzdem war die Gier, Sucht oder das Verlangen einfach zu groß. Warum auch immer ?! Deswegen wird ja auch immer gewarnt, das machen die ja nicht aus Langeweile.

Grüßchen
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SAUBERMANN
Platin-User
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Anmeldungsdatum: 27.03.2012
Beiträge: 1356

BeitragVerfasst am: 22. Sep 2014 21:58    Titel: Antworten mit Zitat

hallo zusammen und vielen dank für die zt anregenden antworten...

@sister: ich glaube, ich muß nochmal n paar dinge erklären bzw klarstellen... ich habe -mal von der substi abgesehen- absolut null kontakt zur szene. ich war auch nie ein "klassischer junkie", der viel mit drogenleuten zu tun hat(te). es ist im grunde eher umgekehrt: in meinem freundeskreis sind kaum drogenleute. ich habe nicht einen einzigen freund, der opiate nimmt. von daher brauche ich da also auch null abstand. umgezogen bin ich auch schon Wink

meine sucht war eher immer was für mich allein. nichtmal meine mutter weiß davon... muß auch nicht sein. gemerkt hat es bis auf meine ex eh niemand, wenn ich konsumiert habe, da ich nie aufs "breitsein" aus war, sondern einfach nur die euphorie und das angenehme gefühl der opiate haben wollte. daher nehme ich auch nix außerhalb von opiaten. und selbst die reizen mich immer weniger...


bzgl. des jobcenters: da hab ich, glaub ich, alles durch... sog. "qualifizierungsmaßnahmen", akademikerbetreuer etc etc... das bringt alles nix, wenn man keinen sozialversicherungspflichtigen job findet.

ich habe auch keine langeweile oder bräuchte "soziale kontakte". daran mangelt es mir absolut gar nicht!

auch hobbies habe ich genug, ich kenne das wort "langeweile" eigentlich nicht. auch wenn meine hobbies -im gegensatz zu früher- echt eingeschlafen sind und ich durch die opiate eher träge geworden bin.


es hilft eben doch, das mal aufzuschreiben. ich habe ja um rat gefragt und habe ihn bekommen, auch wenn die vorschläge zt. völlig an meiner situation vorbeigehen.

es ist ja nicht so, dass ich alles verlernt hätte durch meine sucht. ich bin jetzt ca. 8 jahre opiatabhängig. in dieser zeit hatte ich schon wesentlich schlechtere zeiten. ich habe mich wieder stabilisiert. und an sich bin ich mt meinem leben auch nicht völlig unzufrieden.

nur spüre ich immer mehr: mir fehlt ein "guter" job. mir fehlt nicht die beschäftigung an sich, sondern eine sinnvolle tätigkeit, die mir geld einbringt (damit ich mir einfach mal gewisse dinge leisten kann, die in unserem kulturkreis nun wirklich nix besonderes sind, zb. gute, frische kleidung usw.). ich hab einfach keine lust mehr auf dieses rumasseln... bei meinem letzten job gab es trotz vollzeit lächerliche 1000 euro netto im monat.. ein schlechter witz. sorry, das geht einfach nicht klar... nicht für so viel lebenszeit, die man verballert...

und der job spielt natürlich auch eine wichtige rolle zb bei der partnersuche etc.. nennt mich oberflächlich... obwohl ich das gewiss NICHT bin, aber wenn ich sage, dass ich "n guten job und geld" will, um zb. "bei der partnersuche" erfolgreicher zu sein, dann klingt das absolut affig. darum gehts mir aber auch nicht.
ich komme aus einem umfeld, in dem auch irgendwie erwartet wird, dass ich nicht gerade putzen gehe in der firma, wo mein nachbar projektleiter ist. und das ist natürlich auch in mir drin. wenn ich arbeite, dann möchte ich mich einfach wohlfühlen und etwas spass haben. ich brauche das gefühl, mich weiterentwickeln zu können.
deshalb brauche ich auch keine maßnahme vom jobcenter oder ehrenämter.


ok, immerhin konnte ich das problem schonmal besser eingrenzen. vermutlich ist mein problem hier auch gar nicht so richtig passend... ich hatte vielleicht selbst falsche vorstellungen... keine ahnung..?

jedenfalls deprimiert es mich zunehmend, hier so abzuhängen und meine träume an mir vorbeiziehen zu sehen... ich bin echt ziemlich ratlos. klar, viele denken bestimmt, dass ich rumjammer..

aber dieser druck, den ich verspüre, macht mich manchmal wahnsinnig. wenn das nicht wäre, dann wäre ich vllt schon längst clean..? zumindest hätte ich ein paar probleme weniger...

dazu kommt noch, dass das auch ein sehr spezifisches akademikerproblem ist: diese situation, dass man was fertig studiert hat (egal welches image das fach haben mag, sowas bekommt man nicht geschenkt und in der regel KANN man dann auch irgendwas!) und dann immer nur von job zu job rumeiert, während freunde von früher etwas mehr glück hatten und karriere machen..

nun, ich brauche weder millionen noch einen porsche oder sowas. aber wenn du dann in ner firma arbeitest, wo die putzfrau mehr verdient als man selbst, dann kann man sich nicht mehr ernst nehmen... denn dann fühlt man sich wie ein absoluter versager...

und alle in deinem umfeld geben tipps und ratschläge.. "tu dies, mach jenes" bla bla bla (ich meine jetzt natürlich nicht das forum hier!).

naja, ich mach mal schluß für heute...
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sisterofnight
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Anmeldungsdatum: 25.03.2014
Beiträge: 72

BeitragVerfasst am: 22. Sep 2014 22:24    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Saubermann,

ja, ähm, sorry, ich hatte deine Situation nicht mehr ganz auf dem Schirm, aber du hast ja schon mehrfach geschrieben, dass du eben nicht die typischen Szenekontakte hattest - daher sind einige meiner Ratschläge echt an deiner Lebensrealität vorbeigegangen *facepalm*.

Ich melde mich morgen nochmal, da mein Akku gleich schlapp macht und ich grad keine Steckdose zur Verfügung habe...

Schönen Abend noch und bis dann.
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SAUBERMANN
Platin-User
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Anmeldungsdatum: 27.03.2012
Beiträge: 1356

BeitragVerfasst am: 22. Sep 2014 22:40    Titel: Antworten mit Zitat

@oxy moron:

och nochmal zu deinen wirklich guten beiträgen... vieles, was du geschrieben hast, könnte auch so von mir stammen.. da sind wir offenbar recht ähnlich.

im übrigen glaube ich inzwischen immer mehr, dass mein problem weniger mit meinem derzeitigen konsum zu tun hat, sondern der konsum ist eher die folge davon.. und daraus hat sich dann ein kreislauf entwickelt...


zu meiner unzufriedenheit: ich benutze dafür als maßstab meistens nur den bezug zu anderen menschen, die "erfolgreicher" sind. das führt leider immer wieder dazu, dass menschen glauben, ich klammere mich zu sehr an den sozialen vergleich und würde zu sehr auf andere schauen.
dabei war ich immer jemand, der sich bewusst für gewisse wege entschieden hat, obwohl diese eben nicht dem mainstream entsprachen. wer sich für ein geisteswissenschaftliches studium entscheidet, strebt IN DER REGEL(!) nicht die riesenkarriere an (natürlich gibt es das auch und von akademischem ehrgeiz wollen wir gar nicht erst sprechen!). ich wusste, dass ich es auf dem arbeitsmarkt vermutlich etwas schwerer haben erde als ein BWL'er... aber ich habe mich gegen das kalkül und FÜR mein interesse entschieden und etwas geisteswiss. studiert.
das geht meist so lange gut, wie man eine akademische (oder auch eine sonstige) perspektive hat. solange man zb an einer uni eingeschrieben ist und an seiner diss. arbeitet, hat man diesen stabilisator fürs ego: "ICH BIN ETWAS UND ICH MACHE ETWAS!"

aber wenn dich der akad. betrieb erstmal ausspuckt (und offenbar auch nicht mehr haben will) und du auch sonst nur noch absagen am fließband kassierst, dann bekommt das ego unweigerlich einen knick...

aber man soll ja "kämpfen", wird überall propagiert. also nicht aufgeben und weiter bewerbungen schreiben.. seminare besuchen, damit man nicht verdummt und vllt auch nochmal bewerbungskurse besuchen (es könnte ja doch eventuell sein...). das alles habe ich getan bis zum erbrechen... und dann hab ich irgendwann resigniert. ab diesem zeitpunkt brach mein ganzes bürgerliches leben buchstäblich auseinander... ich kloppte mir die birne nur noch dicht mit opioiden und benzos... post wurde nicht mehr geöffnet, ich lag tagelang nur noch im bett und dachte jeden tag an selbstmord.. natürlich zahlte das amt irgendwann nicht mehr und so gings dann erst recht bergab.. strom aus, dann wohnung weg, schulden ohne ende usw...

AUS DIESEM DRECK BIN ICH ZUM GLÜCK WIEDER RAUS! ich bin psychisch recht stabil und außer methadon konsumiere ich absolut gar nix.

trotzdem: ich habe mir mein leben SO nicht vorgestellt. jetzt bin ich an einem punkt, an dem mir aber der plan fehlt. klar, fürs leben gibt es keinen masterplan und dieses streben nach sicherheit ist fast schon pathologisch usw... sowas sagt sich so leicht... aber wie soll man denn SO leben? ich bin ja eigentlich gar kein sicherheitsfreak, der um 8 uhr frühstückt, um 12 uhr zum mittag isst und um 18 uhr abendbrot zu sich nimmt und auch schon sein renteneintrittsdatum im kalender rot markiert hat...

aber jeder mensch braucht ziele. bei dir ist es vllt die promotion (war es auch mal bei mir). so etwas würde mir ja völlig reichen! und das ist alles andere als save... ne akademische laufbahn schon gar nicht...

ziele zum motivieren braucht jeder mensch unbedingt! sonst driftet man ja völlig im nichts umher... und genau so fühle ich mich gerade.

in der psychologie ist ein indikator für lebenszufriedenheit auch die kontrollüberzeugung, also das maß, in dem wir glauben, unser leben selbst in der hand zu haben und es steuern zu können..

mein problem ist zur zeit, dass ich mich hochgradig fremdbestimmt fühle. und das bin einfach nicht ich. so war ich früher nie. aber ich weiß auch nicht, wie ich da wieder rauskomme..?

ich kotze mich dabei ja schon selbst an... aber ich weiß echt nicht, wo ich anfangen soll... verdammt...


schreibe ich bewerbungen mit meinem lebenslauf, landen die im mülleimer (OK, ich sollte es mal wieder ausprobieren, vllt hat sich das ja geändert?).

es ist so verflucht schwer, seinen platz in dieser welt zu finden.. ich weiß einfach nicht, wo ich hingehöre.. naja, es wird spät..

schluß für heute.
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Seine Merkwürden
Platin-User
Platin-User


Anmeldungsdatum: 13.01.2014
Beiträge: 1028

BeitragVerfasst am: 22. Sep 2014 23:03    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Saubermann,

ich habe den Eindruck, dass dein größtes Problem darin besteht, dass du dich doch noch vor allem an den "bürgerlichen" Erfolgsidealen orientierst. Also am Status (z.B. akademischer Grad), oder Erfolg (viel Geld) usw. Was wäre, wenn man das alles einfach hinter sich lassen würde? Und sich stattdessen überlegt, was man selbst eigentlich gerne tun möchte. Was interessiert einen, was was will man "schaffen" oder umsetzen. Natürlich muss man sich auch dabei finanziell absichern. Aber das ist doch eher zweitrangig. Ich denke z.B. gerade darüber nach, mich voll und ganz auf die Fotografie zu konzentrieren. Das ist etwas, das mich sehr reizt und das ich wohl auch einigermaßen gut kann. Geld verdienen kann ich ja auch nebenher mit irgendwelchen Hilfstätigkeiten. Und wenn am Ende niemanden interessiert, was ich gemacht habe? Wenn ich nichtmehr da bin, dann interessiert mich das auch nicht mehr... Ansonsten lebe ich halt so vor mich hin. Und zwar auf eine Weise, die mir gut tut. Das wäre nun ganz sicher nicht das Idealmodell dessen, was gegenwärtig als "gutes Leben" gilt. Aber was solls? Irgendwann sind alle Leben mitsamt all ihren Modellen endgültig vergessen. Warum sich also jetzt darüber einen Kopf machen?
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sisterofnight
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Bronze-User


Anmeldungsdatum: 25.03.2014
Beiträge: 72

BeitragVerfasst am: 23. Sep 2014 11:26    Titel: Antworten mit Zitat

Moin Saubermann,

da bin ich wieder und kann jetzt auch ohne Akkusorgen am PC tippen Wink

Was ich dir gestern Abend noch schreiben wollte, zum Thema "Weiterbildung":

Ich meinte damit sinnvolle Ergänzungen, die thematisch an dein Studium anschließen könnten und eben nicht die "Qualifizierungsmaßnahmen" der Agentur für Arbeit, die den meisten Akademikern nichts bringen (wem erzähl' ich das ?!).

Vielleicht gibt es ja trotzdem irgendeinen Kurs, der eine sinnvolle Ergänzung zu deinem Studium darstellen könnte, damit du deinen Abschluss besser auf dem Arbeitsmarkt "vermarkten" kannst (so nach dem Motto, ich bin Geisteswissenschaftler, habe aber noch zusätzliche Qualifikationen im Bereich X)?
Möglicherweise könntest du da auch auf Fernkurs-Basis was machen, ohne ständig irgendwo vor Ort sein zu müssen, um Fahrtkosten zu sparen.


Oder wäre eine mögliche Selbstständigkeit eine Option für dich?
(Rein hypothetisch gefragt, da ich natürlich nicht weiß, was du genau studiert hast und inwiefern es sinnvoll wäre, mit deinem Studium als Freiberufler zu arbeiten. Außerdem ist ja eine freiberufliche Tätigkeit nicht für jeden gemacht.)

Wie sieht es mit deinen sonstigen Interessen aus: hast du da etwas, was dir echt Spaß macht und ausbaufähig wäre und auch vermarktungsfähig wäre, aber eigentlich nichts mit deinem Abschluss zu tun hat, also so wie bei z.B. Merkwürden und der Fotographie?


Zitat:
schreibe ich bewerbungen mit meinem lebenslauf, landen die im mülleimer (OK, ich sollte es mal wieder ausprobieren, vllt hat sich das ja geändert?)


Versuch' das trotzdem nochmal und klick' dich durch die Stellenangebote bei Zeit Online etc.!


Zitat:
mein problem ist zur zeit, dass ich mich hochgradig fremdbestimmt fühle.

Naja, ein gewisser Teil deines Lebens *ist* ja fremdbestimmt, durch die Substi und durch die Interaktion mit der Agentur für Arbeit bzw. das Jobcenter, die du sicherlich auch hast - und wie du aus beiden rauskommst, ist theoretisch klar, praktisch aber nicht ganz leicht umzusetzen...



Zitat:
und alle in deinem umfeld geben tipps und ratschläge.. "tu dies, mach jenes" bla bla bla


Wie wahr! Mein Lieblingshass-Spruch ist "Aber du musst doch was finden! Wir haben doch Fachkräftemangel..!"


Ich finde es gut, auch wenn Oxy und Merkwürden das etwas kritischer sehen, dass du gewisse, nicht unrealistische Wertvorstellungen von deinem Leben hast und diese, trotz Arbeitslosigkeit und den daraus resultierenden Folgen mit der Abhängigkeit, noch nicht komplett aufgegeben hast, gleichzeitig aber auch einen sehr realistischen Blick auf die Dinge hast - das schätze ich wirklich sehr an dir.
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Seine Merkwürden
Platin-User
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Anmeldungsdatum: 13.01.2014
Beiträge: 1028

BeitragVerfasst am: 23. Sep 2014 13:34    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Saubermann,

wenn ich meinen Text jetzt nochmal lese, muss ich sagen, dass er doch ziemlich fatalistisch klingt. So extrem wollte ich mich eigentlich nicht ausdrücken.
Mir scheint halt nur aufgefallen zu sein, dass du dich, wenn du über deine aktuelle Lebenssituation und deine Perspektiven schreibst, sehr an gesellschaftlichen Idealen orientierst (vielleicht irre ich mich da aber auch). Z.B. vergleichst du dich oft mit anderen, die es im Gegensatz zu dir schon "so weit gebracht" haben. Dass du eigentlich einen viel besseren Beruf haben könntest oder müsstest usw. Auch beschreibst du dich immer wieder als "bürgerlich". Und ich meine halt, dass es für den ein oder anderen vielleicht besser ist, sich von solchen "bürgerlichen Idealen" (etwas) zu lösen. Also stattdessen erstmal überlegen, was man selbst gerne tun will und sich dann darauf konzentrieren. Das kann man dann ja unter Umständen auch zu einem Beruf machen. Aber selbst, wenn das nicht funktioniert, vielleicht wird man ja so glücklicher, als wenn man sich in erster Linie am "Leistungsdenken" orientiert.
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oxy moron
Gold-User
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Anmeldungsdatum: 23.08.2014
Beiträge: 387

BeitragVerfasst am: 23. Sep 2014 14:05    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Saubermann, hallo Merkwürden,

zuerst einmal möchte ich bemerken, dass ich nie im Leben gedacht hätte, einmal über ein Drogenforum! solcherlei Themen mit kompetenten, interessanten und mir (in z.T. je anderen Aspekten) derart verwandten Geistern zu debattieren. Ich lese übrigens Deine Posts, Saubermann, auch sehr gerne, da sie von Reflexion zeugen und sprachlich hohe Qualität aufweisen.

Da wären wir auch schon in medias res, Du hast schreiberische Qualitäten, fachübergreifendes Wissen und Freude am Denken, dazu noch eine akademische Ausbildung, also alles in allem mehr, als viele, die sich an den Unis oder dem „freien“ Markt herumtreiben, von sich behaupten können.

Das Hauptproblem, wie ich, Deinen bisherigen Schilderungen nach, selbstverständlich nur erahnen kann, ist wohl einerseits die üble Erschütterung des Selbstvertrauens durch das, anscheinend nicht ganz freiwillige, „Ausscheiden“ aus dem akademischen Dasein und die folgenden Absagen, andererseits vielleicht tatsächlich eine gewisse Orientierungslosigkeit.
Denn, wie Merkwürden schon so richtig sagte, empfiehlt es sich, etwas zu tun, für das man auch brennt. Wertvorstellungen betreffend meine zukünftige Lebensstruktur habe ich auch, sogar recht konservative, nur sollte man sich m.E. nach sehr gut und ehrlich überlegen, was denn am besten zu einem passt und dort dann, falls notwendig, auch ganz unten anfangen oder sich entsprechend akademisch weiterqualifizieren, da gehe ich mit der lieben Schwester der Nacht ganz d‘accord. Auch das mit der möglichen Freelancer-Tätigkeit ging mir gleich durch den Kopf.

Bestätigung durch Andere ist wichtig, das wurde mir in der letzten Zeit immer wieder klar (obwohl ich, wie Merkwürden es auch zu sein scheint, eigentlich ein hoffnungsloser Eigenbrötler bin), aber vielleicht solltest Du eher versuchen, Dir diese nicht bei denen zu suchen, auf deren Ebene Du wohl nicht sofort einsteigen kannst, da Du Dich, egal wo, meist erst „andienen“ werden musst..

Heutzutage hat man mit Mitte 30 noch recht viele Möglichkeiten für eine Neuausrichtung, falls man die eigenen Anforderungen erst mal herabsetzt und ein ungefähres Ziel vor Augen hat, nur musst Du dieses vielleicht noch etwas genauer für Dich definieren?

Dein bisheriges „Schicksal“ hat mich sehr bewegt, dass es mir irgendwann genau so ergeht, ist eine meiner großen Befürchtungen. Hoffentlich schaffe ich es auch, falls ich mich einmal in einem tristen Broterwerbsjob bzw. der Erwerbslosigkeit wiederfinde, trotz allem neue Ziele zu verfolgen oder alte nicht fallen zu lassen und weiterhin an mich zu glauben. Dies wünsche ich Dir von ganzem Herzen,

viel Kraft (und das Notwendige Quentchen Glück),
moron
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SAUBERMANN
Platin-User
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Anmeldungsdatum: 27.03.2012
Beiträge: 1356

BeitragVerfasst am: 23. Sep 2014 14:35    Titel: Antworten mit Zitat

danke für eure antworten!

ich staune ja auch, denn wir sind in einem "suchtforum" und da haben viele menschen erstmal andere assoziationen, zb. "WIE BALLER ICH MIR SICHER IN DIE LEISTE?" oder "ICH HAB N MEDIZINBALLGROSSEN ABSZESS, WILL ABER NICHT ZUM ARZT GEHEN. HILFT DA AUCH NE EINFACHE SALBE?" usw...

absolut teile ich eure auffassung: man sollte etwas tun, wofür man "brennt". ironischerweise habe ich das fast immer getan und bin damit leider auf die fresse gefallen. denn leider ist unsere welt nunmal marktförmig organisiert: wir sind leider auch immer von der nachfrage abhängig.

ich sage den leuten immer: DU KANNST DER BESTE SCHUHMACHER AUF DER GANZEN WELT SEIN - WENN KEINER DEINE SCHUHE KAUFT, VERDIENST DU KEIN GELD UND HAST NIX ZU ESSEN!

wenn auf dem arbeitsmarkt zu wenig offene stellen sind, kannst du die besten abschlüsse haben - sie sind wertlos (bezogen auf den tauschwert!).

und diese erfahrung hat mich geprägt. ich habe mittelmäßige leute gesehen, die durch vitamin b und viel glück bestimmte jobs bekommen haben...

ich MUSS es unbedingt nochmal ausdrücklich sagen: ich jammer hier nicht rum, dass ich irgendeinen job will, der in der hauptsache status und cash bringt. mir geht es einfach darum, dass ich mich auch entfalten möchte und anerkennung brauche (ich behaupte mal, dass die jeder mensch in irgendeiner form braucht).

als ich noch studiert habe, hätte ich NIEMALS gedacht, dass arbeitslosigkeit einmal so an meinem ego kratzen würde. denn mir war es immer egal, ob ich im alten vw polo gefahren bin oder im mercedes cabrio eines freundes. mit so etwas wollte ich nie beeindrucken, weil ich es schlicht affig fand (und finde).

es ist aber eben nicht ganz so einfach. denn wenn du in jobs landest, die vollkommen unter deinem niveau sind und du das einkommen der putzfrauen noch unterbietest, dann führt das fast immer zu gewissen problemen. wenn der job an sich wenigstens spass bringen würde, dann wäre das für mich ja sogar ok. aber wenn du nichtmal spass dran hast, dann...? ja was dann..? dann besser hartz 4 beantragen..?

ich denke mal, dass das schon ziemlich "akademikerspezifisch" ist. ein kumpel von mir ist gelernter kaufmann und arbeitet mal hier und mal dort. aktuell ist er im security-bereich tätig. von ihm kenne ich solche klagen SO nicht. ihm gehts eher ums geld.


wenn mir "schuhe verkaufen" spass machen würde, dann würde ich schuhverkäufer werden. völlig egal, ob meine family das scheiße finden würde. ich achte da wirklich nicht so auf die meinung der anderen.
und ich klebe auch gar nicht so sehr an bürgerlichen vorstellungen von sicherheit, status und kohle. wirklich nicht.
aber für MICH SELBST brauche ich etwas, das mich mehr pusht. und wenn man auf entsprechende bewerbungen nur absagen kassiert, dann fickt das deinen kopf (so viel zur "sprachlichen qualität" meiner beiträge, hehe!).

wisst ihr was?
mir ist folgendes aufgefallen: je zufriedener ich mit meinem eigenen leben war, desto weniger habe ich auf andere geschaut und mich verglichen.
je unzufriedener ich wurde, desto stärker habe ich mich mit anderen verglichen. was hat er, das ich nicht habe?
als ich mit mir eins war (also zufrieden war), habe ich in gesprächen mit freunden immer gemahnt: "VERGLEICH DICH NICHT SO MIT ANDEREN! SCHAU AUF DICH SELBST!"
das ist ja auch gut und richtig. aber wie gesagt: wenn man anfängt, mit anderen um gewisse ressourcen zu kämpfen (in dem fall: arbeitsplätze), dann guckt man schon drauf, was andere so tun. wenn ich mit der ersten bewerbung direkt n job finde, dann muß ich nicht auf andere schauen. der führende läufer im 100m-lauf muß auch nicht hinter sich schauen. aber wenn man hinten liegt, dann muß man gucken, was andere besser machen.
und wenn man stets letzter ist, obwohl man unheimlich viel trainiert hat, dann muß man sich fragen, ob man sich das noch weiter antut...

aber soll ich -um im bilde zu bleiben- deshalb zu den paralympics wechseln? ins callcenter zb.? das kanns ja auch nicht sein...

naja, schauen wir mal, was so kommt...
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