was war euere motivation zum clean werden (bleiben)

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AsLi
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Anmeldungsdatum: 22.03.2010
Beiträge: 127

BeitragVerfasst am: 14. Apr 2010 13:49    Titel: Antworten mit Zitat

[quote="Maria"][quote="AsLi"]
Maria hat Folgendes geschrieben:

Das mit der REHA klingt interessant. Dachte immer, es gäbe nur eine analytisch tiefenpsychologische Therapie dafür, oder eben Traumatherapie.
Wie bist Du da ran gekommen? Magst Du mehr davon berichten? Wußte nicht, dass es für psychische Konflikte oder seelische Schäden auch eine REHA gibt.
Grüsse


Das ist denke ich nur eine Frage, welchen Namen man dem Kind gibt. Da in den Antragsunterlagen zunächst die Kategorie medizinisch-psychologische Rehabilitation angekreuzt werden musste, nenne ich das der Einfachheit halber Reha. Die konkrete Therapieform und geeignete Einrichtung dafür wird ja anhand des Sozialberichtes und Antragsbegründung meines Psychotherapeuten festgelegt. Reha klingt für mich unbeschwerter und weniger bedrohlich Wink.
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Maria
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Anmeldungsdatum: 06.09.2009
Beiträge: 287

BeitragVerfasst am: 14. Apr 2010 14:04    Titel: Antworten mit Zitat

Lilu1988 hat Folgendes geschrieben:
hallo barbie puppe!

es ist auf keinen fall merkwürdig wie du dich zum aufhören gebracht hast!
jeder hat da seine eigenen mittelchen!

generell finde ich es schon verständlich, wenn menschen drogen nehmen um sich und ihre gefühle zu betäuben, jedoch bin ich auch der meinung das egal was passiert, alles zu lösen ist bzw man selbst immer stark genug ist dies aufzuarbeiten!


Einige Sachen kann man noch nicht aufarbeiten, weil sie noch zu sehr im Unterbewusstsein sind. Erst wenn sie ins Bewusstsein kommen, nähert man sich dem Konflikt, heisst, wenn einem die ursprüngliche Angst bewusst wird, die Todesangst, die hier wohl jeder mal empfunden hat, und diese mit Kräften überwindet, kann man daran wachsen.
Das Schmerzgedächtnis muß mit schönen Dingen überschrieben werden. Es ist Schwerstarbeit, alles aufzuarbeiten, manchmal braucht man dafür mehrere Leben. Manchmal unmöglich, da solche Schäden durch Traumatisierungen einen auch brechen können.
Schau Dir die Deutschen Kriegstraumatisierten, deren Kinder, Enkelkinder, Urenkelkinder an. Gibt schon Wissenschaftler, die herausgefunden haben, dass Traumatisierungen weitervererbt werden, wenn sie nicht aufgearbeitet werden. Wenn sich dann noch eigene Traumatisierungen draufschichten, ist der Berg manchmal unüberschaubar, und vor Schmerzen kaum auszuhalten.
Die Psyche hat da so ihr eigenes persönliches Tempo, wie sie es aufarbeitet, oder verdrängt. Die meisten dissoziieren, spalten ab oder verdrängen.
Grüsse
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Maria
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Anmeldungsdatum: 06.09.2009
Beiträge: 287

BeitragVerfasst am: 14. Apr 2010 14:08    Titel: Antworten mit Zitat

[quote="AsLi"][quote="Maria"]
AsLi hat Folgendes geschrieben:
Maria hat Folgendes geschrieben:

Das mit der REHA klingt interessant. Dachte immer, es gäbe nur eine analytisch tiefenpsychologische Therapie dafür, oder eben Traumatherapie.
Wie bist Du da ran gekommen? Magst Du mehr davon berichten? Wußte nicht, dass es für psychische Konflikte oder seelische Schäden auch eine REHA gibt.
Grüsse


Das ist denke ich nur eine Frage, welchen Namen man dem Kind gibt. Da in den Antragsunterlagen zunächst die Kategorie medizinisch-psychologische Rehabilitation angekreuzt werden musste, nenne ich das der Einfachheit halber Reha. Die konkrete Therapieform und geeignete Einrichtung dafür wird ja anhand des Sozialberichtes und Antragsbegründung meines Psychotherapeuten festgelegt. Reha klingt für mich unbeschwerter und weniger bedrohlich Wink.


O.K., dann weiß ich in etwa, was Du damit meinst. Wünsche Dir viel Kraft dafür. Mache seid fast drei Jahren Therapie und weiß, wie mühselig das alles manchmal sein kann und kräftezehrend.
Grüsse
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AsLi
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Anmeldungsdatum: 22.03.2010
Beiträge: 127

BeitragVerfasst am: 14. Apr 2010 14:23    Titel: Antworten mit Zitat

Maria hat Folgendes geschrieben:

O.K., dann weiß ich in etwa, was Du damit meinst. Wünsche Dir viel Kraft dafür. Mache seid fast drei Jahren Therapie und weiß, wie mühselig das alles manchmal sein kann und kräftezehrend.
Grüsse


Jep - ich mache seit 10 Jahren ambulante Therapie. Leider ist das immer nur ein Kratzen an der Oberfläche - zu mehr reichte es nicht, weil ich im Job auch volle Leistung bringen muss (meinte zu müssen ist wohl richtiger). Sprich mein Doc hat mir einfach geholfen, weiter durchzuhalten - die Heilung kann so natürlich keine wesentlichen Fortschritte machen.

Hab übrigens gerade schmunzelnd gesehen, dass wir vor nichtmal 2 Wochen das Thema Verantwortung / bewusstes Entscheiden hatten. Da hab ich noch felsenfest behauptet (am Beispiel meiner Schwester, die niemals irgendwas konsumiert hat), dass man selbst die Entscheidung trifft, Drogen zu konsumieren und damit auch verantwortlich (im Sinne von schuldig) ist. Und zu dem Zeitpunkt habe ich mir meine damalige Entscheidung wider klügerer innerer Stimme immer noch vorgeworfen.

Dank dem DF hab ich in der Zwischenzeit eine steile Lernkurve durchlaufen (z.B. wer oder was ist diese Amygdala) Smile) und wurstel mich durch Bücherstapel. Befasse mich nun aktuell mit Reich und Janov und warte händeringend auf "Am Anfang war Erziehung" v. A. Miller.

Ich bin sehr neugierig, wo ich einem halben Jahr stehe und wie sich das Leben dann anfühlt. Erwarte auf jeden Fall viel gutes - wenn auch nichts leichtes.
LG
AsLi
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michaela
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Anmeldungsdatum: 13.04.2010
Beiträge: 92

BeitragVerfasst am: 14. Apr 2010 15:42    Titel: therapie und alte wunden... Antworten mit Zitat

Ich glaube, dass man nicht immer und zwangsläufig eine Trauma- oder Borderlinetherapie machen muss. (Die meisten von uns sind ja nun mal auch "Borderlinepersönlichkeiten", zumindest aber mal "instabile" Persönlichkeiten.) - Manchmal kann das auch wirklich nach hinten los gehen. Wenn man nicht gerade stabil ist - also entweder clean oder beikonsumfrei in der Substi - sollte man wirklich die Finger davon lassen.

Ich habe allein durch Gesprächs- und Verhaltenstherapie auch so genug erfahren warum und wofür ich die Drogen brauchte. Muss man da wirklich zurück in die Situation des Missbrauchs? Der Vergewaltigung? Den Moment des Todes des Partners, bei dem man vielleicht sogar dabei war? Nur um den Schmerz noch einmal zu erleben und dann zu sagen: Ich habe es clean erlebt, habe es ausgehalten und nichts konsumiert und bin deshalb daran gewachsen? - Für mich ein klares: Nein.

Ich denke das Leben bietet genug neue "Traumata", schlimme, traurige Erfahrungen und entscheidend ist doch dann die Frage, wie ich in Zukunft damit umgehe. Ich weiß z. B. dass meine Eltern sterben werden und das auch in nicht all zu ferner Zukunft. Und wenn ich das überstehe ohne erneut in die Falle Konsum zu tappen, dann habe ich schon viel gewonnen. Ich finde es immer wichtig zu wissen welche Alternativen ich heute habe: mit Freunden reden, mit dem Partner, spazieren zu gehen, Sport zu machen, Musik zu hören, mir selbst etwas gutes tun. All diese Möglichkeiten hatte ich schon immer. Die hatten WIR schon immer. Aber genutzt haben wir sie nicht.

Bei vielen ist eine Therapie, eine Traumatherapie sicherlich wichtig und angebracht, aber wenn ihr merkt, dass ein Arzt oder Therapeut sie nur um ihrer selbst willen machen will und ihr nicht hundertprozentig dahinter steht und für diese Zeit Menschen und Möglichkeiten habt, die Euch auffangen und Euch Halt geben können in dieser schwierigen Zeit, solltet ihr es lieber lassen und Euch fragen, ob Ihr Eurer Vergangenheit nicht auch so vergeben könnt.
Oftmals ist doch die Hauptaussage nach vielen erlebten Traumata: ICH bin schuld! Irgendwas mit MIR ist oder war nicht in Ordnung, dass ich soetwas erlebt habe. Und wenn man dahinter kommt, dass das eben nicht so war, sondern das der Täter, die Eltern oder irgendwelche äusseren Umstände ausschlaggebend waren für das, was einem widerfahren ist, dann kann man sich selbst auch irgendwann vergeben und verzeihen und somit auch seiner Vergangenheit.

Und dann braucht man die auch nicht noch mal völlig schmerzhaft und sozusagen in "Echtzeit" neu aufrollen. Das tut nämlich einfach nur ungemein weh. Ich weiß wovon ich rede, denn ich habe vor einem dreiviertel Jahr mit einer Traumatherapie begonnen, sie aber dann nach sechs Sitzungen abgebrochen und mit meiner Vergangenheit abgeschlossen.

Die Sache mit den positiven Leitsätzen bzw. den Zetteln an Spiegeln, Kühlschränken oder wo auch immer kann ich nur weiter empfehlen! Das hilft wirklich! Meine Motto waren z. B.: "Ich bin nicht schuld!", "Ich bin liebenswert!", "Ich bin ein schöner Mensch - innen wie aussen!", "Ich muss nicht perfekt sein!" und anderes. Mir hat das oft geholfen. Irgendwann verselbstständigt sich das im Gehirn und man GLAUBT wirklich, was da steht, wenn man es sich nur oft genug selbst vorsagt. Diese Sätze bilden neue Bahnen im Gehirn - fast wie neue, schöne Erfahrungen und das ganze Grundgefühl verändert sich nach einer Weile. Das funktioniert auch mit: "Ich will ohne Drogen leben!"
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AsLi
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Anmeldungsdatum: 22.03.2010
Beiträge: 127

BeitragVerfasst am: 14. Apr 2010 18:21    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Michaela,

ja - ich bin da bei Dir - man muss nicht immer und zwangsläufig nochmal in die Situationen zurück. Mein Therapeut rät mir davon tendenziell auch ab, weil auch er meint, dass das nach hinten losgehen kann.

Andererseits leide ich aber zu sehr unter den Spätfolgen. Ich habe immer wieder schlimme Angst-/Panikattacken, kann dann garnicht mehr atmen, geschweige denn sprechen oder mich kontrolliert bewegen. Und die Angst vor diesen Attacken ist auch ständiger Begleiter im Hintergrund.

Es gibt gute Tage - da ist das alles kein Problem, aber an den Tagen, die nicht so gut sind, muss ich private wie berufliche Verabredungen/Termine absagen, weil ich weiß, dass ich es nicht schaffe. Damit werte ich mich dann selbst wieder ab - zu blöd, mal eben feiern zu gehen oder ein Meeting zu führen.

Oft fühle ich mich wie ein gehetztes Tier und will mich einfach nur in eine dunkle Ecke verkriechen können.

Ich habe einen ganz lieben und verständnisvollen Partner, der mich so liebt wie ich bin. Der für mich da ist, der zuhört, der meine Zurückweisungen akzeptiert, der mit mir zusammen leben möchte. Eine Engelsgeduld hat. Aber ich fühle mich immer völlig unzureichend. Denke immer wieder, warum tut er sich das an? Warum tut er sich mich an! Ist er vielleicht auch psychisch krank?!

Und das alles will ich nicht mehr - es behindert mein Leben, welches ich trotz allem mag und oft mit viel Freude gerne lebe.
Darum will ich mich den Ängsten der Vergangenheit stellen. Wohl wissend, dass es nach hinten losgehen kann. Aber ich will/muss es trotzdem versuchen - wenn ich merke, dass das nicht gut geht, werde ich es sein lassen. Aber dann habe ich den Weg der Integration meiner Ängste ins Bewusstsein wenigstens probiert.

LG
AsLi
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Maria
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Anmeldungsdatum: 06.09.2009
Beiträge: 287

BeitragVerfasst am: 14. Apr 2010 21:19    Titel: Antworten mit Zitat

AsLi hat Folgendes geschrieben:

Jep - ich mache seit 10 Jahren ambulante Therapie. Leider ist das immer nur ein Kratzen an der Oberfläche - zu mehr reichte es nicht, weil ich im Job auch volle Leistung bringen muss (meinte zu müssen ist wohl richtiger). Sprich mein Doc hat mir einfach geholfen, weiter durchzuhalten - die Heilung kann so natürlich keine wesentlichen Fortschritte machen.

Hab übrigens gerade schmunzelnd gesehen, dass wir vor nichtmal 2 Wochen das Thema Verantwortung / bewusstes Entscheiden hatten. Da hab ich noch felsenfest behauptet (am Beispiel meiner Schwester, die niemals irgendwas konsumiert hat), dass man selbst die Entscheidung trifft, Drogen zu konsumieren und damit auch verantwortlich (im Sinne von schuldig) ist. Und zu dem Zeitpunkt habe ich mir meine damalige Entscheidung wider klügerer innerer Stimme immer noch vorgeworfen.

Dank dem DF hab ich in der Zwischenzeit eine steile Lernkurve durchlaufen (z.B. wer oder was ist diese Amygdala) Smile) und wurstel mich durch Bücherstapel. Befasse mich nun aktuell mit Reich und Janov und warte händeringend auf "Am Anfang war Erziehung" v. A. Miller.

Ich bin sehr neugierig, wo ich einem halben Jahr stehe und wie sich das Leben dann anfühlt. Erwarte auf jeden Fall viel gutes - wenn auch nichts leichtes.
LG
AsLi

Da wundert es mich aber doch, dass Dein Therapeut Dich zehn Jahre mit Deinem Schuldbewusstsein allein gelassen hat. Grade Bei posttraumatischen Belastungssymptomen ist die Schuld ein Symptom der PTBS. Gut, dass Dir da DF weiterhelfen konnte. Glaube zu wissen, wen Du da speziell meinst. Wink
Grüsse
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michaela
Bronze-User
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Anmeldungsdatum: 13.04.2010
Beiträge: 92

BeitragVerfasst am: 15. Apr 2010 11:10    Titel: Antworten mit Zitat

An AsLi!

Ja, ich kenne das mit den Schuldgefühlen nur zu gut. Das gleiche gilt für mich. Gerade auch in Partnerschaft. Ich habe da wohl Glück, dass ich meinen Partner ebenfalls in Therapie kennen gelernt habe und er vieles von meinen Verhaltens- und Denkweisen akzeptiert und auch versteht. Er hat sich selbst irgendwann in Borderline- und PTBS-Lektüre gestürzt und sagt selbst dann noch, dass er mich liebt, wenn ich mal wieder meinen "Ich-bin-so-scheisse-Tag" habe.

Auch beruflich funktioniert das in der Hinsicht ganz gut. Wir geben uns da gegenseitig den Halt und den Mut und sagen uns immer wieder "Du packst das!", "Du brauchst Dich da nicht klein machen, Du bist gut in dem, was Du tust."

Ich hatte auch wirklich das Glück in meiner letzten Therapie genau die positiven Stratageme vermittelt zu bekommen, die ich zu der Zeit brauchte. Und viele Bücher zum Thema: Inneres Kind, die mir auch geholfen haben, mich besser anzunehmen.

Ein Problem ist, dass das mit allem ist, womit mir mal anfangen. Wie mit Diäten, Sport, etc. - Es lässt alles nach und irgendwann entstehen die alten Bahnen wieder im Gehirn und man fällt in die alten Denkmuster zurück.

Trotz allem habe ich zu viel Angst davor, noch mal mit meinem Onkel allein in einem Zimmer zu sein. Und trotz allem habe ich ihm vergeben. Mir vor allem. Denn ich bin nicht Schuld an dem, was damals passierte. Ich war noch ein Kind!

Das mit der Angst und den Panikattacken kenne ich auch nur zu gut. Bei mir war dann immer der nächste Rückfall angesagt. Bloß nie aushalten! Irgendwann aber - mit der Zeit und die kann teils sehr lang sein - vergeht auch das. Wird weniger. Und dann hilft es, sich zu sagen, dass die heutige Angst keine reale Bedrohung mehr ist. Das es die alte Angst ist von damals, die wieder an die Tür klopft. Und das sie mich nicht umbringt! Das ich noch lebe, wenn die Attacke vorbei ist. Und das am nächsten Tag vielleicht sogar wieder die Sonne scheint.
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AsLi
Silber-User
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Anmeldungsdatum: 22.03.2010
Beiträge: 127

BeitragVerfasst am: 15. Apr 2010 14:08    Titel: Antworten mit Zitat

Maria hat Folgendes geschrieben:

Da wundert es mich aber doch, dass Dein Therapeut Dich zehn Jahre mit Deinem Schuldbewusstsein allein gelassen hat. Grade Bei posttraumatischen Belastungssymptomen ist die Schuld ein Symptom der PTBS. Gut, dass Dir da DF weiterhelfen konnte. Glaube zu wissen, wen Du da speziell meinst. Wink
Grüsse


Nein - er hat mich nicht alleine gelassen, sondern ich mich. Hab in den ersten Jahren meine Therapeuten gewechselt, wenn sie mit mir über Schuldbewusstsein sprechen wollten. Um darüber zu sprechen, hätte ich zugeben müssen, dass es existiert. Meine Überlebensstrategie war aber immer die des Verdrängens.

Mein Therapeut hat mich auf meinem Weg begleitet und mir Pflaster auf die aufgeschlagenen Knie geklebt, bis ich bereit war, mein Schuhwerk zu betrachten. Das hat was gedauert.

Hätte auch vor 2 Monaten mit brights Ansätzen noch nichts anfangen können - hätte dazu nichtmal was gepostet. Hätts gelesen, als Unfug einsortiert und fertig. Da schwamm ich noch in meinem Teller und hatte Angst vor dem Rand Wink.

LG
AsLi
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AsLi
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Anmeldungsdatum: 22.03.2010
Beiträge: 127

BeitragVerfasst am: 15. Apr 2010 14:46    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Michaela,

Deine Zeilen machen mir auf jeden Fall Mut, dass die Wirkungsmechanismen der Ängste aus der Vergangenheit auch in den Griff zu bekommen sind, ohne alles nochmal ans Licht zu zerren, ohne nochmal dahin zurückzugehen.

Hat mir mein Therapeut heute auch wieder mit auf den Weg gegeben. Ich werde wohl gleich meinen "Guten-Morgen-Smiley" mit dem Satz "Ich muss nicht perfekt sein" ergänzen, weil ich grad wieder mal dabei bin, zu übertreiben (stapelweise Bücher, um mich/mein Leben besser zu verstehen und positiv zu beeinflussen; ist zwar vielleicht schnell gelesen, aber schwer zu verarbeiten/zu filtern). Vermutlich ziehe ich mir mit der Masse an Informationen wieder mal den Boden unter den Füßen weg Wink - aber ich mag mich trotzdem Smile).

LG
AsLi
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Rote Zora
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Anmeldungsdatum: 28.05.2009
Beiträge: 1041

BeitragVerfasst am: 15. Apr 2010 22:05    Titel: Antworten mit Zitat

Das erinnert mich auch an einen Satz meiner Therapeutin : In der Kindheit ist viel scheisse passiert,aber Du bist keine 12 mehr...Sprich,kannste eh nich ändern,guck nach vorne!

Ich mag mich trotzdem...hmm,den Satz sollte ich auch mal in meinen Wortschatz mit aufnehmen Wink
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michaela
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Anmeldungsdatum: 13.04.2010
Beiträge: 92

BeitragVerfasst am: 16. Apr 2010 11:05    Titel: Antworten mit Zitat

Klar kann man nichts mehr ändern. Aber man kann doch die Sichtweise auf sich selbst und das Geschehene ändern. Man kann ewig damit hadern, sich immer wieder fragen, warum ist das gerade mir passiert? Bin ich so schlecht? War es meine Schuld? oder man kann sich vergeben und versuchen, mal darüber zu lächeln.

Seltsamerweise schaffen wir das immer mit anderen. Erst recht mit unseren Kindern. Wenn mein Sohn früher in der Schule eine 5 in Englisch hatte, habe ich ihn trotzdem geliebt und ihm das auch gesagt. Ihm immer klar gemacht, dass er keine Leistungen für mich bringen muss. An unseren Freunden oder Partnern sind es auch oft die kleinen Macken, die wir lieben. Das nicht Perfekte. Nur bei uns selbst stellen wir immer wieder Maßstäbe und Messlatten, die so hoch sind, dass wir nur daran scheitern können. Wir wollen uns perfekt, schön, klug, schlank, fit, ohne einen Pickel. Wir wollen geliebt, geachtet und bewundert werden - aber wie sollte das jemand tun, wenn wir uns selbst nicht mal so annehmen, wie wir sind? Und eben auch mit unserer Vergangenheit und all dem, was passiert ist. Das macht uns doch auch aus! Macht uns zu besonderen Menschen.

Und mal ganz ehrlich: diese Frage nach dem "Warum?" führt doch zu nichts. Die kann man doch immer nur den anderen stellen: denen, die uns missbraucht haben, vergewaltigt haben, belogen haben, geschlagen haben, benutzt haben, als Kinder nicht genug geliebt oder angenommen haben. Und damit sind wir doch auch gar nicht allein! Warum gerade ich? ist doch nur rethorisch! Hier gibt es doch hunderte Menschen allein im Forum, die eine beschissene Vergangenheit hatten, darum Drogen nahmen und sich jetzt hier wieder finden!

Da bleibt also nur der logische Schluss, dass wir eigentlich völlig normal und wie so viele andere auch sind. Wir waren eben nur zur falschen Zeit am falschen Ort mit den falschen Menschen. Wie tausende andere auch. Und deshalb ist es irgendwann auch an der Zeit, sich endlich selbst zu vergeben. Wenn wir mal im Lotto gewinnen sollten, hadern wir sicher auch nicht mit unserem Schiksal und fragen ständig: Warum gerade ich?

Ich bin sicherlich niemand, der all das, was er hier schreibt, immer zu 100% lebt, der sich immer und ständig sagt: ich bin gut! Ich darf mich selbst lieben. Aber der Weg hier rein erinnert mich immer wieder daran, dass ich das darf. Und das nur ich in der Lage bin, mir selbst die Angst zu nehmen. Ich kann mich selbst in den Arm nehmen wie ein kleines Kind und mir sagen, dass es wieder gut wird. Ich kann mir selbst verzeihen, wenn ich einen Fehler gemacht habe. Und nur ich entscheide, wie es mir geht. Ob ich nach einem Brief von der Staatsanwaltschaft den ganzen Tag in den Müll werfe, ihn scheisse finde und dann auch noch irgendwas nehme, weil ich den ganzen Mist ja sonst nicht aushalte, oder ob ich meinen Hund nehme, an den See fahre, mir schöne Musik und ein Buch mitnehme und das schöne Wetter geniesse. Denn ÄNDERN kann ich an dem Brief sowieso nichts.

Ich habe in den letzten zwei, drei Jahren wirklich gelernt, dass viele der Dramen, die ich erlebte, hausgemacht waren. Dass ich die auch brauchte und immer wieder durchleben wollte, da meine Kindheit eben nun mal auch ein Drama war und meine Eltern mir auch genug Dramen vorlebten. Aber HEUTE ist das vorbei!
Heute bin ich froh über Ruhe, Zufriedenheit. Kann mich über schönes Wetter freuen. Und das auch erst, seit ich mit den Drogen aufgehört habe. Denn die machen ein Drama-loses Leben gar nicht möglich.

Und so kann man auch Panikattacken überwinden: indem man es EINFACH mal anders macht als sonst! Eben nicht verkriechen, in der Angst bleiben, sich möglichst noch dicht machen. Sondern: rausgehen! Spazieren! Schwimmen! In die Sauna! Oder eine Freundin anrufen und was leckeres kochen. Und das Gefühl dabei ist wie beim ersten Mal radfahren ohne Stützräder:
am Anfang ist man unsicher, sieht sich ständig um, ist wacklig, rechnet damit, jeden Moment umzufallen, man verkrampft. Aber mit jedem Tritt in die Pedale, mit jedem bisschen Fahrtwind, der einem um die Nase weht und mit jedem Blick zurück, der dir sagt, dass niemand mehr das Rad hält, steigt das Glücksgefühl! Wächst das Wissen, das man es ALLEINE kann und auch ganz allein geschafft hat und sich unendlich stark fühlt!

Das geht: ohne Drogen. Und ohne Angst. Jeden Tag ein bisschen besser.
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Maria
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Anmeldungsdatum: 06.09.2009
Beiträge: 287

BeitragVerfasst am: 16. Apr 2010 12:42    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Michaela,
es scheint, dass Du vieles über Deine neue Familie kompensierst. Dir reicht ein Spaziergang oder das Kochen mit Deiner Freundin, um wieder ein inneres Gleichgewicht zu bekommen.
Vielen jedoch bringen solche Methoden rein gar nichts.
Es geht um seelische Wunden, um Vernarbungen, die nie wieder verschwinden. Um Todesangst, Panik, Starre.
Und wie Du gut erkannt hast, trägt dieses Volk hier sehr viele Wunden mit sich herum. Aber findest Du das wirklich normal? Das ist eine absolut kranke Gesellschaft, in der wir leben, mit einer absolut kranken Politik und wahnsinnigen Wirtschaft/Kapitalismus.
Wo soll das alles noch hinführen, wenn es nicht um Menschlichkeit geht, sondern nur um Macht und Geld?
Opium ist ein gutes Schmerzmittel, für den Körper und die Seele.
Canabis hilft bei PTBS. Beides illegal. Ärzte verschreiben Antidepressiva und Neuroleptika. Beide haben verheerende Nebenwirkungen. Beispiel: Robert Enke stürzte sich letztes Jahr vor den Zug. Vielleicht würde er mit Opiaten noch leben?
Du schreibst, man kann es allein schaffen? Ja, wenn man genug Serotonin hat, kann man ein gesundes Selbstbewusstsein aufbauen, und kreativ und extrovertiert leben. Aber was sollen die machen, die einen Mangel haben?Der Mangel sorgt für andere Krankheiten, denn das bedeutet Stress, Ursache für viele psychische und physische Leiden. Es ist unmenschlich, diese Menschen allein zu lassen, bzw, auch noch eine Politik zu führen, die diesen Menschen noch mehr Schaden zufügt.
Grüsse
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michaela
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Anmeldungsdatum: 13.04.2010
Beiträge: 92

BeitragVerfasst am: 16. Apr 2010 15:50    Titel: Antworten mit Zitat

@maria:

Klar ist das eine kranke Gesellschaft. Viele daran erkrankte Menschen finden sich auch offensichtlich hier wieder ein und infizieren selbst dieses Forum mit verachtenden, menschenunwürdigen Bemerkungen und sind scheinbar so sehr erkrankt, dass sie auch gar nicht mehr gesunden wollen. Krankheit als Weg oder Mittel zum Zweck?

Auch ich habe Narben, Verletzungen, die nie wieder heilen werden und die so tief sind, dass sie jeden Tag auch äusserlich sichtbar sind. Und auch ich habe jahrelang nur überlebt mithilfe von Drogen. (habe ich auch gepostet...)
Fakt ist aber auch: der Serotoninhaushalt wird sich nicht wieder einpendeln und auf ein natürliches Maß bewegen, wenn man weiter konsumiert. Egal was. Alkohol, Kiff, Schorre. Und klar ist auch, dass das dauert. Mindestens ein Jahr, meist noch länger. Und klar ist auch, dass bei vielen Menschen Opiate, Drogen und Substanzen überlebensnotwendig sind. Krebskranke, Depressive, etc. Es ist halt mein persönlicher Weg! Jeder muss für sich selbst entscheiden, welchen er gehen will. Mir ist nur wichtig zu zeigen, dass man auch anders kann. Es gibt nicht nur den einen, richtigen Weg.

Dass das "normale Draufsein" nicht glücklich macht, ist wohl unbestritten. Letztlich ist es doch nur das erste Mal, der erste Turn, der gut ist. Schön ist. Alles danach dient doch nur noch zum Funktionieren. Oder um nicht affig zu sein. Wer findet es denn schön, affig auf den Dealer zu warten? Sich sämtliche Venen zu zerstechen, zu kotzen und scheissen bis zum geht nicht mehr? In den Knast zu müssen, ständig zu lügen, klauen oder anschaffen, dealen oder das letzte Hemd verticken zu müssen? - Doch wohl niemand.

Und die Gesellschaft für alles verantwortlich zu machen ist mir auch zu einfach. Denn ich bin die Gesellschaft, Du bist ein Teil der Gesellschaft. Wir alle steuern unseren Teil dazu bei. Ich tue mein bestes um in meiner kleinen eigenen Gesellschaft - Familie, Partnerschaft, Freunde - mein Leben zu leben. Das da "draussen" interessiert mich eigentlich gar nicht mehr. Wenn ich anfange, darüber nachzudenken, kann ich mir gleich den Strick nehmen. Wenn ich über jedes tote Kind in einer Kühltruhe, jedes gequälte Kind, jeden Krieg und jede Katastrophe, jeden korrupten Politiker nachdenke und mir versuche klar zu machen, warum es ist, wie es ist, würde ich wahnsinnig werden. Ich kann nur MICH und MEIN LEBEN ändern. Und hoffen, damit einen kleinen Teil dazu beizusteuern, dass etwas besser wird da draussen. Aber mich dahinter verschanzen und zu sagen: "Deshalb bleibe ich drauf!" wird mir nicht gerecht. Das ist zu einfach. Ich habe es selbst in der Hand. Und ich hatte es eben einfach satt nach über 28 Jahren Opiatkonsum weiter vor die Hunde zu gehen.

Ich habe nur dieses eine Leben. Und für mich ist es eben ein Weg, die restlichen Jahre ohne Heroin, Alk und anderen Mist zu leben. Es geht. Nicht nur für mich. Sondern für viele andere auch. Und es hat niemand gesagt, dass es leicht wird oder ist. Jeder Tag neu! Ich denke nicht in Wochen, Monaten. Ich versuche jeden Tag neu zu LEBEN! Viele Menschen gehen nur lieber den leichten Weg. Weiter drauf zu sein ist leichter. Weiter Schorre zu konsumieren ist leichter. Weiter zu saufen ist leichter. Das andere tut weh. Ist hart. Und man muss viele Monate dadurch, bis es sich endlich gut anfühlt. Aber dann lohnt es sich. Man muss nur den Willen und den Wunsch haben, etwas zu verändern. Und den Mut.
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Maria
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Anmeldungsdatum: 06.09.2009
Beiträge: 287

BeitragVerfasst am: 16. Apr 2010 22:32    Titel: Antworten mit Zitat

Ich wollte Deinen Weg nicht kritisieren, ich wollte Dich nur drauf hinweisen, dass das nicht bei jedem so hinhaut, sorry.
Eine Frage hätte ich da aber schon. Du schreibst, Du seist 28 Jahre auf Opiaten gewesen, ohne mit dem Gericht in Konflikt gekommen zu sein. Herzlichen Glückwunsch, aber wie ist das möglich bei so einer Drogenpolitik?
Irgendwie unrealistisch, deswegen stimmt der letzte Satz auch nicht für jeden. Es ist nicht einfacher, Drogen zu konsumieren, denn in diesem Land sind Heroin, Kokain, Canabis, LSD, MDMA illegal. Und diese Illegalität führt bei den meisten Konsumenten zu kriegsähnlichen Situationen, also nix mit einfach.
Morgens affig aufwachen, affig los und irgendwie Geld besorgen. Klauen vielleicht, dann nen Hehler finden, bei dem man das Zeug loswird, anschließend mit dem Geld zum Dealer. Der erste Dealer hat nix mehr, der zweite ist gerade eingesackt worden von der Polizei, der Dritte verkauft Dir Dreck. Also wieder los, Geld besorgen. Usw., und das jeden Tag. Und ständig die Angst im Nacken. So ein Leben sorgt durch die Illegalität der Droge für zusätzliche Traumatisierungen, triggert Ängste, triggert alte Traumatisierungen. Von daher, wenn man Deinem post Glauben schenken sollte, bist Du eine absolute Ausnahme, mit Deinen 28 Jahren Opis ohne Polizeialarm.
Das Problem ist nun mal nicht die Droge. Damit kann man auch wieder aufhören, wenn man psychisch nachgereift ist. Das dicke Problem ist die Illegalität, und der Weg aus der Kriminalität ins "bürgerliche " Leben.
Grüsse
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