Er fragte nach Kippen, ich nach Heroin

[BlancheNeige]

Hallo indesan,

vielen lieben Dank für deinen ehrlichen Beitrag!

Anscheinend kennst du diese oder eine ähnliche Situation selber...
mit deinen Einschätzungen hast du auf jeden fall Recht. Tief in mir weiß ich das auch selber, wahrscheinlich.

Er hat mir am Wochenende gesagt, dass er sich in mich verliebt hat. Das war ja eh klar, er hätte sich womöglich in jede Person verliebt, die sich mit ihm beschäftigt. Meine Mitbewohnerin möchte wirklich nicht mehr, dass er mit in die Bude kommt. Eher wegen mir, sagt sie. Aus Sorge. Ist ja auch total nett.

Letztens hat er mich morgens aus dem Bett geschellt, er brauchte Geld um Schulden zu begleichen. Das war wieder so ne Grenze, die er nicht hätte überschreiten sollen. Dann war ich eben sauer aber das legt sich.

Es stimmt auch, dass ich doch auch wieder unter der Woche konsumiert habe.
Alleine allerdings. Ich bin dabei immer lieber allein. Daher denke ich, du hast es schon richtig erkannt: ich will selber irgendwie zurück, auch wenn das mehr als bescheuert ist. Meine Mutter vertröste ich seit Wochen eben aus genau diesem Grund. Ich bin echt so ne Versagerin, das soll sie aber dann nicht auch noch mitbekommen.

Gestern Abend hat er versucht mich zu küssen obwohl ich ihm gesagt habe, dass das nichts wird mit uns und einer Beziehung. Solange es SO ist jedenfalls nicht. Wir treffen uns Abends einfach so auf einen Burger, ganz normal, laufen durch die Stadt. Er ist wirklich der herzlichste Mensch, den ich in meinem bisherigen Leben getroffen habe. Deshalb fällt es mir so schwer, ihn einfach fallen zu lassen. Er erfreut sich an Streichelzoos. Hallo? Welcher Typ macht sowas? Er kauft mir Kekse von sienen paar Kröten.

Heute wollte ich mit ihm zu seinem Bewährungshelfer. Der hätte ihn unterstützen können bezgl. Therapie. Aber das hat er verschoben. Ganz Junkie eben. Er wird`s nicht mehr schaffen in diesem Leben. Da bin ich mir sicher.
Gut für ihn, dass er an ein Leben nach dem Tod glaubt

Ich halte euch auf dem Laufenden. Ich finde es schön, dass es Menschen interessiert, was mir passiert.

Liebste Grüße, Blanche

[BlancheNeige]

Indesan, magst du etwas von dir schreiben?

Wie du dein Leben betreitest, bzw. bist du drauf oder clean oder, oder...?
Dein Beitrag klingt beim zweiten Lesen so sher nach der Lebenserfahrung, die mir ja anscheinend noch fehlt.

Also dis wäre schön

Alles Liebe

[Catinka0472]

Hallo BlancheNeige,

ich habe aufmerksam verfolgt, was Du berichtet hast.
Und ich kann gut verstehen, warum Du so und nicht anders handelst (und ich habe kein Suchtproblem und hatte keins, nur einen Freund, der süchtig ist).

Darf ich fragen, was du tatsächlich für ihn empfindest?
Crazy hat es schon mal thematisiert und wenn ich es nicht überlesen habe, hast Du Dich direkt nicht dazu geäußert.

Was hat er eigentlich auf Deine Reaktion zum versuchten Kuss gesagt? Nix?

Du sagst, Du bist sicher, dass er es nicht mehr schafft, sein Leben in den Griff zu kriegen. Aus welchem Grund möchtest Du ihm dann helfen - weil Du ihn doch liebst?
Ist jetzt sicher kein Vorwurf - aber für Dich keine Situation mit Aussicht auf Erfolg! Kannst Du das verkraften?

Es ist sicher schwer genug, seine Situation mit anzusehen und zusätzlich "gefährdest" Du Dich selbst... ganz schön bescheiden!

LG
Catinka

[lunatic]

Hey BlancheNeige!

ich habe gerade erst deine beiträge gelesen und fand es ehrlich gesagt ziemlich faszinierend wie du mit deiner sicherheit was das +- cleansein angeht umgehst... ich wills allerdings nicht kritisieren, ich denke du weisst selbst was du da tust.
Im gegenteil, ich finds toll von dir wie du mit ihm umgehst
tine meinte

[BlancheNeige]

Guten Abend,

Danke an Catinka und lunatic, im Grunde mag ich gar nicht sein Engel sein. Ich kann das alles ja gar nicht aufrecht erhalten auf lange Sicht.
Heute habe ich kurz mit seiner Mum gesprochen. Sie überlegt wegzuziehen, die Stadt zu verlassen. Sie hat ein Haus geerbt. Vielleicht ist es gut für ihn, denn dann muss er sich mal selber um eine Bleibe kümmern.
Er lebt ja krasserweise in einer 1-Raumwohnung mit ihr zusammen. Schlafen praktisch dicht beienander. Oha. Strange.

Und ich habe selber gemerkt wie ich mich zum Konsum hinreißen lasse.
Nachdem ich die ganze Woche lang jeden Tag etwas genommen habe, hat es heute bei mir klick gemacht & ich will so etwas echt nicht noch einmal erleben.
So abzuf**

Danke für euren Beistand

[Catinka0472]

Hi,

das entwickelt sich ja nicht wirklich positiv für Dich!
Du solltest jetzt wirklich die Notbremse ziehen.

Hast Du denn im Moment Kontakt zu ihm und was sagt er zu den Umzugsplänen seiner Mutter?
Wie Du schon sagst, es könnte eine Chance für ihn sein aber wie Du ihn beschreibst, wird er wahrscheinlich endgültig auf der Straße landen...

Ich glaube, ich könnte das nicht mit ansehen!
Ich kann wirklich gut verstehen, dass Dir das alles sehr schwer fällt, vor allem weil Du Dich anscheinend doch sehr zu ihm hingezogen fühlst. Aber wenn Du jetzt schon wieder ne ganze Woche H genommen hast, weißt Du ja wohin das langfristig führt. Gut, dass es jetzt wenigstens "Klick" gemacht hat!

Tut mir echt leid für Dich! Es ist so schwer einen lieben Menschen loszulassen!

LG

[BlancheNeige]

Hey Catinka

Ja, Kontakt habe ich nach wie vor zu ihm. Er sagt ja auch immer " wir müssen mal in Restaurant xy oder in Film xy". Da sag ich doch nicht nein

Es tut mir ja schon höllisch leid, dass er merken musste, dass er nicht so wirklich willkommen ist in meiner WG. Ich stelle mir das immer umgekehrt vor. Das muss sehr verletzend sein. Er ist ja ein normaler Mensch, bloß ist er krank.
Einen HIV Infizierten würde ich ja auch nicht vor der Tüt stehen lassen.

Die Tatsache, dass ich wieder H genommen habe hat allerdings gar nichts mit ihm oder unseren Treffen zutun. Ich hatte mir ja schon etwas besorgt, bevor ich so viel mit ihm unternommen habe. Wir reden auch nie über Heroin an sich. Das wird komplett außen vor gelassen. Mit dem hinreißen meinte ich mich selber. Ich nehme ja wenn nur alleine etwas. Lediglich den Fakt, dass ich durch ihn ganz bequem an das Dope komme, ohne Aufwand zu betreiben, könnte man bemängeln.

Ich habe noch nicht mit ihm über die Umzugspläne gesprochen. Ich weiß auch gar nicht, wie ernst es ihr ist. Aber sie möchte gern weg aus der Stadt. Auf`s Land, wo es wenig Drogen gibt. Und ja, Catinka, recht hast du mit deiner Einschätzung. Ich bezweifle auch, dass ihm das weiter hilft.
Clean wird er bestimmt nicht mehr. Das wird mir jeden tag auf`s Neue klar

Ich merke auch langsam, dass ich genervt bin von seiner Art, sich selbst immerzu zu bemitleiden. Ich habe ja gern ein Ohr für ihn aber wenn jemand andauernd in Selbstmitleid versinkt und im nächsten Moment die Hilfe nicht annimmt, dann wird man irgendwann zynisch. So geschehen, und dann fühle ich mich schlecht. Immer zu sagen das Leben ist so gemein zu mir bringt nichts. Man ist ja selber Regisseur seines Lebens. Zumindest mit Mitte dreißig.

Also, ich werde berichten

Jetzt habe ich hier schon wieder so einen Roman hingeklatscht. Und das an einem Sonntag morgen

[Catinka0472]

Hallo BlancheNeige,

wenn ich das so lese, könnte das genauso auch mir passieren (außer mit dem H).
Auch ich stelle mir die Situation immer auch aus der Sicht meines Gegenübers vor. Dadurch entwickelt man viel Verständnis für den anderen. Was natürlich mitunter passieren kann, ist, dass man die "Gefahren" für sich selbst oder seine eigenen Bedürfnisse nicht wirklich sieht! Ob das auf Dauer gesund ist, weiß ich nicht! Das ist eine ganz schöne Gratwanderung!
Und natürlich würde auch ich ihn nicht einfach so fallen lassen, vor allem, wenn Du eigentlich gerne mit ihm zusammen bist (das kenne ich soooo gut!).

Solange es Dir gut dabei geht, ist es auch vollkommen ok, habe aber doch Bedenken, da Dein H-Konsum wieder regelmäßiger geworden ist und wie Du selbst sagst, die Beschaffung ist durch ihn recht einfach..

Bin wirklich gespannt, wie es bei Dir weiter geht!
Pass auf Dich auf!

Liebe Grüße

[BlancheNeige]

Catinka

Ja, es gibt so einen Typ Mensch, wie uns, der anfällig für solche emotionalen Irrfahrten ist.

Dein Freund hat doch auch ein Suchtproblem, wenn ich das jetzt richtig zuordne?
Du selber bist aber komplett sauber?

[Catinka0472]

Hi Blanche ,

ja, hab einen Freund ("mein" Freund ist er nicht mehr), der kokst.
Wir haben mittlerweile wieder guten Kontakt und ich habe meistens auch Verständnis für seine Situation - das erinnert mich stark an Deine Geschichte!

Selber bin ich sauber und hatte auch noch nie Kontakt zu Drogen (außer Alk). Fühle mich auch recht stark in der Situation, obwohl es mich natürlich emotional noch sehr mitnimmt.

Nun denn, die Hoffnung stirbt zuletzt!

LG

[Sabiote555]

Hallo BlancheNeige,

heute schreibe ich zum ersten Mal in Deinem Thread, lese aber Deine Beiträge von Anfang an mit und wollte schon vor einiger Zeit mal was posten weil es mir eben so vorkam, als hättest Du mehr Gefühle für den Typen (gibt es eigentlich einen Decknamen für ihn?), als Du zugeben magst. Crazy Man hatte das ja angerissen und indesan hat es dann, sehrviel deutlicher, auf den Punkt gebracht. Um ehrlich zu sein, war mein Gedanke bereits am Anfang des Threads, dass da ein unbewusster Drang nach Ausbrechen aus den gesellschaftlichen Regeln hinter all dem steckt. Du hast angedeutet, dass du aus einem Elternhaus stammst, in dem dir durchaus eine berufliche Zukunft nach Wahl ermöglicht worden wäre.

Jetzt spekuliere ich mal und erhebe keinen Anspruch auf Richtigkeit: Vielleicht haben Deine Eltern bewusst oder unbewusst auch einen subtilen Druck aufgebaut und eine Karriere nach ihren Vorstellungen von dir erwartet. Und vielleicht rebellierst durch Drogenkonsum dagegen?

Und dass du letzte Woche, wie du schreibst, jeden Tag konsumiert hast, ist ein absolutes Alarmzeichen. Das weißt du alles selber und ich will dich nicht volltuten. Doch eine körperliche Abhängigkeit ist das, was du jetzt am allerwenigsten gebrauchen kannst. Weißt du, was mich wirklich nachdenklich gemacht hat? Da ich dich hier im Forum als eine sensible Person wahrnehme, von der ich vermute, dass sie dem rauhen Alltag zumindest als Last empfindet, dachte ich mir, als du schriebst, dass er raucht und nicht drückt, dass das wohl kaum abschreckend genug für dich ist. Er ist lange Zeit abhängig und hat kein Problem, Venen zu finden, was für Langzeitabhängige meist wirklich ein Problem ist. So, wie du ihn erlebst, ist die Heroinsucht ja einigermassen erträglich. Ich interpretiere, dass er Zeitungen verkauft und irgendwie sein Geld zusammen bekommt. Er muss also weder anschaffen, noch sitzt er stundenlang auf einer Toilette oder zu Hause, um eine Vene zu finden.

Ich rate dir, dich schleunigst von dem Mann zu distanzieren. Zwar finde ich, dass er Hilfe braucht und sie auch bekommen soll. Doch jemand, der deswegen, weil er hilft, süchtig werden kann, der ist nicht die richtige Hilfe. Hoffentlich verstehst du das alles hier nicht falsch. Ich finde es gut, dass du einem Menschen die Hand reichst, der bei einem großen Teil der restlichen Gesellschaft kein Bein auf den Boden bekommen würde. Trotzdem scheinst du mir insofern nicht stark genug zu sein, das schadlos durchzustehen, da du die Möglichkeit, so bequem an Heroin zu kommen, zu oft nützt.

Bitte lass uns weiter hören, wie es dir geht.

Liebe Grüße
Sabiote555

@Catinka: Es freut mich zu hören, dass es zwischen euch so entspannt ist und dass du gut drauf klar kommst.

[Catinka0472]

Hallo Sabiote,

Schön, wieder von Dir zu hören.
Ja, es geht ganz gut. Es sind zwar nach wie vor Höhen und Tiefen, aber ich habe für mich einen Weg gefunden, ganz gut damit klar zu kommen.
Ich hoffe immer noch, dass er clean wird... mal sehen (er sagt, er will es auch).
Habe zur Zeit bei mir daheim noch eine Großbaustelle und bin dadurch ziemlich abgelenkt.
Aber ich bin zuversichtlich!
Wie gehts Dir?

LG
Catinka

[Catinka0472]

Hi Blanche,

sorry, das gehörte nicht zum Thema.
Wg. fehlender PN-Funktion habe ich Deinen Threat mal genutzt ...

LG
Catinka

noch zu kurz - noch zu kurz -

[Yolande]

Hallo Blanche,

ich bin gerade über zwei deiner Fragen stolpert, die schon auf der ersten Seite standen, ich sieh aber irgendwie übersehen habe und nun doch das Bedürfnis habe darauf zu antworten.

Du hast gefragt, ob abhängige Mütter nur bedingt etwas für die Sucht ihrer Kinder können? Ich würde sagen ja, sie können nur bedingt etwas dafür. In Anbetracht der Tatsache, dass sie selbst vermutlich nicht mehr anders können, leben sie ihrem Kind etwas vor, was nicht förderlich für eine tolle Zukunft des Kindes ist. Es kann gut sein, dass das Kind es später einfach auch nimmt, weil es ja so groß geworden ist und das alles über Bord zu werfen, würde ja ein Stück weit bedeuten, die eigene Kindheit total über Bord zu werfen. So viel Kraft haben nur wenige Menschen. Vielleicht nimmt das Kind aber auch Drogen, um herauszufinden, was daran so toll sein soll, dass die Mutter lieber das Zeug nimmt, als mit dem Kind auf den Spielplatz zu gehen. Vielleicht nimmt es aber auch nie etwas, weil das Kind es als absolut abstoßend findet, was die Drogen aus seinen Eltern gemacht hat.

Zu Frau Holle, du fragtest, ob sie ihre Situation nicht realistisch genug einschätzt? Ich denke, sie schätzt ihre Situation als Mutter ein - die geht meist vom Herzen aus und ist nicht immer real, aber ich finde, dass sie sich sehr bemüht, ehrlich zu sein.

LG

[CrazyMan]