Akzeptierende Drogenarbeit

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asil1991
Anfänger


Anmeldungsdatum: 23.06.2014
Beiträge: 3

BeitragVerfasst am: 23. Jun 2014 15:28    Titel: Akzeptierende Drogenarbeit Antworten mit Zitat

Hallo liebe Community!

Ich schreib gerade meine Bachelorarbeit zum Thema "Akzeptierende Drogenarbeit" und beschäftig mich gerade mit den Prinzipien und Grundhaltungen dieser Strömung in der Drogenhilfe. Meine Aufmerksamkeit hat das angesprochene Prinzip "Recht auf Autonomie und Mündigkeit" geweckt. Dieses Prinzip besagt, dass KonsumentInnen stets als mündige, zu Selbstverantwortung und Selbstbestimmung fähige Menschen wahrzunehmen sind. Ich empfinde diese Sichtweise als prinzipiell sehr gut und auch richtig, nur stelle ich mir die Frage wie es sich dann mit wirklich abhängigen KonsumentInnen verhält? Kann man wirklich sagen, dass ein süchtiger Heroinkonsument noch die Fähigkeit besitzt selbst über sein Leben zu bestimmen, wenn seine Gedanken nur um den Konsum bzw. die Beschaffung des Suchtmittels kreisen? Würd mich interessieren was ihr dazu denkt und freu mich auf eine hoffentlich spannende Diskussion !

LG
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CrazyMan
Platin-User
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Anmeldungsdatum: 15.01.2010
Beiträge: 2108

BeitragVerfasst am: 23. Jun 2014 16:03    Titel: Antworten mit Zitat

Den Titel deiner Arbeit halte ich für etwas unpassend bis seltsam: “Akzeptierende Drogenarbeit“. Wer oder was akzeptiert hier wen oder was?

Natürlich ist auch ein abhängiger Konsument mündig. Die Abhängigkeit kann zwar sehr belastend sein, ist aber keine Begründung, einen Menschen als nicht mehr mündig zu degradieren. Alleine der Gedanke ist schon eine Frechheit. Einzelfälle mag es geben, die überhaupt nicht mehr zurecht kommen. So etwas gibt es aber auch ohne den Einfluss von Drogen. Neben Drogen gibt es Alkohol, letztendlich nichts andere als Drogen. Nur wird Alkohol willkürlich akzeptiert, während Drogen, darunter das eher harmlose Marihuana, willkürlich verboten sind. Auch durch Alk oder sogar ganz besonders durch Alk, entstehen psychische Wracks, die sich ihre Zimmernummer im Krankenhaus nicht merken können und selbst dann nicht die richtige Türe finden, wird sie beispielsweise mit einem Tuch markiert. Ich habe dergleichen selber beobachtet.
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AnniZ
Bronze-User
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Anmeldungsdatum: 07.03.2013
Beiträge: 35

BeitragVerfasst am: 23. Jun 2014 16:26    Titel: Antworten mit Zitat

Hi,

das Prinzip andere stets als mündige, zu Selbstverantwortung und Selbstbestimmung fähige Menschen wahrzunehmen

und

Das "Recht" derer "auf Autonomie und Mündigkeit" anzuerkennen,

also eine Person, sei es ein Kind, eine_n Erwachsene_n
innerhalb eines Klient_innen- Sozialarbeiter_innenbezugs in jedweder Lebenslage wertzuschätzen

wiederspricht sich nicht damit, dass besagte Person eventuell Schwierigkeiten innerhalb ihres Alltags aufweist.

Steht nur einem Menschen, der/die Fähigkeit besitzt, alles oberflächlich im Griff zu haben ein Recht auf Autonomie und Mündigkeit zu?

Autonomie ist in unserer Gesellschaft Aushandlungsprozessen unterlegen. Mündigkeit in pädagogischer Hinsicht gesehen kein 'Ganz oder Gar nicht' sondern ein an individuellen Möglichkeiten orientierter Begriff.

(z.B. in demokratischer Erziehung so- autooritativer Stil lässt Mitbestimmung nach Möglichkeit und fördert diese. Bild vom Kind trotz Einschränkungen die anhand des Alters in dessen Mitbestimmung gesetzt werden müssen, das eines vollwertigen Menschen. Hier sind Autonomie und Mündigkeit sowohl Gegebene als auch Ziel)

Sorry ... Ich kann mich sehr schlecht ausdrücken heute, weil es mir gesundheitlich richtig richtig mies geht. Vielleicht ist es besser in den nächsten Tagen.


Auch wenn mir all die Fachausdrücke und philosophischen Herleitungen nicht einfallen mögen, was ich kann ist, dich auf die Wertschätzung einer Person als Person aufmerkasm zu machen, zu der einfach gehört dem anderen nicht Autonomie und Mündigkeit abzusprechen und seien diese auch noch so eingeschränkt sichtbar. Es ist vielmehr so, dass Du als Sozialarbeiter damit, dass Du deinem Klienten diese Dinge offensichtlich lässt, sie ihm/ihr auch zu Teilen wieder erfahrbar machst. Sie müssen nicht von ihm aus kommen sondern in deiner Einstellung gegeben sein.


Vor einiger Zeit habe ich auch einmal zum Thema gearbeitet, aber die Erinnerung ist gerade nicht zu 100% abrufbar. (Namen Theorien etc.). Zumindest hoffe ich, dass auch ohne expliziertes Fachwissen noch rüberkam was ich meine.

Wichtig ist ja die Haltung mit der wir Menschen begegnen und wie wir sie sehen.
Das bestimmt dann unseren Umgang mit ihnen und lässt uns selbst auch, wenn wir dahinter stehen können authentischer in den Handlungen werden.

Zum Inhaltlichen. Sicher hat ein Mensch mit größten Drogenproblemen unter Umständen nicht mehr das Gefühl sein Leben in der Hand zu haben und bestimmen zu können. Ein Depressiver, Personen die Traumata erfahren haben oder auch Menschen in finanziell prekären Lagen aber auch nicht.

Frage dich als Studentin- Hast Du alles im Griff? Falls Nein- Möchtest Du nicht dennoch als selbstbestimmt und mündig, also als ernst zu nehmen und anzuhören gesehen und behandelt werden?

LG Anni
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AnniZ
Bronze-User
Bronze-User


Anmeldungsdatum: 07.03.2013
Beiträge: 35

BeitragVerfasst am: 23. Jun 2014 16:29    Titel: Antworten mit Zitat

Hi crazy man,

das heißt wirklich so: akzeptierende Drogenarbeit Sad

Der Einwand ist gut, man muss den Begriff aber auch in seiner Entstehungsgeschichte verorten.
Es gab eine Generation "Mutwillig Ausgeschlossener" - oder sagen wir heute User... die dankbar war wieder so etwas wie Akzeptanz zu erfahren.

LG Anni
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Salute
Silber-User
Silber-User


Anmeldungsdatum: 24.05.2014
Beiträge: 224

BeitragVerfasst am: 23. Jun 2014 16:34    Titel: Antworten mit Zitat

@asil
es gibt einen verein für akzeptierende drogenarbeit aber die würde deinen beitrag infrage zu stellen. Ob der abhängige auf grund seiner sucht die fähigkeit besitzt über sein Leben zu bestimmen !
Bachelorarbeit hin und her,aber wie kommt man auf sowas ?

Wehred den anfängen
salute
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Ambivalenzia
Silber-User
Silber-User


Anmeldungsdatum: 17.01.2014
Beiträge: 238

BeitragVerfasst am: 23. Jun 2014 17:20    Titel: Re: Akzeptierende Drogenarbeit Antworten mit Zitat

asil1991 hat Folgendes geschrieben:
Kann man wirklich sagen, dass ein süchtiger Heroinkonsument noch die Fähigkeit besitzt selbst über sein Leben zu bestimmen, wenn seine Gedanken nur um den Konsum bzw. die Beschaffung des Suchtmittels kreisen?


Natürlich kann auch ein Heroinabhängiger selbst über sein Leben bestimmen. Die Zeiten, an denen Abhängige grundsätzlich am Bahnhof rumlungerten und den ganzen Tag nichts anderes gemacht haben, als sich Drogen zu beschaffen sind lange vorbei. Die wenigsten Süchtigen leben dauerhaft auf der Straße. Wenn du z.b. mal eine Entgiftungseinrichtung befragen würdest, würde man dir dort sagen, dass ein Großteil der Patienten aus eigenem Entschluss dort ist. Das geht ja nur, wenn der Abhängige selbst über sein leben entscheidet.

Was wäre, wenn Abhängige nicht mehr über ihr Leben bestimmen könnten? Wer würde das dann tun? Und wer würde das veranlassen und was würde mit dem Süchtigen geschehen? Die Fragen sollen nicht angreifend wirken, sondern nur zum nachdenken anregen.

Im übrigen sind es auch nicht nur Heroinabhängige deren Gedanken um Beschaffung und Konsum des Suchtmittels kreisen, sondern auch z.B. Medikamenten- und Alkoholabhängige.

Was hast du bisher an praktischer Erfahrung mit Süchtigen? Eine Bachelorarbeit kann ja nicht nur aus lesen von Büchern und schreiben der Arbeit bestehen, oder wird das Thema tatsächlich nur theoretisch behandelt?
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Kamikaze1970
Gold-User
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Anmeldungsdatum: 16.01.2014
Beiträge: 420

BeitragVerfasst am: 23. Jun 2014 19:05    Titel: Antworten mit Zitat

@Ambivalenzia
Ich glaube schon, das wir sozusagen der Erstkontakt in Sachen Drogenkonsumenten für AnniZ sind. Und hier im Forum ist das natürlich auch die "light" Form, aber ich würde mich sehr wundern, wenn Anni mal bei Junkies IRL gewesen ist.
So machen es doch die allermeisten, die sich später beruflich mit Drogis auseinander setzen wollen oder damit zu tun haben. Alles graue Theorie und keine Ahnung von der Lebenswirklichkeit der Drogensucht.
Dabei heraus kommen dann Dinge wie ich gestern erst gelesen habe. Da wurde eine Frau Prof. Soundso interviewt über das neue Problem mit Lyrika. Also das Lyrika viel zu schnell und oft von den Ärzten verschrieben worden ist.
Und das in der Drogenszene gute Geschäfte damit gemacht werden, weil es viele zum Heroin nehmen, um die Wirkung zu verstärken. Und das einige Drogis meinen, es würde den Opiatentzug abmildern, was aber nicht stimmen würde.
Das ist natürlich falsch, weil es mildert den Entzug ganz erheblich.
Anderes Bsp. ist ein ehemaliger Substi-Arzt, der partout nicht glauben wollte, das Methadon einen viel übleren und längeren Entzug verursacht als Heroin, was einem aber jeder bestätigen kann, der von beidem schon mal abgekickt hat.
Das geht mir seit Jahren so ungeheuer auf den Sack, das man allzu oft von Menschen abhängig ist, die von der Materie keine Ahnung haben.
Unsere derzeitige Drogenbeauftragte(übrigens eine Hopfenbäuerin und Tabak-Lobbyistin) ist auch ein gutes Beispiel. Und dann ist die noch aus Bayern und in der CSU, also aus der Partei und dem Bundesland, das für seine Intoleranz gegenüber allen Drogen(außer Alkohol/Tabak natürlich) bekannt ist.
Was ist von so einer bitte zu erwarten, außer Rückschritt? Evil or Very Mad
Und leider ist es ja tatsächlich so, das z.B. in der Heroin-Substitution in den letzten Jahren Rückschritte deutlich zu spüren sind. Wenn man allein die vielen Fälle nimmt, in denen ein Arzt seine Praxis schließen musste oder gar in den Knast musste, weil er gegen die inhumanen Bedingungen der Substi verstoßen hat.
Solange uns das Recht abgesprochen wird mitzureden bei der Wahl und Dosis des Substituts, der ständigen Gängelei seitens der Ärzte wegen Take home usw., solange kann ich nicht von akzeptierender Drogenarbeit sprechen!
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Kullerbunt
Gold-User
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Anmeldungsdatum: 08.05.2012
Beiträge: 778

BeitragVerfasst am: 23. Jun 2014 20:45    Titel: Re: Akzeptierende Drogenarbeit Antworten mit Zitat

asil1991 hat Folgendes geschrieben:
Kann man wirklich sagen, dass ein süchtiger Heroinkonsument noch die Fähigkeit besitzt selbst über sein Leben zu bestimmen, wenn seine Gedanken nur um den Konsum bzw. die Beschaffung des Suchtmittels kreisen?


idR kreisen bei einem Opiatabhängigen nur dann die Gedanken um Beschaffung und Konsum, wenn er nicht stabil versorgt und gesättigt ist. Ist das aber der Fall, kann ein Opiatabhängiger ein Max Mustermann-Leben führen und sich Gedanken darüber machen.

Das soweit ganz kurz, schreibe später mehr
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AnniZ
Bronze-User
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Anmeldungsdatum: 07.03.2013
Beiträge: 35

BeitragVerfasst am: 23. Jun 2014 20:54    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Kamikaze,

hast Du meinen Beitrag wirklich gelesen?
Ich schrieb doch, dass die Forderung Menschen als autonom und mündig zu sehen nicht nur legitim sondern auch von deren Alltag unabhängig ist.

Zum Drogenwissen- dass Lyrica ein "neues" Problem sein sollte, kann ich so nicht bestätigen. Vor mehr als vier Jahren wurde schon davor gewarnt. Und ja Gaba, das die Blut-Hirn-Schranke überwindet, hilft wirklich beim Entzug...

Dein Beitrag endet damit, dass Drogenarbeit nicht wirklich akzeptierend gestaltet werde. Ja. Ich habe dieses Gefühl auch. Ich sehe sogar einen Rückschritt zu dem, was einmal gewollt war. Einst waren Ziele: Beeinflussung der Drogenploitik, ein Recht auf Menschenwürde, völlige Abschaffung der Strafbarkeit des Konsums, etc.
Auch im Umgang mit Konsumentinnen- Es gab Zeiten da wollte man die Leute umerziehen. Zugänge zu Entgiftungen waren sehr hochschwellig, Rückfälle bedeuteten das Aus. Man sollte Motivation zuvor mühsam beweisen und nicht in der Therapie erlernen. In den Knästen wimmelte es von Junkies. Saferuse einst unter diesen Umständen noch unmöglich.
Akzeptierende Drogenarbeit? Den Menschen und dessen Gesundheit in den Vordergrund stellen? Es gab wirklich Zeiten, in denen es besser als heute aussah. Nach und während den großen Repressionswellen bildete sich ein neuer Blick auf Drogenkranke heraus.
Warum ich hier nicht nur den Konsumbergriff anführe?
Es wurden ja nicht nur Freizeitkonsumentinnen verfolgt und eingesperrt, sondern vor allem die, die wirklich am Rand standen. Die, die hier in den Beiträgen als Nichtexistente beschrieben werden. Menschen, die wirklich krank waren. Menschen die schon früh zur Selbstmedikation Drogen nahmen oder solche die durch den Blick der Allgemeinheit auf Konsumenten so sehr aus den Strukturen verdrängt worden waren (indem man kriminalisierte und strafte), dass sie sich nicht mehr zurecht finden konnten. Menschen die am Leben und auch an der Substanz zu scheitern schienen, in ein riesiges Spinnennetz geraten waren und dort verweilten bis sie wie so viele, die ich kannte auf den Straßen an Beimischungen, in den Polizeizellen aus Verzweiflung oder allein in ihren Zimmern an einer O.D. starben.

Ist man immer in der Lage voll das zu tun, was man selbst will? Beeinflusst Sucht- als übersetzt Siechtum nicht auch den Willen? Ist es nicht nachgerade schlimm, zu wollen und doch nicht zu wollen, zu wollen und nicht zu können oder dann wieder zu können und nicht zu wollen?

Diese Einschränkung der Autonomie kenne ich nur zu gut und ich kann und will sie hier nicht verleugnen. Für mich ist sie etwas, das Leben ausmacht. Nicht allein bezüglich Sucht.
Natürlich aber kommt hier die Frage auf, wie man den Begriff der Autonomie überhaupt definiert.

Es gibt den Junkie nicht, der getrieben von inneren und äußeren Gegebenheiten auf die Straße, in die Prostitution oder ähnliches getrieben wird? Es gibt die Tablettenabhängige nicht, die nach Jahren der Mischeinnahme mehrerer verschriebener Bonbons und Alk merkt, dass sie plötzlich von jetzt auf bald ihre Kinder nicht mehr ganz so wie früher versorgen kann und ein blödes Gefühl dabei bekommt? Es gibt die Studentin nicht, die Medikinet nimmt, um sich konzentrieren zu können und plötzlich merkt, dass sie das nur eine Zeit lang besser konnte? Es gibt keine Abstürze? Keine in der Not aus Versehen gestohlenen und dann wieder zurückgebrachten Dinge? Keine Notlügen gegenüber den so nervigen Angehörigen und es gibt sie nicht, die Entzugsversuche- allein- zuhause- bei Freunden- immer mit dem Gedanken, dieses Mal...? Es gibt ihn also nicht, diesen endlosen Sog, der einen wie eine Puppe wieder dahin treibt wo man Wärme spürte, Abenteuer vielleicht, je nach Kontext einst die Schüchternheit oder den Schmerz vergessen konnte oder schlicht irgendwie besonders sein?
Es gibt nicht den Wunsch nach Vergessen oder nach Teilhabe- den Wunsch Mensch zu sein.
Den Wunsch eines Drogenabhängigen Drogen zu nehmen.

Dann leugnet es weiter. Ich nicht.- damit gibt es mit mir zumindest ein Exemplar, das hier nicht vollkommen ist.

Akzeptierende Drogenarbeit...
In den 90ern wuchsen hier also so richtig die Ansätze dafür, was dann mit den ersten Heroinstudien aber wieder stagnierte. Politikwechsel- Denkrichtigunswechsel. Noch heute ist kaum möglich, ohne größere Hürden eine Diamorphinpraxis zu eröffnen. Ich finde wir haben wieder Rückschritte gemacht.

Und von Seite der Substituierten?
Naja, ich habe damals von meinem 7 Tage Take Home Metha (ohne Sirup) gespritzt- mehr gemerkt als vom damals noch 3 Mal täglich vor Ort zu konsumierenden Diamorphin. Zudem - In der Praxis spritzen? Ohne Weisses...
Naja- aber die Richtung war dennoch eingeschlagen und was dann kam war irgendwie nicht das was ich erwartet hatte. Die Vermischung der Substanzen auf dem, was man mickrig nach den großen Auflösungsaktionen noch Szenen nennen konnte. Der Vormarsch des Alks, aller möglicher Mischkonsume.
Billig Metha in der Praxis- plötzlich nicht einmal mehr zum Mitnehmen und verpanscht mit Sirupen die Zucker (sehr schädlich in der Blutbahn) enthalten.
Traurig ruhig gestellt kam mir alles vor.
Mein Erstkontakt in Sachen Drogen? dieses Forum? Es wäre wohl besser.
Ok, ich war 13. und dann gleich 12 Jahre drauf. Und ja, es war eine tolle Zeit und gleichzeitig darf ich nicht sagen, ich hätte alles gewollt was geschah.
Die Substitution nahm allem die Power. Etwas, das Lebensalltag war wurde jetzt verwaltet- der Beikonsum blieb-

Aber zum anderen Themenkomplex: Ja es gab und gibt noch Junkies, die auf der Straße sind. Wer so früh anfing kennt das vielleicht noch.

Ich versuche mal trotz dickem Kopf auf die Inhalte hier einzugehen und zu erklären, wie ich es sehe. Was asil schrieb mag verletzend gewirkt haben. Ich selbst hatte Kommis in Suchthilfe, die einfach nur mal mit einem Junkie oder Ehemaligen reden wollten um verstehen zu können. Aber ist miteinander zu reden nicht Basis um verstehen zu erlernen?
Dann ist ihre Frage hier doch auch gut so.

Wir leben in einer Zeit in der Selbstverantwortung groß geschrieben wird. Die Menschen werden als selbst schuldig degradiert, wenn sie in Lebenslagen geraten, die problematisch sind. So wie früher vor langer Zeit der Süchtige "böse" und "kriminell" war, sind es heute in vieler Augen bereits der Arbeitslose oder die alleinerziehende Mutter. Teilhabe, wem Teilhabe gebührt? Individualisierung der gemeinsten Art. Vom Tellerwäscher zum Millionär? Ob als Frau, als Mensch mit Migrationshintergrund, als Qeer- egal wo wir starten, wir haben alle scheinbar die Möglichkeiten. Chancengleichheit aber gibt es zeitgleich immer weniger.
Klar, dass man in einer solchen Welt nicht mehr zugeben kann, einmal nhicht voll autonom gehandelt zu haben. Eben bestimmt worden zu sein, von der Umgebung in Strukturen gepresst, an denen wir aus unserer Position heraus selbst nichts mehr zu ändern vermögen?
Wenn man Benachteiligungen verleugnet benachteiligt man. Auch und gerade sich selbst.
Ich stehe also dazu, in dem ganzen Konstrukt aus Lebensgeschichte, Biologie, Substanzen und Selbst eine Gefangene gewesen zu sein und sehe neben mir andere Gefangene, die nur zu stolz sind, die Gitter zu erkennen.

Auch und das betone ich hier nochmals, ganz ohne Kontakt zu Drogen.

LG Anni
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AnniZ
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Anmeldungsdatum: 07.03.2013
Beiträge: 35

BeitragVerfasst am: 23. Jun 2014 21:05    Titel: Antworten mit Zitat

Ok - kleine Korrektur- nicht Gefangene gewesen zu sein sondern Gefangene zu sein.

Ansonsten hätte das alles so ein Exuserblubb das ist nicht mag ergeben. Wäre ja schön in der Situation zu sein, aber die Dinge die ich am Ende schrieb wiedersprechen der Wahl des Plusquamperfekts. sogar jedweder Vergangenheitsform.

Ich sehe uns alle als mehr oder weniger frei oder gefangen und natürlich auch mein heutiges ich.
Dennoch und das geb ich zu ist da immer auch Autonomie und Mündigkeit. Es ist beides. Sorry.
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musikera
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Anmeldungsdatum: 07.11.2013
Beiträge: 928

BeitragVerfasst am: 23. Jun 2014 21:10    Titel: Antworten mit Zitat

sehr richtig KAMIKAZE...es gibt sogar Schwerpunktärzte die ohne Not behaupten es gäbe keine schnell Metabolisierer, es sei alles Einbildung. Es ging darum das Meta 2x tägl. einzunehmen oder als ich hier in den Schwarzwald umgez. bin und mein neuer Substi Doc noch nie was von Methadict gehört hat, ja sogar mich nachdem Wirkstoff gefragt hat Shocked Oder allein die ewige Nerverei bzw Besserwisserei mancher Sprechhilfen wenn es um Urlaubsmitgabe geht. Vom Schengen Formular auch nie was gehört...und wenn man dann die Praxisbelegschaft aufklären will...dann merkt man die akzeptierende Drogenarbeit. In der Drobse ist es gleich...alles nur Routine...blah, blah machen...Stempel auf den Substiausweis...und tschüss...

vielleicht heißt "akzeptierende Drogenarbeit"...das die Abhängigen akzeptieren sollen das es so ist wie es ist. Mad
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AnniZ
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Anmeldungsdatum: 07.03.2013
Beiträge: 35

BeitragVerfasst am: 23. Jun 2014 22:03    Titel: Antworten mit Zitat

hi muserika, bei diesen Erfahrungen stimme ich euch ja voll zu. Das war aber nicht der Ansatz der eigentlich verfolgt werden sollte...
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musikera
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Anmeldungsdatum: 07.11.2013
Beiträge: 928

BeitragVerfasst am: 23. Jun 2014 23:32    Titel: Antworten mit Zitat

stimmt...


wie Du siehst ist dieses Thema ziemlich beladen. Wir "User" haben leider in unseren Suchtkarrieren die krassesten Sachen erlebt...einige meiner Freunde täten noch leben...gäbe es akzeptierende Drogenarbeit.

Die einen meinen so niederschwellig wie möglich sei akzeptierende Drogenarbeit und schon kommen die anderen die es ganz anders sehen. In der Regel machen aber die "Suchtexperten" einen auf "voll verständnissvoll" und ich fühle mich zunächst "akzeptiert". Das ändert sich aber dann wenn ich echt ein Problem hab und zB. meinem Doc beichten muss das ich schon wieder mal BK hatte und einfach immer wieder Benzos nehmen muss. Der Arzt kann aber so etwas nicht tolerieren weil er ja selber in einem engen Rahmen substituiert und nicht die Zulassung verlieren will. Meiner Meinung nach ist es sehr romantisch von akzeptierender Drogenarbeit zu reden. Das ist ein Jargon aus den Anfangszeiten..damit haben Drobser sich selber Mut zugesprochen weil es sich so ungeheuer fortschrittlich anhört. Das was der eine als Fortschrittlich nennen würde ist dem anderen ein Rückschritt. Aber um es auf den Punkt zu bringen: akzeptierende Drogenarbeit könnte schon ein guter Anfang sein wenn man nicht alle über einen Kamm scherren würde. Leider hat mich niemand bisher gefragt ob ich Meta überhaupt vertrage, ob ich zufrieden bin? Ob ich ein humanes Leben lebe? Nix...und so ist es allenthalben. Man traut mir nicht zu das ich selber entscheiden will was für mich gut ist usw. Aber da ist die Crux...den was für mich ideal ist...ist für einen andern völlig daneben...
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AnniZ
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Anmeldungsdatum: 07.03.2013
Beiträge: 35

BeitragVerfasst am: 24. Jun 2014 00:07    Titel: Antworten mit Zitat

Hi musikera,

Du hast da total Recht. Wenn ich dich jetzt nicht verwechsele hast Du, wie ich glaub ich im Threat zu Loperamid las langjährige Erfahrung.
Hattest Du nicht einmal das Gefühl zwischendurch war es besser?
Ich erinnere mich noch, wie damals das Substi Methadon eingefüht- besser- dazu war ich etwas zu spät- ausgeweitet wurde. Die Leute verbanden damit Hoffnung. Ähnlich erlebte ich noch die Anfänge der Heroinstudien.
Als ich Kind war gab es Gruppen von Usern von Substiärzten und Sozpäds um gemeinsam in der Drogenpolitik eine Stimme zu bekommen.
Dass die Kontaktläden eingerichtet wurden, spezielle Entgiftungen für Jugendliche entstanden etc- alles schien irgendwie in eine Richtung zu gehen, die mir offener vorkam. Und dann die Wendung als ich das erste Mal Metha bekam. Man musste dazu damaks noch volljährig- oder eben beinahe volljährig sein.
Das Zeug machte mich platt. Bis ich ein Jahr später lernte es zu spritzen trieb es meinen Gesamtkonsum anderer Dinge, auch bezüglich Braunem aber vopr allem von Weißem sehr hoch, weil es schlicht total depri und schwach machte.
Gut aber welche Lösung? Codein war inzwischen auf Giftrezepte verbannt- und ja, unvermengt spritzte sich das Giftzeug ja eigentlich ganz gut.

Aber das geht alles zu weit, um es hier zu erzählen.

Nur so viel- ein großer Teil der 2005 entstandenen Verschärfungen war 2011 als ich mich damit beschäftgte wieder zurück genommen worden. Die Ärztekammern gaben wieder mehr Freiheit, nur die Kassen versuchten an den engen Linien fest zu halten. Ich sollte hier mal nachsehen, wie es im Moment ist.

Ich hatte immer Takehome trotz Beikonsum. Zudem keinen Sirup darin. Später dann erfuhr ich, dass sich gerade mein letzer Substiarzt 3 Jahre nachdem ich damals clean wurde aus der Substi zurückgezogen hatte.

Mir fällt er aber wieder ein, was Eigenverantwortung betifft. Damit wurde ich damals clean- später dann war diese Einstellung seinerseits für mich große Hilfe und Untergang zugleich. Ich konnte nach meinem RF mit legalen Mitteln, diese nicht wirklich einteilen und hab mich selbst ins Aus geschossen. Statt H und K und Pola dann eben viele Jahre später Ritalin, Oxygesic und Alk. Später nach misslungenem Entzug auch Dias.
Letztere? Manchmal hätte ich mir hier weniger Eigenverantwortung gewünscht, durfte ich durchgehend haben bis ich auch da drauf war. Warum dieses Zeug nicht nur bei Entzügen, wo ich ja meine eigentlichen Drogen hatte?

Egal- Wichtig finde ich, dass man betont, dass neben der gesellschaftlichen Situation auch die Substanzen selbst manchmal negativ wirken können. Also Alk und dias auf jeden Fall bei mir. Metha und Pola auch und der legale Rest? Oxy und Methylph. hatten auch zur Dosissteigerung gezwungen. Vielleicht weil ich den Fehler gemacht habe, sie nicht zu injezieren.
Jedenfalls Dinge, die mir troz scheinbarer Eigenentscheidung zugestoßen sind, so wie jetzt dieser derzeitige elendliche Diaenzug...

Alles irgendwie daneben. Ich versuchs mal so: viele Dinge wären echt besser wenn es diese Regelungen und das chronische Missverstehen unserer nicht gäbe. Bei manchem bin ich mir nicht ganz sicher.
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AnniZ
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Anmeldungsdatum: 07.03.2013
Beiträge: 35

BeitragVerfasst am: 24. Jun 2014 12:41    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Kamikaze,

erst einmal sorry fürs zutexen. Es geht mir wie ich ansprach nicht gerade gut und so hab ich viel drauf los geschrieben.
Was ist JunkiesIRL?
Hast mich neugierig gemacht.

Grüße Anni
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