11 Jahre Dauerkiffen - Bericht zum Mutmachen

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Monkey_Mind
Anfänger


Anmeldungsdatum: 24.08.2014
Beiträge: 1

BeitragVerfasst am: 25. Aug 2014 00:28    Titel: 11 Jahre Dauerkiffen - Bericht zum Mutmachen Antworten mit Zitat

Hallo alle miteinander!
Erstmal danke, dieses Forum und all die unzähligen Beiträge haben mir in den letzten Wochen immens geholfen. Jetzt will ich gern was zurückgeben, für alle denen es vielleicht so geht wie es mir ging.
Ich würd sagen ich bin ein typischer Suchtmensch, in allem unkontrolliert und immer drüber. Ich hatte als Jugendliche soziale Probleme und hab mich immer einsam gefühlt. Mit 16 war ich ein Jahr im Ausland, darauf bin ich emotional gar nicht klar gekommen. Dort hab ich angefangen zu kiffen. Ich erinnere mich noch genau an die Anfänge, ich bin mehr oder weniger sofort drauf hängengeblieben, weil ich mich vorher nie so wohlig und warm und ruhig und mit mir im Reinen gefühlt hab wie bei meinen ersten Tüten. Ich brauchte die anderen nicht mehr und hatte endlich einen besten Freund, mein geliebtes Gras. Als ich wieder in Deutschland war bin ich in kürzester Zeit zum Hardcore-Kiffer mutiert, hab zwar nie Bong geraucht (zu schwache Lunge) aber immer auf dem Weg zur Schule die erste Tüte, in den Pausen dann weiter und den ganzen Nachmittag vorm Rechner gekifft und abends gewartet bis Mutti geschlafen hat um mich rauszuschleichen und noch einen zu rauchen. Das war alles herrlich, ich hab mich hervorragend gefühlt, weil mir alles egal war, was mich vorher fertig gemacht hatte. Ich hatte auch den Eindruck cooler zu werden und hab dann nach und nach andere Kiffer kennengelernt, die ersten Leute, mit denen alles immer nett war. In der Schule haben es einige gemerkt, auch zwei Lehrer, aber die waren mir auch egal und zu allen Abiprüfungen bin ich breit gegangen. Hab mein Abi grad so geschafft. Meine Mutter hat es dann mitbekommen, dann gab es ewig Terror zuhause, kein Taschengeld. Meine Ma ist selber voll der Suchti, bei ihr eher Alk und Kette rauchen, deshalb hab ich sie in dem Punkt null ernst genommen. Hab ihr dann irgendwann erzählt ich hätte aufgehört und sie hat es geschluckt.
Lange Vorgeschichte - auf jeden Fall hab ich danach mein ganzes Studium und die ersten zwei Jahre meines Berufslebens verkifft, hab zwar immer noch alles einigermaßen hinbekommen, aber mich sozial viel isoliert und diverse Beziehungen deshalb in den Sand gesetzt. Ich weiß nicht wie lange schon, aber irgendwann fing es an, dass ich mich eigentlich verachtet hab, weil ich gemerkt hab wie ich ohne nicht klarkomme. Kifferfreunde hatte ich kaum noch, also musste ich es permanent verheimlichen oder banalisieren. Das Kiffen hat auf jeden Fall gegen die Selbstvorwürfe geholfen. Ich würde sagen ich hab mindestens die letzten sieben Jahre aktiv gedacht ich müsste aufhören und es nicht gepackt. Zwischendurch hab ich mir dann immer mehr eingeredet, dass ich damit eigentlich gut lebe, hab es dann auch spirituell verklärt, wie es mich zu mir führt und mir neue Perspektiven eröffnet und mich den Schwachsinn der Welt leichter ertragen lässt. Halt so diese ganzen Scheiß Kiffer Argumente, "und ist ja nicht so schlimm wie Alk, und ist ja keine harte Droge, Blabla". Aber es hat immer an mir genagt. Ich hab x-mal versucht aufzuhören und es nie länger als drei Tage geschafft, hatte auch immer im Kopf ich müsste ja eigentlich nur reduzieren. Nie wieder zu kiffen war völlig unvorstellbar, eben so als würde meinen seinen besten und einzigen Freund für immer verlassen.
Vor zwei Monaten hat es mich wieder mal gepackt, war eigentlich wie die Male davor. Das einzige andere war, dass ich in den letzten Jahren glaube ich eine Depression entwickelt hatte und auch beim Kiffen oft total unglücklich war. Es war keine Entspannung mehr, nur noch Pegel halten. Hab kaum noch geschlafen weil ich mich abends stundenlang in den Schlaf kiffen musste, oft bis um vier vorm Rechner hing bis die Augen zufielen. Ich war immer müde, meist auf alles lustlos. Irgendwie hat es wohl immer weniger Sinn gemacht.
Also hab ich beschlossen aufzuhören, wie immer voller Zuversicht. Ihr kennt das, ich habs öfter im Forum gelesen, man hängt so oberbreit auf dem Sofa und denkt: morgen werde ich mein Leben ändern, ist ja eigentlich kein Problem. Drei Stunden später saß ich wieder mit der Tüte da. Das ging so tagelang, immer wieder die "letzte Tüte" rauchen, dazwischen permanent Panik und Angst und Selbstverachtung. Dann hab ich mein letztes Gras ins Klo gekippt und mir gesagt, jetzt aber. Es ging mir so schlecht wie nie im Leben. Ich hab hier viel gelesen und ich weiß, dass man Kiffen und den Entzug nicht mit härterem vergleichen kann, aber für mich wars das Schlimmste bisher. Ich dachte ich muss mich aus dem Fenster stürzen oder werd schlicht wahnsinnig. Ganz viele haben das hier ähnlich beschrieben, dieses wahnsinnige Rasen im Kopf und so Gefühle von Atemnot und man weiß nicht was tun. Ich konnte nicht essen, nicht schlafen und mit niemandem drüber reden, weil ich mich so geschämt hab für meine Schwäche - ist ja auch nur Gras, nimmt ja keiner Ernst. Drei Tage hab ich so durchgehalten, dann ging die Panik weg und ich dachte sofort - geil, kann ich ja wieder einen rauchen, bin was holen gefahren und hab schön in der Sonne geraucht, es war wieder so geil, fast noch besser weil ich ja mal drei Tage nicht geraucht hatte, da knallt es ja gleich nochmal mehr. Nach einer halben Stunde hab ich die übelste Panikattacke bekommen und heulend im Park gesessen. Dann hab ich wieder das Gras was ich hatte weggeschmissen und beschlossen, jetzt ist Schluss.
Und irgendwie hab ich es dann durchgehalten. Ich glaube am meisten hat mir dieser Spruch hier im Forum mit dem "Nur heute nehme ich keine Drogen" geholfen. Jedesmal wenn ich aufhören wollte war es so ein riesiger Berg, so eine ewige lange Zeit vor mir und wenn ich erstmal nüchtern war und mir das klar wurde hatte ich immer den Eindruck, das könnte ich nicht aushalten. Aber so zu denken - "ne, heute halte ich aus", jeden Tag neu, das war irgendwie der richtige Gedanke. Das ist jetzt zwei Monate her und ich hab nichts angerührt seitdem. Letzte Woche war ich bei einem Kumpel, der selber ganz gemäßigt und selten kifft und konnte sogar neben ihm sitzen und wieder für mich sagen - ne, heute Abend rauch ich mal nicht mit. An dem Abend hatte ich das Gefühl - krass Du hast Dich tatsächlich verändert.

Ich schreib das alles, weil mir diese ganzen Berichte von Euch anderen, wie ihr damit umgegangen seid und wie ihr es geschafft habt oder auch nicht, so viel Mut gemacht haben, dass es dahinter was gibt wofür es sich lohnt. Und das wollte ich Euch auch allen nochmal sagen: Es stimmt, man ist danach nicht automatisch glücklich, für ein glückliches Leben muss man halt hart arbeiten, wie alle anderen auch, aber man ist eben plötzlich in der Lage dafür zu arbeiten. Also auch wenn es mir jetzt mal dreckig geht, ich kann ja was dran ändern. Früher hab ich mich einfach gedröhnt und es dann vergessen oder mich nicht drum gekümmert. Ich hab mein Leben nicht gestaltet, das einzig wichtige war schnell wieder einen rauchen zu können. Egal wobei, selbst bei allen Hobbys und der Arbeit musste immer irgendwie dazwischen gekifft werden, damit alles gut war. Wenn ich mal Veranstaltungen hatte, wo ich länger als fünf Stunden involviert war hab ich schon schlechte Laune bekommen und überlegt wo ich wie schnell einen Sticki ziehen kann.

Ich hab das Gefühl die letzten zwei Monate waren länger als die elf Jahre davor. Ich hab soviel geschafft, vor allen Dingen soviel soziale Baustellen aufgeräumt. Zum Beispiel mich bei allen Leuten entschuldigt, die mir helfen wollten und zu denen ich dann scheiße war. Einige waren darüber froh, bei anderen hab ich es wohl für immer verschissen. Mit meiner Mutter hab ich über meine Sucht gesprochen und sie fängt dadurch langsam an über ihre zu reden. Ich lieg manchmal da und bin geflasht davon, wie krass sich ein nüchternes Leben anfühlt. Wie anstrengend, wie nervig, wie ätzend, wie langweilig manchmal und doch wie herrlich frei. Ich bin zum ersten Mal seit ich denken kann vollkommen ehrlich, zu mir und zu allen anderen.
Ich liebe das Kiffen immer noch und ich will nichts verteufeln außer mich selbst, aber ich weiß ja selbst was ich immer gesagt hab und bei manchen Posts hier lese ich meine eigenen Worte, wie ich das Drogen nehmen immer verherrlicht hab. Ich glaub manche können gut damit umgehen, aber wenn man anders nicht chillen kann und allgemein die Leere in sich füllen will, dann kann man nicht gut mit den Drogen leben. Egal mit welchen, dann ist Kiffen auch das Ende des Lebens.

Also für alle, die vielleicht ähnlich leiden und nicht wissen wie sie es schaffen sollen oder dann die Realität ihres Lebens nicht meinen tragen zu können: Es geht, jeden Tag ein bisschen besser. An manchen Abenden lieg ich im Bett und will mir den Schädel ausknipsen, weil ich so unruhig und schlaflos bin, aber an anderen ist es gemütlich und weich, obwohl ich nüchtern bin, und ich kann das bewusst genießen und mich daran freuen. So absurd das klingt, aber das ist das richtige Leben, und das war mir nicht klar.
Ich bin jetzt seit 60 Tagen Gras-frei und will nicht mehr zurück. Mein nächstes Projekt sind die Kippen.

Viel Glück und Liebe Euch allen, haltet die Ohren steif, macht Euch nicht fertig, seid gut zu Euch und gebt nicht auf. Es lohnt sich.
Und danke nochmal für alle Posts, die ich hier lesen durfte wenn mir mal wieder der Kopf raste und ich dachte ich dreh ab.
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bigbadbluff
Anfänger


Anmeldungsdatum: 16.09.2014
Beiträge: 1

BeitragVerfasst am: 16. Sep 2014 22:38    Titel: Antworten mit Zitat

Schöner Bericht. Erkenne mich auch in einigen Punkten wieder. Über den Sommer hab ich btw auch 2 Monate ohne geschafft, dann aber einer Verlockung nicht widerstehen können und schon ist man schneller wieder im Sumpf als man denkt.
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anonymi17
Anfänger


Anmeldungsdatum: 23.08.2014
Beiträge: 7

BeitragVerfasst am: 25. Nov 2014 22:38    Titel: Wow Antworten mit Zitat

Ich hab ohne Schweiß Tränen in den Augen! Es ist so toll etwas ermutigendes zu lesen. Mein Freund hat ähnliche Probleme wie du er kifft zwar erst seit 5 Jahren dafür hat er schon mit 14 angefangen.. Ich habe einfach Angst dass er noch mehr Depressionen von dem Zeug bekommt als er eh schon hat. Und ich will nichts gegen das kiffen sagen. Habe es mit ihm auch schön öfters gemacht und ich muss ich liebe es auch, aber ich seh einfach wie schlecht es ihm mit aber auch ohne Gras geht.. Ich bin einfach verzweifelt und will ihm iwie helfen...
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