12 Jahre clean nach Mischkonsum

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Lasgo
Anfänger


Anmeldungsdatum: 24.02.2014
Beiträge: 17

BeitragVerfasst am: 24. Feb 2014 11:37    Titel: 12 Jahre clean nach Mischkonsum Antworten mit Zitat

Hallo zusammen,

Heute morgen habe ich mich bei Euch registriert, da ich langsam das Bedürfnis habe mal über meine ganze "Karriere" zu sprechen und zwar mit Leute die diese Zustände vor- während und nach dem Feiern aus eigener Erfahrung nachvollziehen können.
Ich muss dazu sagen, dass ich jetzt wirklich das erste Mal so in dem Maße darüber erzählen möchte. Mir sehr wichtige Leute kennen hier und da ein paar Auszüge, schon allein um meine bis heute andauernden aber manischen Zustände verstehen oder besser gesagt, damit umgehen können.
Wobei ich sagen muss, wenn ich so zurück denke kenne ich meine Stimmungschwankungen auch aus meiner Kindheit zu Genüge, eigentlich waren sie noch schlimmer ausgeprägt. Dagegen bin ich heute die reinste Ausgeglichenheit. Ich würde jetzt mal sagen, dass besagte nicht nur auch meinen ziemlich heftigen Konsum zurückzuführen sind.
Anbei hoffe ich, dass ich in der passenden Rubrik poste, wenn nicht dann einfach verschieben. Und, bitte betrachtet meine Rechtschreibung mit Nachsicht. Ich habe vieles eigentlich erst wieder neu lernen müssen aber zum Glück gibt es es so etwas wie ein Langzeitgedächnis was man eigentlich nur wieder anzapfen muss. Sofern man das Gröbste überstanden hat.
Also, dann fang ich einfach mal an aber ich denke, dass ich mit Sicherheit in Etappen schreiben werde, schon alleine aus zeitlichen Gründen. Wobei ich jetzt nicht hoffe, dass ich Euch mit meinem Roman auf die Nerven gehe, ansonsten einfach ein "stop" einwerfen.
Es fing alles wie so oft und wie bei vielen mit einer Tüte an. Daran kann ich mich noch ganz genau erinnern, ich war 14 und rauchte mit einigen älteren Leuten aus meiner Gegend hinter, einer Kirche. Ich war schon immer ein Einzelgänger und in dem Alter fühlte ich mich durch meine Art immer anders, unverstanden, ungewollt von meinem Umfeld und auch von meinen Eltern. Ich denke aber, dass genau dieser Faktor der Unsicherheit und dem Gefühl des Andersein eine große Rolle beim Einstieg zu Drogen aller Art spielt. Nun ja, meine erste Tüte kommentierte ich wie viele andere mit "ich merk nix" dabei sag ich wohl so Shocked aus. Jedenfalls war ich ziemlich enttäuscht und dachte mir, hm das wars jetzt? Komisch, alle anderen sehen immer so anders aus und vorallendingen benehmen sie sich auch anders. Was natürlich dazu führte, dass ich 2 Tage danach in einer warmen und ruhigen Wohnung wieder rauchte, nur diesmal pur. Und das wars dann, endlich fühlte ich mich geborgen in mir selbst, ich sah den Kerzen zu, hörte ganz anders als sonst Front 242 und die ersten Teile von Anne Clark. Ganz gefasst konnte ich diesmal mit einigen über mein ureigens Problem sprechen, und genau das führte dazu dass ich mich das erste Mal verstanden fühlte. Was aber natürlich nicht so war, denn letztendlich so habe ich festegestellt, fährt da jeder seinen eigenen Film und die Empathie gegenüber anderen ist für mich nur ein zeitlich begrenzter Zustand. Einige von den Leuten sind jetzt nach Jahrzehnten in einer betreuten WG, einer auf Shore und ein anderer auf LSD hängen geblieben.
Mit andern Worten ich war an dem Abend rappel dicht und fühlte mich, ja- jetzt wirklich anderes als alle Anderen. Ein klein wenig Arroganz mag da sicherlich mit nachgehallt sein. Zumal ich jetzt wirklich eine gewisse Überheblichkeit gegenüber meinen Eltern an den Tag legte, ich wurde eigentlich noch rebellischer und sozialunverträglicher. Demzufolge wurde mir meine Ländliche Umgebung zu dumm und erst Recht die Leute die dort lebten. Mit Jugendlichen meine Alters hatte ich wenig bis gar nichts zu tun und so zog es mich zur nächst größeren Stadt, dort rauchte ich mich so ungefähr bis 16 durch die Nächte und auch durch die Tage. Schule? Naja- gerade das Nötigste. Da galt ich jetzt erst Recht als Sonderling und Einzelgänger. Kohle hatte ich durch meine Eltern immer, sie kompensierten damit wohl ihre Hilflosogkeit.
3 Tage nach meinem 16 Geburtstag zog ich dann auf einer Party, wo ich rechtlich noch gar nicht sein durfte (ein Hoch auf die Notausgänge) meine erste Line Speed. Und das war dann der Anfang von meiner "Realitätsflucht" wie ich die Zeit meines Lebens gerne nenne. Ich tanzte die ganze Nacht, unterhielt mich mit Leuten die mich vordergründig verstanden und für ein paar Stunden war ich völlig sorgenfrei bezüglich meiner Person. So dann und wann habe ich mir natürlich so meine Gedanken gemacht, warum ich so bin wie ich bin- heute mit 45 glaube ich es zu wissen.
Bei Speed blieb es natürlich nicht, dazu kam dann Kokain, Heroin wobei ich beides "nur" zog und rauchte, jede Menge Pillen, Ketamin, Meskalin, Opium nur von LSD ließ ich die Finger, warum auch immer. Ich hatte immer eine Abneigung gegen LSD was wahrscheinlich daran lag, dass ich mich jedesmal an den hochintelligenten Mathe- und Physik Studenten erinnerte, der jetzt wirklich nicht mehr weiß was 1und1 ist und bis heute psychotisch und paranoid in einer Einrichtung lebt. Es war wirklich nur ein Mikro und das war auch noch sein erster, tragisch.
Kurzum, ich war auf jeder Party und Afterhour von Köln über Berlin bis Amsterdam. Es gab eine Zeit in meinem Leben, die ich nach dem Motto "keine Party ohne mich" lebte oder eben auch nicht. Ich glaube, die Tage und Jahre die da folgten kennt hier fast jeder. Donnerstags schon die erste Line, weil ja morgen schon Freitag und somit Party! Dann Donnerstagsabends die obligatorischen runterkomm Tüten, Freitags ging es dann volles Programm bis Montag weiter, Speed, Koks, Tüten Samstagabend die erste Pille um dann eben komatös und völlig dehydriert ins Bett zu fallen. Schlafen oder wenn man es mal so nennen will, bis Mittwoch und dann wieder munter so weiter.
Zu der Zeit habe ich immer noch spaßig den Satz "haben sie Probleme mit Drogen? Nein, nur ohne" von mir gegeben.
Bis ich im Alter von 29 meinen jetzigen Mann kennenlernte, ich lag völlig fertig nach einem FeierWe im Schwimmbad als er da ebenso rumlag und zwar auch vom feiern. Olla, dachte ich "das passt", endlich jemand mit dem ich reden kann und der natürlich auch feiert! Ganz im Gegensatz zu meinen vielen Affären war da jetzt jemand mit dem ich beides tun konnte.
Und, so feierten wir beide in der gleichen Intensität weiter was natürlich jetzt eine ganz andere Qualität bekam. Wir führten eine rosarote Drogenbeziehung, in der weder der Eine noch der Andere merkte wie es bergab ging, oder auch nicht merken wollte. Natürlich reichten dann die Mengen aufgrund der Rezeptorensättigung bei weitem nicht mehr aus und unser Konsum stiegt weiterhin an Menge und Geld. Es folgen Partys in Berlin, wo wir beide durch eine Überdosierung von K einfach einschliefen und wir konnten froh sein, dass wir beide wieder aufwachten. Die Atmung hat Gott sein Dank nicht ausgesetzt. Das war ein Film, ich bin noch nie so schräg abgefahren. Weder hatte ich meinen Körper noch meine Gedanken unter Kontrolle, was dem Ganzen eine ziemliche Surrialität gab. Uns beiden ging es wirklich super schlecht und den Zustand so kannte ich auch nach 17 Pillen nicht. Auf jeden Fall bekam ich eine Art Angst, die ich nie vorher kannte.
Was erst einmal zu einer gewissen Vorsicht führte aber ganz aufhören? Nee, wo kommen wir denn da hin? In die Realtität? Nee, will ich aber nicht, da ist alles so schwierig.
Also ich aber an einem Sonntagmorgen in einer Wohnung eines Freundes ein Nierenversagen schoss, änderte sich alles weil es sich ändern musste. Ich hatte 19 Pillen, etliches an Koks und Speed intus.
Zu dieser Zeit wog ich bei 170cm 49 KG, hatte kaum noch Gewebswasser und schrammte an dem Morgen noch an einer Ketoazidose haarscharf vorbei.
Wir wollten uns nur etwas frisch machen als meine Nieren die Grätsche machten. Mein Silberschmuck wurde kohlraben schwarz, ich entgiftete nur noch über die Haut, die einen sehr saueren PH im Schweiß enthielt. Ein dort anwesender Intensivpfleger der selbst moderat feierte, sagte zu meinem Mann "sie gehört auf keine Afterhour sondern auf eine Intensivstation"
Kommentarlos schnappe er mich und auf mein betteln fuhren wir nicht wie angeraten ins Krankenhaus sondern direkt nach Hause. Sehr dünnes Eis auf dem wir uns da bewegten, aber ich hielt es für meine einzige Chance runterzukommen aber es war eben auch sehr gefährlich. Unter keinen Umständen wollte ich ins Krankenhaus um eben nicht als Suchtkranke eingeliefert zu werden. Neuroleptika oder Antidepressiva wie Dopamin Aufnahmehemmer wollte ich auf keinen Fall, da ich damal dachte, wenn schon runterkommen dann eben nicht verfälscht, um mich dann eben meinen ureigenen Problemen zu stellen oder an der Wurzel zu fassen.
Zu Hause angekommen griff er unsere Vorräte und kippte sie in die Toilette, das wars odert sollte es gewesen sein.
Es folgten Jahre, die ich so gar nicht beschreiben kann. Angstpsychosen wie schlimme Depressionen begleiteten uns die ganzen Jahre. Wie gesagt, mein Mann hatte auf einmal die gleichen Probleme, er war ja nicht minderschlecht unterwegs. Zeitweise saß ich wippend ohne jegliche Gefühsrekation in der Ecke, sehr lange war ich durch den hohen Gebrauch von MDMA zu nichts was Emotion in sich trägt fähig Wir saßen Sonntagsmorgens auf einmal um 9h am Frühstückstisch und wussten gar nicht was wir da sollten? Geschweige was wir reden sollten? Entweder starrten wie in eine Ecke oder aber aufeinander, um an dem anderen einen Punkt zu finden wo man dann stressen kann.
Dazu kam noch mein desaströser körperlicher Zustand, jetzt erst und völlig klar sah ich mich im Spiegel und dachte, was? Das bist Du? Mein Gott, welche Brille hattest Du auf, als Du Dich für eine Partyqueen hielst? Ich schien als wäre ich um Jahrzehnte gealtert, alles an mir war gezeichnet von meiner Vergangenheit. Dann fasste ich erst einmal den Entschluss etwas für mich und meinen Körper zu tun um dann eben meine Psyche nachzuziehen.
Wir begannen ganz geziehlt mit der Entgiftung durch Tee, Ernährung und Sport.
Ich wollten uns auf diese Art wieder fühlbar machen, so legte ich Wert auf trypthopanhaltige Ernährung um meine Serotoninspiegel zu erhöhen.
In dieser Zeit begann ich mit meiner Suchtverlagerung, das heißt wir machten Extremsport bis zum abwinken, wobei ich sehr auf die Ernährung achtet. Mein Raubau am Körper schlug genau in das Gegenteil um, erst als ich nach 90 Minuten Bootcamp fast zusammenbrach spürte ich mich wieder. ich kann mich noch genau an den Moment erinnern, wo ich geflutet von meinem eigenen Serotonin aus dem Kick Boxen kam. Ich war überglücklich und noch wichtiger, ich konnte es fühlen. So kam ich zu meinem jetzigen Beruf und lebe seit 12 Jahren wirklich sehr gut jeglichen Einfluss von harten Drogen. Naja, bis auf eine Tüte die ich aber sehr selten und wenn in der Form eines Glas Wein zum Genuss rauche. Aber auch da haben wir ganr nichts mehr im Haus, sondern ich rauche 1- 2 mal im Jahr wenn mir jemand etwas anbietet.
Das Beste ist aber, dass mein Mann und ich gemeinsam entzogen haben und wir sind immer noch zusammen, besser denn je.
Auch hier glaube ich, dass die Aussage wenn ein Paar zusammen entzieht sich danach trennt nicht zu pauschalisieren ist. Richtig ist aber, es wird verdammt schwer weil man eben nicht nur das Tolle an dem Partner sieht sondern auch die Abgründe seiner Psyche. Man muss sich nur vor Augen halten, dass derjenige mit den gleichen Problemen zu kämpfen hat als man selbst. So hier und da ein Auge zudrücken, wenn es wirklich sehr verletzend wird. Denn es ist eigentlich nur die Wut gegen sich selbst, die man dann jegen den Parter richtet. Im Sinne, nur nicht selbst ertragen müssen.

So, das war es jetzt doch in einem Rutsch und was ich eigentlich sagen möchte ist, dass ein durchaus ein schönes Leben nach den Drogen gibt, nur der Weg kann steinig sein aber durchweg lohnend.
Es kommt in der Tat etwas danach, auch wenn man in Stunden der Verzweiflung nicht daran glauben kann.

Ich hoffe, ich habe Euch da jetzt nicht mit meiner Lebensbeichte gelangweilt.
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Ambivalenzia
Silber-User
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Anmeldungsdatum: 17.01.2014
Beiträge: 238

BeitragVerfasst am: 24. Feb 2014 12:32    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Lasgo,

ich bedanke mich sehr für Deinen Bericht. Ich habe mal gehört, dass man nach der Suchtkarriere fast soviele Cleanjahre braucht, wie man Drogen genommen hat, um wieder gut klar zu kommen. Wie war das bei Dir? Du bist jetzt 12 Jahre weg von den Drogen, das ist eine lange Zeit. Was hält Dich clean?

Liebe Grüße, Ambivalenzia
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Lasgo
Anfänger


Anmeldungsdatum: 24.02.2014
Beiträge: 17

BeitragVerfasst am: 24. Feb 2014 12:35    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Ambivalenzia,

Gerne, nichts zu danken Smile
Die Antwort kommt dann etwas später, da ich gerade etwas in Zeitdruck bin.
Ich sehe gerade dass mein Posting zu kurz ist aber da ich jetz nicht auf die Schnelle etwas schreiben will nur um was schreiben zu müssen, hoffe ich jetzt dass dieses lang genug ist.
Mal sehen...
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Lasgo
Anfänger


Anmeldungsdatum: 24.02.2014
Beiträge: 17

BeitragVerfasst am: 24. Feb 2014 21:42    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Ambivalenzia

Ja, die Zeitspanne von der Du sprichst habe ich auch gehört, aber ich möchte jetzt von mir behaupten, dass ich weniger Jahre gebraucht habe um wirklich gut klar zukommen. Obwohl ich ziemliche Probleme mit Zeitangaben bzw. mit meinem Zeitgefühl habe was diesen Lebensabschnitt betrifft. Ich weiß jetzt nicht, ob das nur mir so geht oder ob das andern auch so ist. Erinnerungen sind wirklich nur noch ganz schemenhaft, was sicher daran liegt dass alles wirklich nur Fake war.
Das ganze kollektive Schöne an Zusammengehörigkeitsgefühl resultierte für mich eigentlich nur noch aus den Teilen, die ich ja zum Schluss händeweise einwarf. Nichts hat sich bis auf ein paar Ausnahmen wirklich eingeprägt, woran ich mich aber gut erinnern kann ist die Zeit danach.
Wenn ich jetzt mal 16 als Anfangsalter nehme und mein Alter als ich aufhörte mit 34 datiere, so sind das immerhin 18 Jahre. Jetzt werde ich am Donnserstag 46, also 12 Jahre ohne jedwede harten Drogen.
Und ich muss sagen, mir geht es wirklich gut und ich vermisse überhaupt nichts. Was aber mit Sicherheit auch daran liegt, dass ich ziemlich viel Rückhalt bei meinem Mann fand. Komischerweise haben wir uns immer abgewechselt, das heißt wenn der Eine halbwegs stabil war fuhr der Andere ziemlich schräg ab.
So konnten wir halbwegs auf den andern beruhigend und ausgleichend einwirken.
Sagen wir, die ersten 4 Jahre nach dem Entzug waren die Hölle. In keiner Weise war ich in der Lage auch nur das Geringste konzentriert zu leisten. Ich hatte starke Konzentrazionsschwächen, konnte weder vernünftig lesen noch schreiben und wurde von Panikattacken bis hin zu starken Angstpsychosen geplagt. Es gab Nächte, da schlief ich keine Stunde durch und wenn doch träumte ich ganz luzid ziemlich schlimm. Das ganze Unterbewusstsein schien sich wenn ich träumte zu entleeren. Hinzu kam meine Nierenschwäche, die ich dann mit geziehlter Ernährung mit Augenmerk auf Protein und Antioxidanzien in den Griff bekam. Ich entwässerte ganz geziehlt mit kaliumhaltigen Tees und entgiftete die Leber mit Mariendistel und Löwenzahn. Da ich starkes Untergewicht hatte, achtete ich seit Jahren akribisch auf die Kcalmenge und auf Protein. Da ich durch das starke Dehydieren Bluthochdruck hatte, erhöhte ich in dieser Zeit meine Trinkmenge auf 3 Liter am Tag. Dazu achtete ich auf meine Aufnahme hinsichtlich der Glutaminsäure um meine Nieren durch das anfallende Amoniak nicht zusätzlich zu belasten.
In der ersten 4 Jahren war ich vollends damit beschäftig meinen Körper wieder in Richtung "leistungsfähig" zu verschieben. Dazu arbeitete ich an mir mit NLP um meine Konzentration und meinen Willen zu fördern. Ich versuchte mich zu konzentrieren, sei es auch nur für 10 Minuten an einem Stück zu lesen, ging spazieren und kämpfte so nach den ersten 10 Minuten gegen mich um noch weitere 10 Minuten zu gehen. Kurz gesagt, ich begann mich zu konditonieren und mich auf ein Ziel auszurichten. Ein Tag 3 Seiten in einem Buch, den Tag danach 4 Seiten versuchen zu lesen. Meine Panikattacken bekam ich damit in den Griff, als ich mich wirklich etwas beiseite nahm und versuchte rational zu durchleuchten, was mich da jetzt ängstigt. Nun, das Dopamin macht nun mal zu Wahrnehmungsgenie und so nahm ich zeitweise alles ganz intensiv um mich herum wahr. Ich war zwar schon als Kind sehr sensibel aber eine kindliche Natur geht wohl dann in das gegenteilige Gefühl und macht trotzig zu. Erst Recht wenn man durch diese Art von Sensibilität als Sonderling gilt. Aber diese Art von unselektiver Wahrnehmung kam dem nicht gleich, ich war zeitweise wie ein Schwamm der alles in sich aufsog und noch schlimmer, alles auf sich bezog. Selbst wenn ich vor die Türe ging, hatte ich zeitweise das Gefühl ein Baum starrt mich an. Ich bezog einfach alles auf mich, was natürlich an meinem ohnehin schon sehr schwachen Selbstwertgefühl nagte.
Als wir uns halbwegs stabil empfanden fing der Sport an, 5 mal die Woche gingen wir zum Sport. Von Pilates, Yoga, Kick Boxen und Bodybuilding. Dann kam der nächste Schock, denn ich hatte überhaupt keine koordinierte Motorik mehr. Als Kind hatte ich immer ein gutes Körpergefühl, ich hatte Pferde und Gleichgewicht war für mich überhaupt kein Problem. Als ich dann aber festellen musste, dass ich nicht mal mehr auf einem Bein stehen kann oder mir simple Schrittfolgen bei der Step Aeorbic merken konnte, war es aber gut bzw. ich bekam so eine Wut auf mich und sagte mir, ok - daran bist Du Schuld, klasse gemacht aber jetzt mach eine Kehrtwendung.
Ab da ging alles besser, ich ging viel raus, grub mich in die Erde ein um meine Grundsubstanz wieder zu spüren. Einfach in der Erde mit bloßen Füssen stehen war für mich so stabilisierend und realitätsbezogen. Ich beschäftige mich ganz bewusst mit meinem Körper und jede Leistungssteigerung trug dazu bei, dass mein Selbstwertgefühl zunahm und das führte wiederum dazu, dass ich mir auch geistig wieder mehr zutraute. Langsam nahm meine Konzentration stetig zu und so verschlang ich alles was mit Ernährung, Biochemie ganzheitliche Lebensweisen wie Charkenlehre, Psychologie, Duft - und Farbtherapie und trad. chinesische Medizin. Ich gar gab einfach den neuen Dingen in meinem Leben Raum, die mir halfen vieles über mich selbst zu erfahren und letzendlich auch wo die Wurzel oder der Auslöser zu meiner Sucht lag. Wobei ich jetzt sagen muss, dass ich einen guten Freund habe der mich immer reflektierte auf der Art der Supervision. Er ist Psychotherpeut und er stand mir immer mit seiner Hilfe zur Seite ohne mich in (s)einer Therapie zu befinden. Ich habe weder eine Therapie durchlaufen noch habe ich Medis genommen. Aber, ich weiß auch dass ich mächtig viel Glück hatte alles im Großen und Ganzen relativ gut auf diese Art hinter mich zu bringen.
Mir haben einfach die Aufarbeitung meiner Kindheit meine Probleme sehr genau zeigen können, wo Lösungsansätze hinsichtlich meiner Persönlichkeit lagen.
Im Prinzip fing ich wieder an dem Punkt an, wo ich als Kind aufhörte mich zu einer in sich gefestigten Persönlichkeit zu entwickeln aufgab.
Ich ging wieder rückwärts in der Zeit und sammelte mich in Scherben auf, um mich dann irgendwie neu zusammenzusetzen.
Denn, bei allen die ich kannte spielten Erfahrungen im Umfeld, sei es mit den Eltern, häusliche Gewalt oder andere soziale Faktoren eine große Rolle. Eigentlich kannte ich niemanden der sich einfach die Birne aus reinem Spaß wegknallte. Alle die mir bekannten, wollten etnweder verdrängen oder am besten ganz vergessen und genau diese Begebenheiten kommen nach dem Entzug früher oder später wieder in das Bewusstsein. Was schmerzlich sein kann, aber für mich war das die größte Chance um clean zu werden, dort setzte ich den Hebel an.

Du, ich tue gar nichts um clean zu bleiben, obwohl ich echt mit Schrecken an meinem Zustand zurückdenke. Ich bin einfach clean, so wie es sich anfühlt. Und auch da bin ich etwa nach 7 Jahren auf Konfrontationskurs gegangen, ich wollte unbedingt ausprobieren ob ich tatsächlich noch anfällig war und ich muss sagen, ich war es nicht. Wir waren auf einer Party eingeladen wo konsumiert wurde. Das wussten wir im voraus und sind demzufolge da ziemlich gespannt hingegangen. Als mir eine Line angeboten wurde, lehnte ich diese mit vollster Überzeugung ab. Ich war wirklich und wahrhaftig angewidert und für alles Geld der Welt hätte ich mit das nicht mehr gegeben. Vor einem Jahr noch zog sich eine alte Schlufreundin neben mir eine Line und es kümmerte mich null, aber wirklich null. Ich schnappte mir meinen Grünen Tee und war glücklich. Insofern kann ich den Spruch "man bleibt immer süchtig" nicht pauschal bejahen und meine Erfahrung zeigte mir, dass auch das Verlangen gänzlich verschwindet wenn man weiß, warum man Drogen genommen hat und es abändern konnte.

Jetzt wieder ich 65 KG, hebe einen Fettwert von 7% und bin Leistungssportler, wobei ich da ganz sensibel drauf achte, dass ich auch dort nicht mehr über meine Leistungsgrenze gehe. Mein Körper hat sich 85% erholt und laut einer Messung im Kardiobereich ist mein biologisches Alter 25.
Den Leuten welchen ich von meiner Vergangenheit erzählte, glaubten mir das erst einmal nicht. Es scheint als würde man mir dieses nicht mehr ansehen.
Ich danke wirklich allen Leuten um mich herum, wie meinem Mann und meinem Freund die mir dieses ermöglichten.
Wobei ich wirklich weiß, dass ich nur sehr viel Glück hatte.
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Ambivalenzia
Silber-User
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Anmeldungsdatum: 17.01.2014
Beiträge: 238

BeitragVerfasst am: 25. Feb 2014 14:08    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Lasgo,

ich finde es echt enorm, wie Du Dich quasi um 180° gedreht hast. Vom absoluten Drogenjunkie zum Leistungssportler. Ich für meinen Teil bin froh, dass ich nie die wirklich harten Sachen angefast habe. Wobei jahrelanger Suff auch nicht ungefährlich ist. Diese Panikattacken die Du beschreibst kenne ich auch zur Genüge. Allerdings hatte ich die bereits vor jeglichem Konsum. Also zu einer Zeit, in der an Hilfsmittel jedweder Art noch nicht zu denken war. Wie bekommst Du es hin, dich so gesund zu ernähren? Das ist son Punkt, an dem ich bestens scheiter Confused
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Lasgo
Anfänger


Anmeldungsdatum: 24.02.2014
Beiträge: 17

BeitragVerfasst am: 26. Feb 2014 13:59    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Ambivalenzia,

Danke
Du, ich musste bei der ganzen Kehrtwendung wirklich aufpassen, dass ich mich dabei nicht überschlug.
Meine anfängliche Suchtverlagerung zum Sport nahm dann ebenfalls bedenkliche Formen an. Mal abgesehen von der Tatsache, dass sich mein Körpergefühl und damit auch das Gefühl zu mir selbst stark verbesserte gönnte ich mir eigentlich wenig Pausen. Ich war jeden Tag im Studio und sei es nur um an meinen trainingsfreien Tagen in die Sauna zu gehen. Meine Entgiftung und die damit zusätzliche Belastung von Leber und Nieren lief auf auf Hochtouren.
Wobei ich sagen muss, dass ich dabei meine Ernährung anpasste.
Mittlerweile gehe ich 4 mal zum Sport aber das dann intensiv und überlegt.
Was meine Ernährung betrifft, so bin ich da jetzt nicht zum absoluten Gesundheitsapostel mutiert. Ebenso wie andere esse ich Fast Food, süßes in Form von Schnuck, aber nur nicht immer und ausschließlich.Trinke auch Kaffee und naja, rauche immer noch. Wir haben mal ein Jahr nicht geraucht und bei einem Glas Wein wieder angefangen, das war es dann wieder mit nichtrauchen. Bis heute habe ich es nicht wieder geschafft aufzuhören, soll wohl noch nicht wieder sein. Das nehme ich jetzt einfach mal so hin und warte gelassen auf den Tag wo ich meine, dass ich es wieder schaffen könnte. Da mache ich mir jetzt keinen Stress.
Ansonsten hat sich die Ernährungsweise eigentlich automatisiert. Zb. gibt es bei uns kein 450 Mehl sondern nur Vollkornmehl zudem nur Naturreis und Vollkornnudeln. Zum süßen nehme ich ausschließlich Bio Honig, also weder mit Rohr- noch Haushaltszucker.
Achte eben auf mageres Fleisch, wobei wir eigentlich Fischesser sind.
Das ist kein Problem, wenn man einfach schon bei einkaufen auf das was man kauft achtet. Magere Eiweißquellen, komplexe Kohlenhydrate, viel Obst und Gemüse mal so zwichendurch und schon bist Du auf der halbwegs sicheren Seite.

Und, Suff oder der Rest macht eigentlich für mich an Schaden das Gleiche, wenn auch die Problematik während und danach etwas anders gelagert ist.
Oha, Panikattacken. Was ist das ein fieses Gefühl, wenn man sich da in seiner Angst verliert und ausserhalb seiner logischen Gedankengänge liegt.
Ich habe da wirklich so eine Art "gute Schizophrenie" an den Tag gelegt.
Die Eine wurde panisch bis in die Haarspitzen und die Andere konnte dann und wann gegensteuern in dem ich mir sagte, komm runter keiner will Dir was, oder Du bekommst jetzt durch dein Hyperventilieren garantiert keinen Herzinfarkt.
Durch eine bewusste Atmung habe ich dann solche Attacken steuern können aber nur dann wenn eben die Angst nicht so derart überlagerte, so dass das Ratio nicht mehr greifen konnte.
Mittlerweile habe ich bis auf meine natürlichen und ganz normalen Ängste, die wohl jeder mehr oder weniger an den Tag legt in den Griff bekommen.
Mit der Zeit wo sich meine Wahrnehmung stabilisierte, kam ich in Lage da mal genau nachzusehen, was mich da blockiert oder was an Emotion eine solche Attacke auslöste und es war immer genau dann, wenn ich mich einer Situation im Ego nicht gewachsen fühlte. Immer dann, wenn ich die Ahnung hatte dass mir eine Situation gänzlich entgleitet bekam ich einen Angstzustand.
Ganz bewusst habe ich dann zu Methoden aus der Dufttherapie gegriffen, wie aber auch Meditation und Systemik. Zum Beispiel habe ich in dieser Zeit mit Fichte und Kiefer geräuchert um meine Gedanken zu ordnen. Irgendwie habe ich versucht den Unterschied zwischen emotionaler Flutung und rationalem Denken zu finden. So konnte ich immer besser gegensteuern.
Mit Copal oder Dammaharz habe ich mich in den Zeiten meines geringen Selbstwertgefühls wirklich und wahrhaftig umnebelt, so habe ich einfach versucht meine Ego im Sinne von "gefestigt sein" zu stärken. Eigentlich dem Gefühl des Standhaltens etwas mehr Raum zu entwicklung gegeben.
Was ich ja nun konnte, sportlich habe ich großen Belastungen standgehalten und die Bestätigung habe ich einfach in das Mentale verlagert bzw. habe mich selbst aus den Erfolgen bestätigt und gestärkt.


Darf ich fragen, wie Du mit den Deinen umgehst? Oder sind sie für Dich kein Thema mehr?
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Ambivalenzia
Silber-User
Silber-User


Anmeldungsdatum: 17.01.2014
Beiträge: 238

BeitragVerfasst am: 26. Feb 2014 18:22    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Lasgo,

meine Panikattacken Haben mir 10 Moante Klinik am Stück eingebracht, weil ich schlicht und ergreifend nicht mehr lebensfähig war. Das war ne heftige Zeit. Auch mein Herz hatte total den Schaden weg. Ich bin dann ganz lange medikamentös behandelt worden. Hatte die Tabs dann ausgeschlichen. War soweit auch alles ok, nur ging die Panik kurze Zeit später wieder los. Trotz intensiver Therapie und allem. Eigentlich bekomme ich nach wie vor was an Medikamenten, aber ich vergesse die so oft, dass ich die wohl bald komplett weglassen kann. Surprised Das wäre für mich ein guter Schritt nach vorn.

Ich bin ohnehin gerade dabei, vieles zu verändern. Unter Anderem eben auch mein Essverhalten. Sport würde ich auch gern machen. Auch wenn es schwer ist bei Übergewicht. Aber ich habe ein kaputtes Knie, bei dem bisher kein Arzt herausgefunden hat, was genau damit los ist. Somit bleibt mir nur schwimmen. Und das hasse ich wie die Pest! Was aber schon ganz gut gelingt ist, das ich mein Leben ordne. Zum Ende meiner Suffkarriere habe ich mich zu wenig um andere Sachen gekümmert. Das hole ich jetzt nach.

Als ich vor knapp 20 Jahren schonmal aufgehört habe zu saufen, habe ich auch eine Art Suchtverlagerung betrieben. Meine Suchtmittel damals waren 1. Sport Wink und 2. Selbsthilfegruppen. Irgendwann war mir das aber alles zuviel. Und so schlich sich nach und nach wieder die Sucht ein. Das möchte ich natürlich vermeiden. Ich denke es geht echt darum, für alles ein gesundes Maß zu finden. Ist nur ganz schön schwer, wenn man überhaupt nicht weiß, was normal oder gar gesund ist.

Liebe Grüße, Ambivalenzia
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