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H2o Gast
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Verfasst am: 26. Okt 2008 12:38 Titel: Entscheidung - Konsequenz - mein Kumpel |
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Hallo ich brauche dringend die Meinung eines oder mehrerer Dritter.
Es geht um meinen Kumpel. Kurz zu dem Thema:
Ich bin selbst abhängig gewesen und bin seit ca. 4 Jahren bis auf Zigaretten suchtfrei geblieben.
Tabletten ab meinem 16.LJ und zum Schluß Alkohol und Tabl. gemischt.
Habe es bis zum "Totalausfall" betrieben. Nichts ging mehr.
So: In der Therapie habe ich meinen oben genannten Kumpel H-kennengelernt.
Nach der Therapie wohnte er bei mir ca. 1 1/2 Jahr. Ich dachte trocken.
War aber anscheinend nur ca 1/2 Jahr der Fall.
Er zog dann weiter weg - arbeitstechnisch und das war wirklich höchste Zeit - ein Zusammenleben ging nicht mehr.
So: Und dann 1. Rückfall, Geld borgen an den Wochenenden bei mir
und in der Woche weitersaufen bis zum Gehtníchtmehr.
Es waren keine großen Summen. Und er ist ein sehr hilfsbereiter Mensch und sehr freundlich. WENN ER NÜCHTERN IST.
Trinkt Alkohol seit dem 10.Lebensjahr. Vollrausch mit Acht (!!!!!!!!) Jahren.
Wurde im Elternhaus nicht bemerkt, da die Mutter und sein Stiefvater selbst Probleme hatten.
Mein Problem:
Wie gesagt er kam mal hin und wieder zu den Wochenenden.
Vor ca. 2 Monaten kam der endgültige totale Absturz. Wieder Arbeit verloren, die Wohnung sollte zwangsgeräumt werden, da er nur noch auf Kredit soff und die Miete so glaube ich mindestens 4 Monate nicht bezahlt hatte, mindesens !!!!!
Daraufhin ist er einfach abgehauen. Ich kann Euch auch nur so wiedergeben wie ich es ihm mühsam stückchenweise auf meine ständigen Fragen "emtlocken " konnte.
Durch unsere tagelangen Gespräche in der Therapie, weiss ich dass es bei ihm vor der Therapie genauso gewesen ist.
Nur da wurde zwangsgeräumt. Er sah noch den Wagen mit seinen wenigen Habseligkeiten davonfahren.
Es ging nicht mehr zurück und schlief fast zwei Monaten (Originalton "es war ja Sommer" ) im Freien. Er meldete sich auf keinem Amt, er machte NICHTS, so ging ihm auch das Geld aus - noch nicht einmal beim Arbeitsamt meldete er sich (damals) da er ja auch rausgeflogen war und er eigentlich Anspruch auf Arbeitslosengeld hatte. Das kriegte er nicht mehr auf die Reihe. Oder mit seinen Worten gesagt " ich hatte keine Lust mehr dazu und wollte keine Almosen ". Davon abgesehen dass ihm das Geld zustand, war er aber auch zu bequem - er soff durch.
Sein bester Freund liess ihn dann so ca. zwei Monate bei sich wohnen.
Wieder zu seinem Besuch bei mir an dem Samstag:
Also, er war nur noch Haut und Knochen, sah krank und sehr sehr ungepflegt aus. Ich weiss - das sind alles typische Anzeichen wenn man kurz vor dem Endpunkt steht.
Leben wollte er aber dann doch noch.
So hat er die letzte Notbremse gezogen und sich selbst ins Krankenhaus zur Entgiftung eingewiesen.Also das Krankenhaus an seinem "ehemaligen" Wohn- und Arbeitsort.
Ich habe ihm dann in unseren Telefonaten angeboten zu mir zu kommen, da er ansonsten wahrscheinlich wieder in einem Parkhaus oder etwas Ähnlichem geschlafen hätte, denn er hatte auf meine wiederholten Rückfragen ja überhaupt nichts mehr.
Kein Geld, keine Arbeit und vor allem keine Wohnung. Und jetzt hatten wir bereits September oder Anfang Oktober. Fakt ist, nach der Entgiftung war er erst einmal "clean" (sprich entgiftet) und wurde entlassen.
An diesem Wochenende war er bei mir und ich sage einfach mal - er war noch "sauber".
Am Montag fuhr er wieder (alles mit dem Bus - hat keinen Führerschein mehr) zu seinem alten ehemaligen Wohnort.
Es hat keinen halben Tag gedauert und er war wieder randvoll bis zur Besinnungslosigkeit was ich am Telefon hörte.
So, und dann nehme ich an, das er mal wieder irgendwo auf der Straße schlief bzw. bei seinen "Safkumpanen",
(Bitte versteht mich nicht falsch - ich war mit meiner Sucht auch nicht anders - ich kenne die Situation - nur hat mich damals meine Schwester noch einmal aufgefangen;;.
Ich hörte dann mindestens zwei Wochen nichts mehr von ihm.
Plötzlich stand er Samstags wieder auf der Matte.
Und es war klar.
Er hatte keinen grünen Heller mehr und das war das allerschlimmste, denn er konnte sich jetzt noch nicht einmal seinen "Nothelfer" kaufen.
Die Verzweiflung die er mit dem Alkohol weggedrückt hatte kam wahrscheinich mächtig gewaltig über ihn.
Ohnehin hatte sein Körper ihn wohl komplett im Stich gelassen. Schätze dass er bei 1,68 m nur noch 50 kg wog. Bisher hatte er körperlich noch nicht soviel Schwierigkeiten, weil er noch ein relativ junger Mensch ist. (Mitte dreißig)
Und ich wusste was er wollte. Erst Geld und dann vielleicht auch mal unterkriechen.
Halt ich muss euch noch sagen - am Telefon als er in der Entgiftung war,
sagte ich ihm "du kannst jederzeit bei mir wohnen bis zur Therapie, ich habe nur eine Bedingung "OHNE ALKOHOL". Er war einverstanden und meinte ich hätte recht (ich hätte damals auch allen recht gegeben, die mir bei der Beschaffung meines Suchtmittels geholfen hätten).
Und zum 1, Mal habe ich ihn komplett und konsequent vor die Tür gesetzt.
ICH KAM MIR VOR WIE DAS ALLERLETZTE SCHWEIN:
Nur es war ein Befreiungsschlag meinerseits, denn langsam bemerkte ich bei mir, das es sich in meinen Gedanken auch wieder breit machte, nämlich der wiederholte Gedanke an mein Suchtmittel.
Die Gedanken daran kamen öfter - so wie in den ersten 2 - 3 Jahren meiner "Abstinenz".
Also ich gab ihm etwas Geld (20 Euro - viel mehr hatte ich auch nicht mehr) und er ging.
Aber er wies sich hier an meinem Heimatort wieder zur Entgiftung ein.
Ich war erleichtert. Denn er sagte mir immer, dass er es fernab von seinem früheren Wohnort (also bei mir in einer "geschützten" Umgebung, ohne seine Saufkumpes) besser schaffen würde, bis zur Therapie trocken zu bleiben.
Das habe ich ihm auch geglaubt, weil es mir doch einleuchtete.
Er entgiftete und ich besuchte ihm und brachte ihm das Nötigste mit, da er nur die Klamotten dabei hatte, die er in seinem Rucksack mit sich herumtrug.
Dann wurde er entlassen nach 10 Tagen und er zog bei mir ein.
Am kommenden Dienstag wären es zwei Wochen gewesen.
Aber bereits in der ersten Woche merkte ich das er getrunken hatte.
Ich merke so etwas relativ spät - wirklich war.
Ich wollte ihm nicht unrecht tun - und sah mir das ganze drei Tage lang an.
Dann fing ich an rumzumuffeln, weil ich zu feige war, das Thema anzusprechen.
Außerdem hatte ich nie eine klare Antwort bekommen bei den x-ten Rückfälllen. Liegt ja wohl auch in der Natur der Sache.
Ich fasste mir ein Herz und sprach ihn ganz ruhig darauf an. Morgens, nachdem ich eine Nacht darüber geschlafen hatte.
Er sagte nein. OK sagte ich, aber wenn du mich wieder anlügst (und nur darum ging es ) und du wieder trinkst bist du hier raus.
Ich habe mir das Spiel ca. 5 Tage angesehen. Und es ist wahr was in der Therapie erklärt wurde.
Du fängst mit wenig wieder an, aber der Körper fängt nicht bei 0 an, er saugt alles auf wie ein Schwamm und du bist wesentlich schneller fertig.
So und nun:
Er kam mir von einem Tag auf den anderen, wenn ich abends von der Arbeit kam, immer voller und lallender vor. Ich konnte es mir nicht mehr schön reden. Es war klar - er hing wieder an der Flasche.
Sozusagen eskaliert ist das ganze vor zwei Tagen. Er sass nur noch auf der Couch.
Kaufen war angesagt wenn ich zur Arbeit war. Die Alibikäufe von Brötchen und Brezel oder sonstiges waren klar. Alkohol.
Ich kam also am Freitag von der Arbeit - und ein Blinder hätte gesehen was los ist. Ich sagte zu ihm, er könne mir vielleicht ja auch mal zur Hand gehen.
Daraufhin wurde er wütend und packte er alles zusammen, sah mich tief gekränkt und wütend an und ging erst einmal nach unten wo er was auch immer irgendwo rumwühlte.
Ich sagte im ganz ruhig (ehrlich) "H. du trinkst wieder und wie, du weisst doch was ich sagte in Bezug auf den Alkohol hier im Haus, gib es zumindest zu." Keine Antwort.
Statt dessen gekränkte Mine und eine gehörige Portion Wut in ihm drin.
Das sah ich deutlich. Er ist ein wirklich zorniger Mensch, der aber NIE zu Gewalt greift. Den Menschen den er wirklich hasst, das ist er selbst.
Ja und den Menschen schleppt er immer mit sich herum und er kann nicht vor sich selbst davonlaufen - aber er versucht es immer wieder. Wir sind uns da sehr ähnlich.
Tja, und dann stand er in der Haustür und ich sagte zu ihm "ist das Saufen
das wirklich alles wert H. ?"
(Er wäre einfach so gegangen wenn ich ihm nicht noch bis zur Haustüre nachgegangen wäre).
Und er sagte " nein das Saufen nicht "!! Drehte sich um und ging.
So und nun sitze ich hier seit zwei Tagen und schwanke zwischen den Gefühlen
der Erleichterung (weil es wirklich für mich ein ungeheurer Druck
war, ich wollte abends schon nicht mehr nach Hause
und
dem Gefühl ein Schwein zu sein (weil ich ihn nicht mehr habe hier
wohnen lassen - auch mit Alkohol- obwohl er keine Unterkunft
hat.
Auf meine Frage wo er denn hinwolle, er habe doch keine "Dach über dem Kopf" sagte er "ich komme schon durch".
Aber das wohlgemerkt mit mindestens 2 Promille. Das weiss ich auch ohne Testgerät. Viele unter Euch wissen ja auch, das wir im benebelten Zustand ganz schön stark tun können. Der "Katzenjammer" kommt ja, wenn wir nüchtern (egal von welchem Suchtmittel )werden.
Und dann wird er kein Geld mehr haben.
Jetzt macht meine Fantasie Bockprünge: Ich sehe ihn auf der Straße im Rinnstein, im Wald oder sonstwo liegen und langsam zugrunde gehen.
Wohlgemerkt in meiner Fantasie. Noch bin ich aber nicht bereit mir diesen Schuh anzuziehen. Aber dass kann nicht mehr lange dauern, ich kenne mich da ganz gut und dann glaube ich dass ich daran schuld bin und ihn aus dem Hause getrieben habe.
So das war mein Roman und ich glaube, ich bin eigentlich in der falschen Spalte (ist wohl eher Erfahrungsbericht) - aber es ist auch eine Frage.
Wie hätte ich handeln sollen? Wie hätte Ihr gehandelt ? Ich fühle mich schlecht.
Wäre froh wenn ihr mir antworten würdet.
Danke H2o |
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Tramal23 Anfänger
Anmeldungsdatum: 31.10.2008 Beiträge: 13
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Verfasst am: 3. Nov 2008 00:08 Titel: |
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Hallo,
ich hätte ihn vielleicht nicht unbedingt rausgeschmissen, dass ist denke ich, nicht der richtige Weg. Aber ich kann verstehen, dass du sehr verzweifelt bist und nicht weisst, was du für ihn tun kannst.
Du musst eins wissen: Ein Sucht erfordert unendlich viel Geduld. Mit Geduld und viel reden kann man weiter kommen, aber es braucht viel Zeit. Er muss sich erst darüber klar werden, dass das so kein Leben sein kann, nur dann bringt es was.
Er muss wirklich von sich aus sagen "So und jetzt höre ich mit der Scheisse auf!" und er muss es wollen, ansonsten klappt das nicht.
Ich wünsche euch viel Glück,
Liebe Grüße |
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bright Gast
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Verfasst am: 4. Nov 2008 19:41 Titel: |
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Mit ziemlicher Sicherheit bist Du selbst eine süchtige Persönlichkeit. Zu einer süchtigen Persönlichkeit gehören in der Regel auch meist verdrängte tiefe Schuldgefühle . Sie entstehen in der Regel in einer Phase der Kindheit, in der einem klar wird, dass man nicht geliebt wird.
Da Eltern für Kinder in dem Alter omnipotent sind, kann es folglich nur an einem selbst liegen. Glaubt man jedenfalls. Selbst ein missbrauchtes Kind gibt sich selbst daran die Schuld. Diese Schuldgefühle müssen natürlich verdrängt werden, da man sie nicht überlebensfähig ertragen könnte. Natürlich kommt auch meist dazu, dass die Eltern auch unglücklich sind. Natürlich gibt man sich daran dann auch die Schuld.
Ich unterstelle jetzt mal dass irgendwelche Schuldgefühle auch auf Deiner Seele liegen.
Diese Schuldgefühle suchen sich einen Ausweg, und projezieren sich permanent auf jede Situation, die für Dein Überich glaubhaft als aktuell interpretiert werden könnte.
Ein Grossteil dieser Schuldgefühle die Du jetzt als aktuell interpretierst, sind aus diesem alten Vorrat. Diese Schulgefühle waren es auch die ganze Zeit, die Dich handlungsunfähig, gelähmt und vergiftet haben. Ohne diese Altlasten hättest Du eigenes Leiden das dadurch entstanden ist vermieden. Und Dich früher von ihm getrennt, da Drucksituationen für eine süchtige Persönlichkeit alte Belohnungssystem konditionierte Problemlösungsstrategien zum Leben erwecken. Ein gemeinsamer Absturz droht, der Niemandem hilft. Jemandem Halt zu geben, geht nur wenn der Andere auch Andockmöglichkeiten bietet. Dazu war Dein Kumpel nicht in der Lage. Die "Energie" für ganzen sinnlosen "Entgiftungen" hätte man lieber verwenden sollen seine Psyche zu stabilisieren und ihm kontrolliertes Trinken vermitteln sollen. Naja, unsere Suchtmedizin ist nicht besonders gut. Gibt es praktisch nicht. So bleibt es dann an dem kleinsten Mann wie Du einer bist hängen, und natürlich bist Du damit völlig überfordert.
Ich spreche Dich davon Deinen Kumpel hängen lassen zu haben, ich glaube Deine Anklage gegen Dich selbst lautet so, frei. Völlig!!!!!
Ganz im Gegenteil. Die Bedingungen sind nicht so, dass Du Erfolg hättest haben können. Gemeinsamer Untergang ist die Alternative.
Obwohl mir Dein Kumpel leid tut. Der kann ja auch nichts dafür!!!
Ich würde Euch Beide umsuchten! (Ich weiss, dass Du entwöhnt bist. Trotzdem) . |
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