a true story...

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SAUBERMANN
Platin-User
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Anmeldungsdatum: 27.03.2012
Beiträge: 1356

BeitragVerfasst am: 12. Dez 2014 02:26    Titel: a true story... Antworten mit Zitat

hey freunde der opiate!

durch einen zufall wurde ich heute wieder mit einer sache konfrontiert, von der ich glaube, dass ich sie hier in eiem eigenen thread posten sollte... ich hatte in den vergangenen wochen schonmal davon berichtet, aber es ging unter... und weil ich es so respektabel und bemerkenswert finde, möchte ich das hier kurz aufschreiben.

es geht um einen früheren kollegen von mir, den ich über die szene her kannte und der mit der zeit zu einem wichtigen kollegen wurde während der "schlimmsten phase" meiner opiatsucht...

dieser kollege, nennen wir ihn "J.", hat das geschafft, was viele von uns gern schaffen würden. ER IST KOMPLETT CLEAN! leider haben wir inzwischen keinerle kontakt mehr, aber sowohl er als auch ich haben ja mit "szenebekanntschaften" abgeschlossen und wollen keinen kontakt mehr dazu.


ich lernte "J." vor einigen jahren am bahnhof kennen, als ich auf der suche nach methaddict war. J. konnte mir direkt weiterhelfen und weil wir beide zufällig die gleiche bahn nach hause nehmen mussten, kamen wir ins gespräch. er war ca 5 jahre älter als ich, hatte eine abgeschlossene berufsausbildung, leider zerrüttete familienverhältnisse (die eltern waren inzw tot und seine restfamilie wollte mit ihm nix mehr zu tun haben, weil er auf schore war) und lebte in einer beziehung mit einer frau und einem gemeinsamen kind.

wir trafen uns öfter mal und dann plauderten wir auch über unser leben und unsere sucht.. unsere beziehungen neigten sich gerade dem ende zu und während ich gerade frisch arbeitslos war, war er frisch auf bewährung und hatte schon wieder mist gebaut. er brauchte geld für seine blechraucherei, denn H kostet verdammt viel geld, wenn man druff ist... und HARTZ 4 reicht da natürlich nicht.. also kam es wie es komme musste: er wanderte in den knast.

da wir keine freunde waren, erfuhr ich davon auch nix. erst ca. 1 jahr später trafen wir uns zufällig am bahnhof wieder. ich suchte wieder metha, er konnte mir wieder helfen... und so wurde unser kontakt regelmäßiger und enger.

wie das dann so ist: man verbringt zeit zusammen und wird sich unweigerlich immer vertrauter. ich saß oft mit ihm zusammen während er sein blech rauchte und ich mein metha mit eisgekühlter cola runterspülte... dann lief meist der fernseher im hintergrund und wir beschwerten uns über den lauf der dinge, unsere sucht und die böse welt da draußen...

er zeigte mir, wie man schnell an bargeld kommt und ich sorgte dafür, dass er jemanden hat, den er nicht anlügen muß, sondern dem er alles erzählen kann, was ihm auf der seele brennt. durch ihn bekam ich tiefe einblicke in das leben von typischen junkies.

die zeit verging und während ich immer stärker das gefühl hatte, dass mich das alles nur noch ankotzt, versank er immer tiefer in dem ganzen strudel: er ging klauen, danach gings direkt zum hehler, die sachen völlig unter wert verscheuern für 20-30 euro und ab zum dealer... sich tagelang nicht waschen, dieselben klamotten tragen und anzeigen sammeln... immer wieder anzeigen.

irgendwann war es dann so weit: ich eröffnete ihm meine umzugspläne und sagte ihm, dass ich bald weggehen würde und dann in substi rein und n job klarmachen. zack, zack, zack. die kraft, die ich über 2 jahre in meine sucht investiert hatte, wollte ich anders nutzen.

und wie der zufall es so will, hatte J. eine gerichtsverhandlung. die 3. in jenem jahr. und es kam seine allerletzte chance: "THERAPIE STATT STRAFE".
er selbst und alle unsere bekannten waren sich einig: DAS SCHAFFT DER NIE! und selbst J. sagte immer wieder, dass er lieber in den knast wolle, als so einen "scheiss" mitzumachen...
und so schob er den termin immer weiter hinaus, schon arzttermine dazwischen und "vergaß" formulare etc., damit sich das um noch ne woche verschiebt und dann um noch eine woche usw...

4 wochen vor dem entgiftungstermin passierte plötzlich merkwürdiges: musste ich ihn vorher stets drängeln und kontrollieren, damit er diese termine wahrnimmt, machte er plötzlich alles von selbst. ich erinnere mich noch ganz genau: wir waren zu dritt unterwegs und gingen zu einer zahnarztpraxis, da er ohne zahnarztnachweis nicht zur therapie durfte. er hatte angst vorm zahnarzt und überhaupt: er vermied solche termine, wo es nur ging.

vorm zahnarzt bestand er darauf, alleine reinzugehen. der kollege und ich warteten derweil vor der tür und machten schon witze, dass J. gleich durch die hintertür wieder verschwindet... aber er war tatsächlich beim arzt..
ich weiss, dass das total banal klingt. aber für J. waren zahnärzte der blanke horror. dass er dann tatsächlich von sich aus diesen termin wahrnahm, war der startschuss für eine riesige veränderung...


der tag war gekommen, es hieß abschied nehmen. er trank nochmal ein abschiedsbier und dann holte ihn sein bewährungshelfer ab und fuhr ihn in die 200km weit entfernte entzugseinrichtung...

1 tag später zog ich um... timing.. aber reier zufall...

während ich meinen plan direkt umsetzte und ein "neues leben" begann, hörte ich von J nichts mehr. die infos, die ich bekam, hatte ich von einem gemeinsamen bekannten, der auf die wohnung von J aufpassen sollte, während er weg war... aber auch zu ihm riß der kontakt ab.

ich spule etwas vor...

irgendwann bekam ich durch zufall mit, wie es mit J weiterging. wenn ich ehrlich bin, dann war mir völlig klar, dass er die therapie abbrechen würde, dann in der JVA seine strafe absitzen würde und am ende am tag seiner haftentlassung rückfällig zu werden. von ihm hätte ich nicht geglaubt, dass er clean werden würde. nicht so und nicht zu dem zeitpunkt. und vor allem war für mich klar: DER JUNGE WIRD RÜCKFÄLLIG! und zwar relativ schnell...

da ich ja -wie gesagt- keinen direkten kontakt mehr zu J hatte (und auch jetzt nicht habe), musste ich die infos des kollegen zunächst einmal glauben, obwohl ich skeptisch war... ich hörte folgendes:
"J, der über 10 jahre auf schore war, dazu jahrelang auch noch methadon bekam und alkohol trank, ist komplett clean. er hat locker 25 kg abgenommen, ernährt sich gesund, hat seinen führerschein wieder, hat einen vollzeit-job und er hat sogar wieder kontakt zu seinem kind. ach ja, und eine freundin hat er auch!"

das war für mich gewissermaßen ein "schock". das ist jetzt ca 2 jahre her und 2-3 sachen haben sich geändert. er ist wieder single und hat einen neuen job... aber alles andere ist noch beim alten!


--
ich möchte diese geschichte hier stehen lhaben, weil es so wenig positive berichte gibt. viele leute, die erfolgreich entziehen, versuchen das thema dann auch bewusst nicht wieder zu groß zu machen, indem sie zb. in nem drogenforum schreiben o.ä... oder sie sind -wie J.- nicht so internetaffin...

die story ("geschichte" und "story" bitte nicht mißinterpretieren: es handelt sich um eine wahre begebenheit mit echten personen!) steht hier -und nicht im "clean-forum"- weil in diesem unterforum so viele user posten und lesen, die sich schon oft mit dem thema "WIE WERDE ICH ENDLICH CLEAN?" befassen, aber aktuell noch starke opiate konsumieren. und auch leute, die nicht unbedingt clean werden wollen, können das ja gern mal auf sich wirken lassen...

leider kann man seine gefühle nicht teilen. so wirkt die sache vermutlich nur relativ schlicht: "DA HAT HALT N KOLLEGE VOM SAUBERMANN DEN ENTZUG GESCHAFFT.. GLÜCKWUNSCH! UND NUN? ICH KENN DEN JA NICHT MAL! AUSSERDEM WAR DER BESTIMMT IN NER GANZ ANDEREN SITUATION ALS ICH! DAS KANN MAN GAR NICHT VERGLEICHEN..."

aber für mich ist es so: wenn J. das schafft, dann schafft es jeder. und nun die spannende frage: WARUM HABE ICH ES DANN ZB NOCH NICHT GESCHAFFT, WENN ES DOCH ANGEBLICH SO EINFACH IST?!
nun, ich sage ja nicht, dass es einfach ist. denn das ist es nicht. mein kollege J. zb. hat auf der therapie erst wieder gelernt, dinge wie körperpflege ernst zu nehmen. manch einer kennt das vielleicht: je stärker man süchtig ist, desto weniger wichtig ist zb das zähneputzen. oder wie schnell plötzlich eine woche vergeht, ohne dass man duscht... dann macht man halt nur mal fix "katzenwäsche" unten rum und unter den achseln, damit das gröbste unheil beseitigt ist.. aber irgendwann vernachlässigt man selbst das...
wenn man fotos von J jetzt sieht, dann denkt man, dass der kerl sich die augenbrauen zupft... mal im ernst: aus dem typen, der vor 3-4 jahren noch kippenstummel an bushaltestellen gesammelt hat, ist n total attraktiver enddreißiger geworden, der einfach gut und fresh aussieht mit seinen sakkos, die er jetzt immer modisch trägt...


was ich an seinem fall so spannend finde: diese komplette wandlung kam quasi aus dem nichts und hält noch immer an.

oft denke ich aber noch etwas anders: manchmal glaube ich auch, dass leute wie J. es "leichter" haben, zu entziehen und ihr leben zu ändern, weil ihr drogenleben ja so scheiße ist... wenn man stets pleite ist (wegen drogen) und man zb. kippenstummel vom boden sammelt, wenn man klauen geht und im winter 7 stunden im eiskalten schneeregen und -matsch unterwegs ist, um am ende 1 überteuerte bubble mit 3% heroin für sein letztes geld zu bekommen, dann hat man möglicherweise ja auch eine größere motivation zum komplettentzug, als zb. leute wie kullerbunt, caro, micro88, oxy moron oder auch ich, die mit ihrem leben ganz gut klarkommen und für die der opiatkonsum ein kleines stück VOM, aber nicht DAS leben schlechthin ist...


naja, ich würde mich freuen, wenn ihr fälle kennt und vllt hier niederschreibt, wo ihr selbst oder freunde, bekannte usw. ihr drogenleben plötzlich so radikal geändert haben..

alles gute allen hier!
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Steffire5
Silber-User
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Anmeldungsdatum: 04.11.2014
Beiträge: 236

BeitragVerfasst am: 12. Dez 2014 03:28    Titel: off topic of course Antworten mit Zitat

Hi Sauber,

toller Beitrag mal wieder von Dir und dementsprechend lang, wie oft in letzter Zeit, hat die Länge in den letzten Beiträgen & der Zeit einen bestimmten Grund?
Du hattest mal erwähnt, das Deine Zeit in bestimmten Foren immer wieder zu Ende geht.
Ich weiß, das Du auf mein Geschreibsel mal wieder nicht drauf eingehen wirst aber auch kein Problem darstellen wird, hoffe ich doch zumindest.
Du schreibst Ihr gebt Ein Stück vom Leben ab, das verzichtbar ist ABER dieses eine Stück, macht Dich doch zu dem was Du ürsprünglich bist und warst?
Wahrscheinlich kommt nun gleich der Kinderwagen um die Ecke, um mir wieder eins reinzupressen, soll er doch.
Shize, bin ja auch kein Freund der Opiate, daher darf ich ja hier eigentlich nix schreiben, mache es aber dennoch.
Was ist es, bequemlichkeit, Überschätzung oder Aktzeptanz, daß ihr das Stück abgebt, das euch "anscheinend" zum kompletten erfüllt?

schönen Gruß
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musikera
Gold-User
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Anmeldungsdatum: 07.11.2013
Beiträge: 928

BeitragVerfasst am: 12. Dez 2014 09:59    Titel: Antworten mit Zitat

Jeschus Maria und Josef (würde der "brave Soldat Schweijk rufen...
Welch schöne Story. Danke fürs posten. Obwohl es ja eigentlich NUR der kurze Ausschnitt der Genesung Deines Kumpels ist.
Ich finde cool wie Du es empfindest und staunst was alles möglich ist wenn man wirklich will. Der Leidensdruck soll immens sein, erst dann besteht Aussicht auf Heilungserfolg...sagte mir mal jemand.
Nun, ich kenne auch solche Geschichten. Ähnlich wie die Deines Kollegen.

Ein damals bekannter Drogenkumpel, er war Italiener und sehr jung (um die achtzehn)
Er klaute was nicht niet und nagelfest war. Hatte immer die besten Connections weil er auch Zugang zur italoscene hatte. Geld? Hatte er nie...aber er roch wo man welches "besorgen" konnte. Er war wie man so sagt ein Teufelskerl. Er linkte seine Freunde nie. Fremde hingegen schon mal. Er teilte oft sein letztes "H" mit mir und anderen Kumpels. Es kam wie es kommen musste: zum Gift kam dann noch Rohyps und andere Benzos. Kola sowieso, wenn verfügbar. Da er obdachlos war und auch die anständigen Italiener nix mehr mit ihm zu haben wollten, glitt er total ab. Seine Beine, Füße, Arme...alles war zerstochen und voller Entzündungen.
Total abgemagert und fix und fertig fuhr er dann mal wieder in die Kiste ein.

Einige Jahre später traf ich einen jungen Mann, Italiener...blaue Augen...gutaussehend...Typ Model. Er sah mich an und überlegte sich ob er mich Grüßen sollte. Ich überlegte und erkannte den damals halbtoten Kumpel. Er hatte es geschafft. Wunderbar.

Und ich? Immer noch auf Opis. Zwar nicht mehr am junken sondern unterdessen in Substi.warum wohl? Ich habe nie so Totalabstürze gehabt, also obdachlos und auf klauen angewiesen zu sein. Mein Leidensdruck war dann wohl nicht so extrem wie bei den beschriebenen Protagonisten. Zwar hab ich auch Knasterfahrung aber ich habe immer Angehörige hinter mir gehabt die zu mir standen.

Diese Geschichte kann ich fast 1:1 auf nen anderen Kumpel übertragen, der Türke ist. Es gibt also schon Lichtblicke...aber allen ist die Sache mit dem Leidensdruck gemeinsam bzw. mit dem ganz unten ankommen. Diese Erfahrung machte ich nie...ob ich deshalb noch "drauf" bin?

Gruß

Cool
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Sebastian Brant
Silber-User
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Anmeldungsdatum: 24.10.2014
Beiträge: 106

BeitragVerfasst am: 12. Dez 2014 10:34    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Saubermann

Ich möchte deinen letzten Absatz mal aufnehmen ohne meine Story im offenen Web detailierter zu erzählen.
Bei mir war es so dass ständig Scene, Pleite ( die berühmten Zigarettenstummel, Körperpflege mau und Kleidung
so lala, vermüllte Wohnung, später Obdachlosigkeit, mich nervlich und gesundheitlich immer mehr an den Abgrund
von Verzweiflung und Ausweglosigkeit führten.
Da kam dann der Punkt wo ich "wusste". Keine grosse Erleuchtung - einfach der eingefrässte tiefsitzende Schock:
Leben oder verrecken.
Ich brauchte keine Therapie und keine Selbsthilfe. Nur nicht mehr ... war in meinem Fall genug. Ich würde es
jedoch eher Gnade als Motvation nennen. Hinzu kam im Lauf der Zeit die Dankbarkeit für das Einfache. Ein
warmer Ofen, ein schlichtes Essen oder auch ein Zahnarztbesuch. Letzteres kam für mich gleich nach dem
Absprung fast einem heiligen Ritual gleich. Denn ich wusste was ich da machte.

Du magst recht haben das Menschen, wie ich, die mit ihrem Leben nicht mehr klar kamen es einfacher haben.
Ist der Ruf erst ruiniert lebt es sich völlig ungeniert. Die Kehrseite. Ganz unten steigen natürlich auch die
Wahrscheinlichkeiten für Krankenhaus, Irrenhaus oder Leichenhalle.

Ich bin nicht zurückgekehrt zu den Ursprüngen meiner Sucht (gesellschaftlicher Kompromiss und
Unterdrückung der Gefühle). Von einer gewissen Position aus gesehen bin ich wohl "drüben" geblieben
und das ist gut so. Es ist genau das was ich mir immer für mein Leben wünschte.

Freedom's just another word for nothin' left to lose
Nothin', it ain't nothin' honey, if it ain't free

S. Brant
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bewa
Gold-User
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Anmeldungsdatum: 30.08.2012
Beiträge: 881

BeitragVerfasst am: 12. Dez 2014 10:34    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für die Story, gibt es ja leider viel zu wenig von, aber das liegt ja auch daran, dass die Leute, die wirklich clean leben, einfach "verschwinden",
zumindest aus den Augen der Scene...
Immer wenn jemand länger nicht mehr gesehen wird, gibt's Spekulationen:
Tod, Krankenhaus Therapie Knast -
clean wird oft auch nicht mal in Erwägung gezogen - Erfahrungswerte...
Alles Gute auch für Dich, Saubermann. Und keinen Neid, jeder hat halt seinen Weg!
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SAUBERMANN
Platin-User
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Anmeldungsdatum: 27.03.2012
Beiträge: 1356

BeitragVerfasst am: 12. Dez 2014 19:34    Titel: Re: off topic of course Antworten mit Zitat

Steffire5 hat Folgendes geschrieben:

Ich weiß, das Du auf mein Geschreibsel mal wieder nicht drauf eingehen wirst aber auch kein Problem darstellen wird, hoffe ich doch zumindest.


hi steffire!

ich kann dir versichern, dass ich niemanden bewusst ignoriere oder schneide. es gibt so viele faktoren, von denen es abhängt, ob, wann und wie ich auf beiträge reagiere... das kann ich nichtmal selbst vorhersagen...

auch die länge meiner beiträge hat keinen besonderen grund. ich schreibe generell gern und bei dem wetter bin ich nicht mehr so viel draußen wie noch im sommer oder im milden herbst...
eigentlich hatte ich ja schon beschlossen, hier abzuhauen. aber ich wollte halt noch ein paar dinge loswerden..

im übrigen finde ich es gut, dass auch cleane leute hier schreiben. ich bin inzw zwar schon echt zu lange auf tilidin, tramadol und später dann auf methadon (ca. 7 jahre), aber da das meine erste jahrelange suchtphase ist und ich vorher die meiste zeit drogenfrei lebte, weiß ich natürlich auch noch sehr gut, wie sich das anfühlt... ich habe ja erst mit mitte/ende zwanzig so richtig mit den opiaten begonnen...

daher versuche ich auch möglichst immer beide seiten unter einen hut zu bringen. ich sehe übrigens auch gar keinen "gegensatz" zwischen "SÜCHTIGEN" und "NICHT-SÜCHTIGEN", so wie zb pimpinelle es ja offenbar oft sieht.

ich kann zb gar nicht verstehen, dass man diese lager gegeneinander ausspielt oder das als kampf zweier unterschiedlicher bekenntnisse ansieht. für mich hat beides seinen reiz. allerdings war und bin ich kein user, der gerne "breit" ist (im sinne eines vollrauschs). aber das hat alles seine berechtigung, solange man halbwegs vernünftig ist und niemandem damit irgendwie schadet (letzteres passiert leider zu häufig, zb. in beziehungen, familien usw.).
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Django.
Gold-User
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Anmeldungsdatum: 10.11.2014
Beiträge: 786

BeitragVerfasst am: 12. Dez 2014 22:12    Titel: Antworten mit Zitat

Hi @ Saubermann!

Ich hatte das schon in dem anderen Thread gelesen, aber auf jeden Fall ein Interessantes Thema!

SAUBERMANN hat Folgendes geschrieben:

ich möchte diese geschichte hier stehen lhaben, weil es so wenig positive berichte gibt. viele leute, die erfolgreich entziehen, versuchen das thema dann auch bewusst nicht wieder zu groß zu machen, indem sie zb. in nem drogenforum schreiben o.ä...


Ich kenne auch einige Fälle --zugegeben nicht viele--die einen radikalen "Cut" gemacht haben...meistens ging das einher, mit einer Veränderung der äußeren Lebens-Umstände (Partner/In getroffen; Wohnortwechsel ins Ausland; Schwanger geworden...gibt auch Leute, die die Abhängigkeit von der Substi-Maschinerie so nervt, dass sie deswegen aufhören!).

Ich denke auch, dass man von den erfolgreichen Berichten so selten hört, weil diese Menschen dann einfach einen Schlußstrich ziehen (müssen)!

Wenn du dich erinnerst, hatten wir es schon mal davon: Wäre ich zufrieden & sicher & stabil clean, würde ich --glaube ich--auch nicht mehr in solchen Foren schreiben. Die "Triggergefahr" ist einfach zu groß!
Das andere Extrem sind die Leute, die es geschafft haben und dann jeden "retten" wollen, was ich aber für gefährlich halte...

bewa hat Folgendes geschrieben:
Danke für die Story, gibt es ja leider viel zu wenig von, aber das liegt ja auch daran, dass die Leute, die wirklich clean leben, einfach "verschwinden",
zumindest aus den Augen der Scene...
Immer wenn jemand länger nicht mehr gesehen wird, gibt's Spekulationen:
Tod, Krankenhaus Therapie Knast -
clean wird oft auch nicht mal in Erwägung gezogen - Erfahrungswerte...


Kenne ich auch so: Wenn jemand nach längerer Abweseneheit wieder auftaucht, ist die erste Frage meist: "Warst du im Knast"?Confused

Ein ganz schönes Buch, finde ich:

-VERBOTEN- Bob-Streuner-Katzte eingeben!

http://de.wikipedia.org/wiki/James_Bowen

Kennt das jemand?

SAUBERMANN hat Folgendes geschrieben:

daher versuche ich auch möglichst immer beide seiten unter einen hut zu bringen. ich sehe übrigens auch gar keinen "gegensatz" zwischen "SÜCHTIGEN" und "NICHT-SÜCHTIGEN", so wie zb pimpinelle es ja offenbar oft sieht.
ich kann zb gar nicht verstehen, dass man diese lager gegeneinander ausspielt oder das als kampf zweier unterschiedlicher bekenntnisse ansieht.


Ja, das verstehe ich auch nicht, ehrlich gesagt ...am meisten stört mich das "IHR" in "Eurem" Forum usw. ... als ob da eine homogene "Junkie-Armee" schreiben würde... Confused

LG, Django
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Seine Merkwürden
Platin-User
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Anmeldungsdatum: 13.01.2014
Beiträge: 1028

BeitragVerfasst am: 12. Dez 2014 23:22    Titel: Antworten mit Zitat

Ja, tolle Geschichte! Sowas macht doch Hoffnung. Wobei es eventuell wirklich so ist, wie du vermutest: jemand, der durch den Drogenkonsum so tief gefallen ist, kommt vielleicht wirklich "leichter" davon weg als jemand, dem es mit den Drogen eigentlich noch ganz gut geht. Da ist die Motivation ja nicht so drängend. Auf der anderen Seite kann ich mir aber auch vorstellen, dass jemand, der ansonsten eigentlich nichts mehr hat, sich vielleicht auch besonders stark an die Drogen klammern könnte bzw. sich vielleicht denkt, dass es ohnehin egal ist, weil sein Leben eigentlich schon gelaufen ist. Es wäre natürlich sehr interessant zu erfahren, was genau deinen Kumpel zu diesem anscheinend spontanen Sinneswandel gebracht hat.
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SAUBERMANN
Platin-User
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Anmeldungsdatum: 27.03.2012
Beiträge: 1356

BeitragVerfasst am: 13. Dez 2014 01:48    Titel: Antworten mit Zitat

Seine Merkwürden hat Folgendes geschrieben:
Es wäre natürlich sehr interessant zu erfahren, was genau deinen Kumpel zu diesem anscheinend spontanen Sinneswandel gebracht hat.


er MUSSTE ja therapie machen, sonst wäre er in den knast gegangen. und offenbar war die therapie dann so gut, dass er wie verwandelt da rauskam...

wieso er seine totale anti-haltung gegenüber der therapie abgelegt hat, weiß ich nicht. da kann ich nur vermuten. ich kann mir aber vorstellen, dass die therapeuten offenbar den richtigen "schalter" bei ihm gefunden haben.
bestimmt hatte das auch mit seinem kind zu tun: der umgang wurde ihm am ende untersagt, da er offenkundig drogensüchtig war. und daran hatte er zu knabbern...


bei ihm war es ja anders als bei mir: während ich auf metha war und durch meinen umzug, den job und die geregelte substi ja schon wieder ein nahezu "normales" leben führen konnte, war er damals ja schon lange in substi, hatte ständig beikonsum und versank immer tiefer in der scheiße.
er war halt auch schon ende 30 und hatte die letzten jahre schon wirklich sehr viel verloren.

mich beschäftigt das auch deshalb so sehr, weil ich mich noch sehr gut an viele unserer treffen erinnern kann. das ist ja auch noch nicht ewig lange her, ca. 3 jahre jetzt...

und dann ist da halt auch dieses überraschende für mich: ich hätte es schon einen superfortschritt für ihn gefunden, wenn er in substi beikonsumfrei gelebt hätte... er hatte auch so angst vor dem entzug von schore, methadon und alkohol...

ich erinnere mich besonders noch an eines unserer treffen: wir saßen auf einer treppe in der nähe eines einkaufcenters.. er trank sein bier und wir warteten, bis sein substiarzt aufmachte... wir waren beide total pleite und bemitleideten uns selbst.. und plötzlich wurde er ganz emotional und meinte zu mir völlig unvermittelt: "ICH HAB HEUT GEBURTSTAG!"... und wir sinnierten über dies und das und wie das alles so weit kommen konnte..

immer wenn ich irgendwie mal wieder versuchte, ihn aufzubauen und ihn zu motivieren, mit mir nach jobs zu suchen usw., blockte er direkt wieder ab. er wollte nicht so wirklich, war mein eindruck.
andererseits war er nicht "faul" oder arbeitsscheu. denn wenn er sich zb mal etwas schwarz zuverdienen konnte, hat er selbst härteste arbeiten durchgeführt, sogar nachts!

trotzdem hatte ich die befürchtung, dass er da nicht mehr wirklich rauskommt.

wie das oft so ist: man lernt dann noch n junkie und noch einen kennen usw... und so kam es, dass er immer öfter einen älteren kerl mitbrachte, der auch drauf war.. mit dem unterhielt ich mich mal über J. und da meinte dieser typ, dass J. der "mit abstand süchtigste junk ist, den ich jemals gesehen habe!"

das traf tatsäch irgendwie zu, denn auch wenn er äußerlich nicht verwahrlost war und auch gesundheitlich noch nicht so extrem lädiert war, so zeigte er doch immer ein echt krasses suchtverhalten. er stellte sich sogar morgens extra den wecker, damit er direkt etwas metha nehmen konnte. so war er beim aufstehen nicht affig. dann ging es meist vormittags los, geld organisieren und wenn er damit durch war, holte er sich stoff... das verrückte bei junkies ist ja, dass sie am ende doch fast immer irgendwie an kohle kommen...

bei diesen touren begleitete ich ihn relativ oft. und was alle in seinem umfeld erstaunte: er merkte immer etwas von dem stoff. schon skurril, er bekam in keinem imbiss der stadt mehr alufolie... er hatte das einfach übertrieben.. ich besorgte ihm was und dann gings in ein parkhaustreppenhaus, oberste etage oder keller und dann blech rauchen... und dann war seine welt in ordnung.

wenn ich ihn so gesehen habe, dann stellte ich mir oft die frage, wie so jemand wohl jemals wieder clean werden könne..?


schlußendlich möchte ich nochmal auf meine these zurückkommen: in seinem fall war es wohl so, dass er einerseits von seinem suchtleben total angekotzt war und sich dafür auch selber gehasst hat. andererseits hatte er aber auch noch etwas "zu verlieren". also konnte er nicht in den "scheißegal-modus" schalten, denn dafür war er noch zu jung, zu gesund und er hatte ein eigenes kind...

dass er letztendlich so krass positiv verändert da rausgeht, konnte man nicht ahnen. sonst hätte er den entzug vermutlich auch schon jahre vorher gemacht...

was viele cleane und auch viele "teilzeit-junkies" (ich meine leute wie zb. mich, die zwar abhängig sind und opiate konsumieren, aber sich dabei nicht das volle programm geben, bspw. mit i.v.-konsum, H, täglichem szenekontakt, knast, kriminalität, verelendung usw.) oft gar nicht als so krass erleben: bei solchen vollzeit-junkies ist es häufig so, dass dinge wie körperpflege, soziale kontakte/freunde, hobbies usw. total vernachlässigt werden und erstmal wieder neu erlernt bzw gefunden werden müssen... auch ein geregelter tagesablauf ist häufig nicht mehr vorhanden...

und das traf auf meinen kollegen J. alles zu. daher war ich ziemlich skeptisch, dass das bei ihm was bringt. wir saßen einmal in etwas größerer runde bei J. zu hause. es wurde natürlich konsumiert und wir redeten über therapie... und 2 seiner junkie-kollegen, die schon therapien gemacht hatten lachten, als ich sie fragte, wann sie wieder rückfällig geworden sind... "AM TAG DER ENTLASSUNG! ICH WAR 30 MINUTEN AUS DER JVA DRAUSSEN, ALS ICH NACH 2 JAHREN OHNE JEGLICHE DROGEN UND ALKOHOL ENDLICH WIEDER MEIN ERSTES BLECH RAUCHTE!"
die beiden waren auch felsenfest davon überzeugt, dass J es nicht schaffen würde. der typ mit dem rückfall am entlassungstag passte dann übrigens auf die wohnung von J. auf... auch deshalb hielt ich diese therapie von J. für steuergeldverschwendung...

aber es sollte ja anders kommen.


so, ich bin am ende meines beitrags. aber 1 punkt möchte ich noch anmerken. ich bin mir wirklich ganz sicher, dass ein "wundermittel" zum erfolgreichen entzug die faktische ALTERNATIVLOSIGKEIT ist.
mein kumpel hatte nur die wahl zwischen knast und therapie. und wie oft hat man zb schon von leuten gehört, die im knast entzogen haben, weils nicht anders ging?

hier auch nochmal der verweis zu kevin russell, dem frontsänger der "böhsen onkelz". sein fall ging ja durch die presse.. und er hat in einem interview dann ja erzählt, wie das bei ihm lief: er kam wegen des unfalls unter drogeneinfluss in den knast. dort folgte eine zwangsentgiftung von alkohol, methadon, benzos, heroin, kokain, wobei der für russell bedeutsamste schritt der methadonentzug war. er beschrieb das mit "höllenqualen". danach gings dank seines anwalts zur "THERAPIE STATT STRAFE". das absolvierte er erfolgreich und nun ist er wieder frei.
schon sehr befremdlich, wenn man bedenkt, dass die unfallopfer, die er zu krüppeln gemacht hat, ihr leben lang gezeichnet sind durch verbrennungen und amputationen, während der typ in einer musikzeitschrift von seinem "neuen leben" ohne drogen schwärmt und dem schicksal dankbar ist für diese chance, die er "ohne unfall niemals bekommen" hätte, wie er zugibt...

also steht auch in diesem fall wieder die alternativlosigkeit.
deshalb behaupte ich mal, dass es für süchtige meist auch nicht hilfreich ist, wenn sie selbst entscheiden können, ob und wie sie clean werden wollen. in 99% der fälle wird nämlich eh weiterkonsumiert...
so auch eine dame aus unserer substi-praxis: die hat mal stationär in 14 tagen von 80 mg methadon entzogen und es geschafft und danach clean gelebt. jetzt ist sie aber wieder in substi und bekommt jeden 2. tag 0,4 mg subutex. und sie hat versucht, dass sie es nur jeden dritten tag nimmt, aber das schafft sie nicht.. sie meinte auch, dass sie in einer klinik das schon längst gemacht hätte.. aber in "freiheit" kann man halt selbst nachlegen...

naja, man sollte trotzdem nicht vergessen, dass es auch erfolgreiche ambulante "entzieher" gibt, die von entzugsstationen gar nix halten...
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Django.
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Anmeldungsdatum: 10.11.2014
Beiträge: 786

BeitragVerfasst am: 13. Dez 2014 02:15    Titel: Antworten mit Zitat

SAUBERMANN hat Folgendes geschrieben:


naja, man sollte trotzdem nicht vergessen, dass es auch erfolgreiche ambulante "entzieher" gibt, die von entzugsstationen gar nix halten...


Meinst du damit jemand Speziellen oder ganz allgemein?

LG



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korn
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Anmeldungsdatum: 02.11.2014
Beiträge: 290

BeitragVerfasst am: 13. Dez 2014 02:18    Titel: Antworten mit Zitat

SAUBERMANN hat Folgendes geschrieben:
so, ich bin am ende meines beitrags. aber 1 punkt möchte ich noch anmerken. ich bin mir wirklich ganz sicher, dass ein "wundermittel" zum erfolgreichen entzug die faktische ALTERNATIVLOSIGKEIT ist.

Das ist das Wundermittel zu jeder Motivation.

Seine Merkwürden hat Folgendes geschrieben:
Auf der anderen Seite kann ich mir aber auch vorstellen, dass jemand, der ansonsten eigentlich nichts mehr hat, sich vielleicht auch besonders stark an die Drogen klammern könnte bzw. sich vielleicht denkt, dass es ohnehin egal ist, weil sein Leben eigentlich schon gelaufen ist.

Kann ich mir nicht vorstellen. Risikofreudiger macht es, aber nicht lebensmüde.
Diverse Drogen um sie auch einmal probiert zu haben, ja. Sucht spielt keine besondere Rolle mehr. Die verbleibende Zeit möglichst wach zu sein um etwas davon zu haben steht dem Dauerkonsum aber im Weg.

In dem Moment wo du fatale Folgen einer Handlungsweise wirklich gar nicht mehr leugnen kannst, wer bitte sagt da "na gut, dann war es das eben, pack' ich eben zusammen"?

Da bäumt sich alles auf.
Als ganz unmittelbares Beispiel hatte ich viel Zeit um meinen Unfall aus allen Perspektiven durchzurechnen. Das Äquivalent an Gewichten bringe ich nicht einmal hoch, als es in der Zeitlupe "stemm dich dagegen oder das war es" stand war da nichts mehr das nicht bereit war alles zu geben.


Status: "heute" 1923 Schritte, wäre ich ein Leguan würde ich mich jetzt in den Gefrierschrank legen.
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