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Ele13 Anfänger
Anmeldungsdatum: 07.01.2016 Beiträge: 2
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Verfasst am: 17. Jan 2016 23:51 Titel: Wann stellt man klare Grenzen auf? |
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Hallo,
ich - Nichtsüchtige - lese seit Wochen still mit und weiß nun vieles, wie Süchtige "ticken" und weiß, dass die Meisten sagen, man soll sich trennen und man aufpassen soll, nicht in die Co-Abhängigkeit zu rutschen.
Kurz zu uns: Seit drei Jahren ein Paar, beide um die 45 und beide berufstätig. Ich habe aus einer anderen Beziehung ein Kind. Wir haben noch jeder seine eigene Wohnung, aber er war in den letzten Monaten meist bei mir. Seine Wohnung ist für mich unbewohnbar (messiehafte Zustände). Angesprochen habe ich das damals, als ich es bemerkte. Er meinte, wegen nicht verarbeitenden Schicksalsschlägen habe er keine Kraft mehr.
Seit fast drei Wochen weiß ich nun, dass er seit Jahren div. Zeug genommen hat oder noch nimmt (angefangen hat es wohl mit Tilidin wegen Kopfschmerzen / Migräne, dann irgendwann Fentanyl-Pflaster, zwischendrin mal Ecstasy, dann mal Hasch geraucht, wieder Pflaster, zum Schluss täglich Kokain - die letzten zwei / drei Wochen, zuvor alle zwei Tage - diese Persönlichkeitsveränderung war einfach zu krass und irgendwann kann man Entzugserscheinungen nicht mehr verheimlichen, wenn man zusammen wohnt).
Lt. seinen Angaben gab es auch Wochen, in denen er nichts gebraucht hat. Nahm jedoch oft zur Propyhlaxe Novalgin und Vomex. Immer wieder mal zum Schlafen Zopiclon.
Obwohl ich ihm sagte, dass ich bei ihm bleibe, wenn er einen Entzug macht, stritt er es weiterhin ab (auch nachdem ich leere Papierröhrchen und Tütchen im Mülleimer gefunden habe) und wir gingen im Streit auseinander.
Dann ging er jedoch zwei Tage später FREIWILLIG ins Krankenhaus. Das hat mich zum einen sehr überrascht aber natürlich auch sehr gefreut. Dort ist er nun seit zwei Wochen. Wir haben wieder Kontakt zueinander. Der Umgang ist schwer - für uns beide.
Seine Planung sieht momentan so aus, dass er bald aus dem Krankenhaus entlassen wird und eine ambulante Therapie macht. Bzgl. der Einstellung der Medikamente soll ihm ein niedergelassener Arzt helfen. Nebenher will er ggf. die Schicksalsschläge in einer Psychotherapie aufarbeiten. Ich bin mir immer noch unsicher, ob diese Vorgehensweise die richtige ist. Wenn jemand soviele Sachen genommen hat - ist da eine Langzeittherapie nicht besser? Beruflich ist für ihn das aber momentan schwer durchzusetzen, da er momentan noch in der Probezeit ist.
Wie es mit uns weitergeht, wissen wir beide nicht. Eigentlich wollen wir zusammen bleiben. Aber dann sind da viele Dinge, vor denen man Angst hat.
Für mich steht fest, dass ich - sofern es ein WIR gibt, klare Grenzen gesetzt werden.
Ehrlichkeit (z.B. wenn er das Gefühl hat, er braucht wieder etwas, soll er es mir sagen - oder wenn er dann was genommen hat, soll er von sich aus kommen.) und keine Drogen Zuhause.
Auch wünsche ich mir, dass er mir ab und zu von seiner Therapie erzählt bzw. wie es ihm geht; mich eben teilhaben lässt (er war noch nie ein so großer Redner - deswegen sind auch die Schicksalsschläge noch nicht verarbeitet) oder er nicht seine ganzes Geld rauswirft für diese Drogen (wenn ein Rückfall kommt wird ihm das aber eh egal sein).
Auch sollte das tägliche Miteinander an sich normal sein (Haushalt, Freizeit, Urlaub, Kind usw.)
Kann ich ihm das alles jetzt schon sagen? Das, was ich mir wünsche und vorstelle? Oder soll ich warten, bis er sich erstmal gefestigt hat. Ich merke, dass er auf (für ihn) unangenehme Fragen nicht antworten will bzw. meist nur sagt, dass er noch viel Kraft für alles braucht.
Und hier merke ich, dass es nicht einfacht wird, diesen Weg gemeinsam zu gehen. Momentan dreht sich verständlich alles um ihn, dass er von der Sucht weg kommt, man ihn aufbauen soll, keine Vorwürfe machen usw.
Wer denkt an den Partner? Dass es für diesen auch nicht einfach ist, er auch viel Kraft braucht. Geduld und Verständnis für den Süchtigen aufbringt - aber kann man das auch für sich einfordern? Jetzt schon? Später? Wenn später, wann später?
Können sich Süchtige oder welche, die gerade versuchen clean zu werden, sich derart in den Partner rein versetzen? (Ich kann es ja auch nicht...ich weiß nicht, wie es ist süchtig zu sein...will ich auch nicht wissen...)
Klar weiß ich, dass man ihn Anfangs nicht überfordern soll - aber ihn in Watte packen und mich total vergessen? Ich habe in der Beziehung schon viel hingenommen (z.b. seine Stimmungsschwankungen oder vor jedem Streit weglaufen oder das einfach mal ein paar Tage nicht melden - jetzt weiß ich, dass er da Entzugserscheinungen hatte).
Vor allem weil ich noch ein Kind habe (das - obwohl kein Papaersatz - an ihm hängt) möchte ich kein Hin und Her.
Ich schenke ihm bei einem Neubeginn mein Vertrauen. Er kann mir auch gerne seine Wünsche mitteilen, die ich auch respektieren werde. Ich möchte mich jedoch nicht bei jedem Satz hinterfragen, ob ich ihm das so sagen kann oder bei einer Kritik oder einem geäußerten Wunsch Angst haben muss, dass er dadurch wieder unter Stress gerät und er somit wieder mehr Lust auf Drogen hat um dem zu entfliehen.
Wie habt Ihr das gemacht?
Wie seid ihr mit Eurem Partner umgegangen, der auf dem Weg war clean zu werden?
Wie ist Euer Partner mit Euch umgegangen als Ihr den körperlichen Entzug hinter euch hattet?
Ich wäre sehr dankbar für Eure Antworten.
Und ja - ich weiß, dass die Rückfallquote sehr hoch ist und dass es nicht einfach wird...aber gleich am Anfang aufgeben? |
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Seppel 4 Platin-User


Anmeldungsdatum: 05.12.2015 Beiträge: 1593
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Verfasst am: 18. Jan 2016 18:44 Titel: |
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Hallo Ele, ich bin vorwiegend Heroin-abhängig seit 1975 und lebe seit knapp 30
Jahren mit meiner Frau zusammen, die ich vor 25 Jahren geheiratet habe.
Sie hat noch nie Drogen genommen und es war für sie oft schwer; besonders,
wenn ich das erarbeitete Geld in die Venen, als in den Haushalt steckte.
Wirklich besser wurde es, als ich substituiert wurde und noch werde. Seit dem
alles überschaubar ist sind die grossen Kräche sind passe.
Am Anfang haben gemeinsame Gespräche mit meinem Sozialarbeiter sehr ge-
holfen. Das würde ich Euch auch raten.
Ohne einen Dritten habe ich meine Frau belogen, wenn es um Sucht ging, dass
sich die Balken bogen. Ich wüsste nicht, warum er anders sein sollte; das kannst
nur Du wissen.
Ich würde erst mal auf KEINEN FALL zusammenziehen, wenn Du Dein Kind
liebst.
Ob und wenn ihr zusammenzieht wird sich ganz spannungsfrei ergeben, oder
nicht. Solltest Du zu früh diesen Schritt tun, dann kann das bös enden.
Gehe Dir und Deinem Kind zuliebe auf Nr. Sicher. Wenn er sein Sucht und
Messieproblem gestemmt kriegt, dann ist die Freude beim Zusammenziehen
um so grösser.
Vom Gefühl her glaube ich, dass Du viel zu wenig von ihm, von Sucht und
Messiesein weisst, um diesen Schritt jetzt schon zu gehen.
Ich hoffe, ich konnte Dir etwas helfen, Ele.
Alles Liebe von
Seppel |
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Praxx Foren-Guru

Anmeldungsdatum: 25.07.2014 Beiträge: 3203
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Verfasst am: 18. Jan 2016 20:44 Titel: |
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Hallo Ele,
das ist überhaupt keine Frage, WANN du Regeln aufstellst und einforderst - nämlich SOFORT!
Am besten setzt du dich mit ihm und einem der Sozialarbeiter der Klinik zusammen und ihr legt die Bedingungen fest, wie eure Zukunft aussehen soll.
Ein Vorschlag wäre:
Er zieht aus der Klinik in SEINE Wohnung, du kannst ihm ja gern helfen beim Ausmisten.
Er stimmt einem "ambulant betreuten Wohnen" zu - in regelmäßigen Abständen kommt ein Sozialarbeiter und schaut sich an wie es läuft, gibt Hilfestellung und sorgt dafür, dass die Post erledigt wird, Anträge gestellt und Termine eingehalten werden.
In DEINER Wohnung werden weder Drogen gebunkert noch konsumiert - wenn das Jugendamt die Lage spitz kriegt, bist du sonst ratz-fatz dein Kind los.
ER ist ganz allein für seinen Konsum verantwortlich - es ist nicht dein Verdienst, wenn nicht konsumiert, und es ist nicht deine Schuld, wenn er einen Rückfall baut.
Vermeide jede Situation, in der er DICH für seinen Konsum verantwortlich machen kann "ich muss ja konsumieren, weil du...", "wieso soll ich clean bleiben, wenn du sowieso..."
Wenn er noch in der Probezeit ist, ist der Job nach zwei Wochen Detox ohnehin weg... oder glaubst du ernsthaft, es würde geheim bleiben, warum er im Krankenhaus ist?
Und schütze dein Kind - das hängt nicht an ihm, für dein Kind ist er ein Rätsel, weil es keine Ahnung hat, warum er wie drauf ist und es dann glaubt, es sei selber dafür verantwortlich. Kinder aus aus Haushalten mit süchtigen Eltern- bzw Stiefelternteilen werden deshalb selbst zu mehr als 50% früh und schwer abhängig von Alkohol und/oder Drogen! Für dein Kind ist der Kerl eine Katastrophe!
Überleg dir genau, was du da tun willst! Rechne mal damit, dass das noch jahrelang immer wieder hin- und hergeht mit dem Konsum. Wenn du dir die Verantwortung für sein Leben zuschieben lässt, hast du verloren, und dein Kind mit dir!
LG
Praxx |
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Ele13 Anfänger
Anmeldungsdatum: 07.01.2016 Beiträge: 2
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Verfasst am: 18. Jan 2016 21:57 Titel: |
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Danke für Eure Antworten.
@ Seppel
Du hast Recht, dass ich von Sucht noch nicht alles weiß - ich bin ja erst seit drei Wochen mit allem konfrontiert worden...obwohl ich es mit der Zeit ja geahnt habe - weil er eben manchmal solche Stimmungsschwankungen hatte oder oft irgendwelche Entzugserscheinungen zeigte. Die ganze Beziehung war schon nicht einfach - jetzt hat man zwar für vieles eine Erklärung - aber die Angst, dass es wieder so wird ist natürlich groß.
Ob ich von ihm genug weiß - das frage ich mich manchmal auch. Zumindest weiß ich jetzt, dass er oft gelogen hat bzw. auch manchmal ziemlich genervt war von mir (und wollte sich dann sogar trennen; das hat er einer gewissen Person gesagt, aber nicht mir...) - da frage ich mich natürlich, weshalb er dann trotzdem geblieben ist.
Zuerst dachte ich, weil er mich liebt - aber die Liebe ist ja meist nie so bei den Süchtigen wie des anderen Partners (zumindest liest man das oft) - jetzt tendiere ich sogar dazu, dass es eben bequemer war für ihn. Ich hoffe für mich, dass Gefühle dabei waren...
Auch hat er sich zweimal getrennt - aber am nächsten Tag war alles wieder ok...da war er der liebste Mensch...(ja - ich weiß - er war da wahrscheinlich wieder vorher beim Dealer) - wir haben dann zwar darüber geredet - aber er hat es damals immer so abgetan, als ob ich überreagiere...
Er hat sich auch manchmal "wichtiger" gemacht...hat Lügen erzählt vom Job (was er verdient) oder was sein vorheriges Leben war. Im Endeffekt sagt er jetzt selbst, dass er allein ist - und das tut mir wieder weh - will er nicht sehen, dass er noch jemanden hat, der ihm zur Seite steht? (ok - seine Mutter auch - nur die weiß es noch, aber die hat ihn natürlich mit Geld unterstützt - was ich immer noch nicht nachvollziehen kann)
Ob jetzt Gefühle bei ihm sind, kann ich auch nicht sagen. Er lässt sich derzeit auf keine richtigen Aussagen ein. Er meint nur, dass er sich freut, mich zu sehen. Vielleicht erwarte ich in seinem jetzigen Zustand zuviel...er bekommt in der Klinik ja irgendwelche Medikamente die ihn manchmal ziemlich benebeln.
Da frage ich mich natürlich auch, wie lang dieser Zustand anhält und ob ich dann die ganze Zeit mit solch einem Verhalten leben kann...wenn man gar nicht gesagt bekommt, was der andere für einen empfindet oder dass man ihm wichtig ist (natürlich kann das auch wieder gelogen sein).
Dein Vorschlag mit dem Sozialarbeiter ist gut - aber ich denke, er macht da nicht mit.
Gab es bei Dir Zeiten, in denen Dir Deine Frau egal war? Wie sah es all die Jahre mit der Liebe aus? Hut ab vor Deiner Frau, dass sie immer zu Dir gestanden hat.
Das mit der Wohnung ist eben auch so ne Sache. Derzeit hat er keine Kraft sich da um alles zu kümmern. Von seiner Familie weiß keiner, dass es dermaßen aussieht. Im Endeffekt müsste ich sagen, es ist sein Problem. Aber ist es denn nicht so, dass nach einem Entzug das Umfeld stimmen muss? Wenn er in diese Wohnung zurück kehrt, dann ist es doch gleich zum Scheitern verurteilt.
Momentan tendiere ich aber dazu, dass er wohl oder übel dort wohnt. Mein Kind ist mir wichtiger wie alles andere. Eben das Hin und Her - nein, das will ich nicht - erst Recht nicht für mein Kind.
@ Praxx
Ob ich gewillt bin ihm bei der Ausmisten der Wohnung zu helfen, weiß ich nicht.
Ich werde ihm aber auf jeden Fall das mit dem Sozialarbeiter vorschlagen - auch dass eben einer mal nach seiner Wohnung schaut.
Mit Post usw. ist er auch nicht der Ordentliche. Was man ihm zugute halten kann - was den Job angeht, ist er sehr ordentlich und auch sehr ehrgeizig (bevor ich wusste, dass er Drogen nimmt, dachte ich immer, es ist der Stress vom Job wenn er mal wieder Migräne hatte oder Termine zwischen uns nicht eingehalten hat - jetzt weiß ich dass er auf Entzug war oder eben "noch schnell" zum Dealer fuhr)
Ich weiß, dass nicht ich verantwortlich bin bei einem Rückfall. Deswegen sage ich mir auch, dass er von Anfang an wissen muss, wie meine Regeln sind. Entweder er akzeptiert sie oder eben nicht.
Mein Kind hat ihn bislang immer normal erlebt. Sprich - er war dann immer lieb, witzig und fürsorglich. Wenn er mal Entzugserscheinungen hatte (wie gesagt, es war lt. ihm immer Migräne) - dann ist er entweder in seine Wohnung gefahren oder hat sich einfach ins Schlafzimmer zurück gezogen.
Leider wird es wahrscheinlich noch jahrelang dauern...und da frage ich mich, ob ich das will...denn im Endeffekt bringt doch der Nichtsüchtige mehr in die Beziehung mit ein als der Süchtige. Und eigentlich sollte es doch ein Gleichgewicht herrschen.
Was ich auch noch schade finde, dass er bisweilen nicht reflektiert, wie es in mir aussieht bzw. dass auch ich leide oder weshalb mich manches verletzt - oder ist das schon wieder in seinem jetzigen Zustand zuviel verlangt?
LG
Ele |
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