Harter Brocken! Insidertipps gesucht!

Gehe zu Seite 1, 2, 3  Weiter
Neues Thema eröffnen   Dieses Thema ist gesperrt, du kannst keine Beiträge editieren oder beantworten.    Drogen-Forum Foren-Übersicht -> Fragen und Antworten
Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  
Autor Nachricht
Lenni
Anfänger


Anmeldungsdatum: 15.12.2014
Beiträge: 9

BeitragVerfasst am: 29. Mai 2016 22:37    Titel: Harter Brocken! Insidertipps gesucht! Antworten mit Zitat

Hallo liebe Leute,

Jimi, ein guter Freund von mir steckt fest.

Ich versuche mich kurz zu fassen.
Wem der Text zu lange ist, der kann gleich ins letzte Kapitel "UND JETZT?" springen.


HINTERGRUND

-Kindheit in Sektenumkreis
-sein Vater: gewalttätig + Missbrauch an seinen Schwestern,
nach außen hin angesehener Beamter.
-ab 15 Jahren Koks + Heroin in Berührung gekommen, steile Drogenkarriere,
immer in Verbindung mit Musik (seine Leidenschaft) und Party

-Ausbildung in handwerklichen Beruf abgeschlossen, aber nie lange einen Job durchgehalten.
Sein Muster:
auf Vorkasse arbeiten und irgendwann nicht mehr zur Arbeit erscheinen.
-> im Grunde fleissiger Typ, aber null Disziplin/ Selbskontrolle, extrem niedrige Frustrationstoleranz.

-dank äußerlicher Attraktivität und seiner Begabung, einen guten Eindruck
zu machen ist er nie auf der Straße gelandet.
Dafür lebt er in ständiger Abhängigkeit von anderen. Da ist er schamlos.
Bis diese die Nase voll von ihm haben.
Dann fängt das Spiel an anderer Stelle von vorne an.

-aktuelle Drogen:
Private Substitution mit Subutex (inzwischen 0,8 mg/Tag).
Durch Unterstützung von außen relativ geregelt.
Dazu exzessiv: Amphetamin und Spielautomaten (Kokainkompensation).



ENTWICKLUNG

-ganz ganz langsam. Aber wer die Materie kennt, weiß, wie bedeutsam hier
kleine Veränderungen sind.
-seit wir uns kennen (2011) hat er es geschafft, von der Nadel wegzukommen.
Und vom Koks. Davor hat er sich Cocktails gespritzt.
Zwar kompensiert er das durch Substitution, Amphetamin (was er vorher auch schon nahm)
und Spielautomaten.
Was aber immerhin bedeutet, dass Risikofaktoren minimiert werden.
Nach oben
Lenni
Anfänger


Anmeldungsdatum: 15.12.2014
Beiträge: 9

BeitragVerfasst am: 29. Mai 2016 22:44    Titel: Antworten mit Zitat

DAS PROBLEM

-Früher lebte er durchgehend im Exzess.
Ein Bewusstsein für seine Lage und sein Verhalten kam erstmals in den
letzten Jahren auf.

-Das Verflixte daran:
er entwickelte nun erstmals Schuldgefühle gegenüber Leuten die ihm helfen.
Gleichzeitig ist er unfähig, sein über Jahre gelernte Verhalten ausreichend
zu steuern. Das heißt er nutzt weiterhin aus, betrügt und verarscht, wo es
ihm möglich gemacht wird.
Hinterher bereut er es aber inzwischen hart.
Sobald es ihm bewusst wird, schämt er sich und ist vor Verzweiflung
völlig gelähmt.
Dadurch ist es ihm inzwischen nicht mehr möglich, Jobs nachzugehen.


Dadurch fehlt Geld -> Kleinkriminalität -> Geld landet im Automaten -> Lösungsversuche scheitern ->
Verzweiflung usw.
Eine unbehandelte Hepa C tut ihr Übriges.

-Reguläre Therapie fällt bisher weg. Er sieht sich nicht in der Lage, mit
anderen Süchtigen auf engem Raum zu sein.
Er wäre, nach eigener Aussage der erste, der zum Konsum anstiftet.
Eher vorstellbar für ihn ist sowas wie "Arbeitstherapie auf dem Bauernhof".
Aber die Basis dafür müsste er sich erst schaffen.

Sein Leben ist also kurz exzessiv und danach kommt nur noch Verzweiflung
und depressive Lähmung.

Er ist nicht blöd. Und auch nicht gewissenlos.
Er lernt das alles irgendwie erst.
Was Moral und Disziplin betrifft ist er wie ein kleines Kind.
Allerdings müssen da alte Muster ganz schön dick und mit Nachdruck überschrieben werden.

Ihm fehlt vorallem:
-Hoffnung,
-Impulskontrolle und
-die Fähigkeit, nach dem Scheitern nicht den Teil zu überspringen,
wo man in sich horcht und über neue Lösungswege nachdenkt.
-Es fehlen moralische Prinzipien.
-Es fehlen Regeln, an die er sich hält und die seinem Leben einen Halt geben.


UND JETZT?
WAS WILL ICH HIER ÜBERHAUPT?


Er sitzt seit 1 Woche gerade im Knast. Weswegen und wie lange weiß ich noch nicht.
Aber das ist nicht das eigentliche Problem.
Ich bin auf der Suche nach Tipps, wie er einen inneren Halt finden kann.

Einen äußeren Halt kann ich ihm geben.
Allerdings ist das all die Zeit über sehr einseitig.
Et sieht er sich mir gegenüber ständig in der Lage des Verlierers, der immer
wieder meine und auch seine Eeigenen rwartungen enttäuscht.
Alle Hilfe die von mir kommt, lässt ihn wieder seine Passivität spüren,
egal wie gut gemeint das ist...

Das zieht ihn ganz schön runter. Mich natürlich auch.
Am besten wäre, er würde sich eigenständig Hilfe holen.


Also:

Kennt ihr gute Lehren oder Literatur, die Halt geben?
Romane, Ratgeber, Lehrbücher...?
Gerne spirituell, aber nicht zu esoterisch+religiös (er ist ja sektengeschädigt..) und weniger theoretisch-verkopft.
Möglichst praktisch.
Er ist auch offen für Yoga, Meditation uns so etwas.

Oder habt ihr Kurse oder Workshops gemacht, die euch eine neue
positive Richtung gegeben haben?
Könnt ihr irgendjemanden mit Mentorqualitäten empfehlen?
Sonstige Ratschläge und Tipps?

Ich wäre euch wahnsinnig dankbar!
Danke für eure Aufmerksamkeit!


Mit lieben Grüßen,

Lenni
Nach oben
Diogenes
Bronze-User
Bronze-User


Anmeldungsdatum: 04.05.2014
Beiträge: 70

BeitragVerfasst am: 29. Mai 2016 23:11    Titel: Antworten mit Zitat

"Arbeitstherapie auf dem Bauernhof"?
Deinem Freund wird selbst das beste Buch nichts bringen und auch kein Yoga...

Dem Bild zufolge das du gemalt hast, muss ER selbst den Arsch hoch bekommen. Die Defizite die er deiner Meinung nach hat kann man , m.E., nur mit einer guten Langzeittherapie in den Griff bekommen. Dazu kommt ja auch die krasse Kindheit und die laaaange Drogenzeit...
Je nachdem hat er ja jetzt die Chance durch den Knast...aber zunächst müsste er seine Einstellung etwas überdenken...sonst nützt alles nix.
Pass du lieber auch etwas auf dich auf, das du dir nicht zuviel auflädst und dich ausnutzen lässt.
Beste Wünsche.
Nach oben
Lenni
Anfänger


Anmeldungsdatum: 15.12.2014
Beiträge: 9

BeitragVerfasst am: 29. Mai 2016 23:35    Titel: Antworten mit Zitat

Die Bücher sollen auch keine Therapie ersetzen.
Eher helfen zu stabilisieren und wie du es sagst "seine Einstellung zu überdenken".
Nach oben
Nooria 24
Gold-User
Gold-User


Anmeldungsdatum: 12.03.2016
Beiträge: 699

BeitragVerfasst am: 30. Mai 2016 00:08    Titel: Antworten mit Zitat

Grüß Dich, Lenni,

da hat Dein Freund nicht nur eine Baustelle, sondern gleich einen ganzen Sack voll davon.

Natürlich ist es schon ein großer Schritt in die richtige Richtung, dass er mittlerweile merkt und es auch bedauert, wenn er sich falsch verhalten hat - also in alte Verhaltensmuster zurückgefallen ist. Aber ganz offensichtlich sind diese Verhaltensmuster so stark, dass sie unbewusst ablaufen und er das erst im Rückblick realisiert - auf die Art kommt er aus der Nummer und damit den Schuldgefühlen nicht heraus, fühlt sich immer machtloser und deprimierter. Keine gute Voraussetzung, um aktiv an der Situation etwas zu ändern, zumal er kein Packende sieht - und Du auch nicht.

Ganz ehrlich glaube ich nicht, dass Du oder er selbst mit Hilfe von Literatur, Yoga oder Meditation erfolgreich an seinen problematischen Verhaltensmustern etwas ändern könnt. Dazu braucht er langfristig professionelle therapeutische Hilfe.

Ich hatte jetzt ein Buch von Susanne Hühn gelesen "Das innere Kind: Süchte verstehen und loslassen". Darin geht es sowohl um stoffgebundene Sucht als auch um Verhaltenssucht. Mir gefällt ihr Denkansatz, wie Sucht entsteht und warum man trotz bester Vorsätze und gutem Willen oft so machtlos ist bzw. warum man sich so fremdgesteuert fühlt und die Rückfallquote so extrem hoch ist.

Wohlgemerkt: Das ist ihr Denkansatz und Erklärungsversuch - einer unter sicherlich vielen. Für mich macht er Sinn und ist nachvollziehbar. . . andere werden ihn vielleicht albern finden. . .

Das Buch hat mir eine Menge Aha-Einsichten vermittelt - und dadurch ein deutlich besseres und auch entspannteres Umgehen mit dem Thema Sucht. Ich bin bei dem Thema noch sehr am Anfang, da ich das Buch gerade erst gelesen habe - und sicherlich noch ein paar Mal lesen werde.

Seitdem ich die für mich gut nachvollziehbaren Zusammenhänge und Abläufe bei süchtigem Verhalten verstanden habe, weiß ich, dass es wenig Sinn macht, seine Energien auf ein Vermeiden des süchtigen Verhaltens zu konzentrieren und sich durch Scheitern zu demotivieren. Viel wichtiger ist es, die Mechanismen zu verstehen, die das süchtige Verhalten immer wieder auslösen und auch nach längeren abstinenten Phasen zu einem Rückfall führen - zwingend!

Vielleicht wäre das Buch auch für euch interessant - kostet 7,- Euro. Gerade bei der Kindheit Deines Freundes könnte der Gedankenansatz von Susanne Hühn möglicherweise sehr gut passen. Vielleicht hilft ihm dieser Ansatz dann, die richtige therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Viel Glück!

Nooria
Nach oben
mesut976
Gold-User
Gold-User


Anmeldungsdatum: 15.02.2015
Beiträge: 930

BeitragVerfasst am: 30. Mai 2016 00:15    Titel: Antworten mit Zitat

Es gibt ein Buch vom das heißt vom Junky zum ironman

Da handelt es sich um einen Richtigen heftigen Junky der auch Herrin nimmt als Hauptdroge, mit mieser Kindheit usw
Ich fand das Buch nicht schlecht, da war halt einer ganz unten angekommen, geht in die Therapie, findet den Sport für sich, wird zum ironman, hat Frau, wird Vater use

Es handelt sich um eine Wahre Story, im Gefängnis sicherlich erstmal hilfreich, aber langfristig eher nicht

Er muss jetzt zur Ruhe kommen und dann Stück für Stück an die Vergangenheit dran. So wie du es beschreibst, wird da eine Langezeit (6 Monate) nicht ausreichen.
Nach oben
Lenni
Anfänger


Anmeldungsdatum: 15.12.2014
Beiträge: 9

BeitragVerfasst am: 30. Mai 2016 00:45    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für eure Buchtipps!

Ihr habt alle vollkommen recht mit der Therapie!

Ich denke halt, man braucht einen gewissen inneren Glauben um
die ganze Therapiesache überhaupt anzugehen und später dann durchzuhalten.

Wenn nur Trümmer hinter einem liegen und in der Gegenwart nichts greifbar
ist, was einem Hoffnung macht. Keine Familie, keine echten Freunde, kein Geld, keinen Job, kein Rückzugsort...
Und wenn die einzigen Leute mit denen man Kontakt hat dauerdrauf sind.
Wenn man nur noch müde ist und sich vergraben will.
Wenn man nur noch denken kann "ich vermassele es sowieso wieder".

Ja was macht man dann?

Ich habe schon öfter gehört, dass Leute durch einen Glauben sehr viel Kraft gewonnen haben im Kampf gegen die Sucht.
Ob das nun religiös, spirituell oder sonstwie motiviert ist, ist ja egal. Solange
es nicht in gedankenlose Anhängerschaft mündet.

Auch Sport ist gut, kreatives Schaffen, etc.

Ich glaube so ein theoretischer Überbau ist halt hilfreich.
Etwas das einem -ganz banal- ein bißchen Sinn vermittelt und als Leitschnur begleitet.
Nach oben
mesut976
Gold-User
Gold-User


Anmeldungsdatum: 15.02.2015
Beiträge: 930

BeitragVerfasst am: 30. Mai 2016 01:29    Titel: Antworten mit Zitat

Lenni hat Folgendes geschrieben:
Danke für eure Buchtipps!

Ihr habt alle vollkommen recht mit der Therapie!

Ich denke halt, man braucht einen gewissen inneren Glauben um
die ganze Therapiesache überhaupt anzugehen und später dann durchzuhalten.

Wenn nur Trümmer hinter einem liegen und in der Gegenwart nichts greifbar
ist, was einem Hoffnung macht. Keine Familie, keine echten Freunde, kein Geld, keinen Job, kein Rückzugsort...
Und wenn die einzigen Leute mit denen man Kontakt hat dauerdrauf sind.
Wenn man nur noch müde ist und sich vergraben will.
Wenn man nur noch denken kann "ich vermassele es sowieso wieder".

Ja was macht man dann?

Ich habe schon öfter gehört, dass Leute durch einen Glauben sehr viel Kraft gewonnen haben im Kampf gegen die Sucht.
Ob das nun religiös, spirituell oder sonstwie motiviert ist, ist ja egal. Solange
es nicht in gedankenlose Anhängerschaft mündet.

Auch Sport ist gut, kreatives Schaffen, etc.

Ich glaube so ein theoretischer Überbau ist halt hilfreich.
Etwas das einem -ganz banal- ein bißchen Sinn vermittelt und als Leitschnur begleitet.


Ich war insgesamt 8 Monate in Therapie und habe 8 Wochen vor der Entlassung noch geglaubt "Der ganze Mist hier hat doch eh keine Sinn" . . . . .aber dann kam irgendwie der Gedanke, da geht noch was und nun sind schon einige Jahre vergangen.

Was ich dir damit sagen möchte, wenn ihn jemand unterstützt und so'n bischen anfeuert, wäre es gar nicht schlecht. Wenn es damals nach mir gegangen wäre, hätte ich mehrfach abgebrochen, aber ich bin dann doch irgendwie da geblieben, obwohl wie gesagt nach 6 Monaten, ich kein Sinn darin gesehen habe.


Ohne Unterstützung wirds schwer, auch wenn er die tollsten Bücher finden sollte, hält sowas nur recht kurz. In der Klinik bereitet man sich eben auf das neue Suchtmittfreie Leben vor. Job, Geld, Wohnung usw das kann man alles hinbekommen, wird seine Zeit dauern, aber das geht schon irgendwie.

Wichtig ist, dass man Gesund ist . . . . .
Nach oben
Schlaumeier
Platin-User
Platin-User


Anmeldungsdatum: 05.06.2015
Beiträge: 1934

BeitragVerfasst am: 30. Mai 2016 05:04    Titel: Antworten mit Zitat

Bin kein Therapeut, aber ich denke Deinem Feund fehlt es gewaltig an Selbstliebe und Tugenden wie Respekt, Moral etc, ausserdem sollte er lernen die Vergangenheit als gegeben hinzunehmen und abzuschliessen. Mangelnde Perspektiven und Freundschaften sehe ich weniger als Problem. Du schreibst ja selbst das Aufgrund seiner Cleverness und seines Aussehens die Menschen auf Ihn zugehen, Ihm helfen und er immer wieder Jobs und Freunde, oder besser Opfer, findet.
So wie ich das sehe handelt er aus einer Mischung von Selbsthass und Arroganz.
Irgendwie scheint er sich auch sein eigenes Glueck, bzw. Erfolge nicht zu goennen. Ist schwer dem Kreislauf zu entkommen. Mit Buechern allein ist es sicher nicht getan, aber hilfreich sind sie bestimmt.
So verrueckt es sich anhoert, vieleicht ist "der Daempfer Knast" der erste Schritt mal runterzukommen und einen neuen Schritt in die richtige Richtung zu tun. Mancheiner nutzet Ihn ernsthaft als Vorbereitung / Chance zur Langzeittherapie. Passiert selten, aber passiert. Die meisten Knastis gehen allerdings nur in Therapie um (frueher) aus dem Knast zu kommen. Drum sollte er nach ner Therapie mit geringem Knastianteil suchen.
Immerhin hat er schon 2012 einen guten Anfang gemacht indem er das Fixen aufgab. Nur war leider seitdem Stillstand. Unterstuetzung kann gut sein, aber genauso auch hinderlich. "Warum sollte jemand der immer wieder auf die Fuesse faelt weil Ihn andere unterstuetzen mit seinem Konsum aufhoeren?" Muss man abwaegen. Wink
Nach oben
surreal
Platin-User
Platin-User


Anmeldungsdatum: 05.06.2015
Beiträge: 2239

BeitragVerfasst am: 30. Mai 2016 08:04    Titel: Antworten mit Zitat

Das mit Abstand beste Buch zum Thema "richtig leben", das ich kenne, ist Arthur Schopenhauers "Aphorismen zur Lebensweisheit". Der Kerngedanke darin ist, dass "das Leben, gleich einem Pendel, hin und herschwingt zwischen Schmerz und Langeweile", dass man also entweder unter irgendwelchen Schmerzen oder Übeln leidet oder sich, wenn es einem eigentlich gut geht, langweilt. Und Schopenhauer versucht aufzuzeigen, wie man sich zwischen diesen beiden Extremen einen stabilen Zustand einrichten kann, in dem es einem einigermaßen gut geht (Schopenhauer selbst ist durch und durch Pessimist und glaubt nicht an ein wirkliches Glück des Menschen, sondern nur an ein "nicht ganz so unglückliches Leben" - das macht aber seine Ausführungen zu solchen Themen sehr realistisch, finde ich).
Ich weiß nicht, ob dir bzw. deinem Kumpel das Buch zu "verkopft" sein würde, aber grundsätzlich wäre es genau das richtige, denke ich. Entscheidend ist aber natürlich, ob man das alles auch umsetzen kann. Ich versuche mich eigentlich immer, daran zu orientieren, aber es klappt natürlich viel zu selten.
Nach oben
surreal
Platin-User
Platin-User


Anmeldungsdatum: 05.06.2015
Beiträge: 2239

BeitragVerfasst am: 30. Mai 2016 09:24    Titel: Antworten mit Zitat

Ich denke auch, dass eine Therapie nicht zwingend das Richtige oder gar notwendig ist. Meine Erfahrungen in der Richtung (und ich habe da auch schon einiges gemacht) sind mehr als enttäuschend. Mir kam das im besten Falle immer nur extrem künstlich und aufgesetzt vor, teilweise habe ich richtig gespürt, wie man mich in eine Richtung manipulieren wollte, die mir überhaupt nicht gepasst hat usw. Gerade im Suchtbereich scheinen wohl viele Therapeuten auch dazu zu neigen, einem die Selbstbestimmung weitgehend abzusprechen. Damit kann ich z.B. überhaupt nichts anfangen.
Ich will nicht sagen, dass es grundsätzlich nicht helfen kann, aber das ist wohl stark abhängig von den beteiligten Personen, von den konkreten Problemen, die man hat, den gemachten Erfahrungen usw. Manch einen wird eine Therapie wohl nur frustrieren. Das heißt, ich will dir bzw. ihm das nicht ausreden, sondern nur dem etwas entgegensetzen, dass bei solchen Problemen immer alle aufspringen und: "Therapie, Therapie!" rufen. Wenn man sich zu sehr darauf fokussiert und meint, nur eine Therapie könne helfen, dann verbaut man sich evtl. auch Möglichkeiten. Dann nämlich, wenn sie einem nicht hilft und man denkt, dass damit alles vergebens ist.
Nach oben
mesut976
Gold-User
Gold-User


Anmeldungsdatum: 15.02.2015
Beiträge: 930

BeitragVerfasst am: 30. Mai 2016 11:56    Titel: Antworten mit Zitat

surreal hat Folgendes geschrieben:
Ich denke auch, dass eine Therapie nicht zwingend das Richtige oder gar notwendig ist. Meine Erfahrungen in der Richtung (und ich habe da auch schon einiges gemacht) sind mehr als enttäuschend. Mir kam das im besten Falle immer nur extrem künstlich und aufgesetzt vor, teilweise habe ich richtig gespürt, wie man mich in eine Richtung manipulieren wollte, die mir überhaupt nicht gepasst hat usw. Gerade im Suchtbereich scheinen wohl viele Therapeuten auch dazu zu neigen, einem die Selbstbestimmung weitgehend abzusprechen. Damit kann ich z.B. überhaupt nichts anfangen.
Ich will nicht sagen, dass es grundsätzlich nicht helfen kann, aber das ist wohl stark abhängig von den beteiligten Personen, von den konkreten Problemen, die man hat, den gemachten Erfahrungen usw. Manch einen wird eine Therapie wohl nur frustrieren. Das heißt, ich will dir bzw. ihm das nicht ausreden, sondern nur dem etwas entgegensetzen, dass bei solchen Problemen immer alle aufspringen und: "Therapie, Therapie!" rufen. Wenn man sich zu sehr darauf fokussiert und meint, nur eine Therapie könne helfen, dann verbaut man sich evtl. auch Möglichkeiten. Dann nämlich, wenn sie einem nicht hilft und man denkt, dass damit alles vergebens ist.


In dem Fall wird eine Therapie meiner Meinung nach unumgänglich sein, alles andere wäre ein Wunder. Der Kerl hat schon mit 15 zu Drogen gegriffen, plus die ganze anderen Geschichten. Der hat nicht mal die Verantwortung für seinen Gesundheit übernommen, geschweige denn für seine Sucht und sein Leben.

So ein Gefängnis Aufenthalt holt den jetzt erstmal wieder runter, um die anderen Geschichten zu verarbeiten, wird eine Therapie ohne Profis entweder sehr sehr lange dauern, dann ist er wahrscheinlich schon 60 oder erst gar nicht funktionieren.

Du schreibst ja "Selbstbestimmung absprechen" und ich finde das ist auch ein Stück weit berechtigt, bei den meisten zumindest.

Du musst dir doch selber offen und ehrlich eingestehen, dass du den Karren komplett an die Wand gefahren hast, mit deiner selsbtbestimmenden Selbstbestimmung, sonst würdest du ja nicht da in so einer Klinik landen, aöso hast du ja mit deiner Selbstbestimmung auch dazu beigetragen, ich finde man sollte dann auch die Eier haben, statt dauernd die Therapeuten kritisch zu betrachten, sollte man sich selber ein wenig kritisch betrachten.

Und ich finde genau das wirkt am besten, wenn du zum Teil behandelt wirst, wie ein Vollidiot der selber nichts auf die Kette bekommt, das wirkt am besten.

Denn die meisten Drogenabhängigen wussten genau wo das hinführt, dann landet man eben mal in einer Klinik für viele Monate, das ist eben der Rattenschwanz den so eine Drogensucht mitsichführt.

Ich war letztes Wochenende in der Klinik zum Jahrestreffen und ehrlich gesagt, könnte ich mir heute gar nicht vorstellen, mich irgendwo in einer Klinik für 6 Monate einzuquattieren. Und dann noch zum Teil entmündigt zu werden, wie z kein Laptop, Handy, Internet, TV, wann ich in die Stadt darf und wann nicht usw

Ist aber eben alles Teil der Therapie, gehört eben einfach dazu Smile

Ich hab auch noch kurze Zeit vor der Entlassung gedacht, alles Schwachsinn hier und wird eh nichts bringen. Aber dann ging das alles wirklich ganz schnell und jetzt sind schon einige Jahre rum. Ein Kollege aus meiner damalige Gruppe ist auch seit 2011 Clean, also so schlecht wie du das hier redest, ist es auf keinem Fall, vielmehr ist es deine subjektive Wahrnehmung und Einstellung.

Da hat nicht immer alles Spaß gemacht und manchmal saßen wir auch in der Gruppe, wo du nach 2 Minuten schon wusstest, die nächsten 2 Stunden wirst du hier nicht einen einzigen Satz hören, der dir auch nur ansatztweise weiterbringt, war aber nunmal so, muss man eben auch aushalten, gehört dazu >Smile

Man lernt da eben alles, was man in all den Jahren verlernt hat oder erst gar nicht gelernt hat. Und irgedwann braucht man dann auch keine Drogen mehr.
Nach oben
surreal
Platin-User
Platin-User


Anmeldungsdatum: 05.06.2015
Beiträge: 2239

BeitragVerfasst am: 30. Mai 2016 12:21    Titel: Antworten mit Zitat

Meine Probleme und Fehler sehe ich ja auch ein. Aber das bedeutet noch lange nicht, dass ich mir meine Ziele und den Weg dorthin komplett von außen vorgeben lasse. Und ich lasse mir auch nicht von einem anderen erklären, was ich "eigentlich" fühle oder will. Wenn das Gespräch nicht auf Augenhöhe stattfindet, spreche ich nicht über mich. Dabei habe ich kein Problem damit, dass mir jemand anderes Vorschläge macht, meine Perspektive zu überdenken usw. Aber das muss ein gleichberechtigtes Gespräch sein, bei dem meine Meinung genauso anerkannt wird. Bei Suchttherapeuten habe ich bisher immer das genaue Gegenteil erlebt. Von daher spreche ich mit denen auch nicht mehr.

Darüber hinaus hat bei mir auch noch keine Therapie auch nur ansatzweise etwas gebracht. Wie gesagt, ich finde das letzten Endes nur künstlich und aufgesetzt. Die ganzen Bastelstunden usw. Das geht einfach an mir vorbei. Und ich habe anfangs wirklich mitgemacht und war offen dafür und bin davon ausgegangen, dass es irgendwann doch "greift". War nur nie so.

Von daher meinte ich ja, dass es gut möglich ist, dass jemand von einer Therapie einfach nicht profitiert. Und dann sollte man eben nicht meinen, damit sei notwendig alles verloren.
Er soll es ruhig ausprobieren, vielen scheint es ja auch wirklich zu helfen. Nur ist "Therapie" meiner Ansicht nach halt nicht die Universallösung.
Nach oben
Lenni
Anfänger


Anmeldungsdatum: 15.12.2014
Beiträge: 9

BeitragVerfasst am: 30. Mai 2016 16:02    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für eure weiteren Tipps!

Mesut und Surreal,
ich kann beide Positionen sehr gut verstehen.

Es ist eben diese Gratwanderung zwischen "offen für etwas Neues sein"
(neue Moral, neue Prinzipien -> neue Verhaltensweisen)
und dem Bedürfnis "bei sich selbst zu sein und seine eigene
Persönlichkeit durchzusetzen".

Denn Letzteres fehlt ja vielen Menschen, die mit psychischen Problemen und Drogensucht zu kämpfen haben.
Sie wurden als Kind oft nicht gehört, mussten ihre Bedürfnisse zurückstecken
und haben nicht gelernt diese auf gesunde Art durchzusetzen.

Und gerade wenn man instabil ist und dann noch ein Suchtproblem hat (...),
ist es verdammt schwierig da das richtige Maß zu finden.
Wenn man dann in eine Therapie geht, voller Hoffnung, und dann
auf Therapeuten trifft die wenig einfühlsam sind, kann man schnell den Glauben
und das Vertrauen verlieren.

Irgendwie braucht es sowas wie einen "Mentor", jemanden den man akzeptieren
kann, weil er einen selbst akzeptiert. Aber der dennoch kritische Denksanstöße gibt.

Ich denke da an Leute wie Steve Earle, ehemals Abhängige, die das
Steuer rumreissen konnten und für manche Suchtkranke durch
ihre Streetcredibility glaubwürdig sind. Wenn ihr wisst, was ich meine.


Bei Jimi habe ich das Gefühl, dass er ein Problem mit Autoritätspersonen hat,
sobald diese mit ihren Ansichten/Forderungen seine Freiheit einschränken.

Ich denke halt, zu einem gewissen Grad muss man sich sozialen
Regeln unterwerfen.
Ich weiß nicht wie ich oder irgendwer ihm das nahebringen kann, ohne dass
er sich eingeschränkt fühlt.

So wie ich ihn bisher beschrieben habe, muss er wie eine komplett
antisoziale Persönlichkeit rüberkommen. Das ist er zum großen Teil auch.
Gleichzeitig ist es so, dass er ein großzügiger und mitfühlender Mensch ist,
- wenn er nicht gerade von seinem Suchtmonster gefesselt ist.
Was wiederum nicht seiner Kontrolle obliegt.

Ich bin da halt der Meinung dass er das langsam mal erkennen sollte.
Also dass die Sucht negative Auswirkungen auf seine Persönlichkeit hat.
Dass Drogenkonsum immer auch bedeutet, Kontrolle abzugeben und
in Kauf zu nehmen, sich selbst und anderen zu schaden.

Das würde halt in der Konsequenz bedeuten, dass er Verantwortung für
seine Sucht übernimmt und zb eine Therapie ins Auge fasst.
Manchmal frage ich mich, ob die Substanzen bei ihm ein bißchen zu viel Hirnmasse
weggefräst haben und er da gar nicht mehr drauf kommt...

Oder ist es die Angst, es wieder zu vermasseln?
Nach oben
Lenni
Anfänger


Anmeldungsdatum: 15.12.2014
Beiträge: 9

BeitragVerfasst am: 30. Mai 2016 16:12    Titel: Antworten mit Zitat

@Schlaumeier.

Hast das sehr gut zusammengefasst.

Sehr starke Kräfte sind eben "die Macht der Gewohnheit" und "der Weg des geringsten Widerstandes".
So von wegen: wieso eine anstrengende Langzeittherapie machen, wenn man
zu Hause zugedröhnt im Bett liegen kann.
Auch wenn einen das ankotzt - solange man immer wieder dicht sein kann,
muss man die alptraumhafte Zukunft ja nicht sehen.

Ich meine, auch nüchternen Menschen fällt es ab und zu schwer, aus dem Bett
zu kommen. Als gestrandeter Suchtie braucht man wohl einfach 10mal
soviel Kraft.


@an die die es geschafft haben unter euch, Mesut und co:

Was hat euch motiviert, aufzustehen?
Welche Träume, Wünsche, Ziele?
Oder war es eher die Abschreckung der Vergangenheit, die euch weitermachen liess?
Nach oben
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Dieses Thema ist gesperrt, du kannst keine Beiträge editieren oder beantworten.    Drogen-Forum Foren-Übersicht -> Fragen und Antworten Alle Zeiten sind GMT + 2 Stunden
Gehe zu Seite 1, 2, 3  Weiter
Seite 1 von 3
Gehe zu:  
Impressum & Rechtliches
ForenübersichtIndex   SucheSuche   FAQFAQ   LoginLogin