Verfasst am: 30. Nov 2018 19:00 Titel: Cannabis vom Arzt
Vor einigen Tagen hat mich meine Neurologin angerufen und mir gesagt, ich solle zu einer mit ihr befreundeten Ärztin gehen um mir dort Cannabis verschreiben zu lassen.
Es geht primär um schwere chronische Schlafstörungen und sekundär um Schmerzen in den Beinen im Rahmen eines Restless Legs Syndrom.
Ehrlich gesagt hätte ich so eine Idee meiner Ärztin nie zugetraut. Zwar nehme ich schon etwa 6 1/2 Jahre Opiate und Opioide (primär Morphin + Oxycodon) plus Antiepileptika aber vor allem die Tatsache, dass ich nachts zwischen 23 und 6 Uhr Morgens einfach nicht schlafen kann, selbst dann nicht, wenn ich körperlich und physisch extrem erschöpft bin macht es extrem schwierig mich zu behandeln.
Ich werde mittlerweile insgesamt fast 20 Jahre wegen Schlafstörungen behandeln und hab in der Zeit alles geschluckt, was man so hätte schlucken können. (Mehr als 50 verschiedene, verschreibungspflichtige Medikamente).
Mittlerweile ist das Stigma von Cannabis ja nicht mehr so groß aber ich muss sagen, dass ich doch ziemlich viele Vorurteile habe. Hätte sie mir nicht auf die Mailbox gesprochen, so dass ich die Nachricht immer wieder abhören könnte, ich würde glauben ich würde halluzinieren.
Ich weiß, dass die Kosten für medizinisches Cannabis relativ hoch sind, die Verfügbarkeit eingeschränkt und ich die Kosten vorerst selber übernehmen muss, sollte es denn wirklich funktionieren. Zwar kenne ich ein paar Patienten die mit Cannabis bei RLS ganz guten Erfolg haben, die leben aber alle in den USA.
Wer weiß wenn was darüber welche Cannabissorten in der Regel verordnet werden? Würde ich dann ein reguläres BTM-Rezept erhalten und kann damit einfach in jede Apotheke oder haben sich bestimmte Apotheken darauf spezialisiert?
Ich hatte zwar immer mal wieder mit dem Gedanken gespielt meine Ärztin darauf anzusprechen, konnte mir aber nicht vorstellen, dass sie dem positiv gegenüber stehen würde und hab es dann einfach gelassen. Jetzt war es also ihre ganz eigene Idee.
Hallo QyX
ich erkläre dir mal, wie das mit dem Medizinalhanf in D funktioniert. Wenn die Neurologin eine Cannabisverordnung für aussichtsreich hält, muss sie dir eine Verordnung ausstellen, die du bei deiner Krankenkasse zur Genehmigung einreichen musst. Die Krankenkasse fordert dann von der Ärztin eine medizinische Begründung der Verordnung, die anschließend vom Medizinischen Dienst geprüft wird. Unabhängig von der Krankenkasse muss die Verordnung bein BfArM angezeigt werden und die Ärztin die vorgeschriebene Dokumentation erledigen.
Selbst zahlen kannst du dir abschminken - durch das "Cannabisverordnungsverhinderungsgesetz" hat sich der Preis fast verdreifacht.
Früher reichte der Apotherker das 5-g-Döschen Bedocan für 75 Euro über den Tresen. Heute muss der Apotheker das Cannabis auf die Inhaltsstoffe prüfen und nach "NRF"-Regeln konfektionieren, wodurch der Preis auf ca 180-200 Euro steigt.
Der MDK geht an die Sache mit extremen Ansprüchen heran: Gegen die Absicht des Gesetzgebers wird die Verordnung nur bei "nachhaltig lebensbedrohlichen oder lebensverändernden Erkrankungen und bei nachweislicher Unwirksamkeit aller anderen Maßnahmen" anerkannt. Die "Anerkennungsquote" von über 60% liegt daran, dass die meisten Anträge wegen absehbarer Aussichtslosigkeit gar nicht erst gestellt werden.
Zudem gilt die Cannabisverordnung trotz des Genehmigungsvorbehalts nicht als Praxisbesonderheit und wird in das normale "Verordnungsbudget" eingerechnet. Da drohen Regresse von einigen Tausend Euro pro Fall und Jahr. Ein Kollege wurde bereits rechtskräftig zu über 100.000 EUR verurteilt, obwohl jede Verordnung mit Genehmigung der Kasse erfolgte!
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