clean sein

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Quasimodus
Platin-User
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Anmeldungsdatum: 04.02.2015
Beiträge: 1797

BeitragVerfasst am: 31. Dez 2021 13:13    Titel: Antworten mit Zitat

moins,

Zitat:
gepanschten strassendreck


ja, das ist sone Aussage, stimmt auch i.d R.
Du bist iwann nicht mehr nach der eigentlichen Substanz süchtig , sondern vom beigenixten WasauchimmerScheissdreck.
Übelst

naja, guten R ins Neue
Es kann nur schlechter werden
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Maximus96
Gold-User
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Anmeldungsdatum: 29.11.2012
Beiträge: 367

BeitragVerfasst am: 11. Jan 2022 20:15    Titel: Antworten mit Zitat

Quasimodus, was du berichtest, macht mich betroffen und tut mir sehr leid für dich. Ich kenne diese krasse Form der Desillusionierung ... wenn auch in anderer Ausgestaltung. Ich wünsche dir wirklich, dass du es irgendwann packst.

Desillusioniert bin ich momentan auch. Aber das Schlimme ist: Ich habe "alles". Bin seit 14 Monaten komplett clean, habe einen Job, bei dem ich so schlecht nicht verdiene, habe Familie, eine Beziehung, bin körperlich Gott sei Dank gesund und habe bis jetzt keine Folgeschäden (zumindest keine, die man sieht) und das, obwohl ich exzessiv geballert habe jahrelang.

Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass ich eventuell wieder in meine alte Depression zurückgefallen bin (dabei nehme ich noch jeden Morgen mein AD). Aber seit ich diesen Job angenommen habe am 1.9., ging es bergab. Seit November wiederkehrende Suizidgedanken. So oft verspüre ich den Wunsch, wenn ich mit dem Auto unterwegs bin, einfach mal beherzt nach rechts gegen 'nen Baum zu lenken.

Die Arbeit liegt mir nicht, sie ist eintönig, Autonomie Fehlanzeige. Kollegen lästern extrem. Ich bin noch sehr neu in dem Beruf und jetzt schon quasi vergrault. Aber so einfach kündigen, das geht auch nicht (12 Wochen-Sperre fürs Arbeitsamt). Und ich habe mittlerweile die Einstellung, anders als früher, dass ich nicht mehr so einfach aufgebe und nach kurzer Zeit alles hinschmeiße. Devise also: Durchhalten!
Da hängen auch irgendwie meine Schuldgefühle, mein schlechtes Gewissen und mein Pflichtbewusstsein dran.

Nur leider komme ich dabei unter die Räder. Ich überlege, ab Oktober ein Studium (Bio) aufzunehmen. Wie soll ich das nur bis dahin durchhalten? Morgen wieder Frühschicht, aufstehen kurz nach 4 ... ehrlich, beim Gedanken an die Arbeit schnürt es mir die Kehle zu. Bis hin zu wahnwitzigen Einfällen, ich könnte mir ja absichtlich den Arm brechen lassen, dann müsste ich nicht mehr hin. Es ist halt auch so, dass ich komplett meine Freude und mein Interesse in anderen Bereichen verloren habe. Ich bin nur noch eine leere Hülle, die sich zur Arbeit schleppt und versucht zu funktionieren.

Ich will euch auch nicht die Ohren vollheulen. Für mich ist die Abstinenz leider gerade ... eine Sackgasse.
Oder ich bin das Problem. Ich weiß es nicht.

Holladiewaldfee
Maxi
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ast
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Anmeldungsdatum: 14.03.2012
Beiträge: 3305

BeitragVerfasst am: 11. Jan 2022 23:37    Titel: Antworten mit Zitat

ich kenne das...so fühlt es sich halt an, wenn man seiner Natur zuwider lebt Twisted Evil
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Maximus96
Gold-User
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Anmeldungsdatum: 29.11.2012
Beiträge: 367

BeitragVerfasst am: 12. Jan 2022 11:23    Titel: Antworten mit Zitat

ast, beziehst du dich mit "wider der eigenen Natur" einfach nur auf den Lebensstil/falsche Arbeit oder auf den Konsum bzw. die Sucht direkt?

Das gibt mir zu denken. Idea Surprised
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Nooria 24
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Anmeldungsdatum: 12.03.2016
Beiträge: 699

BeitragVerfasst am: 12. Jan 2022 13:26    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Maxi,

ja, da bist Du gerade tatsächlich in einer Sackgasse. . . und das tut Deiner Depri ganz bestimmt nicht gut. Ich habe die gleichen Erfahrungen gemacht und bin dabei in einem fetten Burnout gelandet, der mich nach über zwei Jahren noch immer begleitet.

Die Idee mit dem Studium finde ich gut. . . wäre es da nicht sinnvoll, dass Du vorher nach einer Praktikumsstelle schaust und darüber einen Grund hast, kurzfristig Deinen Job schmeißen zu können?

Dir alles Gute. . . und höre auf Dein Bauchgefühl!

Nooria
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Marle
Foren-Guru
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Anmeldungsdatum: 06.10.2016
Beiträge: 3309

BeitragVerfasst am: 12. Jan 2022 14:54    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Maximus,

wie Du schon gelesen hast, kennen diesen Zustand einige Betroffene aus eigenem Erleben.
Ich wurde mal von einer Therapeutin gefragt, wovor ich am meisten Angst hätte nach der Therapie.
Meine Antwort: „Dass mich der Alltag Stück für Stück auffrisst, bis ich wieder dort bin, wo ich schon war, und nie wieder hin will.“

Da werden (schlimme) Erinnerungen bei mir wach, wenn ich Deine Schilderung lese. „Alles da“, alles – dem ersten Anschein nach – vorhanden, und eigentlich müsste man glücklich und zufrieden sein.
Ist es aber nicht. „Irgendetwas bohrt und nagt“ tief innen drin. „Irgendetwas“ fehlt trotz allem – oder vielleicht auch „gerade deswegen“?

Und eines Morgens wachte ich dann auf, und dachte: „Jeden Tag dasselbe. Soll das jetzt so weitergehen bis an mein Lebensende? Für was? Da kann ich doch gleich Schluss machen.“

Ich weiß inzwischen aus langjährigem Austausch mit anderen Betroffenen, denen es gleich oder ähnlich erging, dass es dagegen kein allgemeingültiges Rezept gibt.
Was nämlich individuell tatsächlich „fehlt“, um diese depressiven Gedanken und Gefühle zu übertrumpfen, kann meist erst nach langer Suche und vielem Ausprobieren herausgefunden werden.
Das braucht leider viel Geduld mit sich selbst – und Ausdauer.
(Anfangs hilft meist wirklich nur Aushalten.)

Mir hat geholfen meine „Werteskala“ neu zu justieren, und einigen Dingen eine andere Einstufung und Priorität zu geben. Das ist besonders dann sehr schwer zu bewerkstelligen, wenn an ihnen auch Verpflichtungen hängen. (Job, Knete, Familie, finanz. Existenz, usw.)
Sagt sich so einfach „dann such halt einen anderen Job“ – oder „dann wechsle halt den AG“ … und viele andere Sachen, die vielleicht für den Einen überhaupt kein Problem darstellen, für den Anderen aber eine schier unüberwindbare Hürde.

Was ich mir zuerst zulegte: Eine tragfähige, machbare Strategie, wie ich „Däpperle um Däpperle“ mein Leben in die – zumindest anfangs mal angedachte – richtige Richtung veränderte. Die Einschnitte sind ja manchmal ganz schön gravierend, und gleich Tábula rása zu machen meist gar nicht umsetzbar und möglich.

Was u.a helfen kann – und was mir als einer der Bausteine sehr gut geholfen hat:
Change it – love it – leave it
Und bei einigen, in der aktuellen Situation nicht lösbaren Fällen: die bedingungslose Akzeptanz der Dinge, Personen und Situationen, an denen ich aktuell überhaupt nichts ändern kann.

Ich wünsche Dir einen gute Weg und viel Erfolg auf der Suche „nach Deinem Schlüssel“.

Grüßle
Marle
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ast
Foren-Guru
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Anmeldungsdatum: 14.03.2012
Beiträge: 3305

BeitragVerfasst am: 12. Jan 2022 15:09    Titel: Antworten mit Zitat

Maximus96 hat Folgendes geschrieben:
ast, beziehst du dich mit "wider der eigenen Natur" einfach nur auf den Lebensstil/falsche Arbeit oder auf den Konsum bzw. die Sucht direkt?

Das gibt mir zu denken. Idea Surprised

ach liebe Maxi,
ich meinte das gar nicht mal speziell auf Dich bezogen, sondern vielmehr allgemein.
die Menschheit war selten so eifrig darauf bedacht, sich selbst zu verleugnen, wie derzeit.
das Trennende geht so tief, dass die Leute quasi den Kontakt zu sich selbst verloren haben - die Fähigkeit, mal in sich reinzuhorchen und sich vom 'Urvertrauen' erzählen zu lassen, was richtig oder falsch ist.
andere sprechen von der daraus erwachsenden 'moralischen Kompetenz', an der es mangelt...und damit meine ich nicht diese Pseudomoral, die im Land grassiert.
die Welt lebt eine Lüge, und es gibt mir Hoffnung, dass es einigen, die diese Lüge mittragen, nicht besonders gut damit geht Confused
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mikel015
Foren-Guru
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Anmeldungsdatum: 27.03.2015
Beiträge: 4068

BeitragVerfasst am: 12. Jan 2022 16:40    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Maxi,
ich bin zwar nicht clean (Oxycodon)wie du aber ich habe auch vor entlichen Jahren die Junkerei mit Coca und H drangegeben und habe oft das Gefühl das mir irgendetwas fehlt.
Was du so geschrieben hast,da erkenne ich gewisse Parallelen zu mir. Ich bin oft ein paar Wochen zufrieden und alles läuft stabil ,ich würde jetzt nicht sagen ich fühle mich glücklich aber ist schon nahe dran.Aber dann kommt wieder so ein dunkler Tag an dem alles langsam grauer wird und die Birne trüber.Sitze dann so einsam in meinem dunklen Kämmerchen (meine persönliche Hölle) und denke mir dann oft, für jeden anderen in meinem Leben funktioniert alles einwandfrei und auch von mir wird erwartet das ich "einfach" zu funktionieren habe wie jeder andere und mich anpasse...
Reiße mich dann immer zusammen denn auf Kontrollverlust habe nu auch keinen Bock,führt zu schlimmeren...
ich suche mir dann bewusst was zu tun, und wenn's nur duschen gehen zu absurden Zeiten ist.
Was ich dir eigentlich sagen will ist,du nimmst doch AD's ,vielleicht solltest du mal das AD wechseln oder dich neu einstellen lassen.


Auf jeden Fall drücke ich Dir die Daumen und hoffe, dass es Dir bald besser geht.

Mikel
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joe
Platin-User
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Anmeldungsdatum: 28.12.2007
Beiträge: 1167

BeitragVerfasst am: 12. Jan 2022 17:07    Titel: Antworten mit Zitat

hallo Maximus,
meine cleanjahre 3 bis 7 (etwa) waren ebenfalls von diesen gefühlen geprägt. einmal am tag, oder öfter, hatte ich so selbstzerstörungsbilder im kopf. mein damaliger sponsor, (NA kram) hat mir gesagt, das sei wohl suchtdruck. da drogen aber kein thema mehr waren, äusserte sich das eben so.
ich hatte gefühle, die ich nicht haben wollte, viel unsicherheit, minderwertgefühle. heroische bilder vom selbstmord mit knarre auf ner klippe bei sonnenuntergang waren da irgentwie "geiler".
als aktiver drogies hatten wir auch so stories, immer kurz vorm friedhof, und so weiter.
ich bin damals immer viel auf meetings gegangen, habe mit anderen cleanen süchtels gesprochen, also menschen, die wirklich nix nehmen.
du machst das gut. du lebst nicht wider deiner natur. du nimmst keine drogen, die dich töten, oder deine geistige gesundheit beeinträchtigen. das ist natürlich.
heute haben wir die wahl. wir machen pläne und können sie auch umsetzen und
bis oktober isses ruckzuck.
bist du in realem kontakt mit anderen cleanen menschen?
14 monate clean ist viel, aber auch total kurz. wie lange hast du genommen? wir wurden auch nicht an einem tag süchtig, also geduld, geduld, geduld.
melde dich hier. wir schaffen das. cleane süchtige alleine sind in schlechter gesellschaft.

viel kraft
Joe, nur für heute clean
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ast
Foren-Guru
Foren-Guru


Anmeldungsdatum: 14.03.2012
Beiträge: 3305

BeitragVerfasst am: 12. Jan 2022 18:26    Titel: Antworten mit Zitat

joe hat Folgendes geschrieben:

du machst das gut. du lebst nicht wider deiner natur. du nimmst keine drogen, die dich töten, oder deine geistige gesundheit beeinträchtigen. das ist natürlich.


ach my, der selige Joe und seine hehren Glaubenssätze...passt richtig gut in diese dunklen Zeiten Razz

weder Du noch ich wissen, wie Maxis 'wahre Natur' tatsächlich geschaffen ist...deswegen sprach ich von der Fähigkeit, mal (ehrlich) in sich reinzuhorchen.

und wie gesagt, es mag durchaus sein, dass Dich diese Glaubenssätze über Wasser halten, aber deswegen sind sie noch lange nicht allgemeingültig.

Drogen sind nicht nur böse, bringen dich um oder machen dich irre...dies ist eine dogmatische Sichtweise.

Drogen sind für viele ein Teil des täglichen Lebens (zugegeben, traurig genug) und es heißt, sinnvoll damit umzugehen, anstatt sie als Teufelswerk zu ächten.

denn sehen wir die Sache doch mal ausnahmsweise nüchtern und rational (ohne die ganzen Verwirrungen ethischer Art), so sind Drogen letztlich nichts anderes als eine 'Erweiterung' unserer körpereigenen Biochemie.

viele der Stoffe sowie der Prozesse, die durch Drogen getriggert werden, kommen in der einen oder anderen Form auch auf natürliche Art und Weise im Körper vor, nur eben in abgeschwächter Form...sie sind also mitnichten etwas 'Widernatürliches'.


whatever, ich mache hier keinen auf Advocatus Diaboli Twisted Evil und dies soll kein Plädoyer für Drogen sein - schon gar keine Ermunterung für Maxi, sich letzteren doch wieder hingebungsvoll zu widmen Rolling Eyes

ich finde halt nur, es ist klüger, den Drogen ihren Stellenwert in unserer Gesellschaft einzugestehen (was auch die Aufklärung respektive den sinnvollen Umgang damit fördert), anstatt sie zu 'mythologisieren' Wink oder zu verbannen.

und last but not least kann ich mich natürlich nur anschließen, dass es als positive Entwicklung zu sehen ist, wie Maxi ihr Leben (wieder) im Griff und sich in die Gesellschaft integriert hat.

ich plädiere lediglich dafür, ab und an mal zu hinterfragen, ob es das ist, was einen wirklich erfüllt (denn anscheinend macht es ja alleine nicht unbedingt glücklich...)
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Marle
Foren-Guru
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Anmeldungsdatum: 06.10.2016
Beiträge: 3309

BeitragVerfasst am: 12. Jan 2022 18:59    Titel: Antworten mit Zitat

Rauschmittel - also sich weg-beamen-wollen (wohin oder zu was auch immer), haben ja immer einen Zweck.
Grundsätzlich, so meine ich, keinen schlechten.
Sie sind halt eben eine der Möglichkeiten, eine Situation entweder für sich erträglicher machen zu wollen, oder sich mittels Rausch aus der Situation heraus zu beamen.

Clean dasselbe zu erreichen, ist bestimmt nicht leicht und erfordert viel, viel mehr Arbeit. Mit sich selbst, und auch mit all den Dingen, die halt auf die eine oder andere Art "zum Glücklichsein" im Wege stehen.

Natürlich kann man - da gebe ich Ast recht - sich so eine Lebenseinstellung zulegen, wie sie heute - so scheint es zumindest - bei sehr Vielen der Fall ist: Ich kann es nicht ändern, "es wird so wieso mit mir gemacht", also denke ich nicht mehr darüber nach (gebe meinen Verstand ab), und "ertrage" alles stoisch. In einer Art von "selbstgemachter Willen- und Empfindungslosigkeit".

Genau betrachtet, das ist meine Sichtweise, ist das nichts anderes, wie das, was Süchtige machen, nur halt ohne Stoff.
Für mich wäre es keine Möglichkeit. Schon gar nicht würde es mich zufrieden oder glücklich machen. Da kann ich dann noch so viel an "mein Haus, mein Boot, mein Auto ... blablabla ... draufbuttern.

Die Kunst ist wohl, das zu finden, was tief in mir drin nach Glücklichsein schreit, und was es ist, das dieses Glück dann auch wirken lässt.

Im Übrigen, so jedenfalls meine Erfahrung, ist der Zustand, wie ihn Maxi empfindet, nicht an die Dauer vom Cleansein gekoppelt. Ich kenne relativ viele, die sind schon Jahrzehnte clean und trocken, und haben immer wieder solche Phasen.
Was ich aber langfristig erlebt und miterlebt habe: In solchen Phasen kommt es auf die Entscheidungen an, die man dann trifft. Manche beamen sich wieder weg - dann wird es ein ewiger Kreislauf von Hochs und Tiefs.
Und Andere halten diese Phase aus, oder setzen sogar (Stichwort: Strategie) was dagegen. Die kommen dann immer besser damit zurecht, und lernen, wie man aus solchen Löchern wieder selbst heraussteigt.

Marle
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Maximus96
Gold-User
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Anmeldungsdatum: 29.11.2012
Beiträge: 367

BeitragVerfasst am: 12. Jan 2022 19:16    Titel: Antworten mit Zitat

Wow, ich danke euch für eure vielen Beiträge!

Ich habe, ehrlich gesagt, früher nie an der "Erfüllung" durch die Abstinenz gezweifelt. Und Marle und Mikel, ihr habt die Gefühle, die einen so umtreiben (inklusive mir) sehr sehr gut beschrieben.

Abstinenz war immer wie eine Art Verheißung. Muss sagen, dass ich allerdings auch therapie-gehirngewaschen bin, wenn man das so sagen kann. So ähnlich, wie die Träume und Vorstellungen von seinem Leben, die man als Kind hat. "Ich könnte dies werden, das werden, und die Welt wartet nur auf mich ...". Bis man dann irgendwann, wenn man älter wird, desillusioniert feststellt, dass sich die Verheißung höchstens in Teilen bewahrheitet hat. Wenn überhaupt.

Und daher: WENN ich erst mal abstinent bin. Das wird suuuuper. Und damit meine ich: Länger als ein paar Monate. Denn nach wenigen Monaten ist das Gehirn vermutlich nach wie vor biochemisch verändert (jetzt mal stark vereinfacht), auch etwaige Anwandlungen von Depression könnte man nach wie vor auf den Konsum zurückführen.

Dann hieß es immer: Das 1. Jahr wird am schwierigsten. Für mich stimmt das so nicht. Direkt nach der letzten Entgiftung, da erkenne ich mich sehr stark bei dir wieder, Mikel, war ich dermaßen motiviert ... nachdem die körperlichen Entzugserscheinungen einigermaßen abgeklungen waren, richtig euphorisch. Was ich alles in das letzte Jahr geballert hab, Wahnsinn, von NICHTS im Grunde ... 2 Führerscheine (B und C1, kleine LKW bis 7,5 t), den RettSan, Feuerwehr (Grundlehrgang und Atemschutz mittlerweile). An einem Tag wie heute stehe ich um kurz nach 4 auf, ich arbeite 45 Std. die Woche, meistens in 12-Stunden-Schichten, dann habe ich ja auch noch eine Tochter, Freiw. Feuerwehr kommt dazu ...
Ich erinnere mich an die Zeiten, wo ich es mit Ach und Krach kurz vor 12 (!) Uhr mittags zum Substiarzt geschafft habe ... kein Vergleich zu heute.

Wie auch immer. Euphorie hin oder her, der Preis ist momentan hoch. Und ganz ehrlich: Ich fühle mich verarscht. Verarscht vom Versprechen der Abstinenz bzw. der Therapeuten. DAS soll es also sein, was ich mir so lange herbeigesehnt habe? DAFÜR verzichte ich? Ich muss aber auch dazu sagen, dass mein medizinisches und wissenschaftliches Interesse in meinem Arbeitsumfeld nicht gut ankam. Ich habe da mittlerweile resigniert (daher Hoffnung Bio ... Jobchancen v a in der Forschung angeblich sehr schlecht ... aber gut).
"Konzentrier dich auf deine Aufgaben" und "Das brauch dich nicht zu interessieren" etc. etc.
Ich sage immer, dass ich meine Seele an meinen Arbeitgeber "verkauft" habe. Dazu möglichst nicht selber denken. Aber gut, das steht auf einem anderen Blatt.

Joe, ich habe größten Respekt vor deiner Leistung. Ich war im November tatsächlich auch mal wieder bei einem Meeting ... leider leider sagt mir das irgendwie nicht so zu ... wirklich, ich wünschte ich könnte es ändern. Es scheint denen, die dort hingehen, viel zu geben. Aber momentan ... ganz ehrlich ... das Maß ist bei mir bald voll. Sodass ich mich immer mal wieder "umschaue" (ihr werdet wissen, was ich meine ... dieses nicht aktiv suchen, aber stöbern, offen sein für Reize, die damit zu tun haben.)

Ganz liebe Grüße
Eure Maxi
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Marle
Foren-Guru
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Anmeldungsdatum: 06.10.2016
Beiträge: 3309

BeitragVerfasst am: 12. Jan 2022 23:18    Titel: Antworten mit Zitat

Therapie-Gehirn-gewaschen Laughing

Es stimmt schon: Blicke ich zurück, dann waren da viele, ziemlich illusorische Vorstellungen und Wünsche, die sich sehr wahrscheinlich auch nicht unter anderen, als die suchtbedingten Voraussetzungen in die Realität umsetzen lassen hätten.

Heute sehe ich das mit einem anderen, weniger „desillusionierten“, als vielmehr gnädigeren Blick auf mich selbst. Mit dem was war, und mit dem, was ich konnte, habe ich m. E. viel erreicht, was mir dann andererseits wieder unvorstellbar gewesen war.

Ich bin kein Mediziner oder Psychiater, aber ich bin mir sicher, dass meine Depression hauptsächlich durch meine Sucht, wie durch einen Katalysator gefördert und noch sehr, sehr lange nach meiner aktiven Zeit am Laufen gehalten wurde. So etwas dauert schon sehr lange, bis sich die körpereigene Hormonproduktion wieder selbstständig einregelt.

Aus Erhebungen geht hervor, dass sich im 1. Jahr nach einer LZT die meisten Rückfälle ereignen.
Das hat viel mit dem zu tun, von dem Du schreibst: Die viel zu hohe Erwartungshaltung von wegen „jetzt wird alles anders und besser“.
Dass Du doch relativ lang anhaltend euphorisch und auch willensstark so Vieles in Gang gesetzt und auf die Reihe bekommen hast, ist wohl eher eine Ausnahme – ganz oben auf der Skala des Möglichen.
Bei vielen anderen Betroffenen fällt die Bilanz eher erst einmal anders, und sehr viel ernüchternder aus.

Klar ist „der Preis“ verdammt hoch, wenngleich Du dies vermutlich in ein paar Jahren wieder völlig anders sehen wirst.
Es scheint so, als stündest Du nunmehr dort, wo es vor allem darauf ankommt „was Du selbst für Dich“ realisieren und umsetzen kannst. Ganz unabhängig von allem Anderen von außen.
(Beim Lesen kamen mir Gedanken, dass es ein wenig dem derzeitigen Stand von Beverley ähnelt.)
Jetzt kommt es ganz darauf an, wie viel Du bereit bist – für Dein (sogen.) Seelenwohl – einzubringen.

Grüßle
Marle
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Maximus96
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Anmeldungsdatum: 29.11.2012
Beiträge: 367

BeitragVerfasst am: 13. Jan 2022 07:53    Titel: Antworten mit Zitat

Ich muss an dieser Stelle mal sagen, wie unglaublich gut mir doch nach wie vor das Forum und der Austausch mit euch tut (auch, wenn ich hin und wieder mal "abgetaucht" war).

Joe, du wolltest auch wissen, ob ich cleane Menschen in meinem Umfeld habe. Gott sei Dank, ich habe mir in mühevoller Arbeit eines aufgebaut. Die Schattenseite ist, dass ich mit Gedanken und Empfindungen wie den obigen quasi alleine bin ... entweder die Leute wissen nichts von meiner Vergangenheit, oder aber sie würden es nicht verstehen (können). Was man ihnen nicht ankreiden kann. Wenn wir nicht alle so weit in Deutschland und der Welt verstreut wären, würde ich fast so etwas wie eine Forums-Selbsthilfegruppe in persona vorschlagen.

Marle, was mir noch dazu einfällt ... hm, also ich habe gestern noch eine Bewerbung abgeschickt, zwar dieselbe Sparte, aber anderer Arbeitgeber. Außerdem nicht so viel Fahrzeit (momentan fahre ich jeden Tag 60 bis 70 km). Ich weiß nicht, ob das eine Eigenheit von Süchtigen oder von Menschen, die traumatisiert worden sind, ist - diese "Angewohnheit", bei eigentlich unaushaltbar erscheinenden Zuständen in so einen "passiven Modus" zu schalten. Ich bin leider ziemlich "gut" darin. Eben im Aushalten, Ertragen, Erleiden, und das ohne Not eigentlich. Finanziell habe ich etwas angespart, ich zahle keine Miete, ich KANN wechseln. Es ist super dämlich. Natürlich, mit etwas Aufwand und Risiko ist das schon verbunden. Und, wenn ich nichts hätte, einfach kündigen, das wäre schon suboptimal (auch für mein Selbstwertgefühl) ... Andererseits, dieses ist eh schon in Mitleidenschaft gezogen. Wenn ich ernsthaft erwäge, rückfällig zu werden, was habe ich dann zu verlieren?

Ich denke immer, das MUSS so ein. Vielleicht würde ich mich ja einfach nur anstellen. Oder ist nur eine Phase ... halte durch.
(Im Freudschen Sinne könnte man vielleicht sagen, ein übersteigertes, obermoralisches sadistisches Über-Ich).

Ich halte mich dann damit so lange hin, bis es mir so schlecht geht, dass mich dieser Zustand vollumfänglich lähmt. Das ertrage ich bis ins buchstäblich Unerträgliche - und der Rückfall wie die gnädigste Variante von allen erscheint (erstmal - was folgt, ist bekannt ...).
Das war oft eine Strategie in meinem Leben, wenn mir etwas nicht mehr gefallen hat. Anstatt, dass ich die Eier hatte zu kündigen, habe ich das Ganze den Rückfall erledigen lassen. Für mich war das danach gleichzeitig immer eine Art Neuanfang. Ein Neuanfang, den ich momentan auch gebrauchen könnte, aber es wäre mal ein Novum, das aktiv anzugehen, anstatt sich vollkommen passiv hingeben und rausschmeißen oder in die geschlossene mobben zu lassen.

Gnädig mit sich sein, das ist gut. Ich übernehme viel zu oft negative Vorstellungen von mir, die andere haben. Die Wut, die eigentlich jemandem anderem gegolten hätte, agiere ich an mir aus.

Ach ja, und Nooria. Ja, Burn-Out, sowas kann schlimmstenfalls passieren. Meine momentanen Empfindungen zeigen mir jedenfalls die Richtung bzw. auch, wo ich auf Dauer nicht werde bleiben können. Der Tipp mit dem Bauchgefühl ist gut.

So, gibt Arbeit zu erledigen Wink
(Seit halb 6 schon wieder on the Job)

MAXI
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Dr.Mabuse
Foren-Guru
Foren-Guru


Anmeldungsdatum: 19.02.2015
Beiträge: 4074

BeitragVerfasst am: 13. Jan 2022 08:13    Titel: Antworten mit Zitat

ich hab auch gedanken mal wieder ein bier zu trinken,aber wenn ich mir vorstelle das schmeckt mir,dann stell ich mir schon vor das 2 te kann kommen...ab da ist der kontrollverlust eigentlich schon im vollem gange...

und wenn das 2te bekommt,dann wird über den griff zum 3ten nicht mehr nachgedacht...3 stunden später ists dann vielleicht schon das 8te...

weil man dann schlechtes gewissen hat wieder getrunken zu haben trinkt man vermutlich dann wieder so lange bis man gar nix mehr süürt und gar nix mehr denken kann...

wie sieht der nächste morgen aus ?

alice im wunderland sag ich nur ...

Für was das alles?

es würde sich doch auch niemand in die bronx stellen mit einem Schild um den hals "i hate nigger"...

oder etwa doch...

ja doch...wir süchtige shon...
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