wieso gibts eigentlich keine "Depressionsberatung"

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Gast





BeitragVerfasst am: 24. Feb 2009 00:12    Titel: wieso gibts eigentlich keine "Depressionsberatung" Antworten mit Zitat

Keine Ahnung ob ich hier richtig bin, aber ich muß jetzt einfach mal schreiben.
Ich schliddere grad wieder mal ins Depri-Loch. Ich find das so sch....
Vor allem, weil ich ja nicht weiß ob und wann ich da wieder raus finde.
Ich hab viele Jahre in so einem Loch fest gesteckt und es war vermutlich nur dem Umstand das ich eben keine entsprechenden Leute kannte zu verdanken, das ich immer noch "drogenfrei" bin. Also außer Nikotin und Koffein Smile
Als diese lange Depri-Phase in einem Suizidversuch ausartete kam ich in ne Klinik und lernte dort auch Abhängige kennen. In Gesprächen kam dann raus, das die eigentlich auch "nur" depressiv waren und ihr Heil dann eben in Drogen gefunden haben.
Da frag ich mich doch - im Hinblick auf Suchtprävention - warum gibt es eigentlich keine Depressionsberatung?? Drogenberatung gibt es ja - wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist.
Warum gibt es keine Anlaufstellen in denen darauf spezialisierte Kräfte sitzen, die einen dann an die Hand nehmen und einem da raus helfen?? Die einem helfen einen Therapie-/Kurplatz zu finden. Die mit einem Gespräche führen, so daß man vielleicht den Grund für die Depression rausfindet?
Zu so einer Stelle - erst recht, wenn's (anfangs) anonym ist - würde ich (und sicher viele andere die Hemmungen haben) 1000x eher hingehen als zum Hausarzt.
Aber nee...ist man "nur" depressiv, steht man allein da. Man kann sich eh zu nix aufraffen. Einen "passenden" (Kassen-)therapeuten zu finden ist ja schon schwer genug, dann kommen noch elend lange Wartezeiten dazu.
Ich denke die letzten Tage echt vermehrt darüber nach Speed oder so zu nehmen (weiß nur noch nicht wie ich dran kommen soll). Hätte ja gleich viele "positive" Effekte...man hat wieder Power, ein bissel mehr Selbstvertrauen, nimmt ab....und wenn's dann nimmer "gut" kommt, dann kann man ja zur Drogenberatung gehen.
Ist doch paradox, das es erst soweit kommen muß.
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miramööp
Silber-User
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Anmeldungsdatum: 10.11.2008
Beiträge: 163

BeitragVerfasst am: 24. Feb 2009 02:21    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Gast,

ich denke schon dass es bei Depressionen auch Anlaufstellen gibt. Beispielsweise hat sogut wie jede psychiatrische Klinik auch eine Ambulanz, zu der man erst mal gehen kann. Du kannst dir auch aus dem Telephonbuch und bei deiner KK Nummern von Therapeuten suchen oder im Internet Online-Beratungen wahrnehmen,kannst die Telephonseelsorge anrufen der eben zum Arzt gehen.

Was du schreibst klingt in meinen Ohren ein bißchen so, als würde es dich stören, als Depressiver weniger institutionale Aufmerksamkeit zu bekommen als ein Suchtkranker? Meinst du, dass Depressionen allgemein nicht ernst genug genommen werden, nicht so "ernst" wie Sucht?
Das passt so ein bißchen zu dem Gedanken, ich nehm jetzt auch mal Drogen und werde süchtig (ich weiß nur noch nicht woher) damit mich endlich jemand beachtet und mir hilft? Vergiss es.
Tut mir leid wenn das jetzt sehr direkt von mir ist. Aber so kam's für mich rüber. Und da unterliegst du einem ganz großem Irrtum. Ausser die aufmerksamkeit in Form von Repression,diegibt's natürlich. Aber ich glaube nicht,dass du gerade die wolltest?


Was auch immer du dir versprichst, wenn du planst Drogen zu nehmen: Wenn die Depressionen, die du jetzt hast, dir schon reichen, dann lass das mit den Drogen erst mal stecken. Mit allergrößter Wahrscheinlichkeit hast du dann, wenn du erst mal ne Quelle hast und dich vorgearbeitet hast, am Ende Depressionen, dass du dir die jetzigen zurückwünschst.
Das liegt sowohl an den biochemischen Reaktionen, den Veränderungen im Hirnstoffwechsel als auch den äußeren Umständen.

Als Depressiver bist du unschuldig. Jeder versucht dir irgendwie zu helfen, schließlich bist du krank und kannst nix dafür. Süchtige sind auch krank und können nix dafür, aber trotzdem werden sie meistens eher wie Verbrecher behandelt (schon die Tatsache,dass das was man nimmt illegal ist, reicht, da musst du nicht mal wirklich kriminell werden).Die Leute werden sich von dir abwenden, weil man ja weiß: Süchtige müssen erst bis über beide Ohren im Dreck stecken, bevor sie vernünftig werden. Man wird dir vorwerfen dass du dir dein Leben versaust, dass du charakterschwach und nutzlos bist, allen auf der Tasche liegst. In der Therapie werden sie dir sagen, schuld sind die Drogen (und du dachtest dass das endlich was ist das dir hilft, ein Medikament) und du musst sie weglassen, dann wird alles gut. Du glaubst ihnen, aber es geht dir einfach nicht besser. Du verlierst den letzten Funken Selbstwertgefühl... Wenn du sagst: aber ich hatte doch schon vorher Depressionen, sagen sie dir, ja, sicher, aber die kommen von den Drogen!

Du hast natürlich recht, viele Menschen haben erst eine psychische Grunderkrankung und nehmen dann irgendwann im Leben Drogen, auf denen sie hängen bleiben. Abhängigkeit ist mit Sicherheit sehr oft (vielleicht immer) ein Kennzeichen bzw ein Symptom einer vorher bestehenden Grunderkrankung. Viele nehmen zum Beisp. Opiate als Selbstmedikation, dazu gibt es auch Studien. Auch andere Süchte dienen erst mal als Krücke,mit denen es sich eine Weile überleben lässt. Und dann bricht alles zusammen.
Man kann daraus eine Sucht entwickeln, muss es aber nicht. Da kommen noch viele mehr Faktoren hinzu.
Aber als Süchtiger zu sagen, ich kann nix dafür ich war depressiv,das funktioniert nicht. In dem Moment,in dem du als Depressiver Drogen nimmst, wechselst du die Seiten von der relativ geschützten und umsorgten Kranken-rolle zum charakterlosen deliquenten Nichtsnutz.

Also such dir bitte adäquate Hilfe. Aber, wie jeder der etwas will, musst du dich auch drum kümmern. Nur zu sagen mir gehts so schlecht und keiner hilft wird wirklich nicht helfen. Wenn du süchtig wärst, käme die Hilfe auch nicht einfach so zu dir. Du kannst als Süchtiger auch einfach in der Gosse verrecken und kaum einen stört's. Wenn du als Süchtiger Hilfe suchst, musst du verdammt hart dafür kämpfen,du musst dir sogar erst mal ein Anrecht auf Hilfe erkämpfen und immer wieder beweisen, dass du es auch ernst meinst, dass du die Kosten überhaupt wert bist.

Stell dir das mal für einen "normalen Depressiven" vor. Du willst in die Psychiatrie, weil du angst hast dass du nicht mehr lange durchhältst, weil du kurz vorm aufgeben bist, und du bekommst gesagt: Gut, dann rufen sie ab heute jeden Tag um Punkt 8 hier an und melden sich. Das machst du dann so 3 Wochen lang. Ohne dass dir jemand sagen kann, wann du rein darfst. "Rufen sie morgen noch mal an, dann sehen wir weiter" Wenn du mal verschläfst, wirst du angemotzt und in der Liste wieder nach hinten gesetzt. Oder stell dir vor, du willst ein Medikament, dass Depressionen löst. Also ein Antidepressium, und in deiner Stadt gibt es 3 Ärzte, die das verschreiben. Allerdings haben die leider alle in absehbarer Zeit keinen Platz fürdich frei, um dich mit dem Medi zu therapieren. Wenn du solange überlebt hast, dass du es bekommst, musst du es jeden einzelnen Tag dort abholen. Ständig wird dir unterstellt, dass du es an andere Depressive weiterverkaufst, und alle paar Tage musst du Urin abgeben und beweisen, dass du kein Alkohol, kein Nikotin, Koffeein, weißen Zucker oder Schweinefleisch zu dir nimmst. Wenn du paar mal erwischt wirst, fliegst du raus.
Um nur mal ein paar Beispiele zu nennen. Die Depressiven-Beratung wäre dafür da, andere Menschen vor Leuten wie Dir zu warnen, ihnen zu sagen dass sie dich vielleicht besser fallen lassen oder einweisen sollen; Depressionen auf schlicht emotionaler Ebene zu verteufeln, gibt viele bunte Broschüren in denen steht, wie gefährlich depressive Gedanken für Körper und Geist sind und wie sehr sie die Lebenserwartung senken. Die Beratung... naja wenn du Glück hast, gibt man dir ein paar Adressen. Ein paar Termine, bei denen du über dich erzählen, dir die Weisheiten derer anhören darfst, die Depressionen nur aus Büchern kennen dir in etwa Tipps geben wie: "na das wird schon wieder" oder "reißen sie sich doch mal zusammen!". Evl ist mal einer verständnisvoll und versucht tatsächlich dir unter die Arme zu greifen... Allerdings nur, solange du dich an seine Spielregeln hältst. Und eigentlich haben die da schon so viele Depressive gesehen, dass sie einfach kaum noch den Menschen sehen. Nur eine Krankheit. Und deren Träger sind sie einfach überdrüssig...

Einem Depressiven versucht man zu vermitteln, dass er einen Grund hat, Selbstbewusst zu sein,und so wird er auch eher mit Achtung behandelt. Einem Süchtigen wird meistens vermittelt, dass er ein niemand ist, der keinen Anspruch auf irgendetwas hat und sich gefälligst an die Regeln halten soll: Hör auf, süchtig zu sein! Hör sofort auf, depressiv zu sein!

Nichts gegen Drobse-Leute und Therapeuten: sicher gibt es welche, die versuchen Süchtige respektvoll zu behandeln und helfen wollen. Aber der Grundton in der ganzen Diskussion, im Umgang mit Süchtigen. ist meinem empfinden nach der beschriebene.

Und jetzt überleg dir noch mal, ob du wirklich meinst, als Süchtiger hättest du bessere Karten in diesem Spiel. Bessere Hilfsmöglichkeiten. Mehr Aufmerksamkeit. Niemand nimmt dich an der Hand, du musst dich mit deinen eigenen Händen durch deinen Dreck wühlen. Allerdings ist es auch bei jeder anderen psychischen Krankheit so, dass dich keiner retten wird, du musst es selber machen.

Suchtprävention? Das ist ein bißchen Pflicht-Aufklärung,nichts halbes und nichts ganzes, was die Leute oft erst neugierig macht.Propaganda zum Teil, unter der Süchtige dann leiden dürfen.

So, ich will dich hiermit auf keinen Fall persönlich angreifen. Ich hab mich nur etwas aufgeregt, über den Tonfall, über den Inhalt. Nimm es bitte nicht zu persönlich, ich kenne dich ja noch nicht mal. Vielleicht hast du Recht, und man könnte mehr tun für Depressive. Eigentlich für alle Kranken. Aber es ist einfach naiv zu glauben, dass Süchtige irgendeine Art von Privilegien genießen würden. Wir sind genauso hilflos und uns selbst überlassen wie alle anderen Kranken, nur dass man uns noch dazu vermittelt, wir sind schuldig, wertlos, asozial und so weiter.

Und auch du scheinst ja irgendwo zu denken, Süchtige machen sich ein schönes Leben und wenns nicht mehr passt, werden sie schön aufgefangen und in ein weiches Bett gelegt. Aber so ist es halt nicht. Ich will an dieser Stelle und hiermit nicht jammern, wie schlecht es mir geht. Mir geht es gut. Aber ich sehe das Gesamte, und da werden Süchtige einfach überhaupt nicht erst wie andere Patienten behandelt. Lies mal in den andere Threads, wie dieLeute von ihren Ärzten behandelt werden. Von daher, hat man es mit jeder anderen Krankheit "besser", weil die Leute einem wenigstens nicht so viel Ablehnung und Misstrauen entgegenbringen, was die Krankheit auch noch fördert
schönen Gruß, Mira


Zuletzt bearbeitet von miramööp am 24. Feb 2009 03:23, insgesamt 2-mal bearbeitet
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bright
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Anmeldungsdatum: 09.11.2008
Beiträge: 733

BeitragVerfasst am: 24. Feb 2009 02:38    Titel: Re: wieso gibts eigentlich keine "Depressionsberatung&q Antworten mit Zitat

Anonymous hat Folgendes geschrieben:
Keine Ahnung ob ich hier richtig bin, aber ich muß jetzt einfach mal schreiben.
Ich schliddere grad wieder mal ins Depri-Loch. Ich find das so sch....
Vor allem, weil ich ja nicht weiß ob und wann ich da wieder raus finde.
Ich hab viele Jahre in so einem Loch fest gesteckt und es war vermutlich nur dem Umstand das ich eben keine entsprechenden Leute kannte zu verdanken, das ich immer noch "drogenfrei" bin. Also außer Nikotin und Koffein Smile
Als diese lange Depri-Phase in einem Suizidversuch ausartete kam ich in ne Klinik und lernte dort auch Abhängige kennen. In Gesprächen kam dann raus, das die eigentlich auch "nur" depressiv waren und ihr Heil dann eben in Drogen gefunden haben.
Da frag ich mich doch - im Hinblick auf Suchtprävention - warum gibt es eigentlich keine Depressionsberatung?? Drogenberatung gibt es ja - wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist.
Warum gibt es keine Anlaufstellen in denen darauf spezialisierte Kräfte sitzen, die einen dann an die Hand nehmen und einem da raus helfen?? Die einem helfen einen Therapie-/Kurplatz zu finden. Die mit einem Gespräche führen, so daß man vielleicht den Grund für die Depression rausfindet?
Zu so einer Stelle - erst recht, wenn's (anfangs) anonym ist - würde ich (und sicher viele andere die Hemmungen haben) 1000x eher hingehen als zum Hausarzt.
Aber nee...ist man "nur" depressiv, steht man allein da. Man kann sich eh zu nix aufraffen. Einen "passenden" (Kassen-)therapeuten zu finden ist ja schon schwer genug, dann kommen noch elend lange Wartezeiten dazu.
Ich denke die letzten Tage echt vermehrt darüber nach Speed oder so zu nehmen (weiß nur noch nicht wie ich dran kommen soll). Hätte ja gleich viele "positive" Effekte...man hat wieder Power, ein bissel mehr Selbstvertrauen, nimmt ab....und wenn's dann nimmer "gut" kommt, dann kann man ja zur Drogenberatung gehen.
Ist doch paradox, das es erst soweit kommen muß.

Ich finde auch, dass Du die Drogen auch ohne illegalen Umweg direkt vom Arzt kriegen solltest. Ist mein Ernst. Und zwar schon zu dem Zeipunk, zu dem man sich Jahre-Zehnte später dann in Kindheitsaufarbeitung zurückbegeben muss.
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