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Leviathan Gold-User
Anmeldungsdatum: 30.03.2013 Beiträge: 983
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Verfasst am: 20. Sep 2013 20:06 Titel: Sucht und anerkannt schwerbehindert? |
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Liebe Foris,
ich weiß nicht, ob das Thema schon mal diskutiert wurde.
Wir Druffis sind durch unsere Sucht gehandicapt. Viele von uns Druffis leiden auch unter komorbiden Störungen wie Depris u.ä. unschönen Dingen.
Wie sieht das aus mit der Anerkennung als Schwerbehinderter? GdB ab 50 Prozent? Hat da jemand Erfahrungen?
Vorteile hätte eine solche Anerkennung durch aus. Für diejenigen von uns, die arbeiten: Schärferer Kündigungsschutz; 5 Tage mehr Urlaub. Generell: Vorteil bei der Einkommensteuer und viellecht noch einige givings mehr...
Hat jemand Erfahrungen im Umgang mit den Versorgungsämtern? Ist jemand von Euch anerkannt worden? Welche Schwierigkeiten gab es?
Wie sie sieht es mit der Schweigepflicht für die Verwaltungsangestellten des Amtes aus etc.etc.?
LG, Leviathan |
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newlife Platin-User
Anmeldungsdatum: 30.11.2011 Beiträge: 1844
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Verfasst am: 20. Sep 2013 20:14 Titel: |
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als ich auf Alkentwöhnung war, hat es das tatsächlich gegeben. Da hatten einige einen GdB wegen Sucht.
Wenn du noch was anderes dabei hast, kann da tatsächlich was gehen. Ich habe auch eine Angsterkrankung, die sich durch die Sucht so richtig ausgeprägt hat. Zuvor war sie vielleicht latent vorhanden.
Ich will aber auch die Nachteile mal aufzeigen. Einen GdB musst du angeben und du bist sozusagen abgestempelt als Druffi. Ich werde sowas nicht machen, wir sind trotz unserer 'psychischen Fehlbildungen' auch nicht ganz unschuldig an der Sucht. Ich bin zwar offen, was das Thema angeht, renne aber bestimmt nicht mit nem Schild durch die Gegend. |
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Nehell Gold-User
Anmeldungsdatum: 14.06.2013 Beiträge: 802
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Verfasst am: 20. Sep 2013 21:24 Titel: |
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So weit ich gehört habe gilt von Amtswegen ein Behindertenstatus
15 - 20 Jahre, so lange bekommt man auch einen Schwerbehindertenausweis ausgestellt.
Natürlich kann man Widerspruch gegen einen solchen Behindertenstatus
einlegen, aber ob man damit dann durchkommt ?
Ich weiß nicht ob eine schwere Suchtproblematik mit Drogen in
die Kategorie körperliche oder seelische Behinderung fällt,
aber bei zweiter wird es ziemlich schwer werden,
diesen Status bei Ämtern, Arbeitgeber usw. wieder zu revidieren.
Man sollte sich gut überlegen ob man sich einen Schwerbehindertenstatus
ausstellen lässt um in erster Linie Kündigungsschutz zu bekommen.
Anspruch und Realität sehen meistens so aus, das man als
Schwerbehinderter ausser in Reha-Einrichtungen selten einen Job
auf dem ersten Arbeitsmarkt bekommt. Und wenn bekannt wird,
das man einen solchen Status hat, wird man eher gemobbt oder
bekommt vielleicht keine anspruchsvolleren Arbeiten mehr
aufgetragen, wenn Einsparungen an Personal bevorstehen.
Dann nutzt der Kündigungsschutz auch nichts
wenn der Job zur Hölle wird.
Ohnehin ist heute ja so, das falls man nicht gerade verbeamtet
ist, man häufiger mal seinen Arbeitsort wechseln muss.
LG
Nehell |
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Nehell Gold-User
Anmeldungsdatum: 14.06.2013 Beiträge: 802
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Verfasst am: 20. Sep 2013 21:35 Titel: |
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Ich kenne eine Frau die Heroinabhängig war, im Methadonprogramm ist
und auch einen Schwerbehindertenstatus hat. Allerdings tingelt die
unter der Woche jeden morgen zur örtlichen Reha-Werkstatt wo anders
kann die nicht mehr hin und die stellt auch keiner mehr ein.
( Ist anfang 40 und war lange Jahre nur in der Szene und ist
keiner Arbeit nach gegangen )
Manchmal sehe ich sie wie sie wie eine alte Rentnerin mit Schläuchen
in der Nase durch die Stadt läuft, die sie im Krankenhaus bekommen hat.
Mir hat sie erzählt das die Antragstellung ziemlich schnell über die Bühne
geht. Du musst nur irgendein Formblatt ausfüllen, dann bekommst du
nach einer Woche den Bescheid vom Versorgungsamt und ein paar
Wochen später einen Schwerbehindertenausweis.
Schweigepflicht nach § 203 StGB ist immer so eine Sache.
Ich habe einen Bekannten der als Sozialarbeiter arbeitet und mir
immer mal erzählt, das diese eigentlich gar nicht eingehalten
wird. Natürlich ist es strafbar zu erzählen, das der Herr oder
die Frau XY in der Reha-Werkstatt ist und schwerbehindert und
da und dort wohnt. Aber wer will das nachweisen, außer er nimmt
es zufällig mit seiner Handykamera auf ?
Die Sozialarbeiter haben keine Schweigepflicht nach § 203 StGB
wie Ärzte, Staatsangestellte und Psychologen theoretisch können
die als Lästermaul-Infothek überall fungieren.
LG
Nehell |
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newlife Platin-User
Anmeldungsdatum: 30.11.2011 Beiträge: 1844
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Verfasst am: 20. Sep 2013 21:42 Titel: |
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ich könnte das machen, wenn ich wollte. Bin Angestellter, gehöre zum Inventar, weil schon seit über 15 Jahren dabei. Beruflich ist bei mir Schicht im Schacht. Ich kann aufgrund fehlendem Studium nicht weiterkommen und woanders bekomme ich nicht so eine Anstellung. Ich bin erst 42, aber diesbezüglich leider perspektivlos. In früheren Jahren hab ich auch öfter mal gewechselt, hatte 3 Arbeitsstellen bisher. Es ist einfach etwas entmutigend, wenn du weißt, das wars jetzt. Ist aber einfach nicht mein Stil, mich auf meinen Süchten auszuruhen und dadurch noch Vorteile genießen. Kündigen auf normalem Weg geht bei mir sowieso nicht mehr. Eher werde ich berentet, wenn ich gar nix mehr blicke. |
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Leviathan Gold-User
Anmeldungsdatum: 30.03.2013 Beiträge: 983
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Verfasst am: 21. Sep 2013 11:38 Titel: |
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Vielen lieben Dank für Eure Antworten
Ja, Vorteile und Nachteile sind gegeneinander abzuwägen.
Bei dem jetzigen Arbeitgeber arbeite ich seit 15 Jahren. Auch in meinem Betrieb, ca. 1900 Mitarbeiter in Deutschland, sollen mehrere hundert Stellen abgebaut werden. Mit einem Alter von Anfang 50 und einer vernünftig dotierten Position mit einem Nettogehalt von ca. 2.700,00 EUR wechselt man da nicht mal so eben den Arbeitgeber.
Schwerbehinderte dürfen nicht diskriminiert werden. Die Praxis sieht allerdings, wie immer, anders aus.
Ich denke, dass eine gute Beratung immer hilfreich ist. Mir persönlich würde eine Anerkennung mit einem GdB von 50 Prozent Vorteile bringen, wobei die Suchtproblematik nicht aktenkundig werden sollte. Der Grund für die "Behinderung" müsste dann ein anderer sein
LG Leviathan |
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Speechless Gold-User
Anmeldungsdatum: 07.10.2011 Beiträge: 673
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Verfasst am: 21. Sep 2013 11:51 Titel: |
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Es ist egal welcher Grund eingetragen wird da dort nicht explizit Sucht geschrieben wird sondern immer nur Kürzel.Ausserdem muss man niemandem mitteilen warum man einen Schwerbehindertenausweis hat sondern nur DAS man einen besitzt und wie hoch der BH Grad ist. |
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lämmchen Foren-Guru
Anmeldungsdatum: 09.02.2012 Beiträge: 3754
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Verfasst am: 21. Sep 2013 17:29 Titel: |
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Hallo Levi ,
ich bin nicht wegen der Sucht schwerbehindert, sondern wegen meiner Wirbelsäulenproblematik und noch einigem dazu...
Aber ich hab ein wenig Erfahrung machen "dürfen" wie der Verwaltungskram etc. abläuft. Formulare, Formulare...bis zur Bahre...
Du musst über den Grad der Behinderung von 50 kommen. Genau 50 reichen nicht. Das ist so die magische Grenze. Wobei Du steuerliche Begünstigungen schon ab einem GdB von 30 hast...
Wenn Du die Schwerbehinderung beantragen möchtest, mach das wegen Depressionen, das geht fast immer...Aber ob Du damit über 50 kommst? Wohl eher nicht, leider. Zur Beratung kannst Du auf alle Fälle gehen. Musst Dich beim zuständigen Versorgungsamt melden.
Dann, wenn Du doch beantragen möchtest, mach Dich auf eine langwierige Phase gefasst und es erfolgen fast immer Begutachtungen durch Ärzte...das ist ein Thema für sich. Die "kennen" Dich nur aus dem Papier, aus einer Untersuchung und "urteilen" dann über Dich. Mahlzeit! Oft ist es so, das der erste Antrag abgelehnt wird. Du hast aber das Recht, innerhalb von 4 Wochen in den Widerspruch zu gehen. Ich rate jedem dringend, davon Gebrauch zu machen.
Wenn man eine Rechtschutzversicherung hat, dann am besten alles mit dem Anwalt durchziehen. Verspricht mehr Erfolg und eine viel bessere Formulierung im Widerspruchsverfahren.
Viel Glück wünsch ich Dir, so oder so.
Liebe Grüsse von Lämmi
P.S. Ganz wichtig: Du wirst gezwungen, alle Deine behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht zu entbinden...dafür musst Du unterschreiben... |
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Leviathan Gold-User
Anmeldungsdatum: 30.03.2013 Beiträge: 983
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Verfasst am: 21. Sep 2013 18:30 Titel: |
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Hallo Lämmi,
Lieben Dank für Deine Infos.
Ich frage mich, ob es den Aufwand Wert ist, so eine Ochsentour durchzuziehen. Depression, und zwar therapierefraktär, wäre der Grund. Deshalb, weil mir nichts hilft, nehme ich ja Subutex. Dass aber will und werde ich aus gutem Grund keiner Behörde auf die Nase binden.
Alles hat Vorteile, zugleich Nachteile.
Vorteil meiner privaten Substitution: keine Krankenkasse, kein Amt ( außer Opiumstelle, und da bin ich nur eine Nummer ) weiß davon.
Nachteil: es kostet mich viel, viel Geld.
Ich spreche mal mit meinen Ärzten...
Alles Liebe für Dich, liebe Lämmi |
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