Das Leben mit Aufputschmitteln

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gast12345
Anfänger


Anmeldungsdatum: 06.07.2009
Beiträge: 1

BeitragVerfasst am: 6. Jul 2009 14:01    Titel: Das Leben mit Aufputschmitteln Antworten mit Zitat

Hallo Leute!

Ich würd Euch ganz gerne mal etwas über einen Teil meines Lebens erzählen. Es geht um Schule, Medikamenten- und Drogensucht.
Bis zur 12. Klasse war ich in der Schule eher einer der faulen Schüler. Ich hatte nie wirklich Motivation, mehr als das Nötige für die Schule zu tun. Das erste mal auf die Schnauze gefallen bin ich in der achten Klasse – ich musste eine Ehrenrunde drehen. Doch so wirklich gelernt habe ich daraus auch nich. Die Ehrenrunde habe ich zwar geschafft aber die Jahre danach waren auch nicht leichter für mich. Mit 16 habe ich im Internet dann einen Artikel über das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS) gelesen und ich war überrascht, dass doch so viele dort beschriebene Symptome auf mich passten, wie die Faust aufs Auge.
Bereits am nächsten Tag habe ich nach Spezialärzten für dieses Gebiet gesucht und auch einen sehr engagierten Arzt gefunden und mit ihm einen Termin vereinbart. Nach dem Durchlaufen von diversen Tests (Aufmerksamkeit, IQ, Konzentration etc.) , die sich auf ca. 10 Stunden verteilt haben, habe ich dann auch einige Tage später mein Ergebnis bekommen: ADS, der hypoaktive (ruhige) Typus. Mein Arzt hat mir dann von dem erfolgsversprechenden Medikament Ritalin erzählt und mich von der regelmäßigen Einnahme überzeugt. Anfangs haben die Tabletten bei mir super angeschlagen – ich war morgens nicht mehr so müde, meine Konzentration hat sich auf allen Gebieten schlagartig verbessert, ich war gut gelaunt (schon fast euphorisch) und meine privaten und schulischen Aufgaben habe ich alle erledigen können. Irgendwann merkte ich, dass ich mehr von den Tabletten brauche. Ich habe also, ohne Absprache des Arztes, meine Dosis von 30mg schnell auf 100mg oder manchmal auch 200mg (das sind 20 Tabletten!!) erhöht. Die Folgen davon waren weitgehend: ich war den ganzen Tag über euphorisch, konnte mich immer noch super konzentrieren und meine Aufgaben erledigen, doch mein Appetit war gar nicht mehr da. Ich hatte den ganzen Tag über großen Hunger aber habe nichts essen können. Ich habe innerhalb von wenigen Monaten ca. 15kg abgenommen – ich war untergewichtig und habe erstmalig gemerkt, dass es so nicht weitergehen kann. Ich wollte das ganze gerne absetzen aber ich habe mich einfach nicht getraut, mit meiner Familie, Freunden oder mit meinen Arzt zu reden, da ich davor Angst hatte, kein Ritalin mehr verschrieben zu bekommen, mit der Folge schlecht in der Schule zu werden (ich hatte immerhin meine Zensuren in jeden Fach von einer 5 auf eine 1-2 verbessert). Zu der Zeit bafand ich mich in der zwölften Klasse und ich hatte noch ca 1,5 Jahre bis zum ersehnten Abitur. Ich bafand mich also in einem Teufelskreis. Mein Entschluss war also, dass ich die Tabletten weiternehme, da mein größtes Ziel das Abitur ist. Doch leider hielt die doch noch so positive Wirkung von Ritalin nicht mehr lange an. Ich bekam weitere Nebenwirkungen, wie Angstzustände und einen Tremor in den Händen (Zittern), die aber bei abnehmender Wirkung verschwanden. Zu den Angstzuständen muss ich sagen, dass ich zu Hause immer Angst davor hatte, dass jemand in meine Wohnung einbricht. Ich weiß und wusste, dass das totaler Schwachsinn ist, doch ich konnte nichts dagegen machen. Ich habe den ganzen Abend über an den Türen gelauscht, ob irgendwelche Geräusche wahrzunehmen sind – über Stunden bis tief in die Nacht. Ich kam mir also schon leicht verrückt vor. Dementsprechend konnte ich mich also auch nicht mehr auf meine Hausaufgaben konzentrieren und meine Noten sind somit wieder gefallen. Irgendwann hatte ich also keine Lust mehr, mein Medikament einzunehmen. Die restliche Zeit bis zum Abitur habe ich ohne medikamentöse Hilfe schaffen müssen und siehe da: ich habe es geschafft – zwar nicht gut aber immerhin Smile !
Ein halbes Jahr später habe ich dann mit einem Bekannten eine WG gegründet. Von Ritalin war ich zu dieser Zeit weg. Eines Abends hatte mein Mitbewohner dann plötzlich Kokain mitgebracht. Da ich mit Drogen nie etwas zu tun hatte, interessierte mich die Wirkung schon enorm. Ich zog also eine Line und ich fühlte mich fast so, wie unter Ritalin. Auch die Nebenwirkung Angst kam wieder, so wie ich sie bereits kannte. Aber das Suchtpotenzial von diesem Zeug ist wirklich so stark. Geld dafür habe ich allerdings nie ausgeben müssen, da es in seinen Kreisen üblich war, dass Gäste nichts zahlen mussten. Eine Wirkung wie die meisten Leute sie kennen, wie Euphorie, Rededrang, Kreativität usw. kam bei mir nie zum Vorschein. Ich wurde sehr ruhig, war leicht verwirrt aber die stimulante Wirkung empfand ich immer als sehr angenehm. Wir gingen oft auf Parties und da ich mein Abi in der Tasche hatte und auf meinen Studienplatz warten musste, hatte ich viel Zeit und lebte einfach nur in den Tag hinein. Irgendwann kam mir der Gedanke, mal etwas Gras zu rauchen. Durch meinen neuen Kontakte war die Beschaffung nicht sehr schwer. Gedacht, getan Smile
Ich rauchte also Gras im Wert von 20EUR am Tag weg und ich fühlte mich halt durchgehend breit.
Das ganze ist jetzt ca. ein Jahr her und ich gönne mir immer noch ab und zu den einen oder anderen Joint – einfach zum abschalten. Ich weiß, dass das der falsche Weg ist aber ich muss sagen, dass ich schon sehr anfällig für süchtig machende Dinge bin – ich trinke zwar nur 1-2 mal im Monat Alkohol, da ich so leicht einen Kater bekomme aber Zigaretten, Koks und Ritalin reicht doch auch schonmal aus, um so eine Aussage zu treffen. Andere Drogen würde ich allerdings niemals anfassen.
Nach einem halben Jahr wurde ich dann auf der Uni angenommen. Durch ich fühlte mich schnell überfordert. Bereits nach ein paar Wochen habe ich die Uni geschmissen und ich lebte wieder in den Tag hinein. Vor einigen Wochen bin ich dann aus der WG gezogen und wohne nun alleine. Seitdem ist auch das Koksen nicht mehr vorgekommen und ich vermisse es gar nicht. Mein Problem ist jetzt nur, dass meine Konzentration noch nie so schlecht wie zuvor ist und ich selbst bei Unterhaltungen schnell den Faden verliere. Somit habe ich mir also einen neuen Arzt gesucht, der mir ein neues Medikament gegen mein ADS verschreiben sollte. Anfangs hat er mir ein Antidepressivum verschrieben, das auch bei ADSlern helfen soll – ich verspürte nur eklige Nebenwirkungen und setzte es wieder ab.
Wieso ich Euch das alles schreibe: Überall hört man, dass Ritalin unter ärztlicher Aufsicht nicht abhängig macht. Meiner Meinung nach ist das absoluter Schwachsinn. Wie man an mir sieht, KANN Ritalin ein Einstig zu noch härteren Drogen sein. Bei richtiger Dosierung und strenger ärztlicher Aufsicht kann es bei der richtigen Patientengruppe durchaus helfen. Und auch die negativen Folgen habe ich noch zu spüren. Zum Ende möchte ich noch sagen: Ich hoffe, ich komme bald wieder auf den richtigen Weg, mit oder ohne Medikamente.
Bitte entschuldigt den langen Text Smile

Habt noch einen schönen Tag!
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lamy
Silber-User
Silber-User


Anmeldungsdatum: 11.10.2008
Beiträge: 171

BeitragVerfasst am: 10. Jul 2009 10:59    Titel: Antworten mit Zitat

hi
Also für alle nicht suchtaffinen menschen kann ritalin durchaus eine dauerhafte hilfe sein. Aber ehrlich gesagt habe ich bisher von noch niemandem gehört, der es länger genommen hätte (also ein paar jahre). Den meisten macht das ständige runterkommen und diese achterbahnfahrt zu schaffen und sie setzen es ab oder bekommen sogar amphetamine verschrieben. Aber dauerhaft nur auf ritalin klarkommen - habe ich so noch nicht erlebt.

Darf ich mal frage: Meinst du wirklich, dass das ritalin deinen einstieg in härtere drogen begünstigt hat? Zumindest so wie du es oben schreibst, klingt es so, als hättest du es so oder so genommen (da du neugierig warst). Ist mir nur aufgefallen.

Wünsche dir alles gute! Dass deine konzentration nach dem starken ritalin und dann auch noch koksmissbrauch nicht die beste ist, ist logisch. aber das müsste eigentlich mit der zeit wieder besser werden und sich auf deinem alten niveua wieder einpendeln.
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Johnny
Silber-User
Silber-User


Anmeldungsdatum: 20.07.2009
Beiträge: 106

BeitragVerfasst am: 31. Jul 2009 00:15    Titel: Antworten mit Zitat

Klingt für mich, als hätte ein Arzt diesen anonymen Brief geschrieben, der von einem Patienten handelt...
Nun ja. Mag sein, das manche Details gar nicht auf mich zutreffen und es in einer anderen Zeit spielt, aber die Geschichte klingt wie meine Eigene.
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