Sucht und Gefängnis

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ulla79
Gold-User
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Anmeldungsdatum: 17.03.2009
Beiträge: 908

BeitragVerfasst am: 26. Mai 2010 22:08    Titel: Antworten mit Zitat

Sucht und Gefängnis – mein Partner war auch im Knast und ich kann was ich weiß, auch von den Besuchen überhaupt nichts negatives sagen. Ganz im Gegenteil die Beamten haben sich immer wahnsinnig Mühe gegeben, einem irgendwie das Gefühl zu nehmen, dass man hier auch in dem Moment des Besuchens „eingesperrt“ ist. Durch Ihre Freundlichkeit haben sie einem schon irgendwie ein bißchen dieses mulmige Gefühl genommen, wenn man auch als Besucher durch die vergitterten Fenster schaut und die Kontrollen durchläuft.

Meiner Meinung nach ist nur, zumindest denke ich für einen Süchtigen ein Gefängnisaufenthalt ganz bestimmt nicht die richtige Möglichkeit! Die BTM-Taten sind ja meist nur aufgrund der Sucht geschehen, der Sühnegedanke der Haft ist da denke ich ein bißchen Fehl am Platz!
Es gibt zwar den § 35, aber ich denke es wäre für viele besser, es gäbe nur diese Möglichkeit!
Ich habe die Erfahrung bei meinem Partner gemacht, dass die Haftzeit war „gut“ war, da er clean war, aber danach wurde es nur schlimmer. Der Gefägnisentzug ist zwar gut, da man ja nicht fliehen kann, wie bei einem normalen Entzug, aber der psychische Entzug ist noch heftiger, weil eben noch der normale Gefängnisdruck dazukommt! Und eine so umfassende Betreuung wie in einer Therapie ist ja im Knast nicht möglich.

Zum anderen sind ja gerade bei BTM Sachen die Haftzeit oft kürzer als eine evtl. Therapie. Da denke ich mir, das der Faktor Zeit auch besser wäre um besser Abstand zu bekommen.
Andererseits spielen Abhängige ja auch bewusst mit dem Gedanken…
Außerdem ist es in Therapieeinrichtungen möglich die Kontakte zu anderen „aktiven“ Konsumenten zu unterbinden (Besuche nur erlaubt, wenn nachweislich nicht abhängig), im Gegensatz zum Gefängnis.

LG
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ThoMi
Anfänger


Anmeldungsdatum: 18.04.2010
Beiträge: 16

BeitragVerfasst am: 27. Mai 2010 19:19    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo!

Danke für die Antworten! Freue mich sehr über die sachliche Diskussion!

Ich habe andere Erfahrungen gemacht, deswegen komme ich zu der Theorie, dass die Droge am Fehlverhalten schuld ist.
Ich habe desöfteren Frauen erlebt, die liebevolle Mütter sind und auch aus dem Gefängnis heraus alles für ihre Kinder tun. Als sie aber voll drauf waren, haben sie das Sparschwein der Kinder geschlachtet und das Geld zum Kauf der Droge genutzt (kein Scherz!). Das hat so gar nicht zum eigentlichen Wesen der Frauen gepasst, als sie wieder "klar im Kopf" waren! Aber ansonsten stimme ich natürlich zu, es gibt in jeder Gesellschaftsschicht Menschen, die ein Fehlverhalten an den Tag legen, natürlich nicht nur Drogenabhängige!

Ich stimme der Aussage, dass Abhängige nicht ins Gefängnis gehören, nur teilweise zu. Denn wenn für alle der §35 gelten würde, müßte sich jeder bei einer Straftat in Therapie begeben. Das halte ich aber für Quatsch!
Die Erfahrung zeigt, dass nur der eine Therapie auch antritt und durchzieht, der aus eigenem Willen dort hingeht und nicht, weil ihn das Gericht verdonnert. Und im Gefängnis wird der §35 nur zu gerne genutzt, um aus den Haftbedingungen rauszukommen. Die Therapie an sich ist eigentlich nebensächlich. Manch einer zieht es dann durch, aber die meisten gehen auf dem Weg dahin bereits "verloren" oder hauen nach drei Tagen ab. Bitte nicht falsch verstehen, ich halte das Angebot trotzdem für eine gute Sache! Denn wenn es nur einer von zehn schafft, ist es das wert!

Ich war noch nie "kopflos" verliebt o.ä. Ich bin in solchen Dingen wohl insgesamt eher der Kopfmensch und tue mich schwer sowas nachzuvollziehen. War früher mal mit einem Musiker zusammen, der damit kein regelmäßiges Einkommen hatte. Ich habe mich von ihm getrennt, obwohl ich ihn sehr mochte. Meine Überlegung war, dass ich mit der ungewissen Einkommenssituation nicht ruhig leben kann, da ich damals noch in der Ausbildung war und nur ganz gering verdient habe, ihn also nicht mit durchziehen konnte. Das kann man jetzt für schrecklich halten, aber so bin ich! Eher der praktische Typ! Embarassed
Aber ich verstehe schon, was man mir sagen will, ich kann das halt nur schwer nachvollziehen.
GlG
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veilchenfee
Foren-Guru
Foren-Guru


Anmeldungsdatum: 18.12.2009
Beiträge: 4072

BeitragVerfasst am: 27. Mai 2010 22:20    Titel: Antworten mit Zitat

... und genau da liegt der Hund begraben, ThoMi: Du kannst es nicht nachvollziehen! Deswegen wirst Du - bei allem Engagement und gutem Willen - immer eine "Außenstehende" sein, eine von der anderen Seite. Und damit meine ich nicht Deinen Beruf.

Nur ein (ehemaliger) Süchtiger versteht, was los ist, und kann mit jemandem im Akutstadium so reden, dass der Leidende sich verstanden fühlt. Man muss die Leute da abholen, wo sie stehen! Die Weisheiten und Wahrheiten der Menschen ohne eigene Drogenerfahrung werden immer andere sein. Kein (Ex) Junkie würde sich so wie Du darüber wundern, dass man das Sparschwein seines Kindes schlachten kann. Derart tiefe Emotionen, wie sie eine Drogensucht auslösen kann, hattest Du vielleicht noch nie. Die tiefe Befriedigung, die eine Droge verschaffen kann, Kontrollverlust zu erleben, zu erleiden - und auch zuzulassen! Das sind Erfahrungen, die man eben nicht erklären kann.

Ich bin selbst als Kontrollfreak auf die Welt gekommen. Während meiner Sucht erlaubte ich mir erstmalig, auch vor Publikum zu weinen, zu schreien, zu schlagen. Das hätte ich mir vorher niemals gestattet! Und weißt Du was? Es hatte direkt was Befreiendes, obwohl es mir zu der Zeit wirklich nicht gut ging. Ich habe Grenzen überschritten und mich selbst dabei besser kennengelernt.

Grüße!
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ThoMi
Anfänger


Anmeldungsdatum: 18.04.2010
Beiträge: 16

BeitragVerfasst am: 28. Mai 2010 14:37    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Veilchenfee!

Ich möchte ehrlich gesagt auch lieber eine "Außenstehende" bleiben...
Deine Erfahrungen, die auch als befreiend empfunden wurden, kann ich nachvollziehen. Ich bin auch manchmal an einem Punkt angekommen, an dem ich einfach nicht mehr kann und schreie dann rum, bin nicht mehr kontrolliert und muß dann aus der Situation raus, um nicht wirklich was oder wen kaputtzuschlagen! Das passiert allerdings im privaten Bereich, denn nur dort gibt es Menschen, die mich gut genug kennen, die damit auch wissen wie sie mich kriegen können. Das ist durchaus befreiend!
Aber ich bin gottfroh, dass ich mich immer noch wieder unter Kontrolle kriegen kann und noch nie wirklich jemanden geschlagen habe!
Und da liegt für mich der Hund begraben... Ich denke einfach, dass durch die Drogen das Bemerken des kompletten Kontrollverlustes verloren geht.
Man soll und muß sich auch mal gehen lassen... Aber ich muß noch in der Lage sein, es wenigstens zu merken, wenn ich anderen Menschen schade.
Die Menschen, die ich kenne, haben alle diesen Kontrollverlust gehabt und ihn sicherlich auch ein Stück genossen. Hinterher war die Scham, die Wut über sich selber aber sehr schlimm für die Leute. Da frage ich mich dann, was ist jetzt besser?! Wieso hilft diese Wut und diese Scham den Leuten nicht, wenigstens den Versuch zu wagen, etwas zu verändern?
Denn das Danach ist ja so oft ein böses Erwachen und etwas, was eigentlich gar nicht zu dem eigenen Charakter der Leute passt!
Grüße zurück!
Sorry, dass ich immer so auf allem herumreite, aber ich will eben immer alles ganz genau wissen... Very Happy
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