Streit in Beziehung, er fühlt sich nicht verstanden.

[UnperfectAngel]

Hallo alle zusammen...
Ich weiß gar nicht wie ich anfangen soll.
Ich bin seit 3 Monaten in einer Beziehung und zur Zeit knallt es nur noch.
Mein Freund ist ein "Exsuchti", er nahm seit seinem 13 Lebensjahr Drogen zu sich. Es hat Angefangen mit Alkohol und aufgehört mit Chemischem Zeug...

Seit ungefähr 1 Jahr und 3 Monaten ist er clean, er war auf stationärem Entzug und ist um nicht mehr in die "alte Schiene" zu rutschen und um nicht mehr in die alte Gesellschaft zurückzukehren knapp 1000km von zu Hause weggezogen.

Nur, er wirft mir vor, dass ich ihn nicht verstehen könnte.
Seine Erfahrungen die er gemacht habe.
Ich würde ihn gerne verstehen, gebe mir auch mühe, aber ich habe selbst nie Drogen konsumiert, habe dies also nie durchmachen müssen.
Daraus resultiert ständig Streit.

Es ist wirklich nicht einfach, manchmal ist er extrem verschlossen und will über nix reden, ein andermal lässt er mich kaum zu Wort kommen.

Meine Frage: Hat jemand von euch schon einmal diese Erfahrung gemacht, mit einem "Exsuchti" in einer Beziehung zu leben bzw. wie ist es für euch, die ihr einmal Drogen genommen habt, eine Beziehung ohne Drogen zu führen. Fühlt ihr euch auch oft missverstanden? Wenn ja, was erwartet ihr denn?

Würde mich freuen, Antworten zu bekommen.

Liebe Grüße
UnperfectAngel

[double life]

Hallo zurück!

ich war selbst einige Jahre auf H. und bin noch heute mit Subutex substituiert. Ich hatte damals eine 6-jährige Beziehung, die mich erst drauf gebracht hat und bin mittlerweile sauber und brav in einer neuen Beziehung mit jemandem, der nie was mit dem Scheiß zu tun hatte. Heute erwarte ich ein Kind, bin erfolgreich berufstätig, habe eine schöne Wohnung, einen geilen Sportwagen, u.s.w. Sorry wenn das so klingt als wollte ich den Wert dieser Dinge hervorheben, sagen will ich dir damit was ganz anderes: Klar ist, damals hatte ich all diese Dinge nicht. Das alles konnte ich mir nur erarbeiten, weil ich mit meiner damaligen Beziehung abschloss, sie beendete. Auch wenn es mir heute so viel besser geht und ich es richtig zu schätzen weiß, einen Partner zu haben, mit dem ich auch vernünftige Gespräche führen kann und der mich unterstützt, abstinent zu bleiben, vermisse ich auch heute noch ab und zu das Material. Wir - dein Freund und ich - werden ewig unser ganzes Leben lang abhängig bleiben. Es wird immer wieder Situationen geben, wenn uns unsere Sucht einholt und dann, nachdem wir keinen Kontakt mehr zu der Szene haben, gibt es niemanden, der uns versteht. Wenn ich an einem heißen Tag durch eine bestimmte "Assi-Gegend" laufe und auf jemanden warte und alle Gegebenheiten außen rum stimmen, lasse ich auf einmal den Spruch los: "Das erinnert mich genau an damals, als wir Geschäfte gemacht haben... man krieg ich grade Suchtdruck". Mein Freund schaut mich dann nur blöd an und verdreht die Augen, aber ich mach mir das nix draus. Auch wenn ich selbst alleine meinem Kind zu liebe nie mehr was nehmen würde, weiß ich, dass er mir niemals in dieser Hinsicht vertrauen wird. Mit Recht? Mit Unrecht? Beides! Teilweise mir Recht, denn abhängig werde ich mein Leben lang bleiben, teilweise mit Unrecht, denn ich habe es nun schon so lange ausgehalten und will für meine Kraft und meinen Mut auch belohnt werden, indem mir Vertrauen geschenkt wird.

Bei deinem Freund kommt noch dazu, dass er ja von chemischen Drogen abhängig war und das ist nochmal ne andere Geschichte. Egal was er dir erzählt, gegenüber Gleichgesinnten wird er bestimmt zugeben, einen leichten (oder schwereren?) Knax weg zu haben. Das bringt die Chemie mit sich. Die Tatsache, dass er an manchen Tagen so verschlossen ist, an anderen dafür die Klappe nicht zukriegt und immer wieder Stimmungsschwankungen auftreten, lässt eindeutig darauf schließen, dass die Drogen Spuren hinterlassen haben. Du hast in dieser Hinsicht 2 Möglichkeiten: 1. Du lernst damit zu leben, unterstützt ihn so gut du kannst ohne ihm dafür Vorwürfe zu machen und er lernt langsam aber nie vollkommen, sich etwas besser anzupassen, oder 2. Er geht erneut in eine Therapie, die als Schwerpunkt genau diese Symptome nachträglich behandelt.
Wenn er sich dir gegenüber allerdings nicht eingesteht, dass er nunmal - wie übrigens fast alle Chemie-Abhängigen - Folgen im Gehirn davonzutragen hat, dann hat es keinen Wert. So lange die Einsicht fehlt, gibt es keine Hoffnung auf Besserung.
Er wird auch Probleme damit haben, bei dir nicht mithalten zu können, denn du hast anscheinend dein Leben nicht mit so einem Scheiß vergeudet, sondern bist weiter gekommen, Schritt für Schritt und bist nun auf einem bestimmten Level, das er noch nicht erreicht hat, weil er sich mit den Drogen aufgehalten hat. Er wird es wahrscheinlich - wie die Männer halt so sind - am Anfang gar nicht zu schätzen wissen, was du für ihn tust, für ihn aushälst, auf was du für ihn verzichtest, mit wie viel Geduld du an die Sache rangehst, u.s.w. Dann kommt es zum Streit, du bist weg (ganz oder nur vorübergehend) und er wird bereuen ohne Ende, denn dann sieht er, was er an dir gehabt hat.

Außerdem wird er - wenn das Thema Drogen aufkommt, genau wie ich mich selbst manchmal dabei erwische - übertrieben reagieren, weil er sich ungerechtfertigt voll angegriffen fühlt, er wird in eine Schutzhaltung fallen, sich mit aller Kraft verteidigen, genervt und schlecht gelaunt dadurch sein, aber im Hinterkopf genau wissen, dass du Recht hast und deine Vermutungen gar nicht so weit hergeholt sind. Ich selbst erwische mich manchmal dabei und kann dir sagen, dass er sich im Hinterkopf manchmal weniger aufregt, als er nach außen "spielt".

Deine Liebe muss sehr stark sein, um diese Beziehung aufrecht zu erhalten, denn mit einem (Ex-)Drogenabhängigen als sauberer Mensch eine Beziehung einzugehen, ist eine große Herausforderung.

Aber schreib mir doch mal bitte genaue Beispiele, Einzelheiten eurer Streitigkeiten im Detail, damit ich mir ein genaueres Bild machen kann. Dann kann ich dir auch gezielter Antworten.

Viel Glück!

[April2009]

Hallo Double-Life!
Bist du noch auf dieser Seite "unterwegs"? Habe deine Anwort gelesen auf den Beitrag von Unperfect Angel. Habe das Gefühl du könntest mir helfen ein paar Dinge besser zu verstehen, was eine (Ex-) Beziehung und das Verhalten eines Ex-Drogensüchtigen angeht... Also falls du Lust hast, melde dich doch mal!