Ich bin seine Freundin.

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Autor Nachricht
Amanda
Anfänger


Anmeldungsdatum: 07.07.2010
Beiträge: 1

BeitragVerfasst am: 7. Jul 2010 07:54    Titel: Ich bin seine Freundin. Antworten mit Zitat

Hi,

ich habe mich heute dazu entschlossen, mich hier anzumelden, nachdem ich gestern den halben Tag damit verbracht habe, mich hier umzusehen. Bisher habe ich davon abgesehen, zu einer Angehörigenberatung zu gehen, weil solche Gesprächsrunden nichts für mich sind. Dennoch habe ich einfach das enorme Bedürfnis, mich mitzuteilen. Zwar kann ich mit meinem engsten Freundeskreis reden, trotzdem ist a) hier die Anonymität und damit auch die Möglichkeit zu einer anderen Form von "Ehrlichkeit" gegeben und b) gibt es in diesem Forum eine Menge Menschen mehr, die sicher sinnvollere Dinge sagen können, da sie selbst mit dem Problem leben, oder wie ich eine derjenigen sind, die als Partner daneben oder mittendrin stehen.
So..
Dann möchte ich jetzt einfach mal schreiben..

Wir haben uns vor einem Jahr kennengelernt. Ich verschone euch mit dem "blabla, Liebe auf den ersten Blick, toller Mensch, viele Gemeinsamkeiten, ein Lächeln, das einen umhaut usw."-Gefasel (wobei das tatsächlich so ist Wink ). Wir hatten schon in den ersten Wochen enorme Probleme um uns herum. Mein Freundeskreis war dabei sich aufzulösen und er hat wegen mir seine Freundin verlassen. Das war schon eine relativ miserable Anfangsphase. Von seiner Krankheit wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nichts.
Nun ja, er war gerade arbeitslos, sah und sehe ich aber nicht als Problem an, da seine Zeugnisse aus den letzten fast 20 Jahren Arbeit mehr als streberhaft waren und so die Möglichkeit schnell wieder einen Job zu finden groß war.
Dann ging der Terror mit seiner Ex (Borderlinerin) los und er musste zu mir "flüchten", war schon eine ziemlich harte Angelegenheit, natürlich besonders für ihn, da er sich in gewisser Hinsicht verantwortlich gefühlt hat.
Ich bin mir hier gerade nicht ganz sicher, wie weit ich in seiner Biographie ausholen soll, ob eine Trennung (von der davor) nach mehr als einem Jahrzent für seine Depressionen ausschlaggebend war oder was weiß ich... Vielleicht sprengt das den Rahmen und tut letztlich nichts zur Sache, denn das Ergebnis ist ja momentan das, worum es geht.
So, zurück zum Thema. Der Stress, dem wir beide ausgesetzt waren, war schon echt enorm.
Ich weiß mittlerweile, dass er zu dem Zeitpunkt Subutex vom Arzt bekommen hat. Der Rückschlag kam, als er einen neuen Job bei einer Zeitarbeitsfirma angefangen hat. Unter seiner Qualifikation mit miserablen Bedingungen. Er sagt, dass er zu dieser Zeit seinen Lebenswillen verloren hatte. Bei uns ging es dementsprechend bergab, er war unausstehlich und wir waren haarscharf vor einer Trennung. Ich wusste eben nicht, was los war. Bis ich festgestellt habe, WAS da denn eigentlich gerade abgeht, sind ca. 3 Monate vergangen. Irgendwann war es eine Mischung aus Verzweiflung und Ruhe, ganz komisch zu beschreiben. Direkt habe ich ihn mit meiner Gewissheit nicht konfrontiert, habe nur jeden Abend vor dem Einschlafen gesagt: "Bitte rede mit mir." Dafür hat er Zeit gebraucht, aber die wollte ich ihm geben.
Kurz vor Weihnachten kam dann die Katastrophe: Kein Geld, verzweifelter Hilferuf und somit die Offenbarung. Ich habe es ihm gegeben und einen Tag später waren wir beim Arzt. (Das ist leider noch nicht das Ende der Geschichte, irgendwas ist immer schief gegangen.)
Ca. einen Monat später haben wir dann geredet.
Es waren kleine Schritte nach vorn, ein Lächeln mehr am Tag, ein winziges Stückchen mehr Energie, kleinste Veränderungen in seinem Umgang mit mir und ganz langsam kam der Wunsch nach Leben zurück. Dann ging die Umstellung auf Subutex gut. Kaum, dass die Hürde genommen war, folgte die nächste. Nicht krankenversichert zu sein, war so ziemlich die denkbar ungünstigste Situation, in der man sich befinden konnte. Ein neuer Zusammenbruch folgte, aber der Wille war weiterhin da. Es hat ziemlich lange gedauert, bis wir nun an dem Punkt waren, an dem wir jetzt sind.
Nachdem das mit der Krankenkasse geklärt war, gab es mehrere Versuche, sich wieder auf Subutex umzustellen. Ich weiß nicht warum, es hat auf jeden Fall nicht geklappt. Einige Stunden nach der Einnahme kamen die Entzugserscheinungen, ganz anders, als bei der vorherigen Umstellung. Woran das liegt, weiß ich nicht, ich bin kein Arzt und habe keine Ahnung. Zumindest hat es nicht funktioniert.
Nach mehreren gescheiterten Versuchen und der totalen Verzweiflung hat er sich dann dazu entschieden, was er eigentlich die ganze Zeit vermeiden wollte, Methadon zu nehmen. Für ihn ist das momentan wohl die beste Alternative, auch um sein Leben zu stabilisieren.
Er hat jetzt einen Job. Seit drei Wochen arbeitet er und zum 1.8. wird er befördert. Seine Lebensfreude ist enorm. Die Entwicklung der letzten 3 Wochen ist großartig. So viel positive Energie, Mut und Willen sind großartig. Einzig die vier Bier am Tag stören mich, aber auch das will er in der nächsten Zeit in den Griff bekommen.
So viele Geheimnisse und Lügen auch da waren, aber letztlich hat er immer die Wahrheit gesagt, wenn es darauf ankam und seine Versprechen hat er gehalten. Also vertraue ich ihm da mal.
Wir haben darüber gesprochen, ob es für ihn eine Option ist, auf "ewig" Methadon zu nehmen. Aber das will er nicht. Er will damit abschließen.
Bis auf die letzten 1 1/2 Jahre hat er sein Leben immer im Griff gehabt. Ich hoffe sehr, dass er den Weg schafft. Die Weichen sind zumindest gestellt.
Mir ist bewusst, dass das noch ein langer Weg sein wird. Mit Rückschlägen muss ich rechnen und ich denke, dass ich die Stärke habe, die mit ihm zu durchstehen. Er ist es wert und ich denke, dass es ihm hilft, jemanden an seiner Seite zu haben, der zu ihm steht, der ihn liebt und der ihn auffängt. Wir haben Perspektiven für die es sich zu kämpfen lohnt.

Vielleicht werde ich im Laufe des Tages noch ein bisschen rumeditieren (und eventuelle Rechtschreibfehler korrigieren Wink . Mal sehen..

Soweit zumindest mein Erfahrungsbericht aus Sicht einer Freundin.

Einen schönen Tag wünsche ich euch
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Jana
Platin-User
Platin-User


Anmeldungsdatum: 02.10.2007
Beiträge: 1470

BeitragVerfasst am: 8. Jul 2010 17:50    Titel: Antworten mit Zitat

Deine Geschichte liest sich ja wirklich süß! "Ein Lächeln mehr am Tag" Smile Wie ein kleiner Welpe, nämlich der Welpe, der übrig blieb, als alle anderen, kräftigen, gesunden Welpen schon vergriffen waren. Rolling Eyes Aber du hast ihn dennoch lieb, und bei dir aufgenommen.

Riskante Anlage. Dein Hundebaby-Freund wird aber hoffentlich Zeit, Mühe und Geld, was er dich alles letzten Endes über die Jahre kosten wird, zurückzahlen, wenn du ihn zum Lebenswillen "gecoacht" hast, er nach seiner Midlife Crisis selbstständig wird, und eine erfolgreiche Firma gründet, die dann nach weiteren Jahren hohe Gewinne abwirft. Oder er wenigstens bei seinem neuen Job was auf die Beine stellt.

Ich gönne es dir wirklich, denn du hast eine ausgeprägte Gutmütigkeit, einem Menschen einen Großteil deines Lebens zu widmen, der jederzeit rückfällig werden kann, den du nach einem Jahr noch gar nicht in allen Zügen kennen kannst. Der dich jederzeit wieder wegen irgendwelchem Stoff sitzen lassen kann, weil die Sucht stärker ist.

Wenn ihr es schafft, würden mich weitere Berichte wirklich freuen. Schön, hier mal was positives zu lesen, im Bezug auf Drogenvergangenheit. Die Menschen können sich ändern, wenn sie wirklich von Grund auf neu beginnen. Vielleicht bist du sein Neuanfang.

Mal was anderes, als die "Legalisiert alle Drogen"-Scheiße.

Grüße,
Jana
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