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Gonzo Silber-User
Anmeldungsdatum: 15.11.2007 Beiträge: 119
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Verfasst am: 12. Okt 2010 11:55 Titel: Seit 2 Monaten Clean |
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Hallo zusammen,
also ich hab jetzt vor rund 2 Monaten den Entzug gestartet und bin jetzt seit 2 Monaten clean.
Entzogen hab ich gleichzeitig von THC und Schlaftabletten (Betadorm-D) was ich schon etwa seit 6 Jahren insgesamt täglich konsumiert hab.
Die Schlaftabletten sind zwar frei erhältich in der Apotheke, was aber nicht heist dass sie nicht abhängig machen.
Ich hab täglich die 3 fache Maximaldosis konsumiert und dachte ich würde nie davon wegkommen.
Wenn ich mal vergessen hab mir neue zu besorgen hatte ich echte Horrornächte zu überstehen, extreme innere Unruhe, Schlaflosigkeit, Schweisausbrüche, Angstzustände (welche allerdings nicht ganz so schlimm waren da ich gegen meine Angstpsychose Neuroleptika nehme), Schüttelfrost und Erbrechen, und das alles schon in der ersten, abstinenten Nacht.
Bei mir war es allerdings schon so dass ich nur noch konsumiert hab um zu vergessen und eine Art Normalzustand zu halten, was mich letztendlich immer mehr zu der Entscheidung gedrängt hat zu entgiften.
Ich habe durch die Sucht jeglichen Respekt vor mir selbst verloren und konnte mich nicht mal mehr selbst im Spiegel betrachten ohne zu denken was für ein Junkie aus mir geworden war, die Wohnung total verwahrlost, dreckige Klamotten, keine soziale Struktur mehr, kein Job und der Unwille etwas daran zu ändern.
Dann wurden die Angstzustände so schlimm dass nicht mal mehr die Neuroleptika richtig gewirkt haben und das war dann letztendlich der Auslöser der den Willen in mir geweckt hat endlich anzufangen zu Kämpfen, da kam mir ein Zitat in den Sinn das ich mal vor Jahren irgendwo aufgeschnapt hab: ,,Wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren", und da wurde mir klar dass ich schon erwachsen bin und anfangen muss Verantwortung für mich und mein Umfeld zu übernehmen.
Das wissen um mit all dem fertig zu werden hatte ich schon, ich habs nur erst sehr spät verstanden, und als das geschah wurde der Wille in mir so stark dass ich mich endlich im Stande sah damit aufzuräumen.
Ich hab mich mit einer Drogenberatungsstelle und meinem Neurologen in Verbindung gesetzt und mich über die Risiken einer Entgiftung schlau gemacht, war auch in einer Entzugsklinik und hab dort Rat eingeholt aber Entgiftet hab ich letztendlich zu Hause.
Die Ärzte haben mir Lyrica und Seroquel verschrieben gegen die extreme innere Unruhe und die schlimmer werdenden Angstzustände.
Die Entgiftung hat nun etwa 4 Wochen gedauert und es war nicht grade wie auf nem Ponyhof, innere Unruhe trotz Medikamente, Angszustände gleichermaßen, Schweisausbrüche, Schüttelfrost, Erbrechen, Kopfschmerzen und ein unbändiger Apettit weil mein Körper dabei soviel Energie verbraucht hat als ob ich einen Marathon gelaufen wär.
Jeder Schritt, jede Bewegung hat mich mehr Kraft gekostet als ein ganzer Arbeitstag und trotz allem wurde mein Wille stärker je schlimmer es wurde.
Nennt mich krank, aber ich war so aufgeputscht von dem Gedanken endlich frei zu sein wenn all das vorbei ist dass es mir sogar Spaß gemacht hat mich so leiden zu sehen.
4 Wochen später war alles vorbei, ein Gefühl von Unabhängigkeit hat sich eingestellt und dieses hat meinen Willen Clean zu BLEIBEN nur noch mehr gestärkt.
Ich hatte während der Entgiftung THC als auch Schlaftabletten vor mir liegen und habs genossen zu wiederstehen, solange bis das Verlangen wie von selbst verschwand.
Es ist jetzt 1 Monat vergangen seit dem Ende der Entgiftung und mein Wille ist stärker denn je, habe mein Umfeld geändert (umgezogen in die Nähe meiner Familie), angefangen Sport zu treiben und einen geregelten Alltag zu meistern, gehe zu einer Art SHG und das wichtigste dabei ist, ich versuche nicht zu verdrängen was hinter mir liegt.
Ich setze mich jeden Tag damit auseinander und versuche es zu verarbeiten.
Hab mal ein gutes Zitat gelesen: ,,Feig, wirklich feig ist der, der sich vor seinen Erinnerungen fürchtet" (Elias Canetti).
Ich will mit diesem Text einfach sagen dass es im Leben oft erst schlimmer werden muss bevor es besser wird, und meistens muss man erst so tief absinken dass man jeglichen Respekt vor sich selbst verliert und vielleicht sogar in der Gosse landet bevor der Wille zur Veränderung überhaupt geweckt wird, und wenn dies geschieht kommt es darauf an diesen Willen zu schühren.
Ein starker Wille ist die Grundvoraussetzung um Clean zu werden und zu bleiben, aber jeder muss seinen eigenen Weg gehen.
Man darf seinen Glauben an sich selbst nicht verlieren, egal wie schwer es auch sein mag und vor allem muss man erstmal an den Punkt gelangen an dem es einfach Klick macht, verstehen was zu tun ist, nicht nur wissen, dann kommt der Wille ganz von allein.
Ich bin jetzt 2 Monate clean und habe noch nicht mal Suchtdruck, kein Verlangen danach in mein früheres, erbärmliches Dasein zurückzukehren, habe den Respekt vor mir selbst wieder erlangt und denke mit Freude und Ehrfurcht daran zurück wie ich die letzten Wochen gelitten hab, hab von 0 angefangen und fühle mich dabei besser denn je, weil ich sehr fest an mich glaube.
Wünsche allen hier die entgiften wollen von Herzen alles Gute und Kopf hoch, es kann nur noch Bergauf gehen
LG Martin |
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Trini Platin-User
Anmeldungsdatum: 17.06.2009 Beiträge: 1147
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Verfasst am: 12. Okt 2010 19:45 Titel: |
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Toll
Das hast du wirklich wirklich toll geschrieben.
Du kannst wahnsinnig stolz auf diese Erkenntnis sein. Es ist was wahres dran das man ganz unten sein muß und sich so fühlen muß bis es evtl klick macht.
Mach weiter so |
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Gonzo Silber-User
Anmeldungsdatum: 15.11.2007 Beiträge: 119
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Verfasst am: 12. Okt 2010 22:36 Titel: |
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Darauf bin ich auch stolz, aber man muss auch dran denken dass clean sein allein NICHT die Lösung des Problems ist, es ist nur der erste Schritt auf einem langen Pfad der Selbsterkenntniss und in eine bessere Zukunft.
Probleme hab ich nach wie vor, Psychose, Ängste und ne menge Schulden aber wer hat schon gar keine Probleme, das ist das Leben, es ist kein Ponyhof
Zu seinen Schwächen zu stehen zeugt von Weisheit, doch trotz dieser zu kämpfen zeugt von wahrer Charakterstärke. |
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