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CrazyMan Platin-User


Anmeldungsdatum: 15.01.2010 Beiträge: 2110
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Verfasst am: 6. Mai 2013 22:28 Titel: |
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Das ist alles schön und gut und hat teilweise sicher seine Gültigkeit. Natürlich gibt es Faktoren, die den einen oder anderen zu kompensierenden Stoffen greifen lassen. Und natürlich können diese Faktoren und das eigene Verhalten verändert werden. Hier wird aber alles völlig durcheinander diskutiert.
Der eine schreibt von psychischen Problemen, der andere von der Suche nach dem Sinn des Lebens, den jeder Mensch mehr oder weniger bewusst praktiziert und wie diese Suche gestoppt werden könnte (warum sollte man das tun, das Leben würde dann erst Recht sinnlos und damit wertlos), etc., und so fort.
Es gibt das Leben vor einer Sucht, das Vermeiden einer Abhängigkeit. Und es gibt das Leben in der Sucht, wobei jene Faktoren, die vor der Sucht eine Rolle spielten, weitestgehendst unrelevant werden. Denn all die Sinnfragen und Probleme mit dem Selbstwertgefühl spielen eine untergeordnete Rolle, wenn die Person im körperlichen Entzug hängt, wenn die Psyche völlig durchdreht, was mit dem eigentlichen Charakter nur noch wenig zu tun hat.
Das ist ein sehr komplexes Thema, dass nicht durch Überlegungen über den Lebenssinn, das Hinterfragen von bedingungsloser Liebe und/oder anderen philosophischen Ansichten beschrieben oder gar gelöst werden kann. Und alle diese Fragen und Rätsel sind sogar normal. Es kann nicht das Ziel sein, etwas davon auszuschalten oder tatsächlich bedingungslose Liebe zu erreichen, die es nun mal, genauso wie Altruismus, nicht gibt. Wird jeder, der über den Sinn des Lebens nachdenkt, heroinabhängig? Sicher nicht, aber wer depressiv ist, der grübelt mehr über den Sinn nach und ist mehr gefährdet, abhängig zu werden.
Die erste Aufgabe eines Abhängigen ist das Lösen von der körperlichen, dann von der psychischen Abhängigkeit. Viele wissen, wie schwer alleine das Abgewöhnen vom Zigarettenrauchen ist. Dabei ist es nur eine Angewohnheit, ein Ritual. Im Falle von Heroin kommt der starke körperliche Faktor hinzu, nicht zu vergessen die psychischen Veränderungen.
Wie kann eine Sucht "geheilt" werden? Da fällt mir nur ein Lösungsweg ein: 1) Körperliche/Psychische Abhängigkeit unterbrechen 2) individuelle psychische Probleme angehen, was höchst individuell ist, abgesehen von der allgemeinen Verhaltensänderung, bei bestimmten Reizen zur Droge greifen zu wollen
Solange das Suchtgedächtnis nicht direkt im Hirn ausgebrannt wird, bleibt nur der Entzug und die individuelle Psychotherapie. Nur leider ist die psychologische Betreuung in Deutschland sehr mangelhaft. Alleine das Erhalten eines Therapieplatzes ist nahezu unmöglich, vor allem zeitnah. Und weil das fehlt, stürzen die meisten am nicht überbrückten Straßenabschnitt wieder ab. |
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Wedard Silber-User


Anmeldungsdatum: 12.03.2013 Beiträge: 239
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Verfasst am: 7. Mai 2013 18:42 Titel: |
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Hallo Crazyman
also ich kenne Psychotherapie und kann dir sagen das man sich damit
nur im Kreis dreht. Anfangs ist das vielleicht gut, wenn man jemand
hat der einen reflektiert, aber du musst dir bewusst sein, das jeder
Psychotherapeut immer nur eine Krankheit in allem Verhalten seines
Klienten sehen will. Und man wird in einer Psychotherapie gebeten
sich zu erinnern, in der Geschichte zurück zu gehen und davon
zu erzählen was anno Tobak war.
Bringt es das denn wirklich ? Man kann sich damit selbst betrügen
und sich mit der eigenen Psyche in jeder Einzelheit beschäftigen,
aber dadurch verliert man auch nicht die schlechten Erinnerungen.
Man wird ja immer daran erinnert außer man sagt ganz entschieden,
ich will Hilfe nur für gegenwärtige Situationen.
Das habe ich damals dem Meisendoktor bei dem ich war gesagt,
aber schon in der dritten Sitzung wollte er wissen wie meine Kindheit
war und wie ich damals empfunden habe. Also, wenn sich einer
nicht an Absprachen hält was soll das dann noch ?
Ein Suchtgedächtnis hat nur Macht über einen, wenn man sich
erinnern will. Wenn man im Vergangenheitsmüll auch graben will.
Das muss nicht sein. Wenn du da bist wo du gerade bist ist
das vollkommen in Ordnung und genug und du musst dich nicht
um die Vergangenheit kümmern.
Die Psychotherapeuten meinen immer dadurch bekäme man
ein besseres Selbstverständnis... doch ich finde, das kriegt
man nur wenn man ganz im Hier und Jetzt lebt, nicht in der
Vergangenheit oder Zukunft. Die sind beide sowieso nicht
existent und die Zukunft wird sowieso immer anders als man
sie sich vorstellt, so sehr man auch in der Vergangenheit wühlt.
Gruß
Wedard |
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CrazyMan Platin-User


Anmeldungsdatum: 15.01.2010 Beiträge: 2110
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Verfasst am: 9. Mai 2013 17:58 Titel: |
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Wedard hat Folgendes geschrieben: | ...also ich kenne Psychotherapie und kann dir sagen das man sich damit nur im Kreis dreht. Anfangs ist das vielleicht gut, wenn man jemand
hat der einen reflektiert, aber du musst dir bewusst sein, das jeder
Psychotherapeut immer nur eine Krankheit in allem Verhalten seines
Klienten sehen will. Und man wird in einer Psychotherapie gebeten
sich zu erinnern, in der Geschichte zurück zu gehen und davon
zu erzählen was anno Tobak war... |
Das ist deine Erfahrung. Ob sie allgemein gültig ist?
Mit Anfang 20 durchzog ich eine Psychotherapie. Zuvor war ich sehr unsicher, was mein Verhältnis mit meinen Eltern, was mein Selbstbild und andere Situationen betrifft. Die Therapeutin reflektierte weitestgehendst objektiv die Realität und stupste mich mit der Nase genau dort hin, was ich zuvor vermied, nicht wusste oder nicht wahr haben wollte. Das, was die Therapeutin vollzog, war im Grunde nur ein kleiner Flügelschlag, alles andere kam von mir selbst. Sie nahm den Schraubenschlüssel aus dem Getriebe der Maschine. Es mag sein, dass einem dann alle weiteren Therapiestunden als unnötig erscheinen. Es ist aber falsch zu behaupten, es sei insgesamt unnötig gewesen, das Getriebe wieder in Gang zu bringen.
Es ist nicht immer notwendig, in der Vergangenheit zu wühlen. Für den Therapeuten ist es natürlich wichtig, ein Gesamtbild zu erhalten, da ist es selbstverständlich, dass auch gefragt wird, wie die Kindheit erlebt wurde. Ich glaube nicht, dass ein Therapeut nur Krankheiten im Verhalten seines Patienten sehen will. Ich weiss nicht, wie du darauf kommst.
Wie viele Menschen haben, obwohl sie schon 35 sind, noch nie gesunde, realistische Reflektion ihres Selbst durchgeführt? Wenn es schon hier hapert, wie soll erst alles andere gelöst werden?! Manchmal hilft aber auch eine Selbstreflektion nicht weiter, wenn es der Intellekt ist, der den begrenzenden Faktor darstellt, der es nicht gestattet, weiter als x über den Rand des Selbst hinaus zu blicken, sich selbst als Ganzes in einem bestimmten Rahmen zu betrachten. Und selbst wenn es einem gelingt, alles zu erfassen, bedeutet das noch lange nicht, die Sucht hinter sich zu lassen. Wenn einem das bewusst ist, wird klar, was es eigentlich bedeutet, gegen eine Sucht anzugehen.
Wenn ich nun von mir selbst ausgehe, ist es nicht das Grübeln über das Sein, über den Sinn des Lebens oder ein mangelndes Selbstwertgefühl, was eine Sucht aufrecht erhält. Ganz im Gegenteil, über dergleichen denke ich nach, wenn es mir gut geht, wenn ich die Kraft und die Muße dazu habe, wenn man nicht von körperlichem Entzug, psychischem Entzug in Form von plötzlichen heftigen Depressionen oder einfach nur Gewohnheit geplagt wird. |
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Wedard Silber-User


Anmeldungsdatum: 12.03.2013 Beiträge: 239
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Verfasst am: 9. Mai 2013 19:49 Titel: |
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Hallo Crazyman
nein, das würde ich auch nicht behaupten, das meine Sicht allgemeingültig
wäre. Muss jeder selbst wissen was für ihn stimmig ist und sich
gut anfühlt und selber rausfinden was gut für ihn ist.
Ich habe auch eine Art Blockade
einem Psychotherapeuten von mir und meiner Geschichte zu erzählen.
Wo ich immer misstrauisch wurde war, wenn der Psychotherapeut in
der Klinik wo ich war immer mit seiner monotonen, nasalen und
gelangweilten Stimme ein Haltung einnahm als würde er über alle
seine Klienten alles wissen. Selbst Dinge die sie selbst über sich
nicht wissen. Dieses so tun als ob sie alles wüssten auch wenn
sie das gar nicht können hat bei mir auch die Alarmglocken
angestellt. Leute die meinen das sie allwissend sein können,
haben häufig die Neigung ihre Macht zu missbrauchen.
Und die Leute in einer Psychotherapie-Runde hatten alle Angst davor.
Und wenn sie dann vorbei war, waren sie alle erleichtert.
Gruß
Wedard |
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ast Foren-Guru


Anmeldungsdatum: 14.03.2012 Beiträge: 3325
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Verfasst am: 10. Mai 2013 13:02 Titel: |
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Ärzte, Psychotherapeuten etc. können immer nur Hilfestellungen anbieten;
was Du daraus machst bzw. was Du umsetzen kannst/ willst bleibt letztendlich Dir selbst überlassen
wenn das Klienten- Therapeuten/ Verhältnis erstmal auf einer 'Macht- Schiene' angekommen ist (evtl. nur eine Projektion Deinerseits )
ist keine Grundlage mehr für eine erfolgreiche Therapie gegeben... |
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Wedard Silber-User


Anmeldungsdatum: 12.03.2013 Beiträge: 239
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Verfasst am: 12. Mai 2013 13:19 Titel: |
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Hallo Ast,
nur leider sind diese Definitionen über "Hilfestellungen" und "Therapien"
und vor allem wie sie verlaufen und wo sie anfangen und aufhören
meistens äußerst unzureichend, wenn nicht sogar überhaupt nicht
definiert. Kannst ja mal in eine Einrichtung wie eine Reha-Werkstatt
oder eine Nachsorge für psychisch Kranke gehen und dir
das anschauen. Angeblich soll dort die Leistungsfähigkeit der
Klienten gesteigert werden. Doch die meisten machen Tätigkeiten
( von Arbeit kann man da ja nicht reden ) die sie überhaupt nicht
fordern und woran sie nicht wachsen können.
Nach außen wird jedoch immer getönt: Bei uns bekommen
diese Menschen Förderung, das hier ist kein Abstellgleis usw.
Ähnlich ist es auch mit der Psychotherapie: Die lebt mehr von
ihren Versprechungen und Heilungserfolgen als von praktischen
Anwendungen die nachweislich wirklich was gutes für
den Klienten bringen.
Viele sind ja schon zufrieden wenn sie jemand haben der
ihnen zuhört und dem sie ihr Leid klagen können.
Aber damit kommen sie auch nicht aus ihrem Dilemma raus.
Gruß
Wedard |
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Wedard Silber-User


Anmeldungsdatum: 12.03.2013 Beiträge: 239
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Verfasst am: 21. Mai 2013 18:10 Titel: |
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Was ich bei mir selber gesehen habe war, das ich so lange psychisch süchtig
nach einer Sache war oder bin wie ich denke das die Sucht schlecht und
nicht gut für mich ist. Sozusagen als destruktiver Fluchtpunkt meiner
negativen Ansichten ( die ich leider weiterhin habe ) und als eigener
Raum wo man sich aus dieser kaputten Gesellschaft mental
für eine Weile verabschieden kann.
Ich weiß auch nicht woher diese negative Lebenseinstellung kommt.
Traumata aus der Kindheit ? Eigener Egoismus ? Langeweile ?
Mangel an Frustrationstoleranz ?
Ein destruktives Muster im Leben, das zum Negativen tendiert, weil
es resigniert ist ? Oder vielleicht auch von allem was.
Irgendwie wünsche ich mir unmögliche Dinge.
Einerseits ein bodenständiges bescheidenes und normales
Leben ohne Aufregung und Ärger ( Gibt es das überhaupt ? )
und dann aber Abwechslung neue Eindrücke und Neues.
Wenn ich auf mein auch oft entbehrungsreiches, leidvolles Leben
zurück schaue dann habe ich es nicht als leidvoll und entbehrungsreich
empfunden wenn ich die Belastungen die ich zu einer Zeit hatte
einfach nur schnell akzeptiert und los gelassen habe.
Als ich so gelebt habe wie ein Vogel der auf einem Zweig sitzt
und sich jederzeit bewusst ist das der Zweig abbrechen kann
und er weg fliegen kann war es einfach.
Doch dann kam irgendwann die lähmende Gewöhnung.
Wie sagte Hermann Hesse in seinem Gedicht Stufen:
"Nur wer bereit ist zum Abschied und Neubeginne, mag
lähmender Gewöhnung sich entraffen."
Da ist viel dran an diesen Zeilen. Ich glaube eine Sucht
bleibt auch so lange am Leben wie man glaubt man könne
was verlieren. Ich bin in Suchtmustern gefangen gewesen,
weil ich glaubte ich könne sonst meine Selbstachtung verlieren.
Aber diese Selbstachtung lebte auch zeitweise in der
brüchigen Schale eines Suchtmusters oder einer oberflächlichen
Identifikation mit irgendwas, das eigentlich gar nichts ist
nur eine Emotion die aufbrausen kann aber dann wieder
schnell in nichts zusammen fällt.
Suchtmuster sind für mich auch Illusionen. Die ganze
Welt ist fett in irgendwelchen Illusionen gefangen.
Doch mit den ganzen Illusionen funktioniert es nicht
mehr richtig. Das Bankensystem schwankt und die
Sparer und Geldanleger erkennen das dass ganze
Bankensystem das nur auf Vertrauen in die Bank basiert
doch keine Sicherheit ist.
Alles lebt oder arbeitet mehr oder weniger mit Illusionen.
Die Illusion als Mittel zum Zweck heiligt sich selbst
als Mittel.
Mir hat immer der Gedanke gut getan das zu finden
was wirklich Sicherheit und Frieden gibt.
Das Leben ist wie ein Mensch am Strand eines Meeres.
Wenn er im Wasser steht und Wellen kommen, dann
heben sie ihn hoch und er verliert den Boden unter den
Füßen. Aber wenn sie wieder in sich zusammen fallen,
dann bekommt der Mensch auch wieder Boden unter
den Füßen. Alles ist nur ein ständiges Auf und Ab.
Und wenn man älter wird dann misst man allem
mehr Bedeutung bei. Aber ich glaube eigentlich hat
nichts eine Bedeutung.
Gruß
Wedard |
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