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QyX Platin-User
Anmeldungsdatum: 04.07.2013 Beiträge: 1270
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Verfasst am: 10. Jun 2014 20:51 Titel: Wegen der Take-Houme Regelung |
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Ich finde das ziemlich erschreckend wie sich in Deutschland die Praxis der Substitution entwickelt. Hatte heute die Diskussion um den erschossenen Substi-Arzt in Saarbrücken gelesen und es hat mich echt erschüttert.
Natürlich ist es nicht gerechtfertigt einen Menschen zu erschießen aber nach den Schilderungen der Teilnehmer konnte ich mir sehr gur vorstellen, wie demütigend allein schon die Vergabepraxis für viele Patienten gewesen sein muss. Wenn man dann auch noch von Heute auf Morgen aus der Substi geschmissen wird kann ich mir bei dieser Vorgeschichte schon gut vorstellen, dass da einem die Sicherungen durchknallen. Durch sein Verhalten hatte der Arzt dieses Verhalten irgendwie auch "provoziert". Sicher nicht bewusst/mit Absicht aber das sein Auftreten als Provokation und Demütigung gewertet werden kann fand ich naheliegend. Wie in der Diskussion schon jemand schrieb war es hier doch nur eine Frage der Zeit, bis die Situation mal eskaliert.
Ich war früher mehrere male in der geschlossenen Psychiatrie (Psychose). Das schlange stehen bei der Mediausgabe habe ich da schon als entmüdigend und demütigend erlebt. Aber das war ja noch super harmlos im Vergleich zu dem, was da in der Praxis abgelaufen ist.
Wie die Subsitution in D abläuft regelt das BtmG und die BtmVv. Hier setzen sich ja Ärzte für eine Reform der BtmVv ein. Z.B. findet man im Netz eine konkrete Vorlage wo der Vorschlag gemacht wird, dass bei Patienten die Subutex bekommen auch eine Take-Home Vergabe für 30 Tage möglich ist. So was ist doch längst überfällig. Wenn man Subsitutionpatienten wie unmündige Kinder behandelt ist das doch sicher keine gute Grundlage für eine erfolgreiche Langzeittherapie. Schikanen, Repressionen, Demütigungen, Machtmissbrauch sollten in so einer komplizierten Therapie keinen Platz haben. Leider scheinen aber genau solche Methoden der Standard zu sein, zum Teil wohl auch gewünscht vom Gesetzgeber. Der mündige, eigenverantwortliche Patient ist hier nicht gewünscht. Er hat sich an das zu halten was vorgegeben wird. Das Therapie so nicht funktioniert hat man z.B. in vielen Bereichen der Psychiatrie zunehmend erkannt. Die Suchtmedizin dagegen scheint sich in Deutschland zunehmend rückwärts zu entwickeln.
Ich verstehe nicht was das große Problem ist endlich die Vergabe von Diamoprhin bundesweit einzuführen und zusätzlich noch retardiertes Morphin als Substitutionsmittel zu zulassen. Take-Home bei Methadon, Morphin und Burprenorphin. Die, die immer noch H brauchen kommen weiter in die Klinik/Praxis. Take-Home z.B. genrell für jeden, der einer geregelten Arbeit nachgeht. Ein Stufenplan wäre da ja möglich. Anfangs 3 Tage, dann 7, dann 2 Wochen, schließlich 30 Tage.
Natürlich weiterhin Urinkontrollen und kontrolle von Beikonsum aber hier nicht gleich ein mortz Theater wenn sich mal Benzos oder Cannabis im Urin auftaucht. Vor allem darf es nicht mehr vorkommen, dass jemand, der einer geregelten Arbeit nachgeht wegen einer positiven Urinkontrolle das Take-Home gestrichen wird und er so Gefahr läuft seinen Arbeitsplatz zu verlieren. Die individuelle Situation des Patienten, z.B. seine soziale Integration in seinem Umfeld sollte der wesentliche Faktor sein, wie man mit Patienten mit einer positiven Urinkontrolle umgeht. Es muss den Ärzten endlich möglich gemacht werden die Patienten individuell zu behandeln anstatt nach einem Schema X, das von Juristen vorgegeben wurde.
Ich bekomme von meinem Arzt als Schmerzpatient meinen Tablettenbedarf (Morphin) für etwa 100 Tage. Wenn ich da jetzt nach 70 Tagen auftauche und ihm sagen würde, dass sich meine Schmerzen verändert haben und ich so einen höheren Bedarf hatte, dann wäre das okay. Es würde ihm gar nicht aufgefallen. Gut, zugegeben mein Arzt ist bei mir schon liberal, auch weil er mich schon lange kennt, ich schon jahrelang sein Patient war bevor ich bei ihm zum Schmerzpatienten wurde aber trotzdem:
Diese ganze Substitutionspraxis ist so unglaublich verkrampft, viele Ärzte stehen gefühlt ständig mit einem Bein im Gefängnis und müssen um ihre Zulassung fürchten. Das kann es doch nicht sein. Das schadet ja nicht nur den Ärzten und den Patienten sondern am Ende auch der Gesellschaft. Dieses ganze System ist aktuell hochgradig ineffizient. Es erzeugt viel Leid und Frust auf beiden Seiten.
Das kann und darf doch nicht so weiter gehen?
Hat man denn so große Angst, dass wenn man die Take-Home-Regelung liberalisiert plötzlich so viel mehr Substituionsmittel auf dem Schwarzmarkt gehandelt werden? Hält man die Patienten für so unvernünftig, dass die sich in 3-4 Tagen gleich die ganzen 30 Tage reinballern?
Über Jahre alle 7 Tage wegen einem Rezept zum Arzt gehen wäre für mich unvorstellbar.
Ich komme mir schon als Schmerzpatient sau blöd vor, wenn ich nach 3 Monaten wieder ankomme und ein Btm-Rezept brauche. Jedes mal spüre ich da die Abhängigkeit und die Macht vom Arzt und ich habe überhaupt keinen Grund mich zu beschweren. Ich habe immer alles bekommen was ich wollte. Hab wegen meinen chronischen Schlafstörungen alle Benzos ausprobieren dürfen die ich wollte. Auch bei den Opioiden konnte ich alles testen, bis ich dann über Tramal, Oxycodon, Hydromorphon, Tilidin dann beim Morphin gelandet bin. Ich bin in einer komfortablen Situation aber doch empfinde ich es jedes mal wenn ich ein Rezept brauche als super unangenehm danach zu fragen, obwohl ich das Medikament ja brauche, es mir also zusteht und meine gesetzliche Krankenkasse für die Kosten aufkommt. |
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CrazyMan Platin-User
Anmeldungsdatum: 15.01.2010 Beiträge: 2108
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Verfasst am: 10. Jun 2014 21:46 Titel: |
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Schon zu Beginn deines Threads kam ich auf die Idee für einen Stufenplan, den du im weiteren Verlauf deines Textes selber ansprichst.
Warum nich sofort TakeHome, das würde ich auch befürworten. Aber nicht ganz so locker, was z.B. Beikonsum betrifft. Denkbar wäre ein Punktesystem. Je länger ohne Beikonsum, desto höher die Menge der Tage für TK. Schon nach dem ersten einwandfreien Test nach einer Woche oder 19 Tage, könnte mit TK angefangen werden. Weitere Tests zu Beginn der Behandlung im Wochentakt. Beikonsum würde zur Reduzierung der möglichen Tage für TK führen. Erneute Feststellung von Beikonsum nach einem Abstand von 10 Tagen führt zum Streichen von TK, der Patient muss das Vertrauen von neuem beweisen. So oder so ähnlich könnte es bewerkstelligt werden. Ich schätze, einige Ärzte zögern TK gerne hinaus, da sie für jede Vergabe 5(?) Euro berechnen können.
Es gibt so viele Bereiche, in denen Politik eine schnelle Veränderung herbeiführen müsste. Leider passiert das nie oder nur sehr schleppend. Das Gebiet Substitution, für das kaum Lobbyarbeit geleistet wird, steht weit hinten auf der imaginären ToDo-Liste der viel zu hoch bezahlten “Politiker“. Politiker müssten weit weniger Geld erhalten, nur so können sie sich in das Volk, in den Großteil der Bürger, hinein versetzen, anstatt sich im Restaurant voll zu futtern und Champagner zu trinken. |
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CrazyMan Platin-User
Anmeldungsdatum: 15.01.2010 Beiträge: 2108
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Verfasst am: 10. Jun 2014 21:50 Titel: |
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CrazyMan hat Folgendes geschrieben: | Schon nach dem ersten einwandfreien Test nach einer Woche oder 19 Tage, könnte mit TK angefangen werden. |
...nach einer Woche oder 10 Tage...
In letzter Zeit klappt es mit dem Tippen nicht mehr, seit dem ich einen Eingabestift verwende, mit dem jeder einzelne Buchstabe mühsam angeklickt werden muss. |
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QyX Platin-User
Anmeldungsdatum: 04.07.2013 Beiträge: 1270
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Verfasst am: 10. Jun 2014 22:00 Titel: |
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Ja, so ein Punktesystem wäre eine mögliche Option.
Ich denke den Beikonsum muss man einfach pragmatisch sehen. So viele haben den. Stellt sich also die Frage wie man damit umgeht. Ein Kriterium könnte auch sein wie gefährlich bzw. selbstschädigend Beikonsum im Einzelfall betrieben.
Mehrfach die Woche Koks ist was anderes als ab und zu mal Benzos und Cannabis. Das muss man einfach differenziert betrachten. Diese Pauschalisierungen und Generalisierungen finde ich unerträglich.
Es leuchtet mir nicht ein warum Alkohol und Zigaretten tolerriert werden aber und zu Benzos oder Gras zu massiven Restriktionen führen sollen.
Sporadischer Beikonsum ist auch wieder etwas anderes als täglicher oder mehrfach wöchentlicher Beikonsum.
Hier sollte einfach der Arzt die Möglichkeit bekommen individuell entscheiden zu können. Es wäre dann an den Fachgesellschaften entsprechende Leitlinien zu erarbeiten, an denen sich die Ärzte dann orientieren können. |
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Salute Silber-User
Anmeldungsdatum: 24.05.2014 Beiträge: 224
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Verfasst am: 10. Jun 2014 22:28 Titel: |
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Hi,diese gängelei der Ärzte ist zum kotzen und die Richtlinien sind gegen die Menschenwürde.
Solange der Mediziner für die vergabe extra cash bekommt,wird sich nichts ändern.
Die werden solange an der Schraube weiterdrehen,bist der letzte Schmerzpatient sein Tramal unter aufsicht in der Apo tgl. seine Pille einnimmt.
bis denne |
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QyX Platin-User
Anmeldungsdatum: 04.07.2013 Beiträge: 1270
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Verfasst am: 10. Jun 2014 23:15 Titel: |
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Salute hat Folgendes geschrieben: | Hi,diese gängelei der Ärzte ist zum kotzen und die Richtlinien sind gegen die Menschenwürde.
Solange der Mediziner für die vergabe extra cash bekommt,wird sich nichts ändern.
Die werden solange an der Schraube weiterdrehen,bist der letzte Schmerzpatient sein Tramal unter aufsicht in der Apo tgl. seine Pille einnimmt.
bis denne |
Ja, möglicherweise wird hier ein finanzieller Anreiz an der falschen Stelle gesetzt. Eine Lösung wäre die Behandlung von Suchtpatienten pauschal zu vergüten und die Vergütung der Vergabe aus dem Katalog der Krankenkasse zu streichen.
Dann kommen aber als erstes wieder die Ärzte und beschweren sich wie wenig Geld sie schon jetzt für die Behandlung ihrer Suchtpatienten bekommen. Das im Gegenzug die pauschale Vergütung von Suchtpatienten angehoben wird wird wohl nicht kommen. Da kommen dann die Krankenkassen und werden vorrechnen, dass sie dafür nicht die Mittel haben.
Es wird einfach mal wieder Zeit, dass eine linke Regierung mit einer liberalen Drogenpolitik an die Macht kommt. So lange die CDU/CSU den Kanzler stellt wird sich meiner Auffassung nach nichts wesentlichs in der Drogenpolitik ändern.
Immerhin gibt es in einigen Städten die Substi mit Diamorphin und zusätzlich Modellprojekte wo Morphin abgegeben wird. Diese Morphinprojekte sind aber nach meiner Recherche akut bedroht, eine Fortführung nicht finanziert. Es sind eben Modellprojekte die zur Erhebung von Studiendaten durchgeführt wurden.
Aufgrundlage der Ergebnisse werden die Fachgesellschaften dann Empfehlungen erarbeiten und einen Vorschlag zu Änderung der BtmVv machen. Dann liegt es an den zuständigen Fachpolitikern und Ausschüssen diese Änderungen durchzusetzen. Mein Gefühl sagt mir aber, dass hier mit erheblichen Widerstand zu rechnen ist, ala: es gibt doch schon Methadon und Burprenorphin und zusätzlich die Abgabe von Diamorphin in Spezialambulanzen. Da wird dann ganz schnell geflussfolgert, dass es für die Abgabe von Morphin keinen Bedarf gibt, das nicht wirtschaftlich wäre, einfach überflüssig etc.
Vielleicht wird es in 10 Jahren mal so weit sein.
Das tragische ist ja: Morphin ist auf dem Markt ja massenhaft verfügbar. Es ist ein verkehrs- und verschreibungsfähiges Betäubungsmittel, mit dem die Medizin weit über 100 Jahre Erfahrung hat.
Es geht gar nicht darum ein Medikament neu zu entwickeln, es aufwendig durch unzählige teure klinische Studien und Zulassungsstudien zu treiben.
Einige einfache Änderungen in der Btm-Gesetzgebung würden reichen.
Das macht mich als angehender Mediziner mit einem Interesse für Suchtmedizin echt traurig. Und es frustriert extrem. |
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berolina Anfänger
Anmeldungsdatum: 11.06.2014 Beiträge: 2
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Verfasst am: 11. Jun 2014 09:44 Titel: "segnungen der substitution"... |
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wie beschissen sich substi auf's leben auswirken kann,erlebe ich seit anfang d.jahres.komme aus berlin u.wurde dort seit 15j.in der selben arztpraxis substituiert.anfangs mit metha,seit 3j.pola(8ml).hatte 7tage mitgabe u.mußte zum vergabetag nicht in der praxis trinken.hatte mich auf 2ml runter dosiert,des-
halb konnte ich auch mal'n tag später hin wenn ich durch begleiterkrankung nicht in der verfassung war,substitut abzuholen.YO,weil berlin aba so geil is und man in der immobilienbranche so viel kohle machen kann,wurden die praxisräume nach 18j gekündigt.wohin mit den patienten?mein arzt hat sich b.einer allg.ärztin in d.nähe"eingeklinkt"u.die substitution aufgegeben,weil dort nicht erwünscht.ich bin mit d.restl.substi-patienten dem anderen arzt(der mich gut kennt;hat mich b.ab-
wesenheit meines arztes mitbehandelt)gefolgt.dieser hat sich einem langj.substi-
arzt in'nem anderen stadtteil(langer anfahrtsweg!)angeschlossen.mir war klar,d.
sich einiges ändern wird,aber nicht mit d.geballten ladung ignoranz,gleichgültigkeit,
menschenverachtung gerechnet!wir sind alle auf levomethadon-tabl.umgestellt worden.komm mit meinen 40mg überhaupt nicht mehr klar!tolleranz war nach wenigen wo erreicht,hällt keine 16h an u.entzugssymtomatik kommt von einem moment auf'n anderen,physisch u.psychisch wie ich's in 23j opiateabhängigk.
noch nicht erlebt hab.hab natürl.mehr beigebrauch(H),so das"tricksen"langsam schwer fällt u.mir ständig mitgabesperre droht.Beim alten arzt konnte ich die dinge wahrheitsgem.besprechen,so wie sie sind.muß ja iwi mit dem arzt u.nicht gg ihn arbeiten,dachte ich.scheisse is!seit anf.d.j.schon 5mal beim jetzigen arzt
wg rückumstellung gewesen.nicht möglich,kann mich höher dosieren lassen
(horror!)o.arzt wechseln!nach dem motto:patient hat sich dem medikament anzupassen,nicht umgekehrt.mir stellt sich auch die frage,was tun wenn ich am abholtag nicht in der lage bin,hinzugehn?hab mich schon mit 39° fieber,mehr tot als lebendig durch die stadt gekämpft.hab COPD/lungenemphysem u.bin körpl.echt schon ganz schön hinne.is aber mit nichten ein grund darauf einzugehn.arzt faselt ständig v.substi-richtlinien.also hab ich mich informiert-
u.einfach nichts über diesen aspekt gefunden.um aktionsfähig zu bleiben u.eine lebensqualität zu haben,die das gewährleistet,brauch ich'n neuen substi-arzt!
das sollte sich in berlin leichter gestalten,als z.b.im saarland.aber leider is quantität nicht gleich qualität!bei meiner suche bin ich auf diese webseite gestoßen u.dachte,ick sach mal was... |
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tuutsweet Gold-User
Anmeldungsdatum: 22.05.2012 Beiträge: 929
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Verfasst am: 14. Jun 2014 01:53 Titel: |
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es gibt in diesem staat immer noch keine entgiftung, die einen benzoentzug ermöglichen, der auch chancen auf erfolg hat.
3wochen zeit erste woche einstellung, zweite woche abdosierung, dann 5 cleantage und raus.
so kann das ja nix werden.
es müssten sich kliniken spezialisieren, gerade bei benzos kommt der entzug durch, wenn du nach 3wochen entlassen wirst.
es müsste die möglichkeit geben , bei rückfallgefahr sofort nochmal aufgenommen zu werden oder sowas in der art, geschützter rahmen bietet sicherheit.
benzoentzüge sind ätzend langwierig, das kann 6 monate dauern , bis man wieder einigermassen schlafen kann und über diesen zeitraum sollte es auch hilfe seitens der klinik geben, wenn keine stationäre massnahme im anschluss geplant ist.
kliniken müssen sich auf jede droge individuell spezialisieren und nicht alle in eine topf werfen.
ich erinnere mich , das es in england sowas schon seit den 80igern gibt, was benzos betrifft.
wie oft hab ich mich abgequält, von pola und benzos entzogen und ohne therapie direkt im anschluss bin ich zu 90 % jedesmal wieder rückfällig geworden, weil die schlaflosigkeit mich fertig gemacht hat.
und dann allein zu hause, das kann ja nur schief gehen. |
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QyX Platin-User
Anmeldungsdatum: 04.07.2013 Beiträge: 1270
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Verfasst am: 14. Jun 2014 15:37 Titel: |
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Ja, das mit dem Benzoentzug ist ein echter Ärger. Ich habe wegen meiner neurologischen Erkrankung mehrfach über längere Zeit Benzodiazepine nehmen müssen. Jeder Entzug war dann schwerer. Beim letzten habe ich oft 4-5 Tage am Stück nicht geschlafen, war voller Angst und konnte das Haus nicht verlassen. In meiner Schublade lagen noch immer massenhaft Benzos aber ich wusste dass wenn ich sie anrühre, alles wieder von vorne angeht. In der Summe hat es etwa 9 Monate gedauert, bis sich alles wieder normalisiert hat.
Es hat mich unglaublich viel Kraft und Disziplin gekostet, das durchzuziehen. Wenn dann noch eine Suchtneigung besteht stelle ich mir so einen Entzug unmöglich vor. |
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Rotterdamned Bronze-User
Anmeldungsdatum: 02.06.2014 Beiträge: 49
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Verfasst am: 14. Jun 2014 23:01 Titel: |
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Dein Beitrag gefällt mir sehr gut QyX!
Die Sache mit dem angeschossenen Substitutionsarzt zeigt doch ganz klar, daß die Situation in den Arztpraxen einfach unmöglich ist!
Ich selbst bin seit 20 Jahren heroinabhängig und war bei insgesamt bei 7 verschiedenen Ärzten in Substitution mit Methadon und Polamidon, zuletzt mit Subutex, bzw. Subuxone.
In den 7 Jahren, die ich insgesamt mit Unterbrechungen in Substitution war, habe ich leider viele schlechte Erfahrungen machen müssen.
Das Substitut Methadon, bzw. Polamidon habe ich nicht vertragen. Die Nebenwirkungen waren sehr schlimm: Ich fühlte mich antriebslos, habe übermäßig geschwitzt und war sehr depressiv, so daß ich mich wie auf einem Abstellgleis gefühlt habe, nicht tot, aber auch nicht lebendig. Mir war es nicht möglich auf Heroin zu verzichten, so daß ich fast immer Beikonsum hatte. Meiner Meinung nach ist Metha/Pola nicht für eine langfristige Substitution geeignet, da der Stoff suboptimal ist. Die HWZ ist zu kurz, so daß ich immer schon morgens entzügig war. Nach der Einnahme wurde ich sehr müde, so daß ich meist noch mal bis zur Mittagszeit geschlafen habe.
Nachdem ich einmal von Methadon entgiften mußte, nach drei Jahren durchgängiger Substitution, habe ich mich beim zweiten Mal erst wieder auf Heroin umgestellt, weil ich mir einen Methadonentzug nicht noch mal zugetraut habe und es war wesentlich einfacher "nur" vom Heroin zu entgiften, als vom Metha. Der Methadonentzug ist so langwierig, daß er unheimliche Disziplin und Motivation erfordert. Ich halte Methadon und Polamidon für eine gute Möglichkeit, um damit versorgt zu werden, wenn man wegen einer Krankheit ins Krankenhaus muß oder zum Abdosieren beim entgiften.
Was ich nicht verstehe, daß nicht auch andere Opiate wie Morphin zur Substitution zugelassen werden. Davon würden sehr viele Abhängige profitieren! Am besten wäre sowieso die Originalstoffvergabe!
Ich habe mir geschworen, nie wieder in ein Methadonprogramm zu gehen!
Später war ich im Programm mit Subutex und hab es erstmals geschafft keinen Beikonsum zu haben! Das Subutex ermöglichte mir einen konstanten entzugsfreien Zustand ohne diese wellenartige Auf- und Ab wie ich es von Methadon kannte. Gleichzeitig wirkte es antidepressiv, ich war konzentriert und leistungsfähig. Leider war die Umstellung von Heroin auf Subutex nicht einfach und ich mußte mehrere Versuche zu Hause wieder abbrechen, da meine Heroindosis zeitweise viel zu hoch war und ich zu gute Qualität konsumiert hatte, als das ich es mit Subutex hätte auffangen können.
Es lag also nicht an mir oder an mangelndem Willen meinerseits, daß ich unter Methadon Beikonsum hatte, sondern an dem Stoff an sich, den ich einfach nicht vertragen habe!
Vor einem Jahr bin ich hauptsächlich meinem Freund zuliebe noch mal für kurze Zeit ins Programm gegangen. Der Arzt war mir von Anfang an total unsympathisch und mein erster Eindruck bestätigte sich leider. In der ganzen Zeit habe ich ihn nicht einmal lachen sehen. Schon der erste Tag der Behandlung begann damit, daß der Arzt behauptete, wir hätten Benzos konsumiert. Wir kamen gerade aus der Entgiftung, wo wir auf Subutex eingestellt worden waren und hatten vor der Entgiftung ein paar Diazepam genommen, so daß wir noch Restwerte hatten. Er war der Überzeugung, wir hätten aber nach der Entgiftung erneut wieder Benzos genommen. Er gab uns die letzte Abmahnung ("letzte" war ein Witz, wir hatten keine erste bekommen) und selbst als sich bei der Laboruntersuchung herausstellte, daß wir sinkende Benzoswerte hatten und also nichts genommen hatten, nahm er die Abmahnung nicht zurück. Er kontrollierte in der Uk auch immer auf Alkohol und wer mehrmals positiv war, wurde von ihm genötigt, Antabus zu nehmen. Der Arzt ließ uns alle morgens einzeln ins Sprechzimmer kommen und starrte uns in die Augen, ob wir irgendwie so aussahen, als hätten wir konsumiert. So konnte er für jeden ein Beratungsgespräch abkassieren, das sind glaub ich ca. 10€ für nicht mal eine Minute pro Patient, schnell verdientes Geld. Er hat auch zusätzlich noch eine Privatpraxis und wir, die Substitutions-Patienten mussten in der normalen Praxis um halb 8 morgens antreten, während er für die "normale" Kundschaft um 8h öffnete. Er hat die Leute beim 2.Rückfall rausgeschmissen ohne sie abzudosieren oder in die Entgiftung zu schicken. Für ihn gehört ein Rückfall nicht zur Suchterkrankung, er ist da Hardliner und Anhänger des Abstinenzparadigmas. Wenn jemand Suchtdruck hatte und um eine höhere Dosierung bat, hat er das abgelehnt und denjenigen zur PSB geschickt.
Ich habe ihn richig gehasst und fühlte mich morgens schon richtig schlecht, mir war total übel, wenn ich in die Praxis musste und kaum war ich aus der Praxis raus, ging es mir wieder gut und das lag nicht allein am Subuxone. Wir mussten auch immer solange in der Praxis stehen bleiben, bis sich der Kram unter der Zunge aufgelöst hatte.
Unnötig zu erwähnen, daß er uns nicht einen Millimeter über den Weg getraut hat und um sicher zu gehen, daß die Urinproben nicht gefälscht wurden, hat er uns den RUMA-Markertest machen lassen und zusätzlich noch Speichelproben genommen. UK war einmal pro Woche, immer mit Labor und Kontrolle auf Alkohol, also Ethanol-Abbauprodukte. Keine Ahnung wie er die ganzen Kosten fürs Labor bezahlt bekommen hat.
In der ersten Woche hatte ein Mädchen einen Rückfall mit Heroin, der noch nicht mal in der UK nachweisbar war, aber sie hatte es dem Arzt von sich aus erzählt. Die Konsequenz war, daß sie ebenfalls die "letzte" Abmahnung bekam! Es war ihr erster Rückfall und ich war entsetzt, wie er ihre Ehrlichkeit mit dem drohenden Rausschmiss quittiert hat!
Mir war das Ganze viel zu krass und ich habe dem Arzt nicht im Geringsten vertrauen können. Ich wußte ja, daß er mir nicht helfen wird, wenn ich Probleme habe, sondern mich vor die Tür setzen wird. Nach 20 Jahren Opiatabhängigkeit war ich sehr zufrieden mit mir, wenn ich alle 4-6 Wochen mal Heroin genommen habe. Da das für ihn aber ein No-Go war, habe ich mich in der Entgiftung angemeldet und bin nicht mehr zu ihm hin.
Mittlerweile nehme ich wieder eine kleine Dosis Subutex, die ich mir auf dem Schwarzmarkt besorge. Dafür geb ich das Geld gerne aus, das ich meine Freiheit habe und nicht erniedrigt werde, ich habe keine Lust wie ein 3.klassiger Patient behandelt zu werden, Nein Danke!
Würde mein Arzt irgendwann körperlich angegriffen werden, es würd mich nicht wundern. Jemanden nach dem 2.Rückfall ohne abdosieren rauszuschmeißen müßte verboten werden, das ist doch eigentlich schwere Körperverletzung!
Mir ist bis jetzt noch kein Substitutionsarzt begegnet, der seine Patienten respektvoll behandelt hätte. Es ist traurig, wie der Alltag in solchen Praxen aussieht. Da gebe ich das Geld lieber einem Dealer, der behandelt mich wenigstens nicht wie Dreck!
Außerdem ist Substitution für Leute mit Arbeit praktisch gar nicht möglich. Es kann doch nicht sein, daß arbeitende Patienten kein Take-Home erhalten oder Angst um ihren Führerschein haben müssen. Ich bin sehr froh, daß es Leute gibt, die ihr Substitut verkaufen und ich mich dadurch gut über Wasser halten kann! |
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Rotterdamned Bronze-User
Anmeldungsdatum: 02.06.2014 Beiträge: 49
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Verfasst am: 15. Jun 2014 02:17 Titel: |
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@ QyX Es ist schade, daß die Substitution nicht so ablaufen kann, wie Deine Schmerzbehandlung!
Was diese strengen Take-Home Regelungen angeht, ist es wirklich schade, daß viele Ärzte aus finanziellen Gründen von TH absehen. Es liegt ja auch im Ermessen der Ärzte und die eigentlichen Richtlinien zur Substitution lassen sehr viel Interpretationsspielraum, so daß es zu ganz unterschiedlichen Vergabemodalitäten kommt.
Als das Gesetz mit der Verpflichtung zur PSB erlassen wurde, gab es überhaupt keine Kapazitäten dafür und die Drogenberatungen waren total überlaufen. Für mich hieß das 2003 konkret, daß ich ganze 3 Monate warten mußte, bis ich in der Drogenberatung Termine für die Erstellung meines Sozialberichtes für die Kostenübernahme für eine stationäre Therapie bekam.
Das war absurd: Ich wollte unbedingt in stationäre Therapie und bekam 3 Monate keinen Termin weil andere zur PSB gezwungen wurden, die überhaupt gar nicht dort hin wollten. Man kann über Sinn und Unsinn der PSB auch streiten.
Mein damaliger Arzt in Düsseldorf hat die Situation mit den fehlenden Kapazitäten ausgenutzt und eine Sozialarbeiterin für die PSB in seiner Praxis engagiert, der er ein wenig Geld dafür zahlte. Von den Patienten, die er dazu zwang, zu dieser Sozialarbeiterin zu gehen, hat er pro Monat 35 € genommen, dafür hatten sie 5 Minuten alle 4 Wochen, in denen sie die Sozialarbeiterin gesehen haben. Ich hatte als einzige Glück und schon vorher Kontakt zur Drobse, so daß ich die PSB bescheinigt bekam. Das war den anderen Patienten aber nicht möglich und so durften sie zahlen. 35 € ist viel für einen HARTZ IV-Empfänger! Dieser Arzt war sehr aufs Geld aus. Am Anfang war ich mit zwei Jungs die einzige, die er substituiert hat und es gab keine strengen Regeln, einmal haben wir sogar über Weihnachten 2 Wochen Take Home bekommen weil er Praxisurlaub hatte. Immer wieder hat er uns nach neuen potentiellen Patienten gefragt und irgendwann hatte er dann über 50 Patienten und direkt gab es feste Vergabezeiten, nach der "offiziellen" Sprechstunde und eine Spechstundenhilfe hat die Vergabe gemacht, die war sehr unhöflich zu den Substituierten. Ihn selbst bekam man gar nicht mehr zu Gesicht. Er hat mich von 8ml Pola auf Subutex "umgestellt": Ich hatte einen Tag noch meine volle Dosis Pola genommen und sollte dann 8mg Subutex nehmen. Gott sei Dank hatte ich die Tablette nicht genommen, sondern eingesteckt und mit nach Hause genommen, sonst hätte ich den Entzug meines Lebens bekommen!
Die einzige Sprechstundenhilfe, die wirklich super war, hab ich in Wuppertal kennengelernt. Sie hatte Diabetes und hat gesagt, daß sie es nachvollziehen kann, wenn man wirklich auf ein Medikament angewiesen ist. Sie hat mir immer heimlich Take Home für ein paar Tage in eine kleine Flasche gefüllt, damit ich nicht so häufig mit Bus und Bahn dahin tuckern musste!
Was Beikonsum angeht, so finde ich auch, daß das bei einer Suchterkrankung dazu gehört. Wenn häufig Opiate genommen werden, dann sollte man die Dosis eventuell erhöhen. Bei Benzos kann ich verstehen, daß es für die Ärzte sehr schwer einzuschätzen ist, denn die Werte bleiben ja ewig in der Uk und sie wissen nicht, wieviel tatsächlich konsumiert wurde. Benzos sind nun mal sehr gefährlich in Kombi mit Substitutionsmitteln. Wenn jemand die Benzos von einem anderen Arzt offiziell verschrieben bekommt und entsprechend dosiert nimmt, sollte es aber dann auch ok sein. Allgemein sollte dafür gesorgt werden, daß Patienten mit psychischen Problemen entsprechende Medikamente bekommen können. Ich kenne ein Mädchen, die wegen ihrer Angststörung Diazepam im Low-Dose Bereich nimmt und deshalb ewig Ärger in der Substi hatte, obwohl ihr die Dias von einer kompetenten Suchtexpertin verschrieben wurden.
Ich kann hier nur noch mal empfehlen, wenn ihr entgiftet, in eine "Qualifizierte Entgiftung" zu gehen, denn dort läuft die Entgiftung professionell ab. Ich gehe immer in eine Klinik, in der nicht nach Schema F in drei Wochen behandelt wird. Wenn eine Entgiftung von Benzos länger dauert, dann beantragen die mehr Zeit und in der Regel bekommt man die dann auch! Leider hab ich auch schon in ganz schlechten Einrichtungen entgiftet, aber zum Glück habe ich vor ein paar Jahren in meiner Nachbarstadt meine Entgiftung gefunden, eine Klinik von der LVR mit kompetenten Pflegern, die respektvoll und auch menschlich mit einem umgehen. Ich mußte mich beim ersten Mal mit meinem Partner dort vorstellen und seitdem war ich dort ein paar mal mit ihm zusammen. Es ist nämlich schwer eine Entgiftung zu finden, in der man als Paar aufgenommen wird. Dort ist das kein Problem, wir haben ein Zimmer zusammen bekommen und einmal haben wir dort 5 Wochen verbracht, weil wir von H und Benzos abgekickt haben.
Eine gute Freundin von mir ist seit ein paar Jahren mit Subuxone substituiert und sie hat immer wieder dasselbe Problem mit ihrer Ärztin: Sie bekommt kein Take Home, weil sie Beikonsum hat. Ok, soweit nichts besonderes. Allerdings fährt sie seit Jahren an Weihnachten und an Ostern für ein paar Tage zu ihrer Familie in eine andere Stadt. Dafür bekommt sie kein Take Home, sie kauft sich dann halt ein paar Subuxone und nimmt die mit nach Hause und geht für 4 Tage nicht zu ihrer Ärztin. Jedes Mal aufs Neue hat sie deshalb Ärger mit ihrer Substitutionsärztin, nur weil sie ein paar Tage im Jahr ihre Eltern besucht. Das kanns doch nicht sein! Ihr tut der Besuch ihrer Familie gut, sie hat dort keinen Beikonsum und die Familie ist wichtig für sie, ganz normal halt. Nur jedes Mal gibt das total den Stress mit ihrer Ärztin, sie tut mir richtig leid deshalb. Ihr wird noch nicht mal ein klein bißchen Normalität gegönnt und sie hat sonst keine sozialen Strukturen, außer der Family.
Es ist eben total blöd, daß wir Opiatabhängigen keine Lobby haben. Ist ja klar, daß sich da nichts zum Positiven verändert! |
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