Akzeptierende Drogenarbeit

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AnniZ
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Anmeldungsdatum: 07.03.2013
Beiträge: 35

BeitragVerfasst am: 24. Jun 2014 12:49    Titel: Antworten mit Zitat

musikera hat Folgendes geschrieben:
In der Drobse ist es gleich...alles nur Routine...blah, blah machen...Stempel auf den Substiausweis...und tschüss... Mad



Mir fallen immer mehr Sachen auf, die ich crass finde. Meine Erfahrung ist auch, dass letztlich bei vielen im System reines Unverständnis da ist. Bin da auch innerlich einmal total angeeckt, gerade als ich diesen dummen Ausflug Richtung Suchthilfe gemacht habe.
Crass, wie dann die von euch beschrieben fachlichen Fehler noch dazu kommen.

Den Satz oben habe ich aber einmal begründet bekommen. Mir leuchtete das mit dem Stempel ein. Es hieß, wer den Beratungsnachweis braucht um sein Metha zu bekommen, ist ja gezwungenermaßen hier. Warum soll man ihn auch noch vollblubbern? Er braucht das meist gar nicht. Wenn er ein Gespräch möchte, kann er es gerne haben, aber nur wegen des Stempels eines aufzudrücken ginge an der Achtung der Würde der Person vorbei.

(?)
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tusem67
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Anmeldungsdatum: 22.12.2013
Beiträge: 367

BeitragVerfasst am: 24. Jun 2014 13:21    Titel: Re: Akzeptierende Drogenarbeit Antworten mit Zitat

asil1991 hat Folgendes geschrieben:
Hallo liebe Community!

Ich schreib gerade meine Bachelorarbeit zum Thema "Akzeptierende Drogenarbeit" und beschäftig mich gerade mit den Prinzipien und Grundhaltungen dieser Strömung in der Drogenhilfe. Meine Aufmerksamkeit hat das angesprochene Prinzip "Recht auf Autonomie und Mündigkeit" geweckt. Dieses Prinzip besagt, dass KonsumentInnen stets als mündige, zu Selbstverantwortung und Selbstbestimmung fähige Menschen wahrzunehmen sind. Ich empfinde diese Sichtweise als prinzipiell sehr gut und auch richtig, nur stelle ich mir die Frage wie es sich dann mit wirklich abhängigen KonsumentInnen verhält? Kann man wirklich sagen, dass ein süchtiger Heroinkonsument noch die Fähigkeit besitzt selbst über sein Leben zu bestimmen, wenn seine Gedanken nur um den Konsum bzw. die Beschaffung des Suchtmittels kreisen? Würd mich interessieren was ihr dazu denkt und freu mich auf eine hoffentlich spannende Diskussion !

LG


Na ja so einfach kann man das nicht sehen,

Wenn man das ganz genau betrachtet, müsste man auch viele andere erstmal entmündigen und Fit machen, das ist mit großer Sicherheit ein großer Teil der Bevölkerung. Dafür muss man nicht unbedingt Heroinabhängig sein.

Es gibt bestimmt einige Süchtige, die trotz ihrer Suchtkrankheit ein halbwegs verantwortungsvolles Leben führen können. Das hängt aber stark davon ab, wie stark man dem Zeug verfallen ist. Es muss sich auch nicht immer Heroin handeln.

Grüßchen
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faun
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Anmeldungsdatum: 08.01.2014
Beiträge: 683

BeitragVerfasst am: 24. Jun 2014 13:36    Titel: Antworten mit Zitat

Mal ein Gedankeneinwurf:

Viele Mediziner haben zu Kriegszeiten im 1. und 2. Weltkrieg selbst zu Opiaten gegriffen, um überhaupt weiterhin durchzuhalten und zu helfen.

(Auch jetzt ist es kein Tabuthema, nur die Anzahl der Mediziner ist wahrscheinlich geringer, die zu Opiaten greift. Aber darum gehts mir jetzt erstmal nicht)

Ich denke die haben im Einsatz eine Menge geleistet und wussten oftmals sehr wohl was wann warum am Besten zu tun ist. oder sie wussten es ebensoschlecht wie alle anderen.
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AnniZ
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Anmeldungsdatum: 07.03.2013
Beiträge: 35

BeitragVerfasst am: 24. Jun 2014 14:45    Titel: Antworten mit Zitat

Klar, natürlich kann man Substanzen nehmen und super gut funktionieren- Auch über längere Zeit. Gemeint waren glaube ich von asil die Fälle in denen der Umstände etc. halber diese Sache nicht ganz so gut klappt?
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Kullerbunt
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Anmeldungsdatum: 08.05.2012
Beiträge: 778

BeitragVerfasst am: 24. Jun 2014 15:03    Titel: Antworten mit Zitat

AnniZ hat Folgendes geschrieben:
musikera hat Folgendes geschrieben:
In der Drobse ist es gleich...alles nur Routine...blah, blah machen...Stempel auf den Substiausweis...und tschüss... Mad



Den Satz oben habe ich aber einmal begründet bekommen. Mir leuchtete das mit dem Stempel ein. Es hieß, wer den Beratungsnachweis braucht um sein Metha zu bekommen, ist ja gezwungenermaßen hier. Warum soll man ihn auch noch vollblubbern? Er braucht das meist gar nicht. Wenn er ein Gespräch möchte, kann er es gerne haben, aber nur wegen des Stempels eines aufzudrücken ginge an der Achtung der Würde der Person vorbei.


Ich muss einmal im quartal zur PSB (physisch-soziale Beratung/Betreuung/Begleitung...für was auch immer das B stehen soll)
Ich will da nicht hin, muss aber um nicht aus dem Programm zu fliegen. Das weiß der Mensch dort auch. Und eigentlich hätte er auch anderes zu tun, gibt Leute die wirklich ein Problem haben das es zu besprechen gibt. Bei mir läuft alles und wenn ich Hilfe brauche, hole ich mir die. Das Zwang-Gespräch läuft immer gleich: "Auf welcher Dosis sind sie?" und "Wie gehts ihnen denn sonst so".
Wenn ich versuche die Stunde irgendwie sinnvoll für mich zu fühlen und zB über die allgemeinen Probleme in der Substi reden will, heißt es...nein, wir müssen über IHRE Probleme reden. Aber nicht über ihre Probleme im Alltag (sollte es den welche geben), wir MÜSSEN über ihre Sucht sprechen.
Also rattere ich die Fakten runter, aktuelle Dosis, Dosisreduktion, TakeHome wie lange, etc...damit gibt der Mensch sich dann zufrieden. Aber die Bemerkung, dass er eigentlich wichtigere Klienten hätte, kommt trotzdem.
Jedesmal frage ich: Geben Sie mir doch bitte einfach den Stempel. Damit ist doch uns beiden gedient.
Nein, dass ginge nicht. Ich muss die Stunde im Quartal absitzen. Und wenn wir gar nicht reden würden, auch okay. HAuptsache ich bin eine Stunde da...

Ein sehr sinnvolles Unterfangen. Am tollsten ist es außerdem, wenn der Mensch dort mir jedesmal erzählt, ich solle doch endlich mal das letzte bisschen abdosieren, sei ja nicht normal seinem Körper "künstliche substanzen" zuzuführen. Nur ein abstinentes Leben ist ein wahres Leben.
Warum ich auf einer geringen Dosis Subutex im Moment bleiben will, interessiert nicht, darauf wird nicht eingegangen...ein hoch auf die SuchtHILFE
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Kamikaze1970
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Anmeldungsdatum: 16.01.2014
Beiträge: 421

BeitragVerfasst am: 24. Jun 2014 16:02    Titel: Antworten mit Zitat

@AnniZ Zuerst einmal möchte ich mich bei Dir entschuldigen.
Hatte Dich für den Threadersteller gehalten, also habe irgendwie Deinen Namen mit seinem Eröffnungsthread verwechselt.
Und was mich halt so aufregt(e) ist, wie schon geschrieben wurde, an die 20 Jahre mit Vielen negativen Erfahrungen mit studierten "Fachkräften" in der Drogenarbeit. Nicht umsonst sind ehemalige Abhängige besonders wertvoll wenn es um Drogentherapie/Langzeitabzinenz geht.
Aber das weiste´jetzt, wo ich die richtigen Namen mit den dazugehörigen Texten verbinde. Embarassed
@Kullerbunt Als ich bis in Substi war, musste ich die erste Zeit auch einmal im Quartal zur PSB. Aber ich war insg. ca.10 Jahre nonstop im Methaprogramm, und lernte den Typ von der PSB dadurch immer besser kennen, so das sich fast ein freundschaftliches Verhältnis aufgebaut hat. Er hat mir sogar erzählt, das er auch gerne ab und zu mal ne Tüte raucht, und früher auch mal Psylos genommen und Teile. Und das passte auch zum Typ,also das er kifft, jetzt so vom Klischee her. Weiß auch nicht das er das jedem erzählt, in der Hoffnung ein offeneres Klima zu schaffen. Sonst hätte ich das mit Sicherheit von einem der anderen Substis gehört..."Hey Leute, unser lieber Herr XY nimmt auch Drogen".
Wäre seiner beruflichen Karriere bei der Caritas wohl auch hinderlich, die sind hier noch seeehr katholisch.
Worauf ich hinaus wollte ist, das er mir nach 3-4 Jahren angeboten hat, mir offiziell zu bestätigen, das ich keine regelmäßige PSB benötige. Im Fall das ich Bedarf habe, wie bei Dir beschrieben, könnte ich jederzeit kommen. Nur halt das ich gar nicht mehr für Stempel da hin musste. Stempel hatte ich auch nie, bei uns haben nur die Hardcore-Leute solche Dinger. Die waren aber auch alle sehr unzuverlässig in allem. Ständig Beikonsum, heftige Alkis, halten Termine/Absprachen nicht ein- halt die wirklich abgestürzten.
Meinem Arzt wurde das schriftlich mitgeteilt, das kam in meine Akte, falls die Kassenärztliche Vereinigung vorbei kommt, und bei Ihren Stichproben meine zieht. Es ist ja so, das man normalerweise die Pflicht hat, einmal im Quartal zur PSB zu gehen, und wenn die KV oder Krankenkasse heraus bekommt, das man da einfach so nicht hingeht, kann sie die, z.T. sogar rückwirkend,Finazierung der Behandlung ablehnen. Das heißt, man muss alles selber bezahlen. Vom Substitut bis Urinprobe- und das wird richtig teuer, je nach Substitut. 7x8mg Suboxone kosten etwas über 40,-Euro. Und ich kenne einige, die mehr als 8mg am Tag bekommen...
Was ich Dir sagen will, es gibt schon die rechtliche Möglichkeit, das Dich Dein Betreuer sozusagen aus der 4xJahr Zwangsvorstellung befreit.
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Kullerbunt
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Anmeldungsdatum: 08.05.2012
Beiträge: 778

BeitragVerfasst am: 24. Jun 2014 17:58    Titel: Antworten mit Zitat

@kamikaze: ja, das mit der Befreiung von der PSB weiß ich. Mein Doc würde da auch mitspielen. Das Blaue Kreuz ansich auch. Aber der Typ zu dem ich geh, der meint halt, wenn er mir den Befreiungswisch ausstellt und ich nach einem Jahr wieder komme und eine neue Befreiung will, könnte er ja nicht beurteilen, wie es mir WIRKLICH geht (als ob er das bei 4x im Jahr könnte Rolling Eyes) und ob so eine erneute Befreiung überhaupt zu vertreten sei. Außerdem könne es ja sein, dass er in einem Jahr nicht mehr dort arbeitet bzw Elternurlaub macht und dann jemand der mich noch nie gesehen habe einschätzen soll, ob ich eine erneute Befreiung kriege.
Sowas wie ein freundschaftliches Verhältnis zu jeder Art von Drogenberatern lehne ich von vorneherein ab, ich bin in meinem Leben bisher 4 Exemplaren begegnet und da ist von Anfang an kaum eine Beziehung auf Augenhöhe möglich.
Die erste Drogenberaterin die ich hatte, kam mir so: "Was, eine Konsumeinheit (Bubble) H kostet nur 10€? Dann ist das ja gar nicht so teuer." Rolling Eyes
Die nächste wollte unbedingt, dass ich mit anderen Substi und ihr 3 Tage in den Harz fahre, das Pola würde sie mir dort zuteilen. Hab das abgelehnt und dann kam: "Ich hätte ja gedacht als Süchtiger wäre man froh wenn man mal die Möglichkeit bekommt in den Urlaub zu fahren. Ist ja sonst finanziell nicht drin." Da hab ich dumm aus der Wäsche geguckt und bin 2 Wochen später mit meinem Mann an die Ostsee gefahren.
Und solche Dinger könnte ich noch und nöcher aufzählen...
Meine Theorie ist ja, das die meisten im Suchthilfesystem so auf das Abstinenzparadigma abfahren liegt daran, dass eine konsequente akzeptierende Drogenarbeit 50% von denen arbeitslos machen würde.
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musikera
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Anmeldungsdatum: 07.11.2013
Beiträge: 928

BeitragVerfasst am: 24. Jun 2014 20:59    Titel: Antworten mit Zitat

Embarassed ääähhhh...ich habs auch nicht gerafft und gedacht Anni sei die Threaderöffnerin...SOORRY...ich dachte immer...häää? was redet die von H und ballern bis KAMIKAZE sich meldete. WO IST DENN EIGENTLICH DIE THREADERÖFFNERIN ABGEBLIEBEN? Shocked
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musikera
Gold-User
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Anmeldungsdatum: 07.11.2013
Beiträge: 928

BeitragVerfasst am: 24. Jun 2014 21:28    Titel: Antworten mit Zitat

aber um beim Thema akzeptierende Drogenarbeit zu bleiben:

mich beschäftigen oft hier Threads in denen berichtet wird das Leute von jetzt auf sofort aus dem Programm geworfen werden. Teilweise aus Pimpfgründen. Man überlege, ein Mediziner begibt sich auf das bewegte Terrain der Substitution.
Ganz so als ob er nicht wüsste auf was er sich da einlässt, wirft er schwerstabhängige Menschen aus dem Programm, und zwar:

1. ohne Rücksprache mit dem zuständigen Drogenberater
2. ohne dem Patienten noch bis er eine Lösung gefunden hat, weiter zu versorgen.
3. ohne den Patienten anzuhören

oft bekommen die Leute die schlechte Laune des Praxispersonal zu spüren
und, was vereinzelt berichtet wird: es werden Katheder gelegt wenn kein Urin zu Verfügung steht. Gehts noch? DAS IST EIN SKANDAL! aber bestimmt keine akzeptierende Drogenarbeit...die meisten Ärzte nehmen sich auch bewußt da raus d.h. sie sehen sich nur als "Versorger" aber keinesfalls als Drogenarbeiter. Mir hat früher mal ein Arzt gesagt (ich war sauschlecht drauf): "ACH LASSEN SIE DOCH DAS JUNKYGESCHWÄTZ, MIR HÄNGT DAS ZUM HALS RAUS; ALLE SEIERN IMMER DIE GLEICHE PSYCHOSCHEISSE. DAFÜR IST DIE DROGENBERATUNG ZUSTÄNDIG: ICH BIN NUR FÜRS REZEPT DA.----- Leute ich konnte es nicht fassen, so ein Arsch.
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Kamikaze1970
Gold-User
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Anmeldungsdatum: 16.01.2014
Beiträge: 421

BeitragVerfasst am: 25. Jun 2014 21:58    Titel: Antworten mit Zitat

Oh schön, musikera, das Du Dich auch vertan hast- und das auch schreibst. Cool
in der Paraxis, wo ich die letzten ca.10 Jahre meiner Metha-Sub.verbracht habe,
wurden auch Leute nach z.B.3 x Beikonsum hintereinander oder Brüllerei in Praxis
rausgeworfen. Und mit sehr hoch dosierten(eine schwangere Polin hat z.B.30ml Pola am Tag bekommen) wurde dann bis zur Aufnahme der Entgiftung gewartet.
Aber mit 3,4,5ml Metha oder bis 4 mg Subu hatte er keine Probleme einen sofort raus zu schmeißen. Und dieser(Prof.Dr.XY) Mann hat hier in der Umgebung eine Schwerpunktpraxis, weil es sonst nur zwei weitere Ärzte gibt, die in kleinem Unfang(ca.20 Leute) substituieren. Bei ihm waren es oft 110-120 Leute. Und wir sind hier ländlich, einige fahren ne Stunde mit dem Bus, und an Feiertagen geht ohne Auto gar nichts. Da haben Leute gebettelt und gefleht, aber je nach Laune gab es dann ausnahmsweise TH, oder auch den Spruch "für euer Zeug seid ihr doch notfalls stundenlang gelaufen, Hauptsache keinen Affen schieben.
Das ist mit ein Grund warum ich seit drei Jahren wieder illegal Oxy´s und Shore konsumiere. Gehe eigentlich nur für die Opioide arbeiten...schon kacke.
Ach ja, @AnniZ mit Junkies IRL meinte ich Junkies In Real Life... Wink
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asil1991
Anfänger


Anmeldungsdatum: 23.06.2014
Beiträge: 3

BeitragVerfasst am: 26. Jun 2014 13:31    Titel: Endlich Antworten mit Zitat

Hallo Leute 

Tut mir leid, dass ich als ThreadöffnerIN wohlgemerkt so lange mit meinem Beitrag auf mich warten ließ (hatte die Woche viel um die Ohren). War richtig überrascht über die vielen Beiträge….

Um grundsätzlich gleich mal eins klarzustellen:
Das mit dem Heroinabhängigen im ersten Thread war wahrscheinlich ein bisschen unglücklich gewählt! Es war einfach nur mal ein Beispiel… Ich weiß, dass es genügend andere psychoaktive Substanzen gibt, die teilweise körperlich und vor allem auch psychische Abhängigkeit hervorrufen können, wenn sie nicht mit Bedacht konsumiert werden. Somit beziehe ich jegliche berauschende Substanz (Medis, Alk, etc.) hiermit offiziell in diese Diskussion mit ein. Das wollte auf keinen Fall, dass sich hier HeroinkonsumentInnen diskriminiert fühlen bzw. wollte ich keinesfalls jemanden mit meinen Aussagen verletzten.

Dass ein süchtiger Konsument/süchtige KonsumentIn durchaus das RECHT auf Autonomie und Selbstbestimmung besitzt will ich keinesfalls absprechen oder anzweifeln! Dieses Recht besitzt von uns jeder Einzelne – egal ob abhängig, abstinent oder was weiß ich! Trotzdem halte ich es als „idealtypisch“ grundsätzlich davon auszugehen, dass JEDER Konsument/JEDE Konsumentin absolut frei in seinen/ihren Entscheidungen/Handlungen etc. ist, wenn aber die Substanz die er/sie konsumiert in ihrem Leben den Ton angibt. Natürlich gibt es KonsumentInnen die risikoarmen bzw. kontrollierten Konsum betreiben und natürlich TATSÄCHLICH die Möglichkeit haben ihre Entscheidungen selbstbestimmt zu treffen. Ich glaube aber, dass die Selbstbestimmtheit von abhängigen KonsumentInnen – natürlich nicht in allen Lebensbereichen – einer Einschränkung unterworfen ist.

Da ich gefragt wurde ob ich überhaupt schon praktische Erfahrung mit Süchtigen hatte. JA durchaus. Da ich Soziale Arbeit studiere durfte ich meine 2 Praktika in Einrichtungen absolvieren, in denen ich tagtäglich mit Menschen mit verschiedensten Substanzabhängigkeiten zu tun hatte (Alkohol, Benzos, H, etc.). Auch meine 2 Bachelorarbeiten befassen sich mit der Thematik „Drogen und Sucht“ bzw. deren Vorbeugung von Sucht.

Ich habe auch vor nach meinem Abschluss im Bereich der Drogenhilfe tätig zu werden. Um an Infos zu kommen und mich mit der Materie vertraut zu machen ist es doch durchaus legitim sich auf Foren, wie dieses hier zu beziehen, oder täusche ich mich da? Wie denn sonst sollte ich denn dann den tatsächlichen Alltag kennenlernen? Tatsache ist nunmal dass ein Studium zu 70% aus grauer Theorie und Literaturrecherche besteht und die Praxiserfahrungen nicht ausreichend sind, um wirklich ein ganz realitätsgetreues Bild von den Zuständen "draußen" zu erhalten. Wie sonst, wenn nicht so sollte ich sonst lernen zu „Verstehen“ wie es AnniZ schon so schön formuliert hat?

Und nur zur Info: Meine Bachelorarbeit besteht tatsächlich NUR aus einer theoretischen Auseinandersetzung mit diesem Thema! Das vollständige Thema lautet allerdings „Kontrollierter Konsum – „Drogenmündigkeit“ als innovatives Ziel in der akzeptierenden Drogenarbeit“. Würd mich auch interessieren ob ihr von dem Konzept der „Drogenmündigkeit“ überhaupt schon mal was gehört habt und vor allem was ihr davon haltet – praxistauglich oder nicht?

SO – ich hoffe ich konnte nun alle Unstimmigkeiten die ich ausgelöst habe aus der Welt schaffen und hoffe auf eine weitere spannende Diskussion, die mir dazu verhilft meine Frage(n) zu beantworten. Ich werde mich bemühen diesmal früher auf die Kommis zu antworten.

LG
Asil
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musikera
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Gold-User


Anmeldungsdatum: 07.11.2013
Beiträge: 928

BeitragVerfasst am: 26. Jun 2014 19:10    Titel: Antworten mit Zitat

hallo Asil1991,

schön das es Dich noch gibt. Dachte schon Du hast Dich aus dem Staub gemacht nachdem es so viel Resonanz hier gab mit deinem Thread.
Ich finde es schon gut das Du als angehende Drogenarbeiterin auf Suchtforen bist und Deine Erfahrungen sammelst mit der "DENKE" von den Usern.
Hmmm...nun hast Du mit dem Begriff "akzeptierende Drogenarbeit" Diskussionen ausgelöst und schon schwupp di wupp Razz Laughing, gibst Du uns einen neuen Begriff zum "abarbeiten": DROGENMÜNDIGKEIT Question---Ich weiß aber nichts damit anfangen. Es wäre zu läppisch wenn er "jeder ist für sich selber verantwortlich beim Drogenkonsum", bedeuten würde, oder? Ihr studierten Menschen habt immer tolle Begriffe, mit denen ihr sogar noch Seitenlange Fachbücher oder Diplomarbeiten schreibt. Ich bin nicht eindeutig mit einer Meinung zum Drogenkonsum. Als ich vor vielen Jahren ganz am Anfang stand mit dem Konsum, da war ich der Meinung ich kann doch konsumieren was ich will. Das tat ich dann.
Nun sozusagen am Ende meiner Drogenkarriere wäre ich froh hätte es damals jemand gegeben der mir tüchtig aufs Maul haut...und zwar immer wenn ich an Drogen denke...ist bisschen krass gesagt, ja. Mich und viele andere hat es halt fürs ganze Leben erwischt. Manche sind gestorben und andere haben es wieder sein gelassen oder es irgendwie geschafft den Konsum im Griff zu haben und nicht körperlich abhängig zu werden. Also DROGENMÜNDIGKEIT als Wort erschreckt mich irgendwie. Ist aber nur meine Meinung. Erkär mal was Du damit meinst.

Gruß
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asil1991
Anfänger


Anmeldungsdatum: 23.06.2014
Beiträge: 3

BeitragVerfasst am: 27. Jun 2014 16:30    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo,

--> "Jeder ist selber verantwortlich beim drogenkonsum"
JEIN - Natürlich ist der, der drogenmündig ist, für sein handeln und tun selbst veranwortlich - wie jeder andere auch - jedoch ist das nicht isoliert zu betrachten. Es fließt sehr wohl auch die Komponente mit ein, Risiken und Gefahren für Dritte mitzudenken, die durch den Konsum von Substanzen entstehen und auch auf ihre Bedüfnisse und ihr Wohlbefinden einzugehen. Somit greift hier auch der Aspekt der "sozialen Verantwortung" gegenüber anderen.
Es geht darum, in jeder Konsumsituation kritisch abzuwägen, welche Risiken birgt der Konsum bezogen auf die situationsbedingten Rahmenbedingungen für mich selbst und für andere und vor allem schließt Drogenmündigkeit auch das Wissen darüber wie solche Risiken ausgeschaltet bzw. vermindert werden mit ein. Dafür braucht es vom Konsument natürlich fachgerechtes Wissen über Pharmakologie, Wirkungsweise, Konsumform, adequate Settinggestaltung etc.! Vor allem muss er seine eigenen körperlichen,psychischen Grenzen im Bezug auf den Konsum kennen und vor allem auch gut abwägen und reflektieren können welche Bedürfnisse des Umfelds der Konsumerfahrung entgegenstehen könnten. Andererseits sollte der Konsument auch fähig sein Genuss beim Konsum zu emfinden, damit er für ihn so zu sagen immer etwas besonderes bleibt und nicht zum alltäglichen wird --> abstiente phasen und weitgehend anlassbezogen konsumieren(zB. nur an wochenenden/ auf partys etc)

Das ist das was ich nach meiner Literaturrecherche unter Drogenmündigkeit im großen und ganzen vorstelle. Jedoch kommt mir diese vorstellung schon ziemlich idealtypisch vor und vor allem nicht ganz praxistauglich vor - da dies doch sehr komplexe kognitive fähigkeiten beim konsument voraussetzt ?! Deshalb kann mir nicht vorstellen, dass drogenmündigkeit wirklich den großteil von konsumenten erreichen kann, da dies meiner meinung nach hier shcon sehr hohe ansprüche gestellt werden.

LG
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musikera
Gold-User
Gold-User


Anmeldungsdatum: 07.11.2013
Beiträge: 928

BeitragVerfasst am: 27. Jun 2014 18:37    Titel: Antworten mit Zitat

...ja, das funktioniert nicht. Zwar hab ich in all den Jahren hin und wieder Leute getroffen die tatsächlich, so schien es, mit Opiaten zurechtkamen. Allerdings hatten diese allesamt eines gemeinsam: Sie hatten alle eine sichere Arbeitsstelle und keinerlei familiären Anhang- Mir fällt noch ein das in Zeiten wo es noch keine Substitution gab, diese Leute auch einen Arzt hatten und somit auch schlechte Zeiten mit Codein überbrücken konnten. Einige hatten ein unglaublich gut funktionierendes und verschwiegenes Netz an Zulieferer für versch. Substanzen, teilweise auch im Ausland. Alle Personen haben in dem Sinne nicht gedealt. Als dann die Substitution eingeführt wurde ist einer der Kollegen ins Programm und irgendwie auf DAUER nicht klar gekommen. Er starb alsbald an einer Überdosis. Er hatte zusätzlich noch Metha im Körper. Schon traurig.
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Tramaqueen
Silber-User
Silber-User


Anmeldungsdatum: 12.09.2013
Beiträge: 254

BeitragVerfasst am: 27. Jun 2014 23:06    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo asil,

ich kann nur von meiner Warte aus sprechen, da ich bisher nichts mit illegalen Drogen bzw Substitution zu tun habe, sondern seit ca. 13 Jahren schmerzbedingt auf Tramal gesetzt.

Zum Thema Drogenmündigkeit kann ich dir sagen, es gibt keine gerade Linie, wenn man abhängig ist. Manchmal lebt man über Jahre oder Monate ein ganz "normales" Leben. Dann wieder gibt es den Absturz, klassisch bedingt durch Traumate, Todesfälle etc. . Manchmal aber auch einfach, weil man wieder einmal die Wirkung vom Anfang des Konsums wieder spüren möchte.

Nach den vielen Jahren hielt ich mich eigentlich für "Drogenmündig", bin aber durch zwischenzeitlichen Substanzwechsel (Fentanyl-Pflaster) eines Besseren belehrt worden. Körperlich und geistig der totale Absturz und dementsprechend sozial komplett isoliert. Keine Lebenstauglichkeit mehr.
Jetzt nehme ich wieder Tramal und kann damit soweit eigenverantwortlich damit umgehen. Ich erziehe zwei Teens ohne Vater (verstorben), fahre Auto und gehe stundenweise arbeiten. Stehe also wieder im Leben und habe es aufgegeben auf Teufel komm raus entziehen zu wollen, denn am Ende der Fahnenstange steht wieder der Schmerz. Und was dann?
Dies ist die Situation, wenn man nicht nur aus Spass etwas nimmt, sondern leider auch weil man muss. Dementsprechend ist weder eine Abstinenz oder auch der Spass am Konsum hierbei keine Option.

Ich hoffe, jetzt nicht komplett neben dem Thema zu liegen, da hier ja bisher meist nur H oder andere Rauschsubstanzen erwähnt wurden.

Noch einen schönen Abend an alle,
Gruß, Queenie

PS: habt ihr schon mal was vom kontrollierten Trinken gehört? Es gibt in Deutschland eine Einrichtung, die Langzeitalkoholikern, welche zu krank sind um selbstständig leben zu können, die Option weiterhin im Heim trinken zu dürfen. Kontrolliert bedeutet dort, das jeder einen Plan macht, was und wann er am nächsten Tag konsumieren will. Dementsprechend bekommen die Patienten dann ihre "Ration".
Wäre schön, wenn das Schule macht, da bei Langzeitkonsumenten nach einem Entzug ca. 80 % wieder süchtig werden und dann in den Teufelskreis Trinken - Entzug - Rückfall - Entzug kommen.
Was haltet ihr davon?
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