Süchtig und niemand weiß es

[rock]

unsauber, Du sprichst einen wichtigen, mM nach viel zu oft vernachlässigten Punkt an: Leistungssteigerung durch Substanzen im Beruf.
Das ist wesentlich häufiger, als man annehmen sollte.
Es geht so weit, daß in einer Druckerei, wo ein Typ zwei aufeinanderfolgende 12Stunden-Schichten (!) macht, der als "Held der Arbeit" gelobt wird, obwohl man mit ihm nicht einmal vernünftig reden kann, so d'rüber ist er nach etlichen Jahren.
Dem nachzusagen, daß er Drogen nimmt, das wäre ein Grund für die Fristlose dort. Er selbst sieht es auch nicht so, obwohl er zum Drogen-Urgestein in der Stadt gehört. Allerdings nimmt er nichts mehr außer seinem Speed.
Ein Abteilungsleiter dort fährt täglich mit einem Muli durch die Reihen, darauf eine Palette und auf der Palette Schachteln mit Schnaps (Literflaschen) und kistenweise Bier. Das wird nicht etwa versteckt gemacht, nein, ganz offen und an so gut wie jedem Arbeitsplatz steht eine Schnapsflasche. Der Verkäufer verdient sich ganz nebenbei dumm und dämlich daran.
Der Alk dient auch der Leistungssteigerung bzw zum Abtöten, denn die Jobs sind in der Mehrheit schon recht eintönig.
Arbeitsinspektorat ? Alkoholverbot bei Arbeit mit Maschinen ? Fehlanzeige ! Das Ganze läuft seit vielen, vielen Jahren und kein Arbeitsinspektor hat was gesagt, getan. Kommen tun sie, die Herrschaften, ist ja ein großer Betrieb, da kommt regelmäßig jemand vorbei. Aber eben auf ein paar Schnäpschen und nicht, um nach dem Rechten zu sehen.
Schöne, heile Welt der "Normalos" ...
Cheers

[normanthedoorman]

[Pimpinelle]

Auch wenn man noch so auf Alkoholiker schimpft und mit dem erhobenen Zeigefinger daher kommt, so macht es keine Sucht besser. Es gibt keine bessere Sucht. Und die Geschichten hier, wo "Blau auff'm Bau" gesellschaftlich akzeptiert war und höchstens belächelt wurde, sind lange vorbei. In den 80ern mag das noch ok gewesen sein. Heute wurde da einiges geändert (zum Glück!) und sowas wird im allgemeinen nicht mehr geduldet. Genau im Gegenteil. Wenn da mal was passiert, kannst du den Betrieb schon fast schließen. Auffällig gewordene Alkoholiker werden heutzutage beim Trocken-werden unterstützt im Normalfall und natürlich wenn möglich. Es mag Ausnahmen geben, aber dass es solche Geschichten wie von euch berichtet heute noch gibt, wage ich zu bezweifeln.

[rock]

Pimpinelle - in dem Betrieb von dem ich erzählte, war ich zuletzt vor knapp einem Jahr. Dort fällt nach wie vor kein Alkoholiker auf, es sind so gut wie alle Alkoholiker unter sich ! Das ist traurig, aber wahr.
Im übrigen schimpfe ich nicht auf Alkoholiker, mir ist sehr wohl bewußt, daß Sucht etwas ist, das man eigentlich auch unabhängig von der Substanz betrachten sollte, nach der jemand süchtig ist.
Es ging mir bei der Schilderung darum, daß Leute Drogen (auch Alkohol) ge- oder mißbrauchen, um ihre Leistung zu steigern und/oder um ihren eintönigen Arbeitsalltag zu überstehen. Nebenbei erwähnte ich auch, daß gewisse Dinge geduldet werden - so der Speedfreak, von dem man wohl ahnt oder gar weiß, daß er Verbotenes tut, aber er ist halt so gut, er bringt der Firma was, da kann man darüber hinwegsehen und tut es auch.
Wenn ich hingehe und sage ich hätte gerne den Job, den sie inserierten, und ich nehme gerne aufputschende Substanzen um besser arbeiten zu können, dann wird man mir die Tür weisen.
Daß so jemand schon zum Inventar gehört, wird geflissentlich übersehen. Erst wenn er tot zusammenbricht und festgestellt wird, daß da was Illegales im Spiel war, wird man sich entrüstet von ihm abwenden ...
Bei einem der Alkoholiker würden sie sagen: Also DAS hätte ich mir nicht gedacht ... Der wirkte doch immer so nüchtern.
Cheers