Angst vor Blamage durch Psychosen

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Lenox
Anfänger


Anmeldungsdatum: 06.12.2015
Beiträge: 5

BeitragVerfasst am: 26. Dez 2015 05:34    Titel: Angst vor Blamage durch Psychosen Antworten mit Zitat

Hallo ihr Lieben,

ein Problem macht mir sehr zu schaffen. Ich bin schizoaffektiv diagnostiziert. Ich bin zwar zu 90% des Jahres völlig normal, aber erfahrungsgemäß ticke ich ein bis zwei Monate im Jahr völlig aus. Ich mache wirklich alles in der Hoffnung, die Sache in den Griff zu kriegen, nehme regelmäßig Medikamente und versuche auch sonst die Rahmenbedingungen zu erfüllen, aber einmal im Jahr spielt mein Gehirn verrückt. Ich mache dann Sachen, für die ich mich hinterher in Grund und Boden schäme und blamiere mich bis auf die Knochen. Ich habe solche Angst davor, dass andere mich deshalb ablehnen und zwar vollständig obwohl ich zu 90% normal bin. Aber die 10% bewirken, dass Menschen mich nicht einschätzen können, als unberechenbar einstufen und mich letzten Endes aus ihrem Freundeskreis ausschließen. Und das tut weh. So weh, dass ich mich zurückziehe und in meinen eigenen vier Wänden verschanze, damit niemand mehr mitkriegt, wie doof ich eigentlich bin. Und dabei bin ich eigentlich ein überdurchschnittlich kluger Kopf, ja mit meiner Erfindung (ich erfinde leidenschaftlich gerne Dinge) könnte ich reich werden, das haben mir mittlerweile BWLer bestätigt. Aber um ein Unternehmen zu gründen (mit absichernden Partnern) muss man auf Leute zugehen können und davor habe ich Angst. Ich will mich nicht blamieren. Die Erfahrungen, die ich mit meinen Psychosen immer wieder mache sind ein Albtraum, durch und durch. Ich habe einfach Angst, mich anderen Menschen mitzuteilen, die mein Gesicht sehen und mich anschließend als "den Psychotiker" identifizieren können. Den Verrückten. Den Irren. Den Geisteskranken. Den mit dem Vogel. Den, der sie nicht alle beisammen hat. Ich isoliere mich mehr und mehr und habe Angst vor Kontakten, mich der Welt zu zeigen. Es ist einfach ein fürchterlicher Teufelskreislauf, aus dem ich nicht mehr herauskomme. Ich weiß einfach nicht, wie ich mit meiner Angst vor Kontakten umgehen soll. Prinzipiell bin ich ja ganz zufrieden mit meinem Leben in meinen vier Wänden. Nur ein Computer ohne mein Gesicht und niemand kommt mir nahe. Ja, die Welt ist schön zu Hause. Aber ich MUSS da raus, wenn ich der Welt mit meiner Erfindung einen Gefallen tun will. Sie ist nicht nur da, um Geld zu scheffeln, sondern sie bringt den Menschen, die ich ja eigentlich liebe, einen großen Nutzen. Meine Frage ist: Wie kann ich meine Scheu vor Menschen überwinden? Wie kann ich mit mir selbst in Frieden leben und mit anderen, ohne die unermessliche Angst vor Stigmatisierung? Wie schaffe ich es, ohne Angst vor Blamage in dem einen Monat im Jahr, in dem sie auftritt, wirtschaftliche Kontakte zu knüpfen? Ich will ja auch schließlich wertgeschätzt werden für das, was ich anderen Menschen geben kann.
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Songoku
Bronze-User
Bronze-User


Anmeldungsdatum: 09.11.2015
Beiträge: 28

BeitragVerfasst am: 26. Dez 2015 07:24    Titel: Antworten mit Zitat

Das du, Angst, bzw. Schüchtern bist ist doch ganz normal das hat jeder Mensch.

Da helfen dir dagegen keine Medikamente...
Sei einfach so wie du bist, wenn dir was Peinliches passiert, dann ist halt was passiert schmarn drauf xD

Das hast jeder Mensch was du da beschreibst, das ist für die Entwiklung ganz wichtig, stell dir vor einer will dich z.B. abzocken und du Merkst das nicht, das ist dein Instinkt...

Also war nur ein beispiel mit abzocken

Ansonsten nimmst du ja keine Drogen oder?

Lg
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Praxx
Foren-Guru
Foren-Guru


Anmeldungsdatum: 25.07.2014
Beiträge: 3203

BeitragVerfasst am: 26. Dez 2015 13:50    Titel: Antworten mit Zitat

Eine "Schizoaffektive Psychose" ist eher verwandt mit der "Bipolarstörung" als mit zB "Schizophrenie".

Das Hauptproblem dabei ist, dass du dich "im Schub" so richtig gut fühlst und deshalb nicht erkennen kannst, dass es wieder losgeht. Da werden dann die Medikamente eher abgesetzt als erhöht und solche Dinge.

Allerdings gibt es bei dieser Störung sehr gute prophylaktische Medikamente, vor allem Lithium ist sehr effektiv, und auch die Schübe lassen sich sehr effektiv mit wenig Nebenwirkungen behandeln.

Was du brauchst, sind Menschen in deiner Nähe, die wissen, was mit dir los ist und dafür sorgen können, dass du nicht unbemerkt in einen Schub hineingerätst. Wenn die Familie oder Freunde das nicht leisten können, gibt es oft Selbsthilfegruppen, deren Mitglieder gegenseitig Acht geben, oder auch ein "ambulant betreutes Wohnen" - da haben Sozialarbeiter regelmäßig Kontakt zu dir und passen auf, ob sich Anzeichen eines Schubes zeigen.

Erstes Anzeichen eines Schubes ist ja meist gesteigerte Aktivität und ein abnehmendes Schlafbedürfnis. "Mir geht es richtig gut" - das ist bei dir eigentlich ein extremes Warnsignal, das dich umgehend zu deinem Psychiater führen sollte. Und da muss es jemand geben, der dir das sagt!

@Songoku: Du hast überhaupt keine Ahnung, was das für "peinliche Dinge" sind, die da passieren...
in einer solchen Psychose sind das Sachen, die zu mehreren Streifenwagen und RTW vor der Haustür führen und am nächsten Tag in der Zeitung stehen können, außerdem immense Rechnungen für irgenwelchen Blödsinn, den man veranstaltet hat - rundenweise Schampus in Nachtclubs, zerdeppertes Geschirr in Lokalen, Mieten für Luxuskarossen, unbezahlte Rechnungen in Luxushotels...

"peinlich" ist da eine wohlwollende Untertreibung!

LG

Praxx
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CrazyMan
Platin-User
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Anmeldungsdatum: 15.01.2010
Beiträge: 2108

BeitragVerfasst am: 27. Dez 2015 00:33    Titel: Antworten mit Zitat

Die Medikamentation für bzw. gegen Schübe, eine Verhaltenstherapie mit Übungen, um die Angst zu verlieren, Sicherheit zu gewinnen. Nur durch einen (wiederholten) Sprung ins kalte Wasser lernt der Mensch Schwimmen. Vermeidung nährt dagegen die Unsicherheit.
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Barça Fan
Silber-User
Silber-User


Anmeldungsdatum: 27.02.2015
Beiträge: 218

BeitragVerfasst am: 27. Dez 2015 22:31    Titel: Antworten mit Zitat

Scheiß auf die Gesellschaft, nur weil man ver-rückt ist und nicht NORMal , ist man nicht schlechter, im Gegenteil die wahren Idioten sind die anderen Menschen. Die Menschheit ist dumm und ich hab nur noch Verachtung
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Cariote
Platin-User
Platin-User


Anmeldungsdatum: 18.06.2015
Beiträge: 1134

BeitragVerfasst am: 27. Dez 2015 23:56    Titel: Antworten mit Zitat

Das Medikament Lithium ist ein guter Tipp. Alle 3Monate zur Blutkontrolle zum Arzt. Diesen Termin kannst du auch wahrnehmen um zu checken wo du stehst.

Du kannst trainieren einen Schub zu erkennen um dann gezielt zu Hause zu bleiben. Wie fängt bei dir der Schub an? Schlaftagebuch: Schreibe auf einen Kalender auf wie du geschlafen hast und wie du dich fühlst. Wenn du siehst dass die Schlafstunden weniger werden: Zu Hause bleiben bzw nichts wichtiges planen

Ebenso Tagebuch zur Ernährung und Aktivität , evtl Sexualität. Damit hast du 3-4 Anhaltspunkte um einen Schub RECHTZEITIG zu erkennen.

Vertrauten Menschen solltest du sagen dass du so etwas wie einen manischen Schub hast. Sag den Menschen was sie erwarten können und was du erwartest: Nimm mir meine Kreditkarten ab bis ich dir grünes Licht gebe, dann warte noch 5 Tage bis du sie mir wieder gibst. Pass auf dass ich meine Medikamente nehme. Nimm meine Anweisungen nicht ernst bis...Warte einfach 4 Wochen ab und dann bin ich wieder wie sonst...

Weiterhin Selbsthilfegruppe und regelmässige Arzttermine (Blutbild)

Also: Schlaf und Ernährungstagebuch, Medikamentenplan, Menschen ins Vertrauen ziehen ( wenn die wissen das nach 4Wochen alles wieder ok ist können sie da besser mit umgehen als wenn irgendwas komisch verheimlicht wird), Selbsthilfegruppe und Arzttermine.

Das wichtigste ist wohl dass du die Vorzeichen eines Schubs erkennen und danach handeln kannst.

Dauert denn ein Schub tatsächlich 4 Wochen und taucht einmalig auf oder kommen hin und wieder so Tage die dann wieder schnell weg gehen? Wie vorhersehbar war das bisher?

Auch "verrückte" Menschen sind effektive und produktive Mitglieder dieser Gesellschaft. Je eher du deine Krankheit akzeptierst und sagen kannst:"Ja, zu 10Prozent im Jahr fährt mein Gehirn explosive Leistungen, nimm mich dann nicht ernst. Wenn es vorbei ist machen wir da weiter wo wir stehen geblieben sind", desto eher kannst du auch anderen gegenüber dazu stehen.

Auf Halluzinogene Substanzen solltest du verzichten. Kein Kiffen, kein LSD ect...versteht sich von selbst Wink

lg Caro
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Praxx
Foren-Guru
Foren-Guru


Anmeldungsdatum: 25.07.2014
Beiträge: 3203

BeitragVerfasst am: 28. Dez 2015 00:25    Titel: Antworten mit Zitat

Respekt, Cariote!

Wunderbar und richtig alles wichtige zusammengefasst. Genau so und nicht anders sollte das laufen.

LG

Praxx
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rock
Platin-User
Platin-User


Anmeldungsdatum: 16.03.2015
Beiträge: 2481

BeitragVerfasst am: 28. Dez 2015 14:09    Titel: Antworten mit Zitat

Lenox, von der ärztlichen Seite bzw der einer allem Anschein nach zumindest mittelbar Betroffenen wurdest Du ja schon bestens unterrichtet.
Was ich nun hinzufügen möchte, ist eher von der philosophischen Seite. Aber es ist auch wichtig.
Es geht um Dein Gefühl der Inferiorität. Wenn jemand Dich nicht akzeptiert, wie Du bist, dann ist er es nicht wert, daß Du Dich mit ihm auseinandersetzt. Du mußt nicht mit allen Menschen gut sein ! Das geht auch gar nicht.
Wenn Du A sagst, gibt es bestimmt jemand, der nur aus Widerspruchsgeist Z sagt. Mit solchen Menschen - und es gibt sie ausreichend - mußt Du Dich nicht auseinandersetzen, sie sind für Dich zu oberflächlich. Konzentriere Dich auf jene paar, die Dich voll akzeptieren. Es werden immer wenige sein, die das tun. Aber lieber ein kleiner Kreis guter Bekannter als ein großer Kreis mit 95% Leuten, mit welchen Du nichts anfangen kannst. Du mußt den anderen Leuten aber auch zugestehen, daß sie Dich nicht mögen. Wie schon erwähnt, man kann nicht von allen geliebt werden - überspitzt ausgedrückt.
Genau das ist aber oft ein Probem bei Menschen, die Probleme schildern, wie Du es gemacht hast. Sie glauben, daß sie mit ALLEN Menschen gut auskommen müssen und jeder Zwist, jedes Mißverständnis erschüttern sie ins Mark, obwohl es um nichts ging.
Das mußt Du Dir bewußt machen, es bewußt beobachten und Deine Lehren daraus ziehen. Nicht, daß Du damit alles regeln kannst, aber ganz bestimmt fühlst Du Dich schon wesentlich besser, wenn Du das verinnerlicht hast.
Du kannst es mir glauben, ich habe - ausgelöst durch LSD - einige Monate in einem ähnlichen Zustand verbracht. Letztendlich (virtuell schon an der Schweele zur Anstalt) kam mir der Gedanke, daß es doch egal ist, was Andere denken, ob die meine Meinungen teilen, ob sie mich akzeptieren. Ich bin ich und ich muß mit mir leben. Meine Ansichten sind ok und es gibt eine große Anzahl Menschen, mit welchen ich auf Basis ähnlicher Ansichten verkehren kann. Die anderen lehnen mich aus den selben Gründen und mit der selben Berechtigung ab, wie ich sie. "Ablehnen", ein problematisches Wort, sehr pauschal. Es sind halt Leute, mit denen ich nicht kann und die oft auch nicht mit mir können.
Im Alltag muß man da oft Abstriche machen, denn man kann sich Chefs und Kollegen zB nur bedingt aussuchen. Wenn einem die Verkäuferin nicht sympathisch ist, geht man trotzdem in's Geschäft, weil man was von dort braucht. Ein guter Boden, um zu üben Wink
Lenox, überdenk' bitte einmal, was ich Dir geschrieben habe. Kannst Du was anfangen damit ? Das wäre interessant.
Alles Gute jedenfalls !
Cheers
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Cariote
Platin-User
Platin-User


Anmeldungsdatum: 18.06.2015
Beiträge: 1134

BeitragVerfasst am: 28. Dez 2015 22:56    Titel: Antworten mit Zitat

Mich würde auch ein Feedback interessieren ob Lenox damit was anfangen kann.

Medikamente und ein Befindlichkeitstagebuch sind beides wichtige Grundpfeiler um mit der Krankeit zu leben. Ebenso übertragbar auf Bipolare Störungen und evtl Depressionen oder Sucht, starke Persönlichkeitsstörungen.

Du glaubst gar nicht wie intelligent und kreativ oft Menschen mit schizophrenen oder bipolaren Störungen sind.
Den anderen Menschen, rings um dich herum werden sie nur unheimlich weil sie nicht wissen was los ist und was sie damit machen sollen, wie reagieren.
Und genau da kannst du eingreifen!

@Danke Praxx, hatte beruflich länger mit der Thematik zu tun.

lg Caro
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