"Gesamtsituation"

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Südösi
Gold-User
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Anmeldungsdatum: 19.05.2015
Beiträge: 374

BeitragVerfasst am: 2. Mai 2017 22:30    Titel: "Gesamtsituation" Antworten mit Zitat

Hey liebe Kollegen und Kolleginnen!

Es geht mir in diesem Thread gar nicht so sehr um Antworten, ich will mir das einfach mal von der "Seele" schreiben. Ich will Euch mit meinem Mist eigentlich nicht langweilen oder gar runterziehen. Aber das muss m raus. Seht es als Tagebuch an, welches halt öffentlich zugänglich ist...

Seit ziemlich genau vier Jahren bin ich nun in Substi. Davor war ich gar nicht lange drauf, gerade mal zwei, drei Jahre. Auf allen möglichen "Apotheken-Opis" und nur gelegentlich auf H. Und in meinen ersten guten drei Jahren Substitution ist es eigentlich wunderbar gelaufen. Ich hab' zwar ständig das Substitut gewechselt, wirklich alle paar Monate von Metha auf Tex, auf Pola und wieder zurück... Aber ich hatte nahezu null Beikonsum. Wirklich nur alle paar Monate mal einen Joint oder ein Blech. Mittlerweile bin ich auf 500 mg Morphin umgestellt worden und bin auch mehr als zufrieden damit. Auch wenn ich demnächst die Dosis erhöhen lassen möchte, aber dazu später. Jedenfalls hab' ich jetzt "mein" Substitut...

Vor etwa drei Monaten hab' ich dann jemanden kennengelernt, der mich noch jemand anderen vorgestellt hat und wir haben dann zusammen angefangen öfters Kola zu nehmen. Intravenös. Das war die einzige Droge, mit der ich zuvor noch kaum Erfahrung gehabt hab' und geballert hab' ich davor sowieso nie. Und gleich zu Anfang war es Zeug, von dem sogar diese zwei - diesbezüglich sehr erfahrenen - Freunde gesagt haben, dass sie äußerst selten zu dermaßen guten Stoff gekommen sind. Einfach der absolute Wahnsinn, so gut, dass man sich die Frage stellt, was das Leben noch besseres zu bieten hat! Auf jeden Fall hab' ich das in den besagten letzten drei Monaten mindestens 20 Mal gemacht. Was dazu geführt hat, dass ich finanziell nie durch's Monat gekommen bin, was zuvor immer der Fall war, ich hatte sogar immer mindestens 1000 € auf der Seite, die Beziehung zu meiner Mutter, die mir sehr am Herzen liegt, gefährdet habe und auch Gefahr laufe mein Morph zu verlieren, da die Ärzte in der Ambulanz die Einstichstellen gesehen haben und das für sie anscheinend eine Kontraindikation für Morphin ist. Als wären andere Substitute "unmissbrauchbar"...

Und meiner Gesundheit war das natürlich auch nicht gerade zuträglich...

Und Opiate/Opioide hab' ich eben auch öfter dazu genommen, so dass ich mit meinen 500 mg eben nicht mehr wirklich auskomme...

Jetzt stehe ich also wirklich sozusagen an einem Scheideweg. Nicht nur meine Mutter war mit meinem Tun in den letzten Monaten nicht einverstanden, auch ich war und bin damit nicht glücklich. Ich will es wieder haben, wie es eben früher auch war und natürlich auch mein Morph behalten! Einfach wieder mit meiner Tagesdosis, die ich wie gesagt erhöhen lassen will, auskommen und keinen oder kaum Beikonsum haben. Vor allem Beikonsum, den ich im Griff habe. Unter "im Griff haben" verstehe ich, dass ich finanziell wieder durch's Monat komme, mir nichts mehr drücke und so nicht Gefahr laufe, mein Morphin zu verlieren. Und was vielleicht sogar am Wichtigsten ist, ist, dass sich mein Leben wieder um anderes, als nur um Drogen, dreht. Dass ich zum Beispiel auch glücklich und zufrieden bin, wenn ich beispielsweise einfach etwas gutes koche, was ich übrigens leidenschaftlich gerne tue, und abends ein guter Film im Fernsehen läuft und nicht nur, wenn ich Zeug habe. Oder mich wieder mal verliebe. Wie ein "normaler" Mensch halt. Und dass ich einfach meine tägliche Dosis Morphin nehme und so ein halbwegs "normales" Leben leben kann...

Ich bin 23 Jahre alt und will nicht mein restliches Leben an der Nadel hängen und es so wegwerfen. Da warten noch andere Dinge auf mich, hoffe ich zumindest, und um die zu "erfahren", muss in meinem Kopf Platz für Dinge sein, die eben nicht ausschließlich mit Drogen zu tun haben...

Aber natürlich weiß ich, dass niemand geplant hat, sein Leben so zu "gestalten" und sein trostloses Dasein mit einem frühen Tod zu beenden. Und trotzdem gibt es sie, diese Menschen. Das macht mir natürlich eine gewisse Angst, aber auch eine Zuversicht, die Zuversicht, dass es in meiner Hand liegt und ich selbst dafür verantwortlich bin, wie "das Ganze" aus- und weitergeht. Ich könnte mich da jetzt gerade so reinsteigern, so in Selbstmitleid baden und mir Fragen stellen wie zum Beispiel, ob der Mensch es nicht einfach braucht, einer Arbeit nachzugehen, tagsüber beschäftigt zu sein, um sozusagen nicht auf blöde Gedanken zu kommen und nach einem harten Arbeitstag einfach nur noch sein Feierabendbier will, um dann "seelig" einzuschlafen und sich am Samstag kräftig zu besaufen und am Sonntag seinen Rausch auszuschlafen. Aber ist es das, die Antwort, die Lösung, der Weisheit letzter Schluss? Ist da vielleicht nicht doch mehr?

Wie ihr merkt, bin ich gerade ziemlich melancholisch drauf. Und die Bier(e), die ich gerade trinke werden das wahrscheinlich eher triggern als es zu unterbinden. Aber mir tut es gut, so was "öffentlich" zu machen und aufzuschreiben. Wie heißt es so schön oder blöd, je nachdem? "Geteiltes Leid ist halbes Leid!"

In diesem Sinne ... liebe Grüße und falls jemand "die absolute Lösung/Antwort" parat hätte, wäre ich ihm sehr dankbar, wenn er mich daran teilhaben lassen würde!

Und hoffentlich hab' ich Euch nicht runtergezogen, das war wirklich nicht meine Intention. Wenn ich eine Frau wäre, könnte ich jetzt einfach ganz, ganz viel Eis essen, aber als Mann bleibt mir nur Bier und dieses Forum... (Sorry für den Sexismus)...
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Südösi
Gold-User
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Anmeldungsdatum: 19.05.2015
Beiträge: 374

BeitragVerfasst am: 2. Mai 2017 22:37    Titel: Antworten mit Zitat

Nein, ich bitte echt um Entschuldigung für den letzten Satz. Der war als Witz gemeint, war aber nicht witzig sondern einfach nur sexistisch un blöd... Sorry
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Lillian
Foren-Guru
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Anmeldungsdatum: 22.05.2013
Beiträge: 3894

BeitragVerfasst am: 3. Mai 2017 07:19    Titel: Antworten mit Zitat

Lieber Südösi,

ich konnte erst aufhören, als ich panische Angst vor der Droge bekam. Das wird bei Dir nicht so sein. Du hast doch schon ein kleines Ziel vor Augen. Mit dem Morphin höher und selten BK haben.

Ich denke DIE Antwort gibt es nicht, weil jeder Mensch anders tickt.

Schriebe Dir ruhig alles von der Seele, das wird Dir, wie Du ja selbst bemerktest gut tun. Mehr kann ich Dir im Moment auch nicht sagen und ja, brich am besten den Kontakt zu den Leuten ab, die mit Dir das Koka nahmen. Ich weiß, es ist schwer, aber machbar. Und wenn sie nicht verstehen, das Du im Programm bleiben möchtest, sind sie naja...ich sag's mal nicht, da ich sie nicht kenne und über andere rede.

Du bist erst 23...Du hast noch ( wenn alles gut geht) ein langes Leben vor Dir. Wenn Du i-wann mal an dem Punkt bist, auch aus der Substi zu steigen und es schaffen würdest clean zu bleiben oder wie Du es genannt hast " kontrolliert zu konsumieren" würde ich Dir das wünschen.

Aber wie Du ja weißt, ist das nicht gerade leicht, denn die psychische Komponente ist ja enorm bei einer Abhängigkeit.

Ich wünsche Dir für Dein Vorhaben eine ganze menge Kraft.
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rock
Platin-User
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Anmeldungsdatum: 16.03.2015
Beiträge: 2481

BeitragVerfasst am: 3. Mai 2017 09:03    Titel: Antworten mit Zitat

Du solltest Dich mal darum kümmern, warum Du das Morph so unbedingt brauchst.
Da liegt der Hund begraben, glaub's mir. Ehe Du Dich nicht an der Baustelle zu schaffen machst, wirst Du Dich im Kreis drehen ... Sad
Überhaupt nicht aufbauend, dieser Kommentar, das ist mir bewußt. Du wirst aber irgendwann selbst aus eigener Anschauung erkennen, daß genau dort der Angelpunkt liegt, um den sich das Negative in Deinem Leben ansammelt. Und es wird nicht weniger ... Ebenso wie Du Deine Opiat-Dosis laufend erhöhen wirst - wenn geht, mit M, sonst kommt halt Braunes dazu.
Jeder Mensch ist ein Individuum. Und doch gibt es Muster, die vielen gemein sind. Das Muster, das Du beschreibst, ist das vieler, vieler Junkies. Beobachtet man diese eine Weile, stellt man fest, daß alle Mühen vergebens sind, solange man sich nicht an das Kernproblem heranwagt und es löst.
Letztendlich ist die Anzahl derer, die die Kurve kratzen, aber erstaunlich hoch. Da sind auch Figuren dabei, welchen man es niemals zutrauen würde, daß sie jemals aufhören, sich selbst zu zerstören. Aber es braucht halt seine Zeit.
Solange Du den Schwerpunkt auf "Dein" Morph legst, dieses als Basis für Dein Leben betrachtest, bist Du allerdings auf dem Holzweg. Leider !
Natürlich wirst Du das jetzt ganz anders sehen. Aber denk' in ein paar Jahren mal an dieses Kommentar. Du wirst feststellen, daß es so falsch nicht war ...
Alles Gute !
Cheers
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Praxx
Foren-Guru
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Anmeldungsdatum: 25.07.2014
Beiträge: 3203

BeitragVerfasst am: 3. Mai 2017 13:54    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Südösi

Ich frage mich auch schon die ganze Zeit, warum du so leidenschaftlich ein "Idealselbst" anstrebst, das du nur mit reichlich Substanzzufuhr aufrecht erhalten kannst...

Ist es für dich so völlig unvorstellbar, allen Erwartungen genügen zu können, indem du einfach nur DU SELBST bist?

Im übertragenen Sinn sind die Drogen für dich so ne Art überpotentes "Make-up", das du unbedingt brauchst, weil du dich "ohne" einfach bloß häßlich fühlst... und damit übertünchst du vollständig alles, was dich "eigentlich" ausmacht...

Irgenwann wirst du lernen dürfen/können/müssen, dass es viel einfacher isst, einfach du selbst zu sein und dazu stehen zu können

LG

Praxx
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honeygirl
Platin-User
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Anmeldungsdatum: 07.08.2016
Beiträge: 1267

BeitragVerfasst am: 3. Mai 2017 14:14    Titel: Antworten mit Zitat

Servus,

Das was Praxx geschrieben hat, da ist schon was wahres dran.

Droge als "Make-up".
War bei mir auch so, dass ich mich mit Benzos und Alk "geschminkt " habe um bloß nie genau über meine Krebsgeschichte nachdenken zu müssen. Ging ganz gut so dahin.

Du hattest ja n Schlaganfall und bist dadurch ja arbeitsunfähig geworden. Hast du das mal richtig aufgearbeitet in Therapie? Wäre u.a. nicht ganz unwichtig.

Und klar ist es wichtig eine Tagesstruktur zu haben -gibt's da echt keine Möglichkeit für dich irgendwas zu machen?

LG aus Clagenfornia!
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Südösi
Gold-User
Gold-User


Anmeldungsdatum: 19.05.2015
Beiträge: 374

BeitragVerfasst am: 17. Mai 2017 13:32    Titel: Antworten mit Zitat

Also erst mal - vielen Dank für die, doch zahlreichen, Antworten. Ich fühle mich wirklich "geehrt", dass ihr euch meiner Geschichte angenommen habt und euch Gedanken dazu bzw. darüber gemacht habt!

Ich wollte eigentlich schon viel früher zurückschreiben, aber hab' eine turbulente Zeit hinter mir...

Es hat sich bei mir in der Zwischenzeit auch etwas geändert. Dazu hab' ich eh gerade einen Thread im "Heroin" - Unterforum geschrieben - "Meine schwarze Rettung?!". Und zwar ist mein so sehr verehrtes Morphin Geschichte! Seit heute bin ich wieder auf Pola...

Und ihr habt alle auf jeden Fall recht. Und @ rock: ich brauche keine Jahre, um zu erkennen, dass du keinen Schwachsinn redest. Da seid ihr euch ja einig und nicht nur ihr, jeder, der von der Thematik etwas versteht sagt dasselbe. Und zwar, ohne das wahre (Grund-)Problem, die Wurzel des Übels sozusagen anzugehen, aufzuarbeiten und vielleicht sogar zu lösen, ist jedwede Bekämpfung der "Symptome" zwecklos.

Gerade vor kurzem hat mir eine Ärztin aus der Ambulanz gesagt, dass Substitution ohne Beikonsum zwar die absolute Ausnahme aber möglich sei. Sie ist der festen Überzeugung, dass eine Substitution ohne Beikonsum eigentlich nur durch (Erwerbs-)Arbeit und das damit verbundene geregelte Leben möglich sei.

Und das ist auch, aus meiner Perspektive, der Weisheit letzter Schluss - die Wurzel der Selbstzerstörung und nicht deren Symptome bekämpfen, und einem geregeltem Alltag nachgehen. Ich denke, nur so geht es. Egal ob komplett clean zu sein und zu bleiben oder eben, wie in meinem Fall, dauerhaft beikonsumfrei zu sein.

Liebe Grüße an euch alle und ich wünsche euch noch einen schönen Tag! Euer Südösi
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