Morphinismus - Kennt ihr das?

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FürDieNase
Silber-User
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Anmeldungsdatum: 09.01.2010
Beiträge: 118

BeitragVerfasst am: 25. März 2010 14:54    Titel: Morphinismus - Kennt ihr das? Antworten mit Zitat

Hey!


Kennt ihr auch diese Leere? Diese Verzweiflung? Die schon immer da war? Die nur ein Opiat füllen kann?

Viele nennen diesen Zustand "Depression" aber ich habe es anders im Gefühl. Wieso ist diese "Depression" vergessen wenn man "konsumiert"? Warum kann ich nicht ein Opiat als "Seelenfüller" von den Krankenkassen bezahlt bekommen? Stattdessen rennt man von Psychiater zum Psychologen von da zum Hausarzt und wieder zurück... Jeder, der diese "Sucht" schon seit Kinderbeinen kennt, kennt auch diese Rennerei ohne Erfolg... Ich sage ja! Ich bin opiatabhängig! Und ihr?

Liebe Grüße.
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veilchenfee
Foren-Guru
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Anmeldungsdatum: 18.12.2009
Beiträge: 4072

BeitragVerfasst am: 25. März 2010 16:52    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Kennt ihr auch diese Leere? Diese Verzweiflung? Die schon immer da war? Die nur ein Opiat füllen kann?

Ja, dieses Gefühl kenne ich gut, im Alter von ca. 15 bis ca. 28 Jahren war es bei mir am schlimmsten. Mittlerweile habe ich dieses Gefühl aber nicht mehr. Wie ich das gemacht habe? Hm, ich habe eigentlich gar nicht viel dazu beigetragen, ich bin nur erwachsen geworden. Und zwar mit etwa 30 Jahren. Mein Leben läuft heute in geordneten Bahnen. Ich arbeite, habe seit 10 Jahren eine feste Beziehung, habe ein paar gute Freunde, musste vor 8 Jahren meine Mutter beerdigen, trage Verantwortung für eine Immobilie - wie das Leben halt so spielt.

Ich bin zur Ruhe gekommen. Seelenfrieden. Endlich. Gelegentliche Unpässlichkeiten körperlicher oder seelischer Natur nehme ich heute mehr oder weniger gelassen hin. Wozu sich dauernd über alles mögliche aufregen, wozu dauernd mit sich oder anderen hadern...

Ich würde sagen, ich war opiatabhängig. Doch für alles im Leben gibt es eine bestimmte Zeit. Die Zeit der Opiate ist für mich vorbei. Und ich vermisse nichts. Womit es zusammenhängt, dass sich das Problem für mich von selbst erledigt hat und warum andere ihr Leben lang mit sich und ihrer Sucht kämpfen - ich habe keine Ahnung.

Meine Mutter hatte dazu eine Theorie, diese bezog sich allerdings nicht auf Drogen. Sie meinte sinngemäß, dass sich Mäßigung von ganz alleine einstellt, wenn das Bedürfnis sozusagen übererfüllt wird. Wenn ich als Kind also Schokolade oder Weihnachtsplätzchen wollte, bekam ich so viel ich essen konnte. Wollte ich unbedingt Feuerchen machen, durfte ich über der Küchenspüle Streichhölzer anzünden, bis mir die Lust verging. Oder es wurde im Garten ein schönes Feuerchen gemacht (Laub), das ich anzünden und bewachen durfte. Vielleicht lässt sich diese Theorie auch auf Drogen anwenden. Bei mir funktioniert das anscheinend. Ich habe so viele Drogen genommen, dass es für ein ganzes Leben reicht. Mein Bedürfnis wurde übererfüllt. Daher mag ich heute nicht mehr.

Vielleicht wäre eine Freigabe von Opiaten wirklich sinnvoll. Es wäre interessant zu erfahren, wieviel Prozent der Leute nach einigen Jahren freiwillig und selbstständig wieder damit aufhören würden. (Vielleicht zu naiv gedacht ...?)

P.S.: Außerdem habe ich es gerne streßfrei und bequem. Als Süchtiger, der dauernd irgendwelchen Zirkus mit Beschaffung, Geld, doofen Leuten etc. hat, führt man leider ein recht unbequemes Leben. Das war mir irgendwann einfach zu blöd.
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Sienna
Platin-User
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Anmeldungsdatum: 31.08.2009
Beiträge: 1986

BeitragVerfasst am: 1. Apr 2010 16:33    Titel: Antworten mit Zitat

Hast du dir einmal die Morphinisten-Seite angeschaut?
Ich weiß nicht, ob es die heute immer noch gibt, aber das, was dort gepredigt wurde, war ziemlicher Morphinismus.
Ich finde, Opiate zu heroisieren ist schon etwas gewagt.
So wie jede Sache, bei der man die negativen Aspekte vollkommen ausblendet.
Dieser Gedankengang,
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Sienna
Platin-User
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Anmeldungsdatum: 31.08.2009
Beiträge: 1986

BeitragVerfasst am: 1. Apr 2010 16:38    Titel: Antworten mit Zitat

Dieser Gedankengang, dass das Negative nur durch das BTMG kommt, ist imo auch etwas zu einsichtig. Das muss man differenzierter betrachten. Es stimmt schon, dass durch das BTMG die Junkies in die Beschaffungskriminalität getrieben werden, und auch Tod durch Verunreinigung könnte man stoppen, aber ob die anderen Folgen so gut wären?
Es steht doch außer Frage, dass die Zahl der Neukonsumenten rapide steigen würde. Sieht man doch beim Alkohol.
Die körperlichen Folgen bei Opiatkonsum laufen zwar gegen null, aber ein Leben lang auf Opiaten?
Bekennende Morphinisten ziehen dieses Leben dem "normalen" wohl vor, fragt sich nur, ob es das wirklich wert ist. Und man muss auch einmal von dieser Wunschvorstellung der Legalität loskommen. Zur Zeit sind Opiate nunmal verboten bzw. unterliegen dem BTM und als Morphinist wird man bestimmt kein so leichtes Leben haben, es sei denn, man ist Schmerzpatient.
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Maria
Silber-User
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Anmeldungsdatum: 06.09.2009
Beiträge: 287

BeitragVerfasst am: 1. Apr 2010 20:27    Titel: Antworten mit Zitat

veilchenfee hat Folgendes geschrieben:
Zitat:
Kennt ihr auch diese Leere? Diese Verzweiflung? Die schon immer da war? Die nur ein Opiat füllen kann?

Ja, dieses Gefühl kenne ich gut, im Alter von ca. 15 bis ca. 28 Jahren war es bei mir am schlimmsten. Mittlerweile habe ich dieses Gefühl aber nicht mehr. Wie ich das gemacht habe? Hm, ich habe eigentlich gar nicht viel dazu beigetragen, ich bin nur erwachsen geworden. Und zwar mit etwa 30 Jahren. Mein Leben läuft heute in geordneten Bahnen. Ich arbeite, habe seit 10 Jahren eine feste Beziehung, habe ein paar gute Freunde, musste vor 8 Jahren meine Mutter beerdigen, trage Verantwortung für eine Immobilie - wie das Leben halt so spielt.

Ich bin zur Ruhe gekommen. Seelenfrieden. Endlich. Gelegentliche Unpässlichkeiten körperlicher oder seelischer Natur nehme ich heute mehr oder weniger gelassen hin. Wozu sich dauernd über alles mögliche aufregen, wozu dauernd mit sich oder anderen hadern...

Ich würde sagen, ich war opiatabhängig. Doch für alles im Leben gibt es eine bestimmte Zeit. Die Zeit der Opiate ist für mich vorbei. Und ich vermisse nichts. Womit es zusammenhängt, dass sich das Problem für mich von selbst erledigt hat und warum andere ihr Leben lang mit sich und ihrer Sucht kämpfen - ich habe keine Ahnung.

Meine Mutter hatte dazu eine Theorie, diese bezog sich allerdings nicht auf Drogen. Sie meinte sinngemäß, dass sich Mäßigung von ganz alleine einstellt, wenn das Bedürfnis sozusagen übererfüllt wird. Wenn ich als Kind also Schokolade oder Weihnachtsplätzchen wollte, bekam ich so viel ich essen konnte. Wollte ich unbedingt Feuerchen machen, durfte ich über der Küchenspüle Streichhölzer anzünden, bis mir die Lust verging. Oder es wurde im Garten ein schönes Feuerchen gemacht (Laub), das ich anzünden und bewachen durfte. Vielleicht lässt sich diese Theorie auch auf Drogen anwenden. Bei mir funktioniert das anscheinend. Ich habe so viele Drogen genommen, dass es für ein ganzes Leben reicht. Mein Bedürfnis wurde übererfüllt. Daher mag ich heute nicht mehr.

Vielleicht wäre eine Freigabe von Opiaten wirklich sinnvoll. Es wäre interessant zu erfahren, wieviel Prozent der Leute nach einigen Jahren freiwillig und selbstständig wieder damit aufhören würden. (Vielleicht zu naiv gedacht ...?)

P.S.: Außerdem habe ich es gerne streßfrei und bequem. Als Süchtiger, der dauernd irgendwelchen Zirkus mit Beschaffung, Geld, doofen Leuten etc. hat, führt man leider ein recht unbequemes Leben. Das war mir irgendwann einfach zu blöd.


Ich finde, Du hast eine sehr schlaue Mutter, bzw. sehr einfühlsam, und ich gebe ihr auch recht. Das, was sie mit übererfüllt meint, nenne ich satt.
Du hast Dich auch satt gemacht. Mit Heroin. Wieviele Jahre waren es?
Und durch das Heroin, ich nenne es mal Selbstmedikation, bis Du aus der Sucht herausgewachsen, bist mit Heroin innerlich reifer geworden, ein psychischer Prozess. Psychisch nachgereift, wenn man so will. Und irgendwann konntest Du deswegen aussteigen.
Gäbe es eine andere Drogenpolitik, würde es mit Sicherheit mehr Konsumenten geben, die den Ausstieg schaffen. Die Illegalität triggert jedoch die Sucht. Täglich erlebt der Opiatkonsument, der sein Opiat nicht vom Arzt bekommt, einen Turkey. Das triggert unwahrscheinlich die Sucht, Stress halt. Stress macht krank. Könnte man Heroin in einem bestimmten Heilklima konsumieren, ohne diese Verfolgungsangst, gäbe es mehr Konsumenten, die innerlich aus der Sucht herauswachsen würden.
Vielleicht ist das natürliche Opiat ein Heilmittel für die Sucht?
Gruss
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Gregory
Gold-User
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Anmeldungsdatum: 15.03.2010
Beiträge: 639

BeitragVerfasst am: 5. Apr 2010 15:44    Titel: Antworten mit Zitat

Very Happy Hier bin ich richtig

Satt - das ist genau der richtige Ausdruck.
Vieleicht wäre so ein heilendes Klima in DE durchaus zu erreichen aber Junkies haben nun mal keine Lobby, welche so etwas durchsetzen könnte. Die jenigen die es betrifft, befinden sich in einem Zustand in dem sie zu sehr mit sich selbst, ihrem Alltag, der Beschaffung und der Verdeckung ihrer Probleme beschäftigt sind. Der Gesellschaft kann man keinen Vorwurf machen da die Allermeisten keine Ahnung von diesem Thema haben und das was sie zu wissen glauben entspricht nicht immer den Tatsachen. Alles bleibt überwiegend an Personengruppen wie, Sozialarbeitern und Substitutionsärzten hängen. Diese sind meist aber ausreichend beschäftigt mit ihren eigenen Aufgabenbereichen. Eine Vernetzung kompetenter Fachleute aus Suchtmedizin, Sozialpsychologie, Anwälten und (ganz wichtig!) Betroffener(also Opioidabhängige und solche die es mal waren) müßte zuerst einmal ins Leben gerufen werden. Dann ist eine Freigabe von Opis in jedem Tante Emma Laden gar nicht notwendig. Es hilft auch niemandem, immer wieder die große Legalitäts - Debatte zu führen. Es ist gar nicht notwendig Opis frei zugänglich zu machen. Trotzalledem, es gibt schließlich eine gewisse Interessensgemeinschaft also sollte es doch möglich sein den großen Irrweg, auf dem sich die Politik befindet, irgendwann auch mal zu verlassen. Wie es nicht funktioniert, wissen wir ja jetzt.
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MrSauber
Bronze-User
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Anmeldungsdatum: 17.04.2010
Beiträge: 42

BeitragVerfasst am: 3. Mai 2010 14:33    Titel: Antworten mit Zitat

veilchenfee hat Folgendes geschrieben:
Meine Mutter hatte dazu eine Theorie, diese bezog sich allerdings nicht auf Drogen. Sie meinte sinngemäß, dass sich Mäßigung von ganz alleine einstellt, wenn das Bedürfnis sozusagen übererfüllt wird. Wenn ich als Kind also Schokolade oder Weihnachtsplätzchen wollte, bekam ich so viel ich essen konnte. Wollte ich unbedingt Feuerchen machen, durfte ich über der Küchenspüle Streichhölzer anzünden, bis mir die Lust verging. Oder es wurde im Garten ein schönes Feuerchen gemacht (Laub), das ich anzünden und bewachen durfte. Vielleicht lässt sich diese Theorie auch auf Drogen anwenden. Bei mir funktioniert das anscheinend. Ich habe so viele Drogen genommen, dass es für ein ganzes Leben reicht. Mein Bedürfnis wurde übererfüllt. Daher mag ich heute nicht mehr.


Sehe ich so ähnlich. Bei mir wurde diese "Freiheit" was Drogen angeht eingeengt. Mein Vater meinte, dass nicht jeder nun von einem Hochhaus springen müsse, um zu begreifen, dass das ziemlich weh tut. Very Happy

Wenn die eigenen Eltern keine Erfahrungen mit Drogen hatten oder halt sehr wenige und meinen, dass sie ihren Kindern wiederum diese "Freiheit" (kann man auch wohl "Zügellosigkeit" nennen) geben MÜSSEN, weil sie sie selbst nie genossen haben, endets meist böse.

Wenn Du einem Haushund soviel Futter hinstellst, wie es fressen kann, wird es sich TODFRESSEN, da Haushunde fast kein natürliches Sättigungsgefühl mehr kennen. Ein wilder Hund wird sich vollfressen und das überschüssige Essen wieder ausspucken.

"Freiheit" ist nicht gleich "Zügellosigkeit".

Man muss ja auch nicht wirklich alle Erfahrungen im Leben machen, die möglich sind. Und diese Kinder von den "unerfahrenen Eltern" meinen dann meist, dass man sie "einengt" oder ihnen die "Freiheit raubt", wenn man sie dann nicht zügellos werden lässt.

Kenne nur zu viele Beispiele.

Mein Vater hat sich übrigens todgesoffen. Ich trinke aber nicht.
Nun ja, wie gesagt, mein Vater hatte schon recht:
"Du musst nicht vom Hochhaus springen!"
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Sienna
Platin-User
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Anmeldungsdatum: 31.08.2009
Beiträge: 1986

BeitragVerfasst am: 3. Mai 2010 15:45    Titel: Antworten mit Zitat

MrSauber hat Folgendes geschrieben:

Mein Vater meinte, dass nicht jeder nun von einem Hochhaus springen müsse, um zu begreifen, dass das ziemlich weh tut. Very Happy

Das pflegten meine Eltern auch oft zu sagen. Nur war es nicht das Hochhaus, sondern ein Messer, an dem man sich nicht schneiden müsse.
Naja, gebracht hat dieser Spruch dann auch nicht wirklich viel. Smile

MrSauber hat Folgendes geschrieben:
Wenn die eigenen Eltern keine Erfahrungen mit Drogen hatten oder halt sehr wenige und meinen, dass sie ihren Kindern wiederum diese "Freiheit" (kann man auch wohl "Zügellosigkeit" nennen) geben MÜSSEN, weil sie sie selbst nie genossen haben, endets meist böse.

Laisser-faire kommt nie wirklich gut.
Aber auch das andere Extrem, der total autoritäre Stil, kann schnell mal dazu führen, dass die Kinder eben gerade verbotene Dinge ausprobieren wollen. Fazit: Man muss einen gesunden Mittelwert finden. Leider scheitern da trotzdem viele Eltern dran...

MrSauber hat Folgendes geschrieben:
Wenn Du einem Haushund soviel Futter hinstellst, wie es fressen kann, wird es sich TODFRESSEN, da Haushunde fast kein natürliches Sättigungsgefühl mehr kennen.

Das kann ich nur zu gut bestätigen. Ich weiß echt nicht, woran es liegt, aber mein Hund kennt da keine Grenzen, wenn es ums Fressen geht. Rolling Eyes
Ich halte diese These mit dem übersättigten Bedürfnis ebenfalls ziemlich gewagt, in der Praxis und gerade bei Kindern. Viele Kinder denken nicht so vorausschauend und kümmern sich nicht um Konsequenzen. Wenn man ihnen da erlaubt, so viel zu essen, wie sie wollen, werden sie irgendwann zwar damit aufhören (Sättigungsgefühl), aber das ist dann auch nicht mehr im Rahmen des Gesunden.
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michaela
Bronze-User
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Anmeldungsdatum: 13.04.2010
Beiträge: 92

BeitragVerfasst am: 3. Mai 2010 17:05    Titel: Antworten mit Zitat

Sicher kennt das wohl jeder Süchtige; die Leere, die Angst, die Einsamkeit. Und dabei ist es auch völlig egal, mit welcher Sucht, mit welcher Art von Konsum es befriedigt wird. Die einen füllen es mit Sex, die anderen mit dem Füttern von Spielautomaten, die nächsten mit dem wahllosen Kauf diverser Konsumartikel und wieder andere mit Opiaten.
Letztlich bleibt die Ursache wohl entweder ein Mangel an Glückshormonen - Serotonin oder Dopamin (sorry, wenn ich das schon oft und öfter erwähnt aber; ist aber nun mal so...) oder vielleicht ist es auch ein von der Gesellschaft, vom Kapitalismus erzeugtes Gefühl von Leere;
uns allen wird doch immer wieder suggeriert, wir bräuchten mehr und mehr und mehr!
Den neuen Wagen, den neuesten I-Pod, die neueste Handy-Generation und alles wird weisser, weisser, ultra-weiss!
Die Werbung suggeriert, dass wir leer sind, weil wir das was wir haben, gar nicht mehr brauchen, denn wir brauchen das nächste, das neueste was-auch-immer!

Leere zu füllen geht auch mit Verzicht! Erst wenn mir wirklich bewusst wird, was ich wirklich brauche und was nicht, dann kann ich verzichten. Kann: NEIN! sagen! Zu Konsum und zu KONSUM! Also auch zur Droge, zu Opiaten, Alkohol, what ever.
So lange ich glaube, dass etwas in mir leer ist, dann bin ich auch nicht bereit zum Verzicht.
Und erst wenn ich spüre, dass die innere Leere mit ganz anderen Dingen gefüllt werden will - mit Freunden, mit Freude, mit Erlebnissen, die ganz kleiner Natur sein können, mit Liebe, mit Leben - erst dann kann ich auch bewusst verzichten und die Leere wird automatisch nicht mehr da sein.

Die Leere mit Opiaten zu füllen ist der einfache Weg. Ist der, die Leere einfach auszublenden. Einen Deckel drauf zu machen. Aber darunter wird es immer hohl bleiben!
Und deshalb gebe ich meiner Vorrednerin recht, dass zum Verzicht auch Alter, Reife und Erfahrung gehören, denn die füllen zum einen die Leere und zum anderen verschwindet der Wunsch nach dem Ausschalten.
Der Wunsch, sich selbst genug zu sein und die Erkenntnis, dass das, was man hat oftmals nicht nur zu viel ist sondern gar ein Übermass darstellt, wächst mit dem Alter.
So wird man heute nicht mehr wie ein Kind die ganze Tafel auf ein Mal essen wollen, sondern man ist viel mehr in der Lage, einen einzigen Riegel oder vielleicht gar nur ein Stück völlig zu geniessen und vielleicht sogar eine sinnliche Erfahrung daraus zu machen.

Allein die Erfahrung die Sucht überwunden zu haben, keine Opiate mehr zu brauchen weil die Menge an Gefühlen die man klar und nüchtern hat, so überwältigend sein können, kann die Leere füllen. Und dann ergibt sich der Rest von selbst.

Ich persönlich glaube, dass es keine innere Leere gibt. Es gibt nur das Gefühl, sich selbst allein nicht aushalten zu können, weil einem zu viele Stimmen und Erinnerungen sagen, dass es da Dinge gibt, die gehört und bearbeitet werden wollen.
Leere ist immer nur das Kind in einem, dem man nicht genügend Aufmerksamkeit schenkt. Und diese Aufmerksamkeit gibt man sich nicht mit Konsum, mit Kaufen, Shoppen, ziehen, ballern oder was auch immer; die gibt man sich nur, indem man genau hinhört und sich selbst etwas gutes tut. Und das kostet meist nichts, ist umsonst und tut sogar noch gut.
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konkhaen
Bronze-User
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Anmeldungsdatum: 21.03.2010
Beiträge: 70

BeitragVerfasst am: 20. Jun 2010 15:38    Titel: Antworten mit Zitat

[quote="veilchenfee"][quote]Kennt ihr auch diese Leere? Diese Verzweiflung? Die schon immer da war? Die nur ein Opiat füllen kann? [/quote]
Ja, dieses Gefühl kenne ich gut, im Alter von ca. 15 bis ca. 28 Jahren war es bei mir am schlimmsten. Mittlerweile habe ich dieses Gefühl aber nicht mehr. Wie ich das gemacht habe? Hm, ich habe eigentlich gar nicht viel dazu beigetragen, ich bin nur erwachsen geworden. Und zwar mit etwa 30 Jahren. Mein Leben läuft heute in geordneten Bahnen. Ich arbeite, habe seit 10 Jahren eine feste Beziehung, habe ein paar gute Freunde, musste vor 8 Jahren meine Mutter beerdigen, trage Verantwortung für eine Immobilie - wie das Leben halt so spielt.

Ich bin zur Ruhe gekommen. Seelenfrieden. Endlich. Gelegentliche Unpässlichkeiten körperlicher oder seelischer Natur nehme ich heute mehr oder weniger gelassen hin. Wozu sich dauernd über alles mögliche aufregen, wozu dauernd mit sich oder anderen hadern...

Ich würde sagen, ich war opiatabhängig. Doch für alles im Leben gibt es eine bestimmte Zeit. Die Zeit der Opiate ist für mich vorbei. Und ich vermisse nichts. Womit es zusammenhängt, dass sich das Problem für mich von selbst erledigt hat und warum andere ihr Leben lang mit sich und ihrer Sucht kämpfen - ich habe keine Ahnung.

Meine Mutter hatte dazu eine Theorie, diese bezog sich allerdings nicht auf Drogen. Sie meinte sinngemäß, dass sich Mäßigung von ganz alleine einstellt, wenn das Bedürfnis sozusagen übererfüllt wird. Wenn ich als Kind also Schokolade oder Weihnachtsplätzchen wollte, bekam ich so viel ich essen konnte. Wollte ich unbedingt Feuerchen machen, durfte ich über der Küchenspüle Streichhölzer anzünden, bis mir die Lust verging. Oder es wurde im Garten ein schönes Feuerchen gemacht (Laub), das ich anzünden und bewachen durfte. Vielleicht lässt sich diese Theorie auch auf Drogen anwenden. Bei mir funktioniert das anscheinend. Ich habe so viele Drogen genommen, dass es für ein ganzes Leben reicht. Mein Bedürfnis wurde übererfüllt. Daher mag ich heute nicht mehr.

Vielleicht wäre eine Freigabe von Opiaten wirklich sinnvoll. Es wäre interessant zu erfahren, wieviel Prozent der Leute nach einigen Jahren freiwillig und selbstständig wieder damit aufhören würden. (Vielleicht zu naiv gedacht ...?)

P.S.: Außerdem habe ich es gerne streßfrei und bequem. Als Süchtiger, der dauernd irgendwelchen Zirkus mit Beschaffung, Geld, doofen Leuten etc. hat, führt man leider ein recht unbequemes Leben. Das war mir irgendwann einfach zu blöd.[/quote]

Als dierser vergleich mit der Schokolade z.B. hinkt ja wohl gewaltig hinterher.
Drogensucht ist eine anerkannte Krankheit.
Ich kann doch bei Rheuma z.B. auch nicht sagen:so..ich bin satt..
So ist es bei Drogensucht auch...kann ein H-Abhängiger jemals SATT sein ?
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veilchenfee
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Anmeldungsdatum: 18.12.2009
Beiträge: 4072

BeitragVerfasst am: 20. Jun 2010 16:18    Titel: Antworten mit Zitat

... hat nicht so ganz geklappt mit der Zitat-Funktion, gell, konkhaen?

Ja doch, ich glaube schon, dass ein Abhängiger "satt" werden kann. Indem er so viel nimmt, bis er nicht mehr mag - sofern er es noch erlebt. Beispiele: Unsere Mitforisten Örnie666 oder auch aint ez. Ist natürlich eine hochgefährliche Angelegenheit und funktioniert sicher nicht bei Jedem.

Zitat:
Ich kann doch bei Rheuma z.B. auch nicht sagen:so..ich bin satt..

Deinen Vergleich mit dem Rheuma verstehe ich allerdings nicht, ich kann doch nicht sagen: So, ab morgen habe ich kein Rheuma mehr...? Ich kann aber sehr wohl sagen: Ab morgen nehme ich keine Drogen mehr. Dass es einfach ist, behaupte ich nicht.

Grüße
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konkhaen
Bronze-User
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Anmeldungsdatum: 21.03.2010
Beiträge: 70

BeitragVerfasst am: 20. Jun 2010 16:32    Titel: Antworten mit Zitat

Sorry für meinen missglückten Zitatversuch... Rolling Eyes
halte mich nicht so oft in Foren auf...

Ich denke nicht ,das man so einfach sagen kann...ich höre jetzt mit Drogen auf..
Wäre es so,wäre die Rückfallquote nicht so enorm hoch...


Mein Vergleich mit dem Rheuma habe ich nur deshalb angestellt ,weil Drogensucht eine anerkannte Krankheit ist...wie z.B. Rheuma.

Vieeleicht bist Du eine Ausnahme,aber der überwiegende Teil aller H-Abhängigen kriegt das so nicht hin !
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veilchenfee
Foren-Guru
Foren-Guru


Anmeldungsdatum: 18.12.2009
Beiträge: 4072

BeitragVerfasst am: 20. Jun 2010 16:43    Titel: Antworten mit Zitat

Ist wohl wahr - ich habe mich in meinem Suchtverhalten schon von meinen Weggefährten unterschieden und mir ist klar, dass es die "Reine Wahrheit" und das "Patentrezept für Alle" nicht gibt. Der Weg in die Sucht und auch aus der Sucht heraus ist individuell und für einige gibt es leider keinen Weg heraus. Doch solange es noch Hoffnung gibt, lohnt es sich, zu kämpfen.
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konkhaen
Bronze-User
Bronze-User


Anmeldungsdatum: 21.03.2010
Beiträge: 70

BeitragVerfasst am: 20. Jun 2010 16:52    Titel: Antworten mit Zitat

Da hast Du recht...
Es lohnt sich immer zu kämpfen!

Und ich zolle jedem Respekt,der es schafft. Wink Wink
Ich denke das aber auch das soziale Umfeld un die Gegebenheiten eine grosse Rolle spielen.

LG Alex
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Jens
Anfänger


Anmeldungsdatum: 16.06.2010
Beiträge: 10

BeitragVerfasst am: 27. Jun 2010 00:46    Titel: Antworten mit Zitat

Michaela, Deinen Beitrag finde ich total klasse und nachvollziehbar. Die Flucht vor der eigenen Leere und dem ganzen unbearbeiteten Mist. Deshalb ist ja auch ein Entzug nicht ausreichend, sondern auch das, was letztendlich dazu geführt hat, dass man sich irgendwann mal für die Droge "entschieden" hat.

Veilchenfee, Deine Geschichte finde ich wirklich bemerkenswert! Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass viele Süchtige sich aufgrund von "Übersättigung" so davon loseisen können.
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