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Jens Anfänger
Anmeldungsdatum: 16.06.2010 Beiträge: 10
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Verfasst am: 16. Jun 2010 22:16 Titel: Gefühle bei "Abschieben" von Nahestehenden? |
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Hallo!
Ich benötige mal dringend Euer Expertentum.
Meine Schwester (29) nimmt "seit vielen Jahren" Amphetamine und Koks. Da unsere Gespräche und Hilfeangebote etc. nie fruchteten, gaben wir es auf und unterhielten eine halbwegs normale Beziehung. Unsere Familie lebt in verschiedene Richtungen verstreut, nur eine Schwester wohnt noch in der Umgebung. Trotzdem bekommen wir die "Symptome" mit: Selbstgespräche, schweissnasse Hände, rapide Themen- und Gedankenwechsel, paranoides Handeln, Interesselosigkeit an ALLEM außer feiern gehen.
Über die Jahre bricht sie nun nach und nach den Kontakt zu allen ihr wirklich Nahestehenden ab: Freunde, Eltern und nach und nach auch uns Geschwistern (wir sind zu viert) - obwohl wir uns immer sehr nahe standen. Die Gründe sind jedes Mal fadenscheinig, oder werden überhaupt nicht kommuniziert. Jeder Kontaktversuch wird total abgeblockt - spricht ein anderer sie auf das Verhalten an, reagiert sie nur aggressiv und nennt auch keine Gründe.
Ich möchte wissen: Was "fühlen/ denken" sie sich dabei? Haben die "Abgeschobenen" wirklich in ihren Augen etwas "ausgefressen" oder "warten sie nur bewusst auf die Gelegenheit, sich ihrer zu entledigen"? Und warum? Sind Menschen, auf die sie bauen können so unwichtig, dass Bekannte aus der "Partyszene" ausreichend für das Lebensglück sind? Sind ihnen die verletzten Gefühle der "Abgeschobenen" egal?
Was nicht in meinen Kopf geht: Meine Schwester war immer ein liebender, offener, ehrlicher Mensch - davon ist NICHTS mehr übrig! Wo ist sie?
Und - wenn man so in diese Suchtsache verwickelt ist: Merkt man selbst noch diese Veränderung an sich selbst? Kann man sich wirklich vorstellen, ewig so mit diesem Kreislauf weiterzumachen?
Würde mich wirklich sehr über Antworten freuen!
Gruß
Jens |
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ulla79 Gold-User
Anmeldungsdatum: 17.03.2009 Beiträge: 908
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Verfasst am: 17. Jun 2010 15:09 Titel: |
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Hallo Jens!
Dieses "abschieben" hat nichts mit tatsächlich ablehnen zu tun. Zum einen ist es nur so, dass es Abhängigen in der Tat schwer fällt sich mit "normalen Dingen" zu befassen, bzw. darüber sich zu unterhalten. Deswegen "lieben" sie Ihresgleichen. Zum anderen können sie ja klar denken. Sie wissen genau, was sie sich selber und dadurch auch den anderen antun, dafür schämen sie sich, was wiederum zu einem immer schlimmer werdenden Kreislauf führt. Das ist ja gerade das Problem! Sie sehen ihre Lage, wissen keinen Ausweg und sinken nur noch tiefer, anstatt sich genau in diesem Moment Hilfe zu holen und zu sagen "ich will so nicht mehr" Dieser Punkt ist wahrscheinlich von Mensch zu Mensch anders. Bei manchen reicht es aus, das es ihnen leid ist, immer hinter den Dealern her zu rennen.
LG Ulla |
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Cappu Gold-User
Anmeldungsdatum: 16.01.2009 Beiträge: 483
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Verfasst am: 17. Jun 2010 15:22 Titel: |
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Ich muss Ulla da Recht geben.
Man kann mit normalen Menschen nicht umgehen, denn in ihnen spiegelt sich das wieder, was man selbst nicht ist. Man hat Schuldgefühle, schämt sich. Man will sich nicht erklären müssen, will nicht auffallen. Man hat immer ein komisches Gefühl, wenn man Verwandte trifft etc., denn man hat immer vor Augen, dass man anders ist. Süchtig. Krank. "Asozial".
Die Nähe zu den Menschen die man liebt fällt denke ich sehr schwer. Besonders wenn man merkt, dass andere sich Gedanken machen und Sorgen. Es ist eben einfacher mit Feierfreunden. Die stellen keine Fragen... sprechen über nichts tiefgründiges, sind oberflächlich. Hier kann man sich einigermaßen normal fühlen. Denn alle haben das gleiche Problem.
Nimm es dir nicht zu Herzen dass deine Schwester sich zurückzieht. Versuche den Konakt zu halten, und falls das nicht möglich ist, dann gib nicht auf. Warte darauf, dass sie sich meldet. Sei für sie da, falls sie sich doch mal meldet und sei nicht sauer, weil sie es lange nicht getan hat.
Es ist eine unglaubliche schwere Situation mit der alle klar kommen müssen, aber Familienangehörige müssen eins verstehen:
Für den Betroffenen ist es immer noch am schlimmsten, auch wenn die Familie drunter leidet. Deine Schwester hat hier das Problem und nicht ihr, von daher ist sie auf eure Hilfe angewiesen, auch wenn sie diese momentan vllt. nicht annehmen kann. |
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Jens Anfänger
Anmeldungsdatum: 16.06.2010 Beiträge: 10
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Verfasst am: 17. Jun 2010 18:37 Titel: |
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Vielen Dank für Eure Antworten!
Dass mit dem nicht persönlich nehmen ist wirklich sehr schwierig, denn die "Abschiebungen" kommen aus heiterem Himmel (5 min. vorher kann noch alles in Ordnung gewesen sein) und sehr aggressiv. Man bekommt meist keine Antworten, auf die Frage, was einem vorgeworfen wird. Es wird ganz einfach dicht gemacht, es bleibt keine Möglichkeit mehr zur Kommunikation und plötzlich ist sie aus dem Leben des Betroffenen auf Dauer verschwunden.
Ich verstehe, was Ihr sagt über die Scham etc. Aber, Ihr sagt gleichzeitig, die User können noch klar denken. Das würde doch wiederum heißen, dass sie sich bewusst sind, dass sie alles noch schlimmer machen mit ihrem Verhalten? Und, dass sie sich vollkommen darüber im Klaren sind, was sie beim anderen anrichten?
Dass es dem User viel schlechter geht als den Angehörigen könnten meine Eltern z. B. nie verstehen, denn in Ihren Augen (jahrelang keinen Kontakt mit meiner Schwester) ist es fast wie ein Tod ihrer Tochter und eine riesige Lücke in ihrem Leben.
Ich würde ihr jederzeit helfen, wenn sie denn nur wollte. |
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wild Gold-User
Anmeldungsdatum: 12.12.2009 Beiträge: 324
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Verfasst am: 17. Jun 2010 21:39 Titel: |
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OMG Cappu!
Besser hätte man das nicht erklären können!
Zitat: | Man kann mit normalen Menschen nicht umgehen, denn in ihnen spiegelt sich das wieder, was man selbst nicht ist. Man hat Schuldgefühle, schämt sich. Man will sich nicht erklären müssen, will nicht auffallen. Man hat immer ein komisches Gefühl, wenn man Verwandte trifft etc., denn man hat immer vor Augen, dass man anders ist. Süchtig. Krank. "Asozial".
Die Nähe zu den Menschen die man liebt fällt denke ich sehr schwer. Besonders wenn man merkt, dass andere sich Gedanken machen und Sorgen. Es ist eben einfacher mit Feierfreunden. Die stellen keine Fragen... sprechen über nichts tiefgründiges, sind oberflächlich. Hier kann man sich einigermaßen normal fühlen. Denn alle haben das gleiche Problem.
Nimm es dir nicht zu Herzen dass deine Schwester sich zurückzieht. Versuche den Konakt zu halten, und falls das nicht möglich ist, dann gib nicht auf. Warte darauf, dass sie sich meldet. Sei für sie da, falls sie sich doch mal meldet und sei nicht sauer, weil sie es lange nicht getan hat.
Es ist eine unglaubliche schwere Situation mit der alle klar kommen müssen, aber Familienangehörige müssen eins verstehen:
Für den Betroffenen ist es immer noch am schlimmsten, auch wenn die Familie drunter leidet. Deine Schwester hat hier das Problem und nicht ihr, von daher ist sie auf eure Hilfe angewiesen, auch wenn sie diese momentan vllt. nicht annehmen kann. |
Extra nochmal in voller Länge.
Danke dafür.
(irgendwie fühl ich mich gerade ertappt )
wild |
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wild Gold-User
Anmeldungsdatum: 12.12.2009 Beiträge: 324
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Verfasst am: 17. Jun 2010 21:51 Titel: |
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OMG Cappu!
Besser hätte man das nicht erklären können!
Zitat: | Man kann mit normalen Menschen nicht umgehen, denn in ihnen spiegelt sich das wieder, was man selbst nicht ist. Man hat Schuldgefühle, schämt sich. Man will sich nicht erklären müssen, will nicht auffallen. Man hat immer ein komisches Gefühl, wenn man Verwandte trifft etc., denn man hat immer vor Augen, dass man anders ist. Süchtig. Krank. "Asozial".
Die Nähe zu den Menschen die man liebt fällt denke ich sehr schwer. Besonders wenn man merkt, dass andere sich Gedanken machen und Sorgen. Es ist eben einfacher mit Feierfreunden. Die stellen keine Fragen... sprechen über nichts tiefgründiges, sind oberflächlich. Hier kann man sich einigermaßen normal fühlen. Denn alle haben das gleiche Problem.
Nimm es dir nicht zu Herzen dass deine Schwester sich zurückzieht. Versuche den Konakt zu halten, und falls das nicht möglich ist, dann gib nicht auf. Warte darauf, dass sie sich meldet. Sei für sie da, falls sie sich doch mal meldet und sei nicht sauer, weil sie es lange nicht getan hat.
Es ist eine unglaubliche schwere Situation mit der alle klar kommen müssen, aber Familienangehörige müssen eins verstehen:
Für den Betroffenen ist es immer noch am schlimmsten, auch wenn die Familie drunter leidet. Deine Schwester hat hier das Problem und nicht ihr, von daher ist sie auf eure Hilfe angewiesen, auch wenn sie diese momentan vllt. nicht annehmen kann. |
Extra nochmal in voller Länge.
Danke dafür.
(irgendwie fühl ich mich gerade ertappt )
wild |
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Cappu Gold-User
Anmeldungsdatum: 16.01.2009 Beiträge: 483
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Verfasst am: 17. Jun 2010 23:25 Titel: |
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Jens hat Folgendes geschrieben: | Vielen Dank für Eure Antworten!
Dass mit dem nicht persönlich nehmen ist wirklich sehr schwierig, denn die "Abschiebungen" kommen aus heiterem Himmel (5 min. vorher kann noch alles in Ordnung gewesen sein) und sehr aggressiv. Man bekommt meist keine Antworten, auf die Frage, was einem vorgeworfen wird. Es wird ganz einfach dicht gemacht, es bleibt keine Möglichkeit mehr zur Kommunikation und plötzlich ist sie aus dem Leben des Betroffenen auf Dauer verschwunden.
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Naja, das hat auch viel mit Stimmungsschwankungen zu tun denen man mal ausgesetzt ist, ist ähnlich wie bei Schwangeren. Vllt. grade keinen Stoff am start, gereizt, aggressiv - auch das ist nicht wirklich persönlich gemeint. Klar ist das eine frustrierende Situation weil man keinerlei Erklärung bekommt, aber eine Erklärung kann sie wahrscheinlich selbst nicht abgeben, man fühlt halt einfach in dem Moment so.
Zitat: |
Ich verstehe, was Ihr sagt über die Scham etc. Aber, Ihr sagt gleichzeitig, die User können noch klar denken. Das würde doch wiederum heißen, dass sie sich bewusst sind, dass sie alles noch schlimmer machen mit ihrem Verhalten? Und, dass sie sich vollkommen darüber im Klaren sind, was sie beim anderen anrichten? |
Naaaja, teils teils. Klar ist man sich in manchen Momenten bewusst was man tut, nicht umsonst ist man kein besonders glücklicher Mensch in dem Moment. Aber die Tragweite wie andere damit umgehen ist denke ich schwer nachzuvollziehen. Man ist teilweise abgestumpft, man redet sich ein, dass einen sowieso niemand versteht / mag / liebt. Ich denke das ist eines der Hauptprobleme - man fühlt sich einfach ungebliebt, egal ob es so ist oder nicht. Man kann rationale Entscheidungen treffen, aber nur sehr bedingt. Wenn es um die eigene Krankheit / Gefühlswelt geht, dann ist das mit dem klar denken und sehen schon schwieriger. Viele verdrängen ihre Probleme, denn wenn man alle Emotionen zulassen würde, dann würde man daran zerbrechen. Dafür werden ja bei den Meisten hauptsächlich Drogen konsumiert - um Gefühle zu unterdrücken. Anfangs vllt. um einen geilen Rausch zu erleben, doch in der Regel versucht man damit einfach nur seine Gedanken abzustellen. In dem Moment wo man konsumiert, ist man nicht mehr traurig, verzweifelt und einsam - man ist einfach in einer anderen Welt in der es nichts gibt außer das berauschende Gefühl. Es ist als ob man einen Schalter im Hirn umkippt - und zack ist man auf Stand By.
Zitat: |
Dass es dem User viel schlechter geht als den Angehörigen könnten meine Eltern z. B. nie verstehen, denn in Ihren Augen (jahrelang keinen Kontakt mit meiner Schwester) ist es fast wie ein Tod ihrer Tochter und eine riesige Lücke in ihrem Leben. |
Bedenke wie sich deine Schwester fühlt. In ihren Augen ist sie vllt. schon tot. Vielleicht hat sie sich schon abgeschrieben. Ich weiß ja nicht wie lang das schon so mit ihr geht und in welcher Härte, aber viele sehen gar keinen Sinn mehr im Leben - und deswegen acuh keinen Sinn darin sich zu ändern - etwas zu tun. Man glaubt, man schafft es eh nicht. Man glaubt man sei alleine auf der weiten Welt und dass man keine Chance mehr hat ein glückliches Leben zu führen. Für deine Mutter ist es fast der Tod einer Tochter, aber eben diese muss dieses Leben führen das sie führt - und glaube mir, sie mag es nicht. Aber sie findet keinen Weg heraus. Das ist eine mehr als verzweifelnde Lage - denn ihr habt ein normales Leben - einen Job, eine Familie. Auf all dies "muss" sie verzichten, und vielleicht wird sie es nie wieder haben.
Zitat: | Ich würde ihr jederzeit helfen, wenn sie denn nur wollte. |
Bewahre dir diesen Willen wenn du deine Schwester liebst, denn eines Tages wird sie deine Hilfe evtl. in Anspruch nehmen - und wenn dann niemand da ist, dann bestätigen sich ihre Gedanken und es ist endgültig vorbei.[/quote] |
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Jens Anfänger
Anmeldungsdatum: 16.06.2010 Beiträge: 10
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Verfasst am: 18. Jun 2010 23:27 Titel: |
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@wild. War/ ist es bei Dir denn auch so? Dass Du nicht mehr mit Familie konntest?
@Cappu
Danke für Dein Input! Ist sicher auch mühsam jemanden so etwas zu erklären.
Sie hatte vor ein paar Jahren mal gesagt, dass ihr keiner helfen kann. Sie glaubt nicht daran, dass Therapeuten oder SHGs oder was immer bei ihr irgendwas bewirken könnten (damals ging es darum, alte Sachen aufzuarbeiten). Es scheint die Denkweise nicht weniger Menschen zu sein, dass sie so individuell sind, dass ein Aussenstehender absolut null bewirken würde.
Vielleicht denkt sie wirklich, dass keiner sie liebt, aber mehr als ihr immer wieder zu sagen, dass wir sie lieben und danach zu handeln, konnten wir doch auch nicht tun. Vor einiger Zeit tat sie etwas sehr verletzendes, ich sagte ihr, das mich das verletzte und ob ihr das egal wäre, sie lachte nur und sagte "ja". War wie ein Schlag ins Gesicht und hatte nichts mehr mit der Person zu tun, die sie mal war. Als ob sie mit Absicht emotionale Schläge austeilen würde.
Mal sehe ich sie als "Opfer", wenn ich daran denke, dass sie es nie leicht hatte, dann wieder als "Täter", der austeilt, sich zerstört etc.
Sie verdient sehr gutes Geld (wer weiss wie lange noch) und sie KÖNNTE weiterhin eine Familie und gute Freunde haben, wenn sie diese nicht wegschieben würde und sich irgendwie selbst ihr größter Feind ist und keine Hilfe holt.
Ich hoffe und bete nur, dass sie das tut, bevor es zu spät ist. Wie lange Körper und Psyche das wohl noch mitmachen. Selbst Aussenstehende merken schon, dass da was nicht stimmt mit ihrem generellen Verhalten. Es ist angsterregend jetzt irgendwie auf den grossen Knall zu warten.
Besonders da nun keiner mehr wirklich da ist, irgendwas zu merken oder einen Arzt zu rufen.
Ich werde ihren Wunsch respektieren und ihre Kontaktablehnung "tolerieren". Ich dränge mich keinem auf - das widerstrebt mir sehr. In diesem Fall ist es natürlich schwieriger, weil ich sie ja eigentlich nicht mit regulärem Massstab messen kann. |
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ulla79 Gold-User
Anmeldungsdatum: 17.03.2009 Beiträge: 908
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Verfasst am: 19. Jun 2010 11:01 Titel: |
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Hallo Jens!
"Vor einiger Zeit tat sie etwas sehr verletzendes, ich sagte ihr, das mich das verletzte und ob ihr das egal wäre, sie lachte nur und sagte "ja". War wie ein Schlag ins Gesicht und hatte nichts mehr mit der Person zu tun, die sie mal war. Als ob sie mit Absicht emotionale Schläge austeilen würde. "
Ich kann dich gut verstehen, dass dir das sehr weh getan hat. Ich kenne solche Aussagen. Mein Freund hat in ähnlicher Weise sowas auch schon mal (unter Entzug) gebracht. Es ist aber wirklich nicht so gemeint. Ich kann dir das nur am Bsp. meines Freundes erklären. Für ihn wäre es lieber, ich würde ihn manchmal hassen, weil er sich be*** fühlt, mir das alles anzutun. Es ist für ihn, wie alle hier auch gesagt haben unendlich schwer zu wissen jemand, den man liebt macht sich Sorgen um einen und hat eigentlich nicht das Leben, dass er verdient hat. Im Prinzip sind solche Aussagen nur ein Zeichen des unendlich großen Schamgefühl, dass die Abhängigen haben.
Abhängige wissen und denken ja trotz allem genauso wie der Rest der Menschheit, es fällt ihnen womöglich leichter, anderen das Gefühl zu geben „ich bin ein A***“, als sich ihre Sucht einzugestehen!
Das ist sehr traurig!
Ich kann dir in deiner Hilflosigkeit gut nachfühlen. Es ist wirklich so, dass wir nicht mehr als hoffen können!
LG Ulla |
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muamphi Anfänger
Anmeldungsdatum: 11.06.2010 Beiträge: 11
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Verfasst am: 19. Jun 2010 19:50 Titel: |
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Hallo Jens,
die Symptome, die Du beschreibst, kenne ich nur zu gut, leider auch noch andere, mein Sohn ist 31 und auch Konsument, mittlerweile nennt er sich selbst schon Penner, asozial etc., er fühlt sich da auch wohl, z. B. bei Pennern.
Ich finde es erstaunlich, daß deine Schwester noch arbeitet.
Macht nicht den selben Fehler wie wir, wir haben ihn zwangsläufig wieder aufgenommen, nachdem er im Rausch seine Wohnung zertrümmert hat, keine Scheibe war mehr ganz.
Es geht immer weiter mit seinem Konsum, er möchte, wie er es nennt, sein Medikament weiter nehmen.
Wieso auch nicht, Eltern und Großeltern füttern ihn täglich durch, er hat ein Dach überm Kopf.
Er macht sich gezielt rar, möchte keine Diskussion über seine Sucht und Krankheit.
Wenn Deine Schwester mal ganz unten ist, ohne Job und Geld, nehmt sie nicht auf, sie wird Euch, wahrscheinlich ungewollt, mit runterziehen.
Aber die vorherigen Antworten erklären es perfekt, AN DIESER STELLE MÖCHTE ICH PERSÖNLICH CAPPU NOCH MAL FÜR SEIN MITGETEILTES WISSEN DANKEN!
Die Sucht ist stärker, als der Gedanke, Dad, Mum, Opa, Oma - machen sich sorgen, können nicht schlafen, werden gar krank.
Liebe Grüsse, viel Kraft und Erfolg
Mum von Martin |
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Jens Anfänger
Anmeldungsdatum: 16.06.2010 Beiträge: 10
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Verfasst am: 20. Jun 2010 20:53 Titel: |
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@Ulla:
Vielleicht können die User auch gar nicht nachvollziehen, wie man sich bei solch Verletzungen fühlt, weil ja die eigenen Gefühle eigentlich eher abgestumpft sind? Und wenn man es ihnen sagt, wer weiss ob sie es überhaupt glauben. Meine Schwester glaubt vieles nicht was man ihr sagt, und sieht hinter vielen Dingen fiese Motive und "liest" auch Reaktionen von anderen total falsch. Bist Du mit Deinem Freund noch zusammen? Ist er jetzt clean?
@Mum von Martin
Meine Schwester arbeitet nur sehr sporadisch. Sie hat eine eigene Firma und Leute, die alles machen - damit wohl auch leider genug Kohle für das Dreckszeug. Aber irgendwann (wohl eher früher als später) werden da sicher auch die falschen Entscheidungen getroffen werden etc. bzw. wird ihr alles entgleiten.
Tut mir echt leid, was ihr mitmacht - ja, und man wird selbst krank davon, sehe ich bei meinen Eltern.
Danke für den Hinweis - nein, wir würden sie nicht, wenn sie alles verliert und keine Absicht zur Therapie zeigt, aufnehmen (denke ich jetzt zumindest so). Man muss wohl auch Grenzen setzen, bevor man selbst kaputt geht. Ich glaube dass, auch wenn es megaschwer fällt, Ihr Euren Sohn rausschmeissen müsst - WENN er nicht in Therapie ist und NICHTS tut, um sich zu ändern. Denn sonst, wie Du selbst sagst, unterstützt man ja seinen Lebenswandel nur, was ihn kaputt macht und Euch dazu.
Was nimmt Dein Sohn denn? |
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Cappu Gold-User
Anmeldungsdatum: 16.01.2009 Beiträge: 483
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Verfasst am: 20. Jun 2010 22:36 Titel: |
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Vielleicht sollte ich hier klarstellen, dass ich selbst nicht drogenabhängig bin. Zumindest nicht so, wie ihr euch das jetzt vorstellen mögt. Aber ich habe viel zeit mit Abhängigen verbracht, teilweise im Familienkreis und kann mich daher mittlerweile denke ich gut einfühlen, vor allem weil diese Verhaltensmuster nicht unbedingt nur bei Drogenabhängigen vorkommen sondern auch bei anderen Personen mit Problemen (wie wir sie alle wohl schon hatten).
Zitat: | Vielleicht können die User auch gar nicht nachvollziehen, wie man sich bei solch Verletzungen fühlt, weil ja die eigenen Gefühle eigentlich eher abgestumpft sind? |
Also ich denke einfach, dass sie in der Situation nur zwei Möglichkeiten hatte zu reagieren und ihre Art war die, die sie persönlich am wenigsten verletzt. Ansonsten hätte das nämlich einen ganz anderen Lauf genommen, sie wäre in Tränen ausgebrochen und hätte über ihre Probleme reden müssen. So warst du derjenige der vor den Kopf gestoßen war, aber das Gespräch wahrscheinlich erst mal beendet - und das war der Zweck von diesem eiskalten Spruch.
Und versteh mich bitte nicht falsch, so sehr ich das vllt. erklären mag und es dann logisch erscheint - man darf auch nicht jedes Verhalten akzeptieren. Sie hat sich sehr wohl noch in der Gewalt, vor allem wenn deine Schwester ja scheinbar noch ein halbwegs normales Leben führt (ich hatte hier irgendwie einen anderen Härtegrad im Kopf).
Zitat: | Meine Schwester glaubt vieles nicht was man ihr sagt, und sieht hinter vielen Dingen fiese Motive und "liest" auch Reaktionen von anderen total falsch |
Ist auch ziemlich typisch, ergeht aber vielen Menschen so. Das hat was mit Selbstbewusstsein zu tun, das neigt manchmal dann ins paranoide. Man kann es sich einfach nicht vorstellen dass es stimmt und dann kann man es 100 mal gesagt bekommen, es geht in den Kopf nicht rein.
Wenn du deiner Schwester z.b. sagst, dass du sie liebst, dann fühlt sie sich selbst aber so, als wenn sie keiner lieben könnte - und daraus der logische Schluss - du lügst. So geht es vielen Menschen in vielen Situationen. Man bezweifelt alles, hat Vertrauen verloren in die Menschen, ist vllt. zu oft enttäuscht oder getäuscht worden.
Zitat: | @Cappu
Danke für Dein Input! Ist sicher auch mühsam jemanden so etwas zu erklären.
Sie hatte vor ein paar Jahren mal gesagt, dass ihr keiner helfen kann. Sie glaubt nicht daran, dass Therapeuten oder SHGs oder was immer bei ihr irgendwas bewirken könnten (damals ging es darum, alte Sachen aufzuarbeiten). Es scheint die Denkweise nicht weniger Menschen zu sein, dass sie so individuell sind, dass ein Aussenstehender absolut null bewirken würde. |
Ehrlich gesagt macht es ziemlichen Spass, ich beschäftige mich gerne mit der Persönlichkeit von Menschen und ihrem Verhalten. Ist immer interessant.
Ansonsten: Jaaaa das schreib ich jetzt mal ihrer Intelligenz zu. (da eigene Firma und vorerst erfolgreiches Leben geh ich einfach mal von einer klugen Person aus). Besonders intelligenten Personen geht es so, dass sie sich nicht vorstellen können, das sowas helfen kann. Weil: man versteht was man tut und warum man es tut, bzw. dass es absolut dämlich und selbstzerstörerisch ist. Man hat mehr Einblick in die eigenen Motive und Probleme, weil man einfach ein bisschen mehr Ahnung hat. (ergeht mir z.b. immer so, ich versuch auch immer mich selbst zu analysieren).
Vielleicht kann sie sich einfach nicht vorstellen dass diese zunächst einfach wirkenden Therapiemethoden bei ihr anschlagen.
Hier kommt auch wieder dieses: Keiner versteht mich wirklich-Ding, das hast du schon gut erkannt, wir meinen wirklich alle wir wären sehr individuell, dabei ist es eigentlich niemand, es sei denn er hat ne individuelle psychische Erkrankung (ums mal überspitzt auszudrücken). |
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muamphi Anfänger
Anmeldungsdatum: 11.06.2010 Beiträge: 11
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Verfasst am: 21. Jun 2010 19:41 Titel: |
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Hallo Jens,
"Martin" nimmt laut eigener Aussage – uns gegenüber – Amphetamine, ich weiß nicht ob das stimmt, mein Mann denkt auch Crack. Kürzlich fanden wir ein kleines Reagenzglas aus Kunststoff mit weißem Pulver und ein Kinderüberraschungsei mit so klumpigem Zeug. Du mußt nicht denken, wir schnüffeln ihm nach, aber wir machen seine Wäsche, Wohnräume sauber, Essen, etc., das Zeug lag auf seinem Tisch.
Er war mal wieder völlig unkonzentriert auf Alk- und Drogentrip. Natürlich habe ich es weggenommen,
das ist kein Weg, oder CAPPU?
Keine Ahnung, jedenfalls kam Martin, natürlich erst unter anderem Vorwand und fragte nach seinem Vernichtungszeug und wir gaben es ihm zurück, weil mein Mann meint, sonst geht er wieder klauen…..
Ich gebe Ratschläge, die ich selbst nie eingehalten habe. Sorry, aber die Hoffnung stirbt zuletzt.
Martin erscheint mittlerweile nirgendwo mehr „normal“, weder geistig, outfitmäßig, und trotz größter Bemühungen auch nicht gepflegt.
Ich denke durch den langjährigen Konsum hat er irreparable Schäden, und ich weiß nicht, ob durch einen Rausschmiss was zu retten ist….
Aber ich war oft 3mm vor nem Rausschmiss. Ich weiß nicht, ob ich auf ein Wunder warten soll, ich weiß eigentlich gar nicht mehr weiter...
Liebe Grüsse Mum von Martin |
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Jens Anfänger
Anmeldungsdatum: 16.06.2010 Beiträge: 10
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Verfasst am: 21. Jun 2010 20:05 Titel: |
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Hi Cappu, Dein Input gibt wirklich einige Denkanstöße.
Zur Selbstanalyse/Reflektion: Es gibt aber auch unzählige Menschen (auch mit überdurchschnittlicher Intelligenz), die trotzdem einsehen, dass man trotz aller Selbsterkenntnis und dem Verstehen der "Wurzeln des Übels", häufig auch nicht weiterkommt. Zu meinen, dass man auf keinen Fall wenigstens entfernt mit anderen auf einen Nenner gebracht werden kann, erscheint doch dann irgendwie pompös bzw. als wenn man seine Hausaufgaben (zumindest die Grundzüge der Psychologie oder auch Soziologie angetippt zu haben) nicht gemacht hat. Oder ist man vielleicht so verzweifelt, dass Hoffnung gar nicht mehr vorhanden ist und man seine Lage akzeptiert. Wer weiß.
Mit dem Selbstbewusstsein hast Du sicher recht. Und sicher kann sich einigermaßen gesundes Selbstbewusstsein auch eher zum Negativen wandeln bei genug und andauerndem negativen Input jeglicher Form. Ich habe nur bei meiner Schwester das Gefühl, als wenn sie "jegliche Peilung" verloren hat. Wie gesagt, sie schätzt Reaktionen falsch ein, kann Gesprächen nicht mehr gut folgen bzw. macht Bemerkungen, die absolut am Thema vorbeigehen, trifft merkwürdige Entscheidungen etc. etc. Dass sie eventuell meinen könnte, dass wir sie trotz Rückversicherungen nicht lieben, würde dann in's Bild passen.
Was ich sehr verwirrend finde, sind die Grenzen, die man setzen sollte. Bei "normalen Menschen" (gibt es das? haha), weiß man ziemlich genau, was man sich bieten lassen würde und was nicht. Bei kranken und/oder süchtigen nahestehenden Menschen ist das doch aber nicht unbedingt zutreffend, wenn man möchte, dass die sich noch geliebt fühlen sollen und man versuchen sollte, nicht deren Schamgefühle zu triggern und man das Gefühl vermitteln möchte, dass die Tür weiterhin offen steht.
Bei "gesunden" Leuten ist es ja eher so in dem Dreh, "schlechtes Verhalten" ansprechen, "schlechtes Verhalten" nicht belohnen (also indem man es z. B. nicht noch mal hinnimmt oder verletzendes Verhalten nicht immer wieder einsteckt ohne Konsequenzen). |
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Jens Anfänger
Anmeldungsdatum: 16.06.2010 Beiträge: 10
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Verfasst am: 21. Jun 2010 20:30 Titel: |
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Hallo Ulla,
tut mir so leid, was Ihr mitmacht.
Mit den irreparablen Schäden glaube ich auch - auch bei meiner Schwester. Da es bei beiden wohl chronischer Langzeitkonsum ist, kann ich mir nicht vorstellen, dass das Dachstübchen da nichts dauerhaft abbekommen hat. Sie war schon mal in der psychiatrischen - hat selbst die Polizei angerufen, wegen Paranoia und Halluzinationen. Die meinten damals schon, sie hätte eine Psychose und müsste unbedingt behandelt werden, hat aber natürlich eine weitere Therapie abgelehnt. Keine Ahnung, was in den Jahren seitdem schon im Argen liegt.
Ja, bestimmt ist es leichter Tipps zu gehen als diese auch selbst anzuwenden. Man hat eben immer noch Hoffnung und in Deinem Fall denkst Du bestimmt, wenn Du ihn rausschmeisst, lässt er sich gänzlich gehen und endet auf einer Parkbank. Ich höre aber immer wieder, manche müssen erst auf den absoluten Nullpunkt sinken, um etwas ändern zu wollen. Ich könnte mir vorstellen, dass er auch zu Hause auf den absoluten Nullpunkt sinken wird, indem seine Psyche oder sein Körper irgendwann total dichtmachen. Der Unterschied ist also wohl, dass es - vorausgesetzt er nimmt keine Hilfe in Form von Therapie an - zu Hause vielleicht länger dauert bis zum Nullpunkt, aber kommen wird er und bis dahin macht Euch die Situation kaputt.
Ich habe wenigstens Abstand, weil meine Schwester nicht in meiner Nähe wohnt. Wenn ich die Situation aber jeden Tag vor Augen hätte, würde ich durchdrehen! Ich glaube Abstand ist auch für EUCH wichtig - Du hast ja auch einen Mann, eine Ehe, und die leidet bestimmt ganz schön unter diesem dauernden Druck.
Ich glaube, ich hätte rot gesehen und den Mist in's Clo gespült. Vielleicht lernt er so, dass Ihr den Müll nicht akzeptiert und auch nicht in Euren 4 Wänden duldet. Vielleicht wird er so sauer genug, dass er von selbst geht und Ihr nicht diese Entscheidung treffen müsst.
Sag mal, Du schriebst, dass er seine Wohnung kurz und klein geschlagen hatte. Hast Du keine Bedenken, dass er mal Euch gegenüber so aggressiv werden könnte? |
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