Tilidinentzug in der Schwangerschaft

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Girl Ohne Namen
Anfänger


Anmeldungsdatum: 03.06.2012
Beiträge: 4

BeitragVerfasst am: 3. Jun 2012 21:46    Titel: Tilidinentzug in der Schwangerschaft Antworten mit Zitat

Hallo Zusammen,

ich bin 21 Jahre alt, 1,58m groß und 50kg schwer. Ich bin jetzt in der 12. Woche schwanger und war Tilidinabhängig.

Fakten: Ich nahm 4 Jahren lang täglich ca. 1000mg Tilidin. Ich habe das Medikament missbraucht. Ich hatte keine Beschwerden, wollte lediglich high werden. Bis irgendwann die Abhängigkeit kam und ich merkte, dass ein Leben ohne dieses Teufelszeug nicht mehr möglich ist. Vor 1. Jahr habe ich bereits einen Entzug versucht, der jedoch scheiterte. Doch die Entzugserscheinungen waren ganz anders, als während der Schwangerschaft. Ich hatte nie Probleme, an das Zeug zu kommen und habe sie immer noch nicht. Tropfen und Tabletten stehen in greifbarer Nähe, weil mein Mann dieses Medikament gegen seine Schmerzen nimmt. Doch mein Wille ist ungebrochen.
Ich habe meinen Entzug mit Diazepam und Lormetazepam unterstützt. Die wenigen Tage der Einnahme der Benzodiazepine sind nicht so gefährlich für das Kind, wie die dauerhafte Einnahme von Tilidin. In komme an die Benzodiazepine durch meine schlimme Vergangenheit ran. Mein Arzt hat sie mir vor der Schwangerschaft immer verschrieben, doch ich nahm sie, neben meinem Antidepressiva nur in Notfällen. Seitdem ich weiß, dass ich schwanger bin, habe ich kein Antidepressiva und keine Benzos mehr genommen.

Sofort nach dem positiven Schwangerschaftstest habe ich versucht zu reduzieren, was zunächst gut funktionierte, doch umso weiter die Schwangerschaft Fortschritt, umso schlimmer wurde der Entzug, also nahm ich wieder mehr. Bis ich wieder bei der alten Dosis war.

Tag 1
Ich habe um 23Uhr am Abend das letzte mal 60 Tilidin-Tropfen genommen. Und schon in der Nacht fingen die Entzugserscheinungen an. Es äußerte sich in innerer Unruhe/Nervosität und leichten Muskelzuckungen. Das bekam ich jedoch mit den Benzos fast komplett in den Griff, sodass ich um 7 Uhr zu meinem Schlaf kam und bis 13 Uhr schlafen konnte, doch ich wurde schon durch die Entzugserscheinungen wach. Also nahm ich sofort wieder Benzos. Doch über den Tag wurden die Muskelzuckungen und die Nervosität immer schlimmer. Ich konnte nicht mehr still sitzen und mich auf nichts konzentrieren. Die Benzos dämmten das ein, machten es jedoch nicht weg. Weil mein Mann arbeiten musste, weihte ich meine Mutter ein und verbrachte die Nacht bei ihr. Zunächst versuchte ich auf der Couch zu schlafen, was jedoch nicht gelang. Durch mein weinen wurde meine Mutter wach und nahm mich mit in ihr Bett. Sie versuchte mit mir zu kuscheln und mich zu beruhigen, doch mein Körper ließ das nicht zu. Ich konnte nicht ruhig liegen bleiben. Sobald es dunkel war, bekam ich leichte Halluzinationen. Ich dachte kleine Kinder laufen durch das Zimmer und Autos fahren durch das Bett. Ich stand wieder auf und blieb die Nacht wach.

Tag 2
Nach dem Mittagessen schaffte ich es für 3 Stunden zu schlafen. Ich nahm immer wieder Benzos um alles einzudämmen, aber irgendwie war das nicht das wahre. Zu allem Übel wurden die Muskelzuckungen immer schlimmer. Ich hatte das Gefühl, jemand drückt mir in den Rücken, sodass mein Körper nach vorne zuckte, oder jemand stieß gegen meine Schulter, dass auch diese nach vorne zuckte. Ich wurde fast bekloppt. Ich fing an mit dem kompletten Körper zu schaukeln und Lieder zu singen, was mich etwas ablenkte. Am Abend brachte meine Mutter mich nachhause, zu meinem Mann, der jetzt erst mal frei hatte. Er hatte alles an Tilidin versteckt. Die Nacht war Schlaflos. Ich heulte rum und schluckte Benzos wie eine bekloppte. Ich bemerkte ein starkes Pochen in der Brust. Als würde mein Herz extrem stark schlagen und es gleich aus der Brust springen. Dann kam meine Vergangenheit hoch. Mit 16 wurde ich sexuell Missbraucht und ich sah alles vor mir. Ich dachte ich hätte das alles mit Hilfe der Therapien und Kliniken überstanden, doch der Entzug zog mich zurück in die Realität.

Tag 3
Gliederschmerzen, Muskelzuckungen und Nervosität. Den ganzen lieben langen Tag. Ich schaffte es, auf der Couch eine Stunde zu schlafen. Danach wachte ich wieder durch die Entzugserscheinungen auf. Ich begann, die Einnahme der Benzos zu vermeiden, so gut es ging. Ich war schlapp und mir war schwindelig. Ich konnte kaum laufen und fühlte mich ausgelaugt. Die Nacht war wie immer Schlaflos. Ich hatte keine Chance zu schlafen und immernoch sah und hörte ich Menschen, Tiere und Autos durch mein Bett fahren.

Tag 4
Mein Mann nahm mich mit in die Stadt. Er stütze mich, denn alleine schaffte ich es nicht. Wir holten Schlaf und Nerventee. Die frische Luft tat mir gut. Und der Gang durch die Stadt brachte den Krauslauf in Schwung. Die Unruhe nahm ab. Muskelzuckungen hatte ich fast keine mehr. Ich hoffte, das schlimmste Überstanden zu haben. Trotz des Tees konnte ich die Nacht wieder nicht schlafen und die Halluzinationen wurden schlimmer. Ich sah plötzlich Dämonen. Immer den selben. Er saß in einem Fenster und starrte mich an, immer mit einem anderen Gesichtsausdruck. In der Nacht waren die Muskelzuckungen viel schlimmer als am Tag. Ich bat meinen Mann einen Arzt zu rufen, der mir eine Beruhigungsspritze geben sollte, damit ich zur Ruhe kommen konnte. Er erreichte einen Arzt im Notdienst. "In der Schwangerschaft kann ich ihrer Frau kein Beruhigungsmittel geben. Die Halluzinationen sind normal! Gerade bei Schlafentzug werden diese deutlicher und schlimmer. Sobald sie genug Schlaf bekommt, dürften die Halluzinationen weg sein. In der Schwangerschaft ist ein solcher Entzug doppelt so schlimm, wie ein kalter Entzug eines nicht schwangeren Menschens. Sie sollten sich in ein Krankenhaus begeben."
Doch ein Krankenhaus hätte mir auch nicht helfen können. Und meine Notfall Benzos hätte ich dann auch nicht nehmen können. Ich hatte nur noch wenige. Ich nahm nochmal eine, doch auch diese half mir nicht beim schlafen. Sie beruhigte mich, meine Glieder schliefen ein und die Muskelzuckungen waren eingedämmt, doch die Halluzinationen hielten mich wach. Ich bekam fast schon Panik und hatte zudem große Angst um mein Baby, doch ich spürte, dass es ihm gut ging.

Tag 5
Ich schlief ca. 45min und wurde dann wieder wach. Meine Vergangenheit war wieder da. Mein Mann schleppte mich wieder in die Stadt, was wieder sehr gut tat. Keine Unruhe, keine Muskelzuckungen, keine Gliederschmerzen. Den ganzen Tag war alles so, als hätte ich es geschafft. Doch die Nacht sagte etwas anderes. Obwohl ich keine körperlichen Entzugserscheinungen mehr hatte, konnte ich nicht schlafen. Die Dämonen waren wieder da. Also schlief ich wieder nicht. Ich schlug die Zeit tot.

Tag 6
Wir holten ein paar Filme in der Videothek. Ich fühlte mich noch schwacher als vorher, hatte viel geweint und war nervlich am Ende. Der Entzug war doch vorbei? Ich konnte nur nicht schlafen. Doch das machte mir zu schaffen. Die Nacht war wie jede andere. Dämonen und meine Vergangenheit. Gegen 4 Uhr Nachts telefonierte mein Mann erneut mit einem Arzt. Doch auch dieser konnte mir nicht helfen. Er gab mir lediglich einen Tipp. Ein heißes Bad! Das sollte ich in der Schwangerschaft aber vermeiden, also ließ mein Mann mir ein warmes ein, doch das reichte vollkommen aus, um mich zum "schwitzen" zu bringen. Ich merkte wie mein ganzer Körper sich entspannte. Danach wollten wir einen Film gucken und ich legte mich auf die Couch. Deckte mich zu und wartete auf meinen Mann. Er musste Tilidin gegen seine Schmerzen nehmen. Und ehe er zurück war, war ich auch schon eingeschlafen. Ich schlief bis 13 Uhr! Als ich wach wurde, ging es mir so gut wie lange nicht mehr.

Tag 7.
Also beschloss ich noch zur Frauenärztin zu gehen und nachzusehen, wie es meinem Baby geht. Und es geht im gut. Es bewegt sich, sein Herzschlag ist normal und es ist normal weiter gewachsen. Sie erahnt sogar schon das Geschlecht. Das war echt toll. Die Nacht war gut. Ich ging um 1 Uhr schlafen und hatte, wie der Arzt sagte, keine Halluzinationen mehr. Ich schlief!

Die Nächte darauf konnte ich wieder normal schlafen. Ich habe das Teufelszeug besiegt!

Ich spüre keinen seelischen Entzug. Dafür ist mein Wille zu stark. Denn ich tue das für mein Baby. Mein Mann braucht nichts mehr zu verstecken, kann es sogar vor mir nehmen und es macht mir nichts aus, denn ich bin Clean!

Danke fürs Lesen und Liebe Grüße
Die Namenlose
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rudi
Silber-User
Silber-User


Anmeldungsdatum: 16.05.2012
Beiträge: 216

BeitragVerfasst am: 3. Jun 2012 22:10    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo girl, Respekt vor deiner Leistung. Wenn du weiter durchhälst dann wirst du merken das es Dir jeden Tag etwas besser geht.
Bis dein Zustand wieder ganz "normal" ist, das kann noch eine Weile dauern aber du wirst es bestimmt schaffen.
Ich drücke Dir die Daumen. Du hast ja auch deinen Mann und deine Mutter, dass macht viel aus. Manche haben niemanden und müssen alles ganz allein durchstehen.

LG
rudi
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