Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen |
Autor |
Nachricht |
bonner25 Anfänger
Anmeldungsdatum: 16.09.2010 Beiträge: 1
|
Verfasst am: 16. Sep 2010 14:54 Titel: Angehöriger ist Alkoholiker - Hilfe benötigt |
|
|
Hallo!
Ein naher angehöriger von mir ist Alkoholiker und das schon seit vielen, vielen Jahren. Das schlägt sich nicht nur auf seine sozialen Kontakte (Leute meiden ihn deswegen inzwischen) und seine Beziehung (nur noch Streit und Heimlichkeiten, von Nähe keine Spur) nieder sondern auch auf seine Gesundheit. Er hat starkes Übergewicht, Blutdruckprobleme, ist ständig müde, hat Tinnitus und ist depressiv. Gegen die Depressionen nimmt er Tabletten (die die Alkoholwirkung noch verstärken) und ab und zu sind auch Blutdrucktabletten dabei.
Sein Verhalten: er versteckt seinen Alkohl, den er heimlich und nur allein kauft, im Haus und auf dem Grundstück, vergräbt sogar Flaschen im Sand. Wenn seine Frau ihn (auch wenn's nur durch Zufall ist - sie wohnt ja auch im selben Haus) dabei beobachtet, wie er eine Flasche aus dem Versteck holt, wird er agressiv (nicht körperlich, aber verbal - und das geht an die Nieren). Er trinkt selten vor anderen, eigentlich nur mal ein oder zwei Feierabendbier. Am Tag kommt insgesamt bestimmt eine Menge von 5 Bier und einigen kleinen Schnapsflaschen (diese 50-100ml Flaschen) zusammen. Klingt an sich nicht so viel, aber mit den Medikamenten zusammen ist er fast jeden Abend mindestens angetrunken, wenn nicht sogar betrunken.
Ich bin ca. 5 oder 6 Mal im Jahr dort zu besuch, telefoniere aber fast jeden Tag mit seiner Frau. Früher war ich fast jeden Tag dort zu Besuch und habe das ganze selbst miterlebt. Ich will den beiden helfen, ich denke sie brauchen beide dringend Hilfe. Die Frau weiß sich nicht mehr zu helfen und wird durch die Verbalattacken auch traurig und wütend auf ihn. Er macht seinen Körper kaputt, und in seinem Alter (>55) sollte man mit Übergewicht, zu hohem Blutdruck und Alkohol-und Tablettenabhängigkeit nicht Spaßen. Er sieht es aber nicht ein. Letztens kam etwas im TV, da war ein Alkoholiker, der es eingesehen hat und sich in eine Therapie begeben hat, die ihm geholfen hat. Da war sein Kommentar: "Da reiten sie wieder auf dem Alkohol rum, als wenn der an allem Schuld wäre. Und so eine Therapie soll dann ein Allheilmittel sein und danach hat niemand mehr Probleme - als wenn das wirklich so wäre, lächerlich." Daran sieht man sein Unwillen, so etwas einzusehen.
Kann mir jemand helfen? Wie kann/sollte ich mich verhalten? Was kann ich der Frau raten? (Bei vergangenen Verbalattacken habe ich ihr geraten, einfach nicht darauf einzugehen und nix zu sagen, bis er sich beruhigt hat und merkt, dass sie das gar nicht beeindruckt, was er sagt) Wie kann ich den Herren auf sein Problem aufmerksam machen, ohne dass er mich danach hasst? Was sagt ihr zu der ganzen Geschichte? Passiert sowas oft in deutschen Haushalten?
LG, Bonner |
|
Nach oben |
|
|
veilchenfee Foren-Guru
Anmeldungsdatum: 18.12.2009 Beiträge: 4072
|
Verfasst am: 16. Sep 2010 18:44 Titel: |
|
|
Zunächst mal: Ja, das passiert so oder so ähnlich andauernd in deutschen Haushalten. Dein Angehöriger ist ein erwachsener Mann und hat selbstverständlich das Recht, sich unvernünftig zu verhalten. Seine Angehörigen sind jedoch nicht gezwungen, sich das jeden Tag anzuschauen. Tief in seinem Innern weiß er wahrscheinlich, dass sein Verhalten nicht in Ordnung ist, aber er ist bislang ja ganz gut damit gefahren. Warum sollte er also etwas ändern wollen?
Wenn eine Ehe schon seit vielen Jahrzehnten besteht, ist es für eine Frau natürlich schwierig, knallharte Konsequenzen zu ziehen. Schließlich war da doch mal was von wegen "in guten wie in schlechten Zeiten...". Wenn sie sich jedoch so stark eingeschränkt fühlt, dass sie fürchtet, selbst Schaden zu nehmen (und das ist ja wohl schon passiert), sollte sie Konsequenzen ziehen.
Ist der Mann mal nüchtern, vielleicht am Vormittag, sollte ein ernsthaftes Gespräch stattfinden, bei dem Du vielleicht auch anwesend sein solltest. Beginnt positiv: Er ist ein toller Mensch, der schon viel geleistet hat und den Ihr sehr schätzt. ALLERDINGS leidet Ihr unter seinem Alkoholkonsum, seinem daraus resultierenden Verhalten und den sozialen Auswirkungen. DESHALB ist es notwendig, dass er etwas ändert, weil ansonsten ein Zusammenleben in der bisherigen Form nicht mehr möglich sein wird.
Er wird abstreiten, überhaupt ein Problem zu haben und er wird leugnen, jemals im Übermaß getrunken zu haben. Er wird hoch beleidigt sein und eine Verschwörung gegen ihn vermuten. Macht ihm jedoch unmissverständlich klar, dass sein Alkoholismus allgemein auffällt und es so einfach nicht mehr geht. Im Falle, dass er etwas ändert, kann er so bequem weiterleben wie bisher. Falls nicht, muss er sich künftig selbst um das Essen, die Wäsche und alles Andere kümmern, weil er dann bald alleine leben wird.
Das ist hart, keine Frage und vielleicht so auch kaum durchführbar. Ich kenne die näheren Verhältnisse nicht. Eine solche Ansage sollte ihn aber zumindest wachrütteln. Die folgende Zeit wird sehr unangenehm werden. Ich würde ihm bei jeder Gelegenheit "unter die Nase reiben", wenn er angetrunken ist.
"Du hast wieder getrunken, nicht wahr?" und wenn er leugnet: "Ich kann es aber deutlich riechen und das ist mir sehr unangenehm". "Außerdem merke ich es an Deinem Verhalten, Du bist ein ganz anderer (unangenehmerer) Mensch, wenn Du getrunken hast". Die Beschimpfungen muss man dann wohl erstmal ertragen.
Wenn alles nichts hilft, bleibt nur eine Trennung, so bitter das ist. Es muss ja nicht gleich die Scheidung sein, aber wenn die Finanzen und sonstigen Verhältnisse es zulassen, ist eine räumliche Trennung vielleicht nicht das Schlechteste. Wenn er dann alleine wohnt und sich um den Haushalt kümmern muss, merkt er vielleicht etwas. Wobei bei einem älteren Menschen, bei dem sich diese Verhaltensmuster schon eingeschlichen haben, eine Änderung vielleicht noch schwieriger wird als bei einem jungen. Im Schlimmsten Fall gibt er sich ganz auf und landet unter der Brücke, aber das ist dann nicht zu ändern. Manch einer braucht den ganz tiefen Fall, um zur Besinnung zu kommen. Vielleicht hat er dann irgendwann Krankheitseinsicht und lässt sich helfen.
Viel Glück! |
|
Nach oben |
|
|
|
|