Die andere Art der Entgiftung

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MMaximus
Anfänger


Anmeldungsdatum: 26.05.2013
Beiträge: 3

BeitragVerfasst am: 26. Mai 2013 22:20    Titel: Die andere Art der Entgiftung Antworten mit Zitat

Hallo zusammen,

ich bin neu hier und möchte meine etwas ungewöhnliche Art der Entgiftung erzählen und hoffe, dass ich in Gedankenaustausch mit Euch komme bzw. dass es anderen Mut macht.

Zu mir: Ich habe über sieben Jahre exesiv getrunken, wirklich KEIN einziger Tag seither ohne Alkohol. Ich habe "im vollen Kopf" scheiße gebaut und mußte dafür von heute auf morgen eine zweimonatige Gefängsnisstrafe verbüsen.

So, da stand ich nun! Und wirklich: Was mir als erstes durch den Kopf ging war "scheiße, hier gibts keinen Alkohol"! Schlimm, oder?

Ich machte dort eine 12-tägige Entgiftung mit. Den Rest der Strafe habe ich im offenen Vollzug mit Sport, lesen und arbeiten verbracht. Seither bin ich trocken.

Was ich damit sagen will: Ich glaube nicht, dass ich das "hier draussen" durchgestanden hätte. Denn im Hinterkopf ist immer: "Da vorne ist der REWE, da hinten der Aldi, wenn alle Stricke reisen haben die genug Alkohol, der bald mir gehört...". Doch dort im Gefängnis MUSST du dich mit anderen Dingen beschäftigen, denn ES GIBT KEINEN ALKOHOL!

Und mit diesem Wissen, dass es keinen Alkohol gibt, fiel es mir wirklich sehr leicht! Keine Reize, kein Rewe, keine Tanke die bis 23 Uhr auf hat.

Was mich sehr überrascht hat ist, dass sich mein Körper und Geist sehr schnell erholte. Aber vielleicht lag es wirklich daran, dass man MUSS! Ich habe im Gefängnis das erste mal seit der Schule Hermann Hesse gelesen... Lach! Früher im vollen Kopf hätte ich mich darauf gar nicht konzentrieren können.

Durch diese harte Erfahrung glaube ich mehr denn je, dass jeder, der ein trockenes Leben anstrebt, sein Leben von den Wuzeln her komplett ändern muß. Oder vielleicht kann mir da jemand zustimmen: Einen Bogen spannen zu dem Menschen, der man einst war. Ich weiß, das ist hart!

Ich freue mich hier auf einen regen Gedankenaustausch.

Viele Grüße
Markus Maximus
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lämmchen
Foren-Guru
Foren-Guru


Anmeldungsdatum: 09.02.2012
Beiträge: 3756

BeitragVerfasst am: 27. Mai 2013 08:18    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo MMaximus,

willkommen hier.

Wie lange ist denn Deine Knastentzugszeit her?

Die harte und schwere Zeit kommt für Dich erst noch.

An den Tagen, wo der Alk in Deinen Gedanken wabert, Du viel Kraft benötigst um allen Versuchungen zu widerstehen.

Vielen Leuten zu erklären, warum Du nicht mittrinkst usw.usf.

Das sind schwierige Situationen, die unwiderbringlich auf Dich zukommen werden...


Dafür wünsche ich Dir viel Kraft und Durchhaltevermögen.

Gruss Lämmchen
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newlife
Platin-User
Platin-User


Anmeldungsdatum: 30.11.2011
Beiträge: 1844

BeitragVerfasst am: 27. Mai 2013 11:59    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo MMaximus,

ich verstehe schon was du schreibst.

Jedoch ist das realitätsfern. Normalerweise hockst du aber nicht im Knast und bist auch nicht permanent in einer Suchtklinik zu Hause.

Es ist eben Fakt, dass auch in meiner Nähe Lidl und Rewe und Kiosk, etc. da sind, die allesamt Suchtmittel führen "was dann bald alles mir gehören" könnte.

Ferner ist es auch so, dass zumindest im europäischen Raum ein gewisser Konsum von Alkohol legitimiert ist und das im entsprechenden Rahmen sogar erwartet wird.

Wir Suchtis hätten es wohl gerne anders, aber so ist eben das Weltbild und daran lässt sich auch nichts rütteln. Sicherlich versuchen dir Therapeuten es irgendwie anders zu verkaufen, aber mit realem Leben und einer richtigen Sicht auf die Dinge hat das auch nicht immer was zu tun.

Ich bin selbst schwer abhängig und habe 20 Jahre getrunken und keine trockene Woche gehabt. Ich habe 2 Jahre eine Selbsthilfegruppe geleitet und Vorstandsarbeit in so einem Verband gemacht. Und auch ich wurde wieder rückfällig. Das alles kann zwar helfen, muss aber nicht. Ich habe mich irgendwie immer "krank" gefühlt. Nur noch Therapie und Gruppe... hatte ich alles vorher nicht gebraucht.

Du kannst für dich selbst entscheiden und sagen, ich möchte mich anders verhalten und keinen Alkohol trinken. Du musst ja keinen trinken und du darfst auch vom allgemeinen Denken abweichen. Dann hast du für dich selbst richtig entschieden und dann spielt es im Übrigen überhaupt keine Rolle, wie viele Rewe-Läden sich in deiner Umgebung so tummeln.

Letzterer Abschnitt ist jetzt meine Philosophie. Ohne viel Tam Tam eben keinen Alkohol trinken. Spaß haben, fortgehen und mir gefällts auch da richtig gut, wo auch abends der "Kaffeehahn" nicht eintrocknet...
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MMaximus
Anfänger


Anmeldungsdatum: 26.05.2013
Beiträge: 3

BeitragVerfasst am: 28. Mai 2013 02:53    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für die Antworten.

Also um es mal vorweg zu nehmen: Von Therapeuten halte ich größenteils null und nix! Das sind meineserachtens größtenteils Zeitgenossen, die sich die Taschen mit andererleuts Sorgen voll machen und dies auch schamlos ausnutzen. Sie haben ein Talent dafür, Menschen kranker zu reden als sie sind... Klar, sonst wäre ihr Job ja auch überflüssig...

Was den Umgang mit Alkholol in Mitteleuropa angeht, habe ich im Gegensatz zu vielen anderen hier gar kein Problem selbst auf Empfängen nichts zu trinken... Und dafür schaut mich auch niemand schief an.

Klar, in Dorfkneipen schauen sie dich schräg an wenn du Wasser trinkst... Aber das ist ja genau das, was ich sage: Dann geht man dort halt eben nicht mehr hin!

Ich für meinen Teil habe es noch nie erlebt, dass mich jemand bei Empfängen oder Firmenfesten schief anschaut weil ich O-Saft statt Sekt trinke.

Gerade das Gegenteil ist der Fall: Vielmehr werden diejenigen schräg angesehen, die sich alle fünf Minuten Sekt nachschütten.

Das kommt vielleicht auch bissl auf die Kreise an, in denen man sich bewegt.

Ich bin da eh ne Ausnahme: Ich habe in meinem Umfeld keinen einzigen Menschen, der trinkt. Denke, das hilft imens.
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Warrior
Platin-User
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Anmeldungsdatum: 13.11.2012
Beiträge: 1004

BeitragVerfasst am: 21. Jun 2013 19:39    Titel: Antworten mit Zitat

Dann wird es aber wahrscheinlich schwer für dich werden, einen Bogen zu dem Menschen zu spannen, der du mal warst, wie du geschrieben hast. Im Prinzip führst du dann ja ein recht eingeschränktes Leben, wenn du bestimmte Personen und Orte meiden musst.
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silent addiction
Platin-User
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Anmeldungsdatum: 10.11.2012
Beiträge: 1776

BeitragVerfasst am: 21. Jun 2013 19:52    Titel: Antworten mit Zitat

Warrior hat Folgendes geschrieben:
Dann wird es aber wahrscheinlich schwer für dich werden, einen Bogen zu dem Menschen zu spannen, der du mal warst, wie du geschrieben hast. Im Prinzip führst du dann ja ein recht eingeschränktes Leben, wenn du bestimmte Personen und Orte meiden musst.


also das sehe ich genauso. wie isn das nu bei dir? gehst nemma einkaufen (Rewe, Aldi, lidl, norma, ect.)?

hast du auch keinen fun mehr im life? weggehen...(bar, kneipe, disse)?

wenn du wirklich clean bleiben möchtest, dann würdest du drüber stehen können und an all diese orte gehen können. mein onkel war schwerst hartalk abhängig! der hat ne thera gemacht und hat seitdem (2 jahre) kein alk mehr angerührt. der geht trotzdem einkaufen oder mal in die kneipe. der hats halt gerafft!
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tukuna
Gold-User
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Anmeldungsdatum: 04.01.2013
Beiträge: 304

BeitragVerfasst am: 13. Jul 2013 22:53    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Maximus,

Ich finde es klasse, dass Du hier Deine Erfahrungen schilderst, um anderen Mut zu machen. Ich habe es ähnlich mit Koks empfunden. Habe erst geschafft aufzuhören als ich soweit weg von der "Quelle" gezogen bin, dass ich nichts mehr bekam. Und ich konnte gut aufhören. Jetzt kommt allerdings manchmal der Gedanke "wäre ja mal ganz schön..." Aber ich weiß, was für Folgen das hat. Und darum: njet. Ich denke, man ist manchmal in normaler Umgebung in Gefahr, rückfällig zu werden. Aber man kann dagegen angehen. So wie ich Dich verstehe, bist Du wieder draußen und schaffst es trotzdem. Ja, man kann das Leben auch so genießen. Sogar wesentlich besser. Auch wenn die Gedanken einen immer wieder mal einholen...

VG tukuna
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newlife
Platin-User
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Anmeldungsdatum: 30.11.2011
Beiträge: 1844

BeitragVerfasst am: 14. Jul 2013 14:07    Titel: Antworten mit Zitat

nun gut. Beim Alkohol ist es dennoch so, dass völlige Abstinenz auch nicht wirklich sozialverträglich ist. Wenn ich der Ansicht bin, dass ich inne Kneipe wo 10 Bekannte an nem Tisch sitzen und saufen als trockener Alki nicht hingehöre, hab ich da sicher nicht unrecht. Auch Beziehungen und angenehme Zweisamkeit findet in aller Regel bei nem Glas Wein und nicht bei Mineralwasser statt.

Ich bin schon der Meinung, dass eine andere Orientierung nötig ist, wo die Schwerpunkte anders liegen. Ich gehe gerne in die Sauna oder gehe raus zum fotografieren, besuche gerne Konzerte. Sowas geht alles ohne Stoff, weil der Focus auf was anderem liegt. Ich muss es mir als Süchtiger ja nicht schwerer machen, als es eh schon ist. Mit Vermeidungsverhalten hat das auch nichts zu tun. es ist nur anders als vorher.
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albatross
Anfänger


Anmeldungsdatum: 15.07.2013
Beiträge: 3

BeitragVerfasst am: 15. Jul 2013 20:02    Titel: Bogen spannen Antworten mit Zitat

Hallo Maximus,
dein Beitrag hat mich sehr angesprochen, besonders der Satz: ...einen Bogen spannen zu dem Menschen, der man einmal war. Ich finde es nicht unrealistisch, sogar sehr erstrebenswert. Vielleicht ist es das gerade, das was du und auch ich anstreben sollen. Es kann helfen. Der Bogen wird nicht gerade im mathematischem Winkel klar gespannt sein, aber wichtig ist - es wird wieder ein Bogen, auch wenn er Kurven nach unten zeigt.
Ich bin neu hier, habe vieles hier gelesen und auch mit Absicht vieles überlesen, da ich spürte - manche hier sind Oberlehrer, sie haben das Glück wohl gehabt, nicht ganz unten gewesen zu sein. Für mich, meine Einstellung - ich war ganz unten, hatte zwar Führerschein, Heim, alles behalten können, aber nicht, weil ich der Edelsäufer bin, sondern weil ich ganz einfach großes Glück hatte.
Derzeit baute ich einen Rückfall und genau deine Worte halfen mir: Einfach versuchen wieder den Bogen zu dem früheren Menschen hinzukriegen, das ist bestimmt nicht einfach, vllt auch 100%-ig nicht machbar, aber wenn es annähernd klappt und ich wieder meine Alt-Interessen, wieder mein früheres Ich annähernd besitze - werde ich wohl mit Verstand besser die Gefahr des Alks einschätzen können, vor allen Dingen, nicht was er mir bot, sondern was er mir nahm. Ich verlor, wie gesagt wenig, aber ich verlor mich!
Ganz lieben Gruß
Albatross, der zwar ein Flugkünstler ist, aber so wie ich mich derzeit fühle, am Boden im Gehen (Lebensweg) eine glatte Null ist.
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sabotage35
Gold-User
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Anmeldungsdatum: 19.06.2012
Beiträge: 573

BeitragVerfasst am: 15. Jul 2013 20:45    Titel: Antworten mit Zitat

der kopf spielt eine entscheidenen rolle. einmal bin ich in urlaub gefahren. 3 wochen dauerte der urlaub und da hab ich nen entzug gemacht-KALT. Ich habe nur noch im kopf das es nicht schlimm war.
ok, in der ersten woche konnten wir nicht baden obwohl es 33 grad war. das wasser war einfach zu kalt. Shocked
die zweite woche war dann schon recht angenehm und die 3 woche war perfekt, mit baden und allem. wir sind abends weg, waren essen usw.
zuhause wäre das unmöglich gewesen.
in der zweiten woche habe ich schon mal versucht in der stadt was zu bekommen. es war die türkey. aber hat dann nicht geklappt. es gab auch keine schlaflosen nächte oder sonstiges. aber der kopf hat gewußt das es jetzt nichts gibt. wie im knast eben auch. und hat man das gefressen und man weiß jetzt geht nichts, egal was du machen willst, dann akzeptiert man das und siehe da: das wunder geschieht und man lebt und genießt seinen urlaub. das wäre zuhaus in deutschland niemals gegangen.
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newlife
Platin-User
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Anmeldungsdatum: 30.11.2011
Beiträge: 1844

BeitragVerfasst am: 15. Jul 2013 20:58    Titel: Antworten mit Zitat

ja richtig. Im Urlaub konnte ich übrigens auch normal trinken und war nicht besoffen. Weil ich dort eben auch noch etwas anderes wollte, als nur saufen. Auch das geht und ist nur Kopfsache. Sobald ich wieder zuhause war, hab ich natürlich alles nachgeholt. Die Sucht schläft ja nicht, aber zeitweise kannst du auch als Alki mal anders, aber nicht dauerhaft.
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Tagesreha
Bronze-User
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Anmeldungsdatum: 08.01.2014
Beiträge: 25

BeitragVerfasst am: 9. Jan 2014 00:48    Titel: Antworten mit Zitat

Hi MMaximus

http://www.berliner-zeitung.de/archiv/der-drogenentzug-im-buddhisten-kloster-thamkrabok-in-thailand-gilt-als-der-haerteste-der-welt--entgiftet-wird-mit-einem-kraeutersud-das-grosse-erbrechen,10810590,10787006.html

Bei deinem trockenwerden musste ich irgendwie an das Kloster Thamkrabok denken. Ist auch `ne harte Nummer. Ich hoffe der Link funzt.
Die können da wohl jederzeit raus, aber das wegbleiben vom Suchtstoff passt irgendwie zu Deiner Vita.
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