Alkohol Suchtdruck Medikamente

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max2891
Anfänger


Anmeldungsdatum: 04.09.2015
Beiträge: 7

BeitragVerfasst am: 4. Sep 2015 21:46    Titel: Alkohol Suchtdruck Medikamente Antworten mit Zitat

Hallo,

ich habe ca. 10 Jahre lang jeden Abend 6 große Flaschen Bier getrunken und bin dementsprechend Alkoholkrank. Momentan trinke ich nicht und nehme gegen den Suchtdruck über den Tag verteilt 60mg Baclofen und Abends 100mg Doxepin. Trocken bin ich seit 2 Monaten.

Der Suchtdruck ist zu ertragen, jedoch kommen gesellschaftliche Ereignisse bei denen Alkohol getrunken wird nicht in Frage. Das führt leider zur Vereinsamung. Ich bin noch nicht so gut über mögliche Medikamente gegen Suchtdruck informiert und deswegen hier meine Frage:

Welche Medikamente gegen den Suchtdruck gibt es und welche Erfahrungen habt ihr damit gemacht?

Danke und Grüße
Max
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Praxx
Foren-Guru
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Anmeldungsdatum: 25.07.2014
Beiträge: 3203

BeitragVerfasst am: 4. Sep 2015 23:44    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Max,
gegen Suchtdruck gibt mehrere Arzneimittel.
Auf Kosten der Krankenkassen können verordnet werden:
wenn du zurzeit abstinent bist: entweder Adepend (Wirkstoff Naltrexon) oder Campral (Wirkstoff Acamprosat).
Campral unterdrückt bzw. vermindert das Craving (Saufdruck) bei Einnahme von 3x2 Tbl täglich, es ist gering wirksamer als Placebo.
Naltrexon soll über eine Blockade des Endorphinrezeptors die Aktivität des Suchtgeächtnisses reduzieren und die Abstinenz unterstützen, die Tagesdosis ist eine Kapsel täglich.

Wenn nicht Abstinenz dein unmittelbares Ziel ist, kann dir dein Arzt Selincro (Wirkstoff Nalmefen) für 3-6 Monate verordnen. Nalmefen blockiert ebenfalls Endorphinrezeptoren und soll dadurch den Belohnungseffekt des Trinkens verhindern. Nalmefen wird vor oder unmittelbar nach Trinkbeginn eingenommen und vermindert die Trinkmenge sowie die Zahle der Trinktage.
In Studien konnten Anwender von Nalmefen bei einer begleitenden psychosozialen Therapie Trinkmenge und schwere Trinktage um 60% reduzieren, mit der psychosozialen Behandlung allein um 40%.

Das am besten wirksame Mittel ist bei weitem Baclofen, das aber dafür bisher nur in Frankreich zugelassen ist.
In einer Studie der Charité in Berlin konnten unter hohen Dosen von Baclofen 68% der Teilnehmer die Abstinenz erreichen (Placebo: 23%),
Baclofen muss zur Alkoholismusbehandlung privat bezahlt werden, ist aber sehr preiswert (100 Tbl à 25mg kosten ca 27 € und reichen 2-6 Wochen).
Unter "baclofen minus forum punkt de" kannst du dich umfassend informieren und Adressen von Ärzten erhalten, die das Medikament verschreiben.

Ich verschreibe Baclofen seit über 5 Jahren, von meinen bisher ca 120 Patienten erreichten 65% die dauerhafte Abstinenz, bis über 1000 Tage trocken konnte ich dokumentieren. etwa 10% haben ihre Trinkmengen und Trinktage erheblich reduziert. Bei 20% bleibt Baclofen aus unbekannten Gründen unwirksam, ca. 5% brechen die Behandlug trotz eingetretener Wirkung ab.
Beobachtungsstudien in Frankreich mit einigen Hundert Patienten über bis zu zwei Jahre zeigten sehr ähnliche Ergebnisse.
Baclofen wird in der Neurologie seit über 40 Jahren weltweit verwendet und ist bei Beachtung einiger Besonderheiten ein sichere Arzneimittel, auch in hohen Dosen (in Frankreich bis 400mg täglich).
Baclofen ersetzt einen durch fehlende Alkoholzufuhr verminderten Botenstoff im Gehirn und beseitigt so den Saufdruck - Alkohol wird dir gleichgültig, die kaum beherrschbaren Gedanken ans Trinken verschwinden einfach.
Baclofen selbst verursacht keine Abhängigkeit, auch eine Toleranz entsteht nicht.

Wie auch immer du dich entscheidest - viel Efolg!

LG

Praxx
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Sim
Silber-User
Silber-User


Anmeldungsdatum: 19.04.2015
Beiträge: 231

BeitragVerfasst am: 5. Sep 2015 07:11    Titel: Antworten mit Zitat

ja MAX, das baclofenforum gibt viele Infos...

http://www.alkohol-und-baclofen-forum.de/viewforum.php?f=13&sid=5626bd82fb8e4adc41eebbc8296d4001

sie dossieren baclofen weiter hoch, was ich so dort gelesen hab.
hat dir baclofen dein Arzt verschrieben?

wozu dient dein anderes medikament abends?
viele machen es nur mit baclofen und alk schmeckt ihnen nicht mehr,
auch wenn sie mal was trinken.

ich denk dort im Forum kannst du viel interessantes für dich finden
und dann eventuell mit deinem oder einem anderen arzt besprechen,
was du lieber versuchen möchtest.

super dass du schon 2 Monate nix getrunken hast.
wenn die anderen dann quasi fordern-trinken wir was zusammen,
sind das blöde Situationen.
man kann ja nicht alle gemeinschaftstreffen meiden.

ich mach mir auch gerade Gedanken, wie ich einige Situationen bestmöglich überbrücken kann, mit nix mehr mittrinken wollen.

beste wünsche dir !
sim
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Praxx
Foren-Guru
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Anmeldungsdatum: 25.07.2014
Beiträge: 3203

BeitragVerfasst am: 5. Sep 2015 13:24    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Max,

ich habe irgenwie völlig überlesen, dass du schon Baclofen einnimmst.

Wenn du dennoch Suchtdruck hast, ist die Dosis zu niedrig!
Im Baclofen Forum findest du ein Schema, nach dem die Dosis bis zum Wirkungseintritt - völlige Gleichgültigkeit gegenüber Alkohol - gesteigert werden kann.
Mit 60mg kannst du allenfalls geringe Effekte erwarten! In den großen Studien und Anwendungsbeobachtungen lagen die notwendigen Dosierungen im Durchschnitt bei 170mg, die dann in der Erhaltungstherapie sukzessive reduziert werden können.

Einfach die Dosis solang langsam und in kleinen Schritten erhöhen, bis entweder Nebenwirkungen eine weitere Steigerung verhindern oder die Wirkung eintritt. Dafür können bis zu 300mg pro Tag, im Einzelfall auch mehr, notwendig sein.

In den bekannten Tierversuchen war zur vollständigen Unterdrückung des Verlangens eine Dosis von ca 3.5mg/kg Körpergewicht eingesetzt worden. Die Studie der Charité dosierte bis 270mg/Tag, die BACLAD-Studie bis 400mg, die ALPADIR-Studie eines Arzneimittelherstellers bis 160mg pro Tag - also keine Angst vor hohen Dosen! Selbst in Suizidabsicht eingenommene Überdosen bis 2.5 Gramm(!) Baclofen wurden ohne bleibende Schäden überlebt!

LG

Praxx

P.S. Bei etwa 20% der Menschen bleibt Baclofen aus bisher unbekannten, wahrscheinlich genetischen Gründen unwirksam. Aber selbst für diese Feststellung ist es notwendig, die Dosis auf die maximal verträgliche Menge zu steigern (bis 4mg/kg KG)
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Praxx
Foren-Guru
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Anmeldungsdatum: 25.07.2014
Beiträge: 3203

BeitragVerfasst am: 5. Sep 2015 13:36    Titel: Antworten mit Zitat

Hier das französische Einnahmeschema

Der Plan basiert auf dem Medikament Lioresal® (Novartis). Das vorgeschlagene Dosierungsschema ist ein Muster, das wir im Konsens angenommen haben ohne zu behaupten, dass dies die beste Therapie sei. Es gibt kein Dosierungs-Muster das einen absoluten Wert vorgibt, jeder Arzt kann es anders vorschreiben.
Einnahmezeiten 8h 13h 18h Nacht Total
T1 - T5_______5mg 0 0 5mg 10mg
T6 - T10______5mg 5mg 5mg 5mg 20mg
T11 - T15____10mg 5mg 5mg 10mg 30mg
Und so weiter bis
ab T71_______50mg 50mg 50mg 50mg 200mg

1. Keine kürzeren Abstände als 5 Tage, selbst wenn die Behandlung gut vertragen wird. Verlängerung der Dauer von 5 Tagen, wenn Schläfrigkeit oder andere lästige Nebeneffekte zu stark werden.
2. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Benommenheit, Muskel-Müdigkeit, Schwindel. Seltener kommt es zu Kopfschmerzen, Zittern, Übelkeit, Doppelbilder, verwaschene Sprache, Schlafstörungen, Tinitus, Parästhesien an Händen oder Füßen und Übererregbarkeit. Diese Nebenwirkungen neigen dazu, nach und nach, während der Hochdosierung zu verschwinden. Sie sind reversibel nach Dosisreduktion oder Abbruch der Behandlung.
3. In seltenen Fällen haben einige Patienten von Schlafstörungen, und Unruhe in der Nacht berichtet oder hatten verworrenen Ideen. In diesen Fällen sollte wieder auf die vorherige Dosis von Baclofen für 7 Tage zurückgehen. Dann wieder versuchen die Dosis zu steigern. Im Falle eines erneuten Auftretens von diesen Ereignissen, sollte die bestverträglichste Dosis für längere zeit beibehalten werden.
4. Beenden Sie die Einnahme von Baclofen niemals abrupt, dosieren Sie in der gleichen Weise ab, wie sie aufdosiert haben (Ausschleichen). Wenn der plötzliche Drang zu trinken aufkommt, nehmen Sie 10 mg extra. Fahren Sie nicht mit dem Auto während der Hochdosierungsphase.

Bei Cocain, Amphetamin und Methamphetamin kann genauso verfahren werden, die Wirkung ist mit der bei Alkohol identisch!

LG

Praxx
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max2891
Anfänger


Anmeldungsdatum: 04.09.2015
Beiträge: 7

BeitragVerfasst am: 6. Sep 2015 22:29    Titel: Antworten mit Zitat

Ich weiß auch nicht direkt wie ich Suchtdruck definieren soll. Ich versuche ein paar Lebenssituationen in Verbindung mit dem Suchtdruck zu beschreiben. Während der Arbeitszeit bis 17h denke ich nicht an Alkohol. In dieser Zeit fällt es mir am leichtesten Abstinent zu bleiben. Ausnahmen sind zum Beispiel wenn die Kollegen ein Feierabendbier trinken oder wie zu Letzt jemand nach dem süßlichem Duft des Alkohol riecht. Oft denke ich an Alkohol wenn ich laut Musik höre, da ich früher während des Trinkens Musik hörte. Auch Verabredungen fallen mir manchmal schwer, auch wenn nicht Alkohol getrunken wird. Es handelt sich also oft um Situation die ich mit dem Alkoholtrinken verbinde. An den Besuch in einer Kneipe oder ganz normale gesellschaftliche Ereignisse bei denen vielleicht nur in Maßen getrunken wird, ist nicht zu denken. Hier bin ich extrem gefährdet. Im Ganzen denke ich, dass es andere Schlimmer getroffen hat, jedoch ist es für mich wenig tröstlich. Ich schaffe es Abstinent zu bleiben weil ich mich teilweise von allem Isoliere, was mich zum Trinken verführen könnte. Ich vermisse manchmal das Gefühl der Benommenheit, das dämpfende Gefühl, das die Welt aus meiner subjektiven Sicht reizvoller und interessanter erscheinen lässt. Ebenfalls mag ich die hervorgerufene Gemütlichkeit. Ich hatte schon überlegt mit dem Kiffen wieder anzufangen, was eigentlich ein schon längst abgeschlossenes Kapitel ist. Zusammenfassend denke ich nicht die meiste Zeit des Tages an Alkohol, jedoch wenn ich daran denke fühle ich mich unwohl. Ist das Suchtdruck?

Ich habe mir die Links zu Baclofen noch nicht durchgelesen, werde das gleich im Anschluss an diesen Beitrag tun. Die Arbeit und das Lernen (Fortbildung) lässt mir nicht viel Freizeit. Deswegen vorab meine Frage ob ich die Baclofendosis etwas schneller steigern kann als angegeben? Bin etwas ungeduldig.

Doxepin (Doxepinhydrochlorid), trizyklisches Antidepressivum, das Mittel zum Abend habe ich gleichzeitig zum Baclofen verschrieben bekommen. Es soll mir beim Einschlafen helfen und hilft laut Beipackzettel bei leichten Entzugserscheinungen. Ich weiß nicht was von den beiden Medikamenten wirkt, jedoch möchte ich keines davon Missen. Ich weiß nicht ob ich es mir Einbilde, aber fast seit dem ersten Tag der Einnahme verschwanden die Depressionen und ich konnte ohne Alkohol endlich wieder schlafen. Davor war ich Abends aufgekrazt und beim Einschlafen hatte ich ständig an allen möglichen Stellen des Körpers einen Juckreiz. Als hätte mich erst etwas am Fuß, dann am Kopf dann wieder an einer anderen Stelle etwas gekitzelt, so dass ich mich ständig kratzen musste.

Erwähnenswert sei, dass ich in den letzten zwei Monaten bestimmt 6-7kg zugenommen habe, esse viel Süßes, kann generell mehr Essen. Denke es ist eine klassische Suchtverlagerung.

Hier noch der Hersteller von Baclofen, weiß nicht ob dies von Bedeutung ist, da es sich ja immer um den selben Wirkstoff handelt: Aliud Pharma

Danke für die ausführlichen Antworten.
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Praxx
Foren-Guru
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Anmeldungsdatum: 25.07.2014
Beiträge: 3203

BeitragVerfasst am: 6. Sep 2015 23:33    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Max,
Olivier Ameisen, der diese Methode eingeführt hat, dosierte nach der Packungsbeiage höher - alle drei Tage die Gesamtdosis um 10mg erhöhen, bis unerwünschte Wirkungen eine Pause bei der Steigerung oder eine Dosisreduktion erzwingen.
Und kauf dir das Buch von O. Ameisen!

LG

Praxx
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max2891
Anfänger


Anmeldungsdatum: 04.09.2015
Beiträge: 7

BeitragVerfasst am: 8. Sep 2015 22:16    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo nochmals. Ich stelle die Frage in den Thread hier, damit ich mich nicht nochmal beschreiben muss.

Stehe momentan privat und beruflich exterm unter druck. Habe 3 große Baustellen meines Lebens. Ich bin wirklich kein Weichei, so manch einer wäre schon zum erliegen gekommen. Ich stehe kurz vor einem Rückfall. Ich denke ich schaffe es mich heute noch irgendwie zusammen zu reißen. Ich habe jetzt 50mg Baclofen und 100mg Doxepin genommen in der Hoffnung, dass es mich einfach matt in der Birne macht und ich einschlafe und keine Dummheiten mache.

Frage: Ich werde mich jetzt eine Woche krankschreiben lassen, wenn ich es nicht mache ist die Gefahr zu groß das ich Rückfällig werde. Liege momentan bei 60mg Baclofen. Wie hoch kann ich es von jetzt auf gleich dosieren? Ich denke es wäre besser als Rückfall.

Das Buch von Ameisen ist bestellt!
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Praxx
Foren-Guru
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Anmeldungsdatum: 25.07.2014
Beiträge: 3203

BeitragVerfasst am: 9. Sep 2015 00:26    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Max,
im Prinzip kannst du jeden Tag um 10mg höher gehen, wenn keine unerwünschten Effekte das verhindern. Wenn du schnell hochdosierst, wirst du recht bald mit enormer Müdigkeit, verzögerter Scharfstellung des Auges, evt Übelkeit und Kopfschmerzen zu kämpfen haben - in diesem Fall wieder reduzieren.
Hohe Dosen erst mal auf viele Einnahmezeiten verteilen, die Halbwertszeit von Baclofen liegt bei ca 2 Stunden - also lieber 6x10 als 3x20 mg!
Und immer 10mg in der Tasche dabei haben, falls dich überraschend Saufdruck packt, eine Tablette extra sofort einnehmen, am besten zerkauen, dann hast du die Wirkung nach 30-60 Minuten - und so lang wirst du sicher widerstehen können.
Der Krankenschein für eine Woche ist eine gute Idee

Weiter viel Erfolg

Praxx
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