Erneuter Alkoholentzug?!

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Südösi
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Anmeldungsdatum: 19.05.2015
Beiträge: 374

BeitragVerfasst am: 4. Nov 2020 13:38    Titel: Erneuter Alkoholentzug?! Antworten mit Zitat

Hallo allerseits!

Das ist das erste Mal, dass ich im Alkohol-(Unter-)Forum schreibe...

Und zwar weil ich vor knapp über 100 Tagen einen Trinkstopp gemacht habe. Ich war damals der Meinung, dass es auch diesmal "nur" ein Trinkstopp werden würde und kein Entzug. Entzugserscheinungen vom Alkohol hatte ich nämlich noch nie, als ich in Vergangenheit eine meiner (relativ häufigen) "Alkohol-Pausen" einlegte, um mein Alkoholproblem quasi abkühlen zu lassen.

Doch diesmal war es anders! Ich muss an dieser Stelle dazu sagen, dass ich in Substitution bin, mit L-Polamidon, 10 ml/50 mg. Anfangs dachte ich gar nicht an einen Alk-Entzug und wunderte mich, warum es mir so schlecht ging. Ich hatte ein starkes Entzugsgefühl, heiß-kalt war mir und ich schwitzte extrem, auch ohne jeglicher körperlicher Anstrengung. Außerdem fühlte ich mich sehr schwach.

Und abends kamen dann Psychosen bzw. psychotische Zustände dazu. Und schlafen konnte ich natürlich auch nicht, obwohl ich am Abend ein stark müde-machendes Antidepressivum, Mirtazapin, nehme.

Um (langsam Wink ) auf den Punkt zu kommen: ich hatte in diesen 100 Tagen ein paar Ausrutscher, Rückfälle; zuletzt am 31. Oktober. Und jetzt kehrt der Entzug, wenn auch weitaus milder, scheinbar zurück!

Konkret ist es das Entzugsgefühl, vor allem morgens, und der schlechte Schlaf, der zurückgekehrt ist...

Haltet ihr es für möglich, dass ich für "die paar Ausrutscher" wieder mit einem (leichten) Entzug bestraft wurde?

Ich bedanke mich schon mal im Voraus für etwaige Antworten und wünsche euch allen noch eine schöne Woche, der Südösi
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Marle
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Anmeldungsdatum: 06.10.2016
Beiträge: 3309

BeitragVerfasst am: 4. Nov 2020 14:08    Titel: Re: Erneuter Alkoholentzug?! Antworten mit Zitat

Südösi hat Folgendes geschrieben:

Haltet ihr es für möglich, dass ich für "die paar Ausrutscher" wieder mit einem (leichten) Entzug bestraft wurde?

Nicht nur möglich, sondern sehr wahrscheinlich.
In Verbindung mit Psychose und psychotischen Zuständen, die bereits aufgetreten sind, sind sogar Krampfanfälle durchaus möglich.

Mirtazapin kann zwar unterschiedlich wirken. Aber dass es ein "stark müde machendes" Antidepressivum ist, das ist mir neu. Hatte es jahrelang genommen, und war fit.
Wobei sich insgesamt die Katze in den Schwanz beißt: Alkoholische Phasen - Depressionen - Antidepressiva - Alkoholentzug - Depression - wieder Alkohol + Antidepressiva. Ewiger Kreislauf, der nur aufhören kann, wenn der Alk ganz weg ist.

In diesem Zustand, wenn überhaupt, würde ich ein Mitteln zur Schlafunterstützung nehmen, wie z. B. Opipramol.
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Südösi
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Anmeldungsdatum: 19.05.2015
Beiträge: 374

BeitragVerfasst am: 6. Nov 2020 17:30    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Marle,

Danke für deine schnelle und hilfreiche Antwort!

Dass es bei einem Alkoholentzug zu Krampfanfällen kommen kann, wusste ich zwar, dass aber Psychosen dafür ein Vorbote sein können, ist mir neu und sehr beunruhigend!

Das, was ich da gemacht habe - einen unbegleiteten Entzug zu Hause - ist selbstverständlich sehr gefährlich, ich würde das auch niemals wieder tun; der Grund, warum ich es dann doch getan habe, ist einfach, dass ich nicht einmal im Traum an einen Entzug gedacht habe! Ich war mir damals absolut sicher, dass es nur ein weiterer Trinkstopp sein würde, so wie ich es schon ungefähr zwei Dutzend Male zuvor gemacht habe ...

Na ja, es kam anders, als gedacht, und ich hatte, wie ebenfalls bereits dutzende Male zuvor, einfach mehr Glück als Verstand! Das wird mir immer stärker bewusst ...

Und zum Mirtazapin: "stark müde-machend" ist natürlich subjektiv, aber bei uns verschreiben das die Ärzte sogar vorrangig als Schlafmittel. Als Antidepressivum, glauben sie, taugt es nicht viel; obwohl dieses Medikament bei mir im Gegensatz zu dem, was sie sonst so verschreiben (SSRI, also z.B. Citalopram, oder SSNRI wie Venlafaxin), auch wirklich psychisch hilft ...

Denn Depressionen habe ich leider seit der frühen Jugend, substanz-unabhängig, und habe daher auch keine Hoffnung, die ADs irgendwann absetzen zu können. Damit kann ich aber auch leben, ganz gut sogar! Bin ja sonst auch auf einige Medikamente angewiesen, was stört mich da ein weiteres?!

Noch mal, danke für die Antwort und ich wünsche dir und euch einen schönen Abend Smile
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ast
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Anmeldungsdatum: 14.03.2012
Beiträge: 3305

BeitragVerfasst am: 6. Nov 2020 18:30    Titel: Antworten mit Zitat

nur kurz zu Mirtazapin:
wenn man es nicht gewohnt ist bzw. noch keinen hohen Spiegel aufgebaut hat, wirkt es zunächst sehr sedierend.
erst wenn man es regelmäßig nimmt und einen konstanten Spiegel aufgebaut hat, lässt die sedierende Wirkung nach und die antidepressive tritt in den Vordergrund.
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Marle
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Anmeldungsdatum: 06.10.2016
Beiträge: 3309

BeitragVerfasst am: 6. Nov 2020 20:14    Titel: Antworten mit Zitat

Südösi hat Folgendes geschrieben:

Dass es bei einem Alkoholentzug zu Krampfanfällen kommen kann, wusste ich zwar, dass aber Psychosen dafür ein Vorbote sein können, ist mir neu und sehr beunruhigend!

Abseits von medizinischer und wissenschaftlicher Einschätzung: In meiner (sehr) langen Suchtkarriere habe ich Fälle erlebt, wo die Betroffenen sich sehr sicher waren, niemals einen Krampfanfall oder schwere Entzugssymptome zu bekommen.
Tausendmal hin und zurück geklappt - so was passiert mir nie, hieß es.
So einer saß mir mal in einer Entzugsklinik am Tisch gegenüber. Von jetzt auf gleich, ohne jegliche Vorzeichen, kippte er vom Stuhl und krampfte am Boden. Dauerte bestimmt fast 10 Minuten.
Gemacht haben die hinzugeholten Pflegekräfte nicht viel. Kissen unter Kopf, Stühle beiseite, dass er sich nicht anschlägt - und verhindert, dass so ein Erste-Hilfe-Held ihm in den Mund gegriffen hat, damit er sich nicht auf die Zunge beißt.
(Ist so eine ehemals alte, oft sehr fatal ausgehenden Vorgehensweise aus Urzeiten, die schon manchen Finger gekostet hat. Wink)

Zitat:
Das, was ich da gemacht habe - einen unbegleiteten Entzug zu Hause - ist selbstverständlich sehr gefährlich, ich würde das auch niemals wieder tun;

Aus Erfahrung: Ich habe einige Home-Entzüge hinter mir, würde mir es aber nicht mehr antun. Wozu auch. Über die (falsche) Schamgrenze, wegen so etwas (Sucht) nicht in eine Klinik zu gehen, sind wir doch hoffentlich weg, oder?

Zitat:
der Grund, warum ich es dann doch getan habe, ist einfach, dass ich nicht einmal im Traum an einen Entzug gedacht habe! Ich war mir damals absolut sicher, dass es nur ein weiterer Trinkstopp sein würde, so wie ich es schon ungefähr zwei Dutzend Male zuvor gemacht habe ...

Bei Alkohol - auch eigene Erfahrung - ist das so ein seltsame Sache (finde ich). Ich hatte nasse Phasen, nach denen es mir (fast) keine Probleme machte ziemlich zügig damit aufzuhören.
Dann gab es Phasen, in denen ich nicht einmal besonders viel gesoffen habe, und ich meinte im Entzug, ich würde verrecken.
Ich habe mehrfach Betroffene kennengelernt, die - für meine Verhältnisse! - einen geradezu lachhaften geringen Alk-Konsum hatten, und schlimme Entzugssymptome. Anfangs konnte ich das gar nicht glauben, aber in den Kliniken habe ich es dann ja miterlebt.

Was Dir Ast noch schrieb: Ist schon lange her meine Mirtazapin-Einnahme, aber bei etwas Nachdenken fiel mir wieder ein: Stimmt, anfangs musste ich sie immer Abends nehmen, weil ich davon müde wurde. Aber mit der Dauer der Einnahme hörte das dann auf.

Zitat:
Denn Depressionen habe ich leider seit der frühen Jugend, substanz-unabhängig, und habe daher auch keine Hoffnung, die ADs irgendwann absetzen zu können. Damit kann ich aber auch leben, ganz gut sogar! Bin ja sonst auch auf einige Medikamente angewiesen, was stört mich da ein weiteres?!

Depressionen sind ein sehr schwieriges Thema. Es gibt sehr verschiedene Arten von Depression (Beispielseite hier: https://psychische-hilfe.wien.gv.at/site/fakten/depressionen/arten-von-depressionen/)
Da ich selbst - lt. Diagnose "vermutlich genetisch vererbt bedingt" - unter Depression viele Jahre substanzunabhängig zu leiden hatte (sie traten auch massiv in >15 Jahre absoluter Abstinenz auf), und mich ins Thema sehr tief eingearbeitet habe, weiß ich, wie schwer es für Betroffene ist, den für sie besten Weg mit einer Depressionsveranlagung zu finden.

Eine der herausragendsten, privat organisierten Selbsthilfe fand ich bei Günter Schallenmüller, den man auch jederzeit privat kontakten kann (www.depri-jaweg.de/), und der Deutschlandweit vernetzt ist.

Das Fatale bzgl. Suchterkrankung UND (eigenständiger) Depression ist: Erst hilft die Droge/der Alk. (Nicht nur subjektiv, sondern ganz objektiv als Stimmungsaufheller). Dann wendet sich die Droge/der Alk gegen Dich, und verschlimmert beides: Die Sucht und die Depression. Ein Teufelskreis. (An dem bei nicht wenigen am Ende leider der Suizid steht.)

Wünsche Dir viel Weisheit und kluges Vorgehen, wenn es Dich mal wieder "erwischt"!

Grüßle
Marle
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Praxx
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Anmeldungsdatum: 25.07.2014
Beiträge: 3203

BeitragVerfasst am: 9. Nov 2020 04:28    Titel: Antworten mit Zitat

Der Alkoholentzug gehört zu den ganz wenigen, die durchaus lebensgefährlich werden können. Außerdem können bleibende Nervenschäden entstehen - vor allem Schäden des Kleinhirns und des Hirnstamms.
Aus einem simplen Kranmpfanfall kann ganz schnell ein "Status epielepticus" werden, der zum Erstickungstod und Nierenversagen führen kann.
Man kann zwar 90% aller Alkoholentgiftungen mit Diazepam, Carbamazepin und Thiamin ambulant durchführen ("scoregesteuerte ambuante Alkoholentgiftung"), aber die Krankenkassen zahlen nicht dafür - nur in Saarlouis gibt es einen Sondervertrag dafür mit den Krankenkassen.
Allein ist ein "kalter Alkoholentzug" extrem gefährlich.

LG

Praxx
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Marle
Foren-Guru
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Anmeldungsdatum: 06.10.2016
Beiträge: 3309

BeitragVerfasst am: 9. Nov 2020 11:41    Titel: Antworten mit Zitat

Fachlich, aus medizinischer Sicht absolut richtig.
Praxx hat Folgendes geschrieben:
Der Alkoholentzug gehört zu den ganz wenigen, die durchaus lebensgefährlich werden können. Außerdem können bleibende Nervenschäden entstehen - vor allem Schäden des Kleinhirns und des Hirnstamms.

Aus der Praxis eines Alkoholikers, der schon viele Entzüge bei sich, und bei vielen anderen miterlebt hat: Da gibt es noch viele andere, schlimme Folgen, die eintreten können.
Einer biss sich während des Krampfanfalls komplett die Zunge ab/durch. Was für ihn lebenslang ganz gravierende Folgen hatte.
Ein anderer sprang im Delir gegen die Wand. Dumm nur, dass dort ein scharfkantiges Regal angebracht war. Er verlor ein Auge.
Die Kandidaten, die sich während ihrer alkoholischen Psychosen und Delirs das Leben genommen haben, hatten noch "Glück". Einige saßen hinterher im Rollstuhl, für immer gezeichnet.
Praxx hat Folgendes geschrieben:
Man kann zwar 90% aller Alkoholentgiftungen mit Diazepam, Carbamazepin und Thiamin ambulant durchführen ("scoregesteuerte ambuante Alkoholentgiftung"), aber die Krankenkassen zahlen nicht dafür - nur in Saarlouis gibt es einen Sondervertrag dafür mit den Krankenkassen.

Allein ist ein "kalter Alkoholentzug" extrem gefährlich.
LG

Praxx

Medizinisch korrekt. Die wenigstens Hauspraxen sind kompetent genug, um einen ambulanten Entzug wirklich qualifiziert zu begleiten.
Viele der Betroffenen, die einen ambulanten Entzug wagen, sind alleinstehend.
Die Situation kann schnell außer Kontrolle geraten.
Auch mit Diaz. Ich bekam in den 80ern mal Diaz zum entziehen. Aber damals war ich noch völlig unerfahren mit Entzügen, und dazu viel zu undiszipliniert, um ambulant und alleine eine Home-Entzug durchführen zu können. Welcher Arzt (med) möchte so was einschätzen können?
Welcher Alkoholiker geht zum Arzt und sagt wahrheitsgetreu die tatsächliche Konsummenge? Oder bekommt ein langes therapeutisches Gespräch, dass die ernsthafte Abstinenzabsicht (während des Entzugs) abklärt?
Bei mir hat es dann in einer Diazepam-Überdosierung und Alkoholvergiftung geendet, und letztlich auf der Intensivstation. Logisch: Diazepam, bei gleichzeitigem Alkoholkonsum und >2,5‰ kann so was schlimm enden.

Grüßle
Marle
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gast1225
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Anmeldungsdatum: 23.05.2015
Beiträge: 79

BeitragVerfasst am: 15. Nov 2020 00:50    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Südösi,

Bin mal heute zufällig auf deinem Threat gestossen, diese Symptome die du geschrieben hast erinnern sich haarscharf an meine, die mir letzten Jahrs fast mein Leben gekostet hätten oder mich anstaltsbedürftig gemacht hätten.


Also meine Suchtkarriere begann schon seit meiner frühen Jugend. Meist habe ich den ALK zum wegbeamen oder abschalten sehr exzessiv benutzt. Binge drinking.

Während es am Anfang ein bis zwei Mal Jährlich war, steigerten sich meine Exzesse sehr schleichend bis zur zwei bis viermal in der Woche. meist waren es vier bis sechs Liter Bier an einem Abend. Wegen meiner Arbeit habe ich den Hardcore Konsum aufs Wochenende / Feiertage verlegt. Wenn es Stress auf der Arbeit gab, habe ich auch in der Woche schonmal gebechert aber halt weniger.

Bei mir waren am Anfang Entzugserscheinungen ein Fremdwort. Auch dass ich ein Problem mit den ALK habe wollte ich gar nicht einsehen. Ich konnte ja von meinem Gefühl ja jederzeit aufhören. Erst nach vier Jahre Hardcore Konsum an jedem Wochenende / Feiertagen ist mir was aufgefallen, wenn der ALK Pegel runter war, wenn ich zur Arbeit / Verpflichtungen musste, dass sich mehr und mehr Ängste im Vordergrund stellten um meinen Schlaf immer schlechter wurde.
Habe diese Symptome immer noch auf die leichte Schulter genommen und mir eingeredet, dass das von Stress auf der Arbeit oder Alltagstress komme. Embarassed

Irgendwann wurden meine Schlafprobleme so krass, dass ich es schon mal geschafft habe drei Nächte komplett wach zu bleiben ohne nach dem Bedürfnis etwas zu schlafen. Habe am Anfang die Schlafprobleme als positives Zeichen gesehen, immer hyperaktiv fit zu sein um auf der Arbeit wie eine Maschine zu funktionieren. Im Gedanken dachte ich mir, ein cooler Gott der aus mir einen Supermenschen / Maschine aus mir erschaffen will der wenig bis gar nicht schlafen braucht um zu funktionieren.
Rolling Eyes

Ich denke, dass in dieser Zeit schon meine Psyche aufgrund des Schlafmangels angeknackst war. Mein Konsum war schon dauerhaft um die 16 Liter Bier der Woche. Später kamen zunehmend depressive Verstimmungen noch hinzu.

Erst nach einem Schicksalsschlag bei einem guten Kumpel, der sich durch die Sauferei ins Pflegeheim katapultiert hat, hats bei mir Klick gemacht. Anstatt einen klinischen Entzug zu machen, habe ich das Cutdown drinking, das langsame Ausschleichen des Alkohols praktiziert. Also auf eigener Faust.
Warum ich mich gegen einen klinischen Entzug und eine ärztliche Unterstützung entschieden habe, hat schon einen Grund, den werde ich diesmal nicht reinschreiben, denn es ist eine lange Geschichte.

Diese Methode ging auch ohne Probleme. Ich habe alle paar Wochen paar Flaschen Bier weniger getrunken, so dass ich in der Woche auf einen Sixpack Bier runter war. Und danach habe ich den Konsum auf zwei später auf vier Wochen verschoben. Ging alles ohne körperliche Probleme nur psychisch machte es sehr zu schaffen. Besonders der Suchtdruck war sehr ekelhaft. Und wenn ich sehr gestresst war kamen diese Schlafprobleme wieder zum Vorschein.
Somit habe ich mich entschlossen den ALK ganz wegzulassen. Nach drei Monaten ohne ein Tropfen ALk hat sich meinen Schlafarchitektur fast wie wie vor der Sucht gut eingependelt. Und meine depressiven Verstimmungen gingen ganz weg. Obwohl ich richtig beschäftigt war Arbeit, Familie viel Sport treiben hat der Saufdruck mich fast jeden Tag in die Knie gezwungen. Und leider so wie es kommen musste hat mich der ALK eingeholt. Aber statt richtig rückfällig zu werden und wieder wie früher jedes WE mich abzuschießen, haben sich diese Rückfälle auf zwei bis einmal pro Monat beschränkt.

So, was mir besonders aufgefallen war, wenn ich am einem Abend wieder rückfällig wurde und ich mir einen Rausch gegönnt habe, stellten sich bei mir am nächsten Abend starke Entzugserscheinungen, wie starkes Herz / Pulsrasen abgrund tiefe Ängste und starke Schlaflosigkeit ein. Und wenn ich versuchte einzuschlafen habe ich richtige Lichtblitze mit akustischen Halluzinationen bekommen und diese hielten einige Tage / Nächte an.
also an Schlaf ist in so einem Zustand gar nicht mehr zu denken.

So und jetzt kommt der Tiefpunkt meines ganzen Lebens. Am Weihnachten / Sylvester 2018 / 19 war ich verreißt. Dort habe ich mit zwei Tagen Pause die ganze Zeit richtig gefeiert und gesoffen. Da dachte ich dummerweise ah, schon ein halbes Jahr nix mehr getrunken da kannste ja einmalig ja richtig durchfeiern wirst ja nicht körperlich draufgehen wegen Enzugskram usw.

Twisted Evil

Drei Tage später wie ich nach Hause ankam stellte sich morgens eine so starke Unruhe ein, so dass mein ganzer Körper gefroren und gebrannt hat. Ich dachte was geht denn jetzt ab? Es stellte sich eine Dauerunruhe ein und die oben genannte Symptome wie Schlaflosigkeit kamen mit voller Wucht zurück.
Wie ich versuchte einzuschlafen war nur ein lautes pfeifen zu hören und wenn es mir trotzdem gelang ein bisschen Schlaf zu finden, dann kamen sehr krasse Halbschlaf Halluz. wo ich dachte ich werde umgebracht. Nach fast zwei Wochen haben sich die Symptome nur minimal verbessert. Besonders die Unruhe und sehr schlechter Schlaf blieben mehrere Wochen und Monate nach diesem Exzess weiterhin meine Begleiter obwohl ich seit diesem Zeitpunkt meinen Alkoholkonsum sehr stark eingeschränkt habe. Höchstens alle paar Wochen höchstens ein Bier oder ein Glas Wein bei Festen oder Geburtstagen.
Durch die wiederkehrende Schlaflosigkeit ließ sich wieder die Depression bei mir blicken aber diesmal richtig heftig mit Heulausbrüchen und starke negativen Gedankengänge. Das Ganze ging dann schubweise mit kurzen Unterbrechungen, so weiter.

Da die Symptome nach einem halben Jahr sich noch immer nicht besserten, habe ich freiwillig einen Psychiater aufgesucht und ihn alles detailliert berichtet.
Er hat bei mir eine schwere substanzinduzierte Depression attestiert. Der Psychiater meinte, durch den kalten Alkoholentzug hat sich mein Gehirn eine Funktionsstörung eingefangen. Seit einem Jahr bin ich auf Mirtazapin und auf ein schlafförderndes Neuroleptikum eingestellt.

Was mein Vorredner über das Mirtazapin geschrieben hat, so hat er vollkommen Recht, dass das Mirtazapin am Anfang einen umhaut und sediert aber später meist stimulierend aktivierend antidepressiv wirkt.

Achso, was ich bei der ganzen Sache noch positiv finde ist, dass ich seit einem Jahr keinen einzigen Tropfen ALK mehr angerührt habe. Ich weiß nicht ob dieses Horrorerlebniss vor einem Jahr mir einen Schalter im Gehirn umgelegt hat, oder das Mirtazapin mit den Neuroleptika den Saufdruck bei mir wegmachen?



Also ich fühle mich fast wie vor der Sucht also wie der Alte. Es hat aber trotz der Medikamenten Kombi sehr lange gedauert bis sich meine Psyche verbessert hat.



MFG

gast
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Marle
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Anmeldungsdatum: 06.10.2016
Beiträge: 3309

BeitragVerfasst am: 15. Nov 2020 12:55    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Anstatt einen klinischen Entzug zu machen, habe ich das Cutdown drinking, das langsame Ausschleichen des Alkohols praktiziert. Also auf eigener Faust.

Kann man machen, und das haben ich, genauso wie viele Alkoholiker, die ich kenne, auch ausprobiert.
Es ist fast gleich wie KT, und wird in einem Atemzug genannt.

Es gibt m. W. keine wissenschaftliche Studien darüber, wie hoch die Erfolgsquote ist.
Würde auch wahrscheinlich den Betroffenen, die es versuchen (möchten), wenig nutzen, weil man im Voraus nicht weiß, bei wem es (noch) funktioniert, und bei wem nicht.

Also wende ich mich lieber der Praxis zu: Grob geschätzt – von 10, die es ausprobieren, schaffen es 2 auf diesem Weg. Wobei diese 2 über kurz oder lang wieder in der alten Suchtspirale landen. Korrekterweise schreibe ich dazu: Genauso wie die anderen 8, die es auch beim ersten Versuch (mit klinischem Entzug) nicht schaffen.

Man sagt zu „cutdown drinking“ auch „die sanfte Art des Abgewöhnens“.
Angelehnt ist es an die Vorstellung: Die Sucht hat sich langsam eingeschlichen, jetzt schlecht man sie langsam aus.
Im Prinzip richtig, wären da halt nicht grundverschiedene Ausgangssituationen.
Niemand wird von jetzt auf gleich Alkoholiker (Süchtiger).
Aber wenn man süchtig ist, dann ist die Sucht – i.d.R. – ein sehr starker Trieb, der den stärksten Willen zum Wanken bringen kann.

Aus meiner heutigen Sicht: Lieber ein „Cut“, wie ein „cutdown“.
Lieber ein konsequenter Schnitt, als ein langsames Schnippeln.

Abgesehen davon halte ich es für richtig, wenn man auf die Gefahr hinweist, die beim cutdown drinking genauso wie beim kalten Entzug eintreten kann. Sie ist dieselbe, weil kein Betroffener abschätzen kann, wann der Körper physisch mit schweren Komplikationen auf eine Konsumreduktion reagiert.

Grüßle
Marle
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gast1225
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Anmeldungsdatum: 23.05.2015
Beiträge: 79

BeitragVerfasst am: 15. Nov 2020 14:54    Titel: Antworten mit Zitat

Mittlerweile bin auch der Meinung, wenn man eine Sucht zum Stillstand bringen will, dass man sofort und so schnell wie möglich damit aufhören soll. Mit Hilfe einer Entgiftung und einer anschließender Langzeittherapie und Selbsthilfegruppen.

Aber leider gibt es auch Vorfälle wo man keine Möglichkeiten hat, sich eine prof. Therapie unterzuziehen. Z.B man ist nicht krankenversichert oder hat bei der Krankenkasse hohe Schulden. Oder man hat eine ortsansässige Klinik, wo man sehr schlechte Erfahrungen sammeln kann, bei dem letzteren hatten einige Bekannte von mir solche Erfahrungen gesammelt, da war ich auch Zeuge dabei.


MFG

gast
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Südösi
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Anmeldungsdatum: 19.05.2015
Beiträge: 374

BeitragVerfasst am: 23. Nov 2020 12:59    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo zusammen.

Ich freue mich sehr über die zahlreichen Antworten, Feedbacks, Denkanstöße und Erfahrungsberichte!

Zuerst möchte ich auch noch einmal zum Mirtazapin zurückkommen:
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es mich damals, als ich auf Morphin eingestellt war, auch fast gar nicht mehr müde gemacht hat; ich hab's deshalb immer schon um 18 Uhr am Abend genommen, obwohl ich dann meistens erst um ungefähr Mitternacht schlafen gegangen bin...
Mittlerweile allerdings, seit ich L-Polamidon bekomme, hauen mich die 30 mg Mirtazapin regelrecht um! Obwohl ich es schon seit Jahren nehme. Deswegen nehme ich das Mirtazapin jetzt auch frühestens eine Stunde, bevor ich ins Bett gehe; sonst schlafe ich, wo auch immer ich dann gerade bin, meist vor dem Fernseher (im Wohnzimmer), ein; ich hab's sogar schon "geschafft", dann am Tisch sitzend einzuschlafen!

Jedenfalls habe ich diesen erneuten Entzug hinter mir! Und bin, auch wegen euren Schilderungen, motivierter denn je, nie wieder alkoholabhängig zu werden, sei es "nur" psychisch oder auch physisch!

Und wenn es, wider Erwarten, doch wieder "passieren" sollte, dann machte ich ganz, ganz sicher einen stationären Entzug - noch einmal will ich mein Glück nicht auf die Probe stellen!
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dakini
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Anmeldungsdatum: 07.04.2015
Beiträge: 3358

BeitragVerfasst am: 24. Nov 2020 11:01    Titel: Antworten mit Zitat

Ich erlebe derzeit bei einem Freund, wie es verlaufen kann, wenn man das alles zwar weiß, es gar zwei Jahrzehnte umsetzte. Warum fkt es nicht mehr? Wohl bei jedem sehr ähnlich: das Verhalten wurde "aufgeweicht" - zuvor ein klares NEIN, über wenige Jahre, 3 etwa, wurde es immer mehr, unkontrollierbarer. Jedoch hat es einen Grund.

Zunächst war es ok, "mal was zu trinken", ab 18 Uhr, bei ihm steht von jeher "seelischer Druck" dahinter. Ich kann mich noch gut an die ersten Fl erinnern... Erst noch Monate, dann Wochen, dann Tage, wo kein Tropfen getrunken wurde, dann ein, zwei Fl. Bier/Abend (Schnaps nicht), bis hin zu mehreren nun - ich hab ihn zuvor (gut 10 J) niemals "besoffen" erlebt, nun seit kurzem an der Tagesordnung. Süchtiges Trinken wurde alltäglich, als sich in zwei Beziehungen hinter einander Probleme auftaten und klar wurde, es wird Zeit, das Leben endlich mal allein in die Hand zu nehmen. Und damit, fing es überhaupt auch erst an.

Eine Grundproblematik im Hintergrund, die es ab nem gewissen Punkt unmöglich machte, noch nein zu sagen. Es wurde therapeutisch nie durch gezogen, sich das mal anzuschauen und daran zu arbeiten. Alleiniges "Nein", führt m.M.n. nicht (unbedingt) zur dauerhaften Abstinenz.

Auch Du, Marle, hast was verändert, das über das alleinige nein sagen hinaus ging. Frauen, die Dir den Alk regelrecht ins Haus brachten und Du sukzessive "aufgeweicht" wurdest. Du hast ne Entscheidung getroffen, Dir sowas nicht mehr anzutun...Im Vergleich zu dem, was für meinen Freund ansteht, war es schlicht davon abh. sich andere (keine süffelnden) Frauen auszusuchen. Und seither bist Du nüchtern geblieben. Er darf tiefer einsteigen (Traumata/Trigger).

Ohne Ursächlichkeit, keine Rückfälle. Wenn auch das nein sagen, die Basis bildet, dann "lauert" doch im Hintergrund, was Nüchternheit kippen lässt, verfolge ich Rückfälle. Du schreibst zuweilen, wie "unsinnig" es wäre, nach Gründen zu suchen...dabei war es bei Dir nicht anders, als die Ursache zu identifizieren und das erst mal in Ordnung zu bringen. Möchte ich ergänzen zu den postes, nämlich dass man sich auch den Ursachen zuwenden darf. Wink
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Marle
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Anmeldungsdatum: 06.10.2016
Beiträge: 3309

BeitragVerfasst am: 24. Nov 2020 11:46    Titel: Antworten mit Zitat

Küchenpsychologie

Zitat:
Eine Grundproblematik im Hintergrund, die es ab nem gewissen Punkt unmöglich machte, noch nein zu sagen.

Das nennt sich ganz simpel Sucht und der damit einhergehende Kontrollverlust.

Zitat:
Es wurde therapeutisch nie durch gezogen, sich das mal anzuschauen und daran zu arbeiten. Alleiniges "Nein", führt m.M.n. nicht (unbedingt) zur dauerhaften Abstinenz.

Die Fallzahlen und „Erfolgsquoten“ aus Therapieinstitutionen beweisen, dass auch eine Therapie kein Garant für eine dauerhafte Abstinenz ist. Die realen „erhobenen“ Zahlen von lebenslang Abstinenten und Rückfallern … aber ich nehm Dir nicht Deine Arbeit ab.
Ohne ein „Nein“ zum ersten Schluck, braucht man über eine längerfristige Abstinenz gar nicht diskutieren.
Und für „normale“ Menschen kommt immer der erste Schritt vor dem zweiten.

Zitat:
Auch Du, Marle, hast was verändert, das über das alleinige nein sagen hinaus ging. Frauen, die Dir den Alk regelrecht ins Haus brachten und Du sukzessive "aufgeweicht" wurdest.

Und wieder so eine Indiskretion, die Du halt aufgrund Deines Wesens nicht lassen kannst, gelle.
Wenn ich so etwa hier öffentlich schreiben möchte, dann bestimme ich, wann, wie und wo!

Zitat:
Und seither bist Du nüchtern geblieben.

Quatsch!
Dann kamen noch viele Rück- und Vorfälle.
Zitat:
Du schreibst zuweilen, wie "unsinnig" es wäre, nach Gründen zu suchen...dabei war es bei Dir nicht anders, als die Ursache zu identifizieren und das erst mal in Ordnung zu bringen. Möchte ich ergänzen zu den postes, nämlich dass man sich auch den Ursachen zuwenden darf.


Die grundlegende Ursache lautet: Suchtveranlagung.
Die wird mit hoher Wahrscheinlichkeit, egal mit welchem Suchtstoff, lebenslang erworben bleiben.
Ein ganze megagroßes Bündel von „Ursachen“ nennt sich: Lebensprobleme, Persönlichkeitsprobleme, Ängste, usw. und so fort.
Das alles kann man konstruktiv überhaupt erst angehen, wenn man – am besten lange – abstinent, clean und trocken ist. Dazu gehören auch die hypen verschreibungspflichtigen Medikamente, die Du Dir, entgegen Deinen langhaltenden Beteuerungen immer noch einwirfst.

Für die Anderen:
Als Schmerzpatient mit mehrmonatigen Aufenthalten in spezialisierten Schmerzkliniken (u.a. Clusterschmerzen), weiß ich, wie schwierig es ist, „die Spreu vom Weizen zu trennen“. Will sagen: Erstens (Mabuse) macht Dauerschmerz mürbe, zweitens ist es physisch und psychisch nun einmal so, dass Drogen/Alk zunächst einmal zu einer angenehm empfundenen Entlastung und Entspannung führen. Und auch dazu, dass man sich in diversen schwierigen Lebens-(und Schmerz)Situationen einfach mal „fallen lassen“ kann, und abschalten will.
Leider hat das halt, wie Ihr alle wisst, den ganz beschissenen Haken, an dem man dann aufgehängt wird: Der Suchtkreislauf beginnt von vorne.
Gibt so einen Spruch: Du schaffst es nur allein (das Nein-Sagen), aber alleine schaffst Du es (dauerhaft) nicht/selten.

Jetzt, in Zeiten von Corona, wo es den Gesundheitswächtern scheißegal ist, an was Ihr sonst noch so leidet, ist es sehr schwierig geworden, sich Unterstützung in Selbsthilfegruppen und/oder bei Suchtberatungen zu holen. Online-meeting ist nicht jedermanns Sache, und – wenn ich da an die Spiel- und Online-Süchtigen denke, auch nicht für jeden geeignet. Für die ist das, wie wenn ein Alki in die Kneipe zur Therapie geht. Wink
Trotzdem: Es gibt genügend (erfahrene) Helfer zur Selbsthilfe, mit denen man sich privat treffen und austauschen kann.
Praxistipps sind nützlich. Tipps von Leuten, die selbst immer noch an der Flasche oder am Drogentropf hängen, eher nicht.
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