Alkoholentzug - Erfahrungen - Behandlung - Medikamente

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Marle
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Anmeldungsdatum: 06.10.2016
Beiträge: 3309

BeitragVerfasst am: 20. Apr 2021 12:05    Titel: Alkoholentzug - Erfahrungen - Behandlung - Medikamente Antworten mit Zitat

Dakini hat Folgendes geschrieben:
Hab neulich noch gelesen, dass Distras Option sind. Fragezeichen ...Das hohe Suchtpotencial ist ja nichts neues. (Das wusste man schon damals).
Ich dachte, ich bekomme in nem Suchtforum mal ne Antwort, wie sich der Entzug gestaltet. Vllt hätte ich fragen sollen, wer der nächste Bundeskanzler wird.

Distraneurin – bei Alkoholentzug – ist nicht „nur“ eine Option, sondern immer noch das erste Mittel der Wahl.
Ist aber (z. B., als Mabuse seine Angst vor einer geschlossenen Station äußerte) schon vielfach erklärt worden.

Logischerweise kommt es bei der Medikation auch immer auf die Vorgeschichte des Patienten an.
Medikamente, mit denen ein Alkoholentzug erleichtert, und die Entzugssymptome (vor allem die gefährlichen, wie Delir, Krampfanfall) weitgehendst vermieden, oder zumindest abgeschwächte werden können, gibt es reichlich zur Auswahl (die ganze Gruppe der Benzodiazepine), aber auch bei sehr milden Entzügen homöopathische Mittel.

Bei Distraneurin spricht man von einem „Kunstfehler“ – mit Vorsatz –wenn es ambulant ohne Kontrollmöglichkeit verordnet wird.
Distraneurin auf Alkohol kommt „klasse“. Selbst ausprobiert (80er Jahre). Lebensgefährlich.
Suchtpotential haben bekannterweise alle, egal ob Distra oder Benzos.

Bei Distra wird das „sogenannte“ Schema „F“ angewandt.
Medikation – wenn man auf ganz sicher gehen will – nicht über 1‰.
Dann 2 Tage alle 6 Std. 2 Stck. (Morgens/Mittags/Abends)
… es folgt …
2 – 1 - 2
1 – 1 – 2
1 – 0 – 1
1 – 0 – 0
Kann je nach Entzugsschwere variieren.

Mehrheitlich „gieren“ die Entzugskandidaten anfangs, also vor dem Einsetzen der „richtigen“ Entzugssymptome nach solchen Mitteln. Logisch: Jeder will den Entzug so leichtfüßig wie möglich hinter sich bringen.
Kaum können sie einigermaßen wieder auf den eigenen Beinen stehen, kommt dann das allgemeine Aufbegehren gegen das „Ausgangsverbot“. (Auch dazu schrieb ich schon die gesetzlich vorgeschriebenen Vorgehensweisen und Haftung der Klinik.)
Distra zu schnell abdosiert/abgesetzt kann zu einem „Flashback“ führen. Selten, aber möglich. (Selbst erlebt.) Kommt dann ein plötzlicher Krampfanfall dazu, geht die Geschichte von vorne los.

Normale Dauer eines komplikationsfreien qualifizierten stationären Entzuges von Alkohol:
5 – 7 Tage.
In der Regel aber, einschließlich Erholungsphase und Stabilisierung meist 12 – 14-tägiger Klinikaufenthalt mindestens.

In guten Suchtfachkliniken wird direkt im Anschluss eine Motivations- oder auch Orientierungsstation angeboten. Dort findet abgespeckt ein „Vorgeschmack“ auf eine stationäre Langzeittherapie statt.
Seit ein paar Jahren habe sich die KVs und Suchtkliniken auf das sogenannte „nahtlose Übergangsverfahren“ geeinigt.
Heißt: Wenn die Voraussetzungen (vor allem der Wille des Patienten, positive Einschätzung des Therapeuten/Arztes, formale Voraussetzungen) gegeben sind, kann ein Patient direkt nach
1. Entgiftung 2. Motivations-/Orientierungsstation - nahtlos in eine LZT überführt werden.

Zitat:
Wie lange dauert das alles nach Deiner Erfahrung, Marle, wenn man es durch zieht? Vom ersten Tag NULL bis man sich wieder besser fühlt? Was kommt da auf einen zu?


Siehe oben: Man kann das nicht generell verallgemeinern.
Aber – auch wegen der bekannten „Drehtürpatienten“, die also schon einige Entzüge hinter sich haben, und deren Toleranzschwelle teils extrem im Laufe der Zeit gestiegen ist, usw….
- würde ich im Schnitt immer mit min. 7 Tage, bei einem „vernünftigen Patienten“ (der Erfahrung hat und weiß, dass in 7 Tagen nicht die Spuren von … xx Zeit Saufzeit zu eliminieren sind) eher min. 14, und am besten die bereits genannten 30 Tage (die von der KK maximal übernommen werden.)

Was kommt auf einen zu?
Ich nehme an, dass Du die Entzugssymptome meinst?
Da wird es (meist) „ekelig“. Das war/ist es aber bereits zuvor Zuhause Wink
Morgendliches „Trockenkotzen“, bis dann endlich die in den Magen laufende Gallenflüssigkeit (weil sie von der kranken überforderten Leber nicht mehr abgebaut werden kann) herausgekotzt werden kann. Das geht natürlich beim Entzug erst einmal noch ein paar Tage weiter.
Bei unter xx‰ des gewohnten Pegels unkontrollierbare Zitteranfälle, sodass in der Klinik die verabreichten Medikamente von der Hand in den Mund schon mal quer durch die Station kullern, weil man den Mund nicht trifft.
Oft versucht das Gift (der Alkohol) auf allen Wegen den Körper zu verlassen. (Ich erspare hier Details)
Manchen Patienten müssen deswegen Windeln angelegt werden.
Schwitzen ohne Ende.
Der Blutdruck geht nach oben und erreicht kritische Werte.
Die ersten paar Tage muss man sich zur festen Nahrungsaufnahme zwingen.

Daneben, die Extremfälle – die niemand im Voraus sicher einschätzen kann: Delir, Krampfanfall (also nicht „bloß“ diverse Muskelkrämpfe aufgrund des desolaten Elektrolyt-Haushalts).
Relativ viele Alkoholiker entwickeln auch ein hohes Aggressionspotential beim Einrücken und wenn der Entzug einsetzt. (Besonders natürlich diejenigen, die behördlich eingewiesen werden.)
Zum Selbstschutz und Schutz des Pflegepersonals und der anderen Patienten kann es also auch zu Fixierungen kommen.

In der bekannten langen Zeit als Betroffener, sowohl von Amphetamin (Speed, Koks), von Schmerzmitteln (Tilidin), Diazepam und Alkohol habe ich noch nie erlebt, dass „Drogisten privilegiert“ waren. Vielleicht in der Einbildung?
In allen mir bekannten Suchtkliniken und Psychiatrien wurden Drogisten separat „weggesperrt“. Die Überwachung und Reglements waren um ein Vielfaches heftiger, wie bei Alkoholsüchtigen.
Auch in den Therapiekliniken.

Grundsätzlich, so meine Erfahrung, muss man zwischen einer rein auf Sucht spezialisierten Entzugsklinik und primär psychiatrischen Einrichtungen, die auch Suchtkranke aufnehmen, unterscheiden.
Der Behandlungszuschnitt ist in einem psychiatrischen Landeskrankenhaus nicht unbedingt so maßgeschneidert, wie in einer Suchtklinik.

Noch was zur Medikation: Ein Schelm, wer mal nachfragt, welcher Arzt/KH welches Medikament der Wahl bevorzugt anwendet, und von welcher Pharma er/das KH mehrheitlich und bevorzugt beraten und bedient wird. Wink
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Praxx
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Anmeldungsdatum: 25.07.2014
Beiträge: 3203

BeitragVerfasst am: 26. Apr 2021 22:59    Titel: Antworten mit Zitat

Distra wird außerhalb von Deutschland nirgends verwendet und darf auch nur unter stationären Bedingungen angewendet werden.
Ambulanter Entzug erfolg hierzulande als "score-gesteuerte Entgiftung".
Man orientiert sich dabei am Punktwert des "CIWA"-Fragebogens.
Entzogen wird mit Diazepam 5mg Tabletten: CIWA-Score <5 = keine Medikation, 5-10: 5mg Diazepam, 10-15: 10mg Diazepam.
Als Krampfprophylaxe kann Carbamazepin genommen werden, bei Blutdruckkrisen evt Clonidin.
In Saarlouis gibt es ein Projekt, bei dem ca 90% aller Entgiftungen ambulant durchgeführt werden und das deutlich erfolgreicher arbeitet als die Standardbehandlung.

LG

Praxx
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Marle
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Anmeldungsdatum: 06.10.2016
Beiträge: 3309

BeitragVerfasst am: 27. Apr 2021 00:16    Titel: Antworten mit Zitat

Praxx hat Folgendes geschrieben:
In Saarlouis gibt es ein Projekt, bei dem ca 90% aller Entgiftungen ambulant durchgeführt werden und das deutlich erfolgreicher arbeitet als die Standardbehandlung.

LG

Praxx

Sorry, aber solche Aussagen sind mehr als ... na ja ... Cool
Der Erfolg oder Misserfolg, genauso wie die Auswahl (stationär oder ambulant) hängt zum größten Teil von den Patienten ab.
Im vorliegenden Fall hier im Forum, wäre eine ambulante Entgiftung schlicht nicht möglich gewesen.
Die IANUA geht auch nur von einer 54% Abstinenzquote nach einem Jahr aus.

Die genannten "90%" an ambulanten Entgiftungen sind schon insofern irreführend, als dass es sich bei nahezu allen dieser Patienten um Berufstätige handelt, die aber gleichzeitig noch ein intaktes soziales Umfeld Zuhause haben.
Ganz sicher nicht der Querschnitt bei Alkoholsucht. Wink

Grüßle
Marle
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Marle
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Anmeldungsdatum: 06.10.2016
Beiträge: 3309

BeitragVerfasst am: 26. Mai 2021 11:35    Titel: Antworten mit Zitat

Wir sind – oder besser gesagt: Wir werden – alle über kurz oder lang digitalisiert.
Digital – vereinfacht ausgedrückt – kennt „ein bisschen“ oder „ein bisschen mehr“ oder „ganz viel“ nicht. Digital kennt nur eine „Null“ und eine „Eins“.
Bist du „Null“ – passiert gar nix. Überhaupt nie nix. Nada. Dein System ist dann mausetot.
Bist du „Eins“ – geht die Post ab. Dann dreht alles am Rad, was an so einem Rad drehen soll. Manchmal so viel, sodass du am Durchdrehen bist.
Oder halt am Saufen oder an anderweitigen tiefenentspannenden Konsumbefriedigungen.

Analog – also dem Gegenteil von Digital – merkst du es nicht, wenn sich das Rad zu drehen anfängt, obwohl es still stehen soll. Jedenfalls behaupten das neuerdings Forscher, die sich der digitalen Welt verschrieben haben. Man muss was Neues finden, wie man „Mensch“ digitalisieren kann.
Weil Mensch dann viel leichter zu handeln ist. Quasi einen „Schalter“ einbauen, der klar definierte An/Aus-Stellungen hat. An = jetzt geht’s lo-os! Jetzt geht’s lo-os!
Aus = Nix geht ab! Nada! Du fühlst, dass du nix fühlst. Also auch nix brauchst.
Außer ---- du wärst einer von denen, die halt dann was brauchen, wenn gar nix los ist, damit endlich was los ist.

Böse Zungen werden jetzt behaupten: Das kann nur aus dem Hause Spahn kommen! Der will alles nur noch per APP regeln und kontrollieren.
Und noch bösere Schandmäuler werden spötteln: Hat bei dem noch nie geklappt. Erst die Corona-App-Pleite, jetzt die Impfpass-Pleite, und am Ende die Pleite des gesamten Gesundheitssystems.

Doch halt: Nein, es ist nicht im Haus Spahn ausgedacht worden!
Es sind einfach nur junge, aufstrebende und „moderne“ Suchtforscher, die die Schnauze voll haben, vor der Sucht kapitulieren zu müssen, und nun anfangen „die Sucht neu zu erfinden“.
Eben mittels „Sucht 2 Punkt Null“.

Warum nicht: In Zukunft laden sich Säufer oder Junkies einen „Rückfallwarner“ aufs Smarty. Dank Digitalisierung und modernster Chips hat die App nämlich etwas, was man selbst, ab 2‰ nicht mehr hat: Intelligenz!
Okay, es ist „künstliche Intelligenz“. Mit „Kunst“ hat die überhaupt nix am Hut. Kunst wäre es, wenn du dir 12 Flaschen Fürstenberg reinpfeifst, und hinterher noch stocknüchtern bist. Gemessen mit dem digitalen Atemalkoholmessgerät.
Kunst wird es auch sein, wenn du in diesem Zustand noch die App auf deinem Smarty findest.

Künstliche Intelligenz ist keine „Kunst“. Sie ist „höhere Mathematik“. Oder fachlich: Algorithmus.
Sie „checkt“, ob du gerade auf „Null“ oder auf „Eins“ stehst.
Stehst du auf Null, piept künftig deine App (mit speziell ausgesuchten Klingel oder Pip-pip-Tönen), und will dir damit sagen: Marle, alles gut! Du bist so „out“, dir kann nix passieren. Also nix Schlechtes.
Quatsch – ich stelle gerade fest: Bei „Null“ piept gar nix.
Der Algorithmus stellt dann nämlich fest, dass bei mir gerade alles tot ist. Ich fühl dann nix. Nicht mal Suchtdruck. Oder „kritische Gedanken“ in Form von „ich könnt‘ doch mal wieder?“ ….

Bei „Eins“ dagegen, da brüllt die App los! Aber wie!
Huia! Da ist Feuer unterm Dach.
Brandgefahr! Und dieser Brand will gelöscht werden müssen! Sagt jedenfalls die App.
Die „künstliche Intelligenz“ hat dann festgestellt, dass meine Synapsen gerade das tun, was sie eigentlich – analog! – tun sollen. Sich untereinander austauschen.
Das geht etwa so: Marle erlebt Stress. „Oh je“, rufen meine Synapsen, „Stress ist gar nicht gut! Da müssen wir was dagegen tun! Und dafür brauchen wir was!“
Was könnte das sein?
Logo: Stoff! Also genauer gesagt: Den Stoff, der mein Rad (s.o.) wieder abbremst oder langsamer drehen lässt. Bei 4‰ dreht sich übrigens dann gar nix mehr. Da kennt „Digital Zwei Punkt Null“ keinen Spaß: Vier Promille = Null! Kompletter Stillstand. Analog heißt das: Kurzschluss! Durchgebrannt!
Verständlich, oder?

Die App will das verhindern. Sobald die „künstliche Intelligenz“ feststellt, dass im Hause Marle die natürlichen, menschlichen Synapsen nach „Manna“ zu schreien anfangen, legt der digitale Algorithmus die weitere Vorgehensweise vor:

Stufe gelb: Vorsicht! In den nächsten Stunden könnte Suchtdruck auftreten. Umgehe das Tief, indem du zu den bekannten Alternativen greifst: 3 Stunden Joggen; 2 Stunden rein in die mit Eiswürfeln gefüllte Badewanne; ab ins Bett und an nichts anderes mehr, als an Nix denken; Ablenkung mittels TV (Hirschhausen) oder Bauer sucht Frau; binnen einer Stunde 3 Liter Kohlensäurehaltiges Mineralwasser reinpfeifen, oder alternativ 7 Schnitzel (wenig gewürzt) hinunterschlingen.

Stufe orange: Oha! Jetzt aber schnell! Ab in die nächste AA-Gruppe (AA hat immer offen! Die nächste Adresse wird dir angezeigt). Du musst jetzt unverzüglich deine ambulante Suchtberaterin anrufen. Noch besser: Geh hin und steh ihr auf die Füße! Mach ihr klar, dass sie dich ansonsten morgen in der Intensivstation besuchen kann (Stichwort: 4 Promille). Es gibt jetzt keine Umleitung mehr. Du musst dich jetzt „brutal“ und „konfrontativ“ mit deiner Sucht auseinandersetzen. Hopp oder topp! Du hast es in der Hand!
Deine App Zwei Punkt Null.

Stufe Rot: Jetzt haben wir den Salat! Checke in die nächste Klinik ein. Deine App hat schon angerufen. Das nächste freie Bett ist für dich reserviert.
Deine App hat gerade auch einen Überweisungsschein bei Deiner >Favoriten >Hausärztin beauftragt.
Deine App hat die Taxizentrale informiert. Das Taxi bringt den >Schritt 1: Überweisungsschein mit – und >Schritt 2: bringt dich in die avisierte Klinik.
Vergesse nicht alles Notwendige mitzunehmen: Zahnbürste, Zahnpasta, Schlafanzug, Waschzeug, (usw.: siehe Notfallkoffer-Button).
Achtung:
Schalte mich nicht aus. Sobald ich einen neuen Status ermitteln konnte, wirst du informiert.
Nimm dein Ladegerät mit und schließe dein Smartphone an, damit keine Unterbrechung während des Updates erfolgen kann.
Deine App: Sei immer geschützt und auf Sendung!

[Hol dir die Premium-Version. Für nur 4,99 Euro blenden wir für dich die Alkohol- und Pillenwerbung aus! Außerdem kannst du in dieser Version drei Kliniken und Getränke deiner Wahl eingeben.]

Hast du die App, geht alles ganz „easy“ über die Bühne.
Schon an der Schranke zur Klinikeinfahrt wird dein >QR-Code gescannt.
Von da an läuft alles voll digital und automatisch.
Du bist dann >safe.
Denk dran: Die App immer eingeschaltet lassen! Sobald du wieder selbst denken kannst, erfährst du es von deiner App.

Hast du die App nicht, oder aus suchtbedingter Schludrigkeit ausgeschaltet, wird es kompliziert.
Du wirst sehr wahrscheinlich weder Klinik, noch ÜB-Schein, noch sonst was erlangen können.
Ohne QR-Code, ohne digitale Überwachung deines Status wirst du nicht mal mehr merken, dass du nichts mehr merkst.
Dein Status ist dann „down“. Im schlimmsten Fall wird dein „Account“ gelöscht.

Wir arbeiten laufend am >Updates und >Verbesserungen.
Die nächste Release-Version kommt automatisch beim nächsten Absturz.
Halte deine App immer auf dem Laufenden!

In diesem Sinne: Auf zur Sucht 2.0!

https://www.dasgehirn.info/krankheiten/sucht/suchtforschung-20
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Praxx
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Anmeldungsdatum: 25.07.2014
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BeitragVerfasst am: 26. Mai 2021 14:08    Titel: Antworten mit Zitat

"Die Suchtkrankheiten verhalten sich, als ob es die Standardtherapien nicht gäbe" (Dr. Albrecht Ulmer, Suchtspezialist, Bundesverdienstkreuz, Gründer des "QUAAT"-Arbeitskreises in der DGS)
"QUAAT" steht für "qualifizierte ambulante Alkoholismus Therapie"
Die meisten Entgiftungen finden gar nicht statt, weil sie regelmäßig nur stationär angeboten werden und das von den meisten überhaupt nicht bzw nur als "letzter Notausgang" akzeptiert wird.
Kontraindikationen sind eigentlich nur vorangegangenes Delir, bekannte Entzugskrämpfe, frischer Herzinfarkt oder Schlaganfall, schlecht eingestellter Bluthochdruck oder Diabetes - und schwere psychiatrische Erkrankungen.
Patienten müssen täglich die Praxis aufsuchen können und hineichend zuverlässig sein.
Im englischen Sprachraum gibt es schon Apps für das Monitoring eines ambulanten Entzugs!

LG

Praxx
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Marle
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Anmeldungsdatum: 06.10.2016
Beiträge: 3309

BeitragVerfasst am: 26. Mai 2021 18:44    Titel: Antworten mit Zitat

Praxx hat Folgendes geschrieben:
"Die Suchtkrankheiten verhalten sich, als ob es die Standardtherapien nicht gäbe"

... usw. und so fort, einschließlich einem leidenschaftlichen Plädoyers für Baclofen schrieb schon 2015 ein User namens Practicus im Forum des Deutschen Ärzteblattes.
Seit ... 5? 10? Jahren ... "formal registrierte Alkoholsüchtige sind nur die Spitze des Eisbergs ...

Wunderbar, dann schafft sie ab, diese sinn- und nutzlosen stationären Entgiftungen und stationären Therapie.

Wobei: Die erhobenen Daten dieser Einrichtungen sind "harte" und "belastbare".
Während man sich leise fragen darf, woher die anderen Zahlen denn herkommen, wenn doch niemand formal erfasst, oder gar jemals ärztlich oder klinisch in Erscheinung getreten ist?
Genau gleich verhält es sich mit den "harten und belastbaren Erhebungen" der Selbsthilfeverbände, und den "gemutmaßten Annahmen" derjenigen, die sagen, das ein viel größere Zahl von Alkoholikern ganz ohne irgendetwas ihre Sucht zum Stillstand brachten.

Halten wir mal fest: Wo an anderer Stelle die Diagnoseschlüssel von ICD und Co. bindend herangezogen werden, nimmt man es dann plötzlich bei nie "formal" erfassten, also bestenfalls sich selbst diagnostizierenden Leuten nicht mehr so genau.

Ich versuche den Betroffenen vor allem ihre Angst vor einer qualifizierten, stationären Entzugsbehandlung, im besten Fall mit anschließender LZT zu nehmen, die halt beide zuvorderst das Eingeständnis voraussetzen, selbst mit der Sucht nicht mehr klarzukommen.
Erfahrungsgemäß sind das die ersten konkreten und informativ vertiefte Kontaktaufnahmen zu "nachhaltigem" Wissen rund um die Sucht, und auch, ganz reale Erlebnisse in Form von Wahrnehmungen: Ich bin nicht allein, ich muss mich mit meiner Sucht nicht verstecken.

Zitat:
Kontraindikationen sind eigentlich nur vorangegangenes Delir, bekannte Entzugskrämpfe, frischer Herzinfarkt oder Schlaganfall, schlecht eingestellter Bluthochdruck oder Diabetes - und schwere psychiatrische Erkrankungen.

Toll! Und wer von denen, die "formal nie erfasst wurden", weiß das?
Zitat:
Patienten müssen täglich die Praxis aufsuchen können und hineichend zuverlässig sein

So zuverlässig wie halt Alkoholiker im Dauersuff sind, und so leicht, wie Praxen zu finden sind, die bereit sind, einen ambulanten Entzug von aktiv konsumierenden Patienten täglich zu begleiten ... Twisted Evil

Grüßle
Marle
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Praxx
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Anmeldungsdatum: 25.07.2014
Beiträge: 3203

BeitragVerfasst am: 7. Jun 2021 01:26    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Marle, die "harten Zahlen" der institutionalisierten Suchthilfe sehen seit Jahrzehnte unverändert gleich aus:
Jahr für Jahr suchen 165.000 Alkoholbhängige die Suchtberatungsstellen auf (ca 10% der Betroffenen). 55.000 davon erhalten eine Kostenzusage der Reha-Träger für eine stationäre oder ambulante Reha (3.3% der Betroffenen). Die Einrchtungen beanspruchen eine "Heilungsquote" von 55% (= 1.8% der Betroffenen).
Allerdings: An den Nachfragen zum Therapieerfolg beteiligen sich nur 25% der Therapieabsolventen, von denen 55% fortdauernde Abstinenz berichten - das wird dann auf die übrigen 75% hochgerechnet. In Wirklichkeit ist es eher so, dass nur 13% der Reha-Absolventen dauerhaft kuriert werden. Das sind dann knapp 0.4% der insgesamt betroffenen Menschen.
Die Ergebnisse de IV-Projekts in Saarlouis wurden dagegen sehr sorgfältig erhoben und dokumentiert (sonst gibt es nämlich kein Geld)
Die Methode "last observation carried forward" zieht sich übrigens durch die ganze Suchtmedizin, um die erbämlichen Zahlen besser aussehen zu lassen.
Es wird irgendwie Zeit, sich auf die Suche nach anderen Therapieoptionen als den gebräuchlichen zu machen.
An der Suchtmedizin ging der Fortschritt der letzten Jahrzehnte irgenwie vorbei, es gilt immer noch der Spruch:
"eine Abstinenz, die nicht täglich erkämpft und erlitten wird, ist wertlos" - nicht ausgesprochen wird der zweite Teil des Satzes: "und wer das nicht schafft, muss halt elend krepieren"


LG

Praxx
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dakini
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Anmeldungsdatum: 07.04.2015
Beiträge: 3358

BeitragVerfasst am: 7. Jun 2021 05:45    Titel: Antworten mit Zitat

Ich hab das schon mal gelesen von Dir, den Gedanken von Kollegen, eine Sucht müsste hart erkämpft werden - nach meinen Erfahrungen ist da was dran! ...- und was ist die andere Möglichkeit? Jene Du vertrittst?

Von einem Extrem ins Andere. Die ganze Suchtbegleitung könnte besser aussehen. Und einfacher. Aber zum Glück ist das nicht mein Bereich, zumindest nicht, dass ich einplanen würde. Und Du bist ja auch längst raus, Marle, wie Du ja auch bald, Praxx, nicht?

Die paar Männeken, die es schaffen...Was ein frustrierender Bereich, den Leuten Bergen von Pillen zu verordnen. Tatsächlich kann man das richtig fnden. Oder nicht. Das ist ja sowas von Ansichtssache.
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dakini
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Anmeldungsdatum: 07.04.2015
Beiträge: 3358

BeitragVerfasst am: 7. Jun 2021 07:29    Titel: Antworten mit Zitat

ein Freud´scher? Lach Laughing Soll natürlich heißen: Nüchternheit hart erkämpft werden..
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Marle
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Anmeldungsdatum: 06.10.2016
Beiträge: 3309

BeitragVerfasst am: 7. Jun 2021 19:36    Titel: Antworten mit Zitat

Praxx hat Folgendes geschrieben:

Die Ergebnisse de IV-Projekts in Saarlouis wurden dagegen sehr sorgfältig erhoben und dokumentiert (sonst gibt es nämlich kein Geld)

An der Suchtmedizin ging der Fortschritt der letzten Jahrzehnte irgenwie vorbei, es gilt immer noch der Spruch:
"eine Abstinenz, die nicht täglich erkämpft und erlitten wird, ist wertlos" - nicht ausgesprochen wird der zweite Teil des Satzes: "und wer das nicht schafft, muss halt elend krepieren"


LG

Praxx

Hallo Praxx,
sehr sorgfältig dokumentieren müssen praktisch alle Einrichtungen, die am Topf hängen, aus dem sie gespeist werden. Wink
Ich kenne andere Zahlen.

Ich kann das, was Du schreibst, so nicht bestätigen, und meine Erfahrungen sind andere.
Vielleicht liegt es auch an der Eigen-Erfahrung, die ich als Betroffener vor Ort in div. Einrichtungen gemacht habe.

Diesen Spruch, den Du schon mehrmals wiederholt hast, habe ich in gut und gerne >40 Jahren nicht einmal gehört. Eher sogar das komplette Gegenteil, nämlich dass es mit "Kampf" nichts wird.
Ich schrieb auch schon darüber, dass in einigen Einrichtungen anhand der doch langfristig (>10 Jahre) sehr niedrigen "Erfolgsquote" längst ganz andere Therapieziele optional gesetzt werden.
Logisch: Solange Betroffene auf "high level" sind, braucht man auch darüber nicht reden.

Wieso jemand drauf kommt, dass ich "längst raus wäre" aus der Suchtselbsthilfe - keine Ahnung.

Grüßle
Marle
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Praxx
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Anmeldungsdatum: 25.07.2014
Beiträge: 3203

BeitragVerfasst am: 8. Jun 2021 02:29    Titel: Antworten mit Zitat

Als einer der wenigen Ärzte, die sich in der hausärztlichen Praxis mehr mit dem Thema "Sucht" befassen (bald befasst haben), sehe ich meine Patienten nicht nur für die Einweisung zur Entgiftung und während einer flüchtigen Behandlung über wenige Wochen oder Monate, sondern über viele Jahre und Jahrzehnte.

Aus meiner Sicht ist eine stationäre Maßnahme in erster Linie eine längere Pause im Konsum, die zu körperlicher und mentaler Regeneration beiträgt und das Überleben der Behandelten verlängert. Ob es den Patienten gelingt, daraus eine nachhaltige Veränderung ihres Konsumverhaltens zu machen, hängt von anderen Faktoren ab.
Es gibt mindestens ebensoviele Abhängige, die ihren süchtigen Konsum ohne Therapie und SHG beenden, als erfolgreich therapierte - eher mehr.
Die Untersuchungen von Bischof und Schneider zeigen, dass 55% der diagnostizierten Abhängigen ihr Konsumverhalten aufgeben, wenn sie lange genug überleben - und nur 30% davon jemals eine Therapie oder SHG in Anspruch nahmen ( Deutsches Ärzteblatt 03/2014, "Remission eher die Regel...")
Im Anwendungsbereich des "DSM-Manuals" (USA, Canada) werden Remissionsraten von 75% berichtet. Nach DSM-4 wird eine "AOD" (Abhängigkeit von Alkohol und anderen Drogen) allerdings früher und häufiger diagnostiziert.

Insgesamt unterscheiden sich der therapierte und der spontane Verlauf der Suchtkrankheiten nicht - das sollte Anlass für ein Hinterfragen sein!

In NRW codieren die Hausärzte die Diagnose F10.2 der ICD-10 nur in 0.5% der Fälle - lieber nciht danach suchen, man könnte ja fündig werden!

LG

Praxx
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dakini
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Anmeldungsdatum: 07.04.2015
Beiträge: 3358

BeitragVerfasst am: 8. Jun 2021 07:41    Titel: Antworten mit Zitat

...weil Du es selbst erzählt hast, mit einer langen Litanei gegen die Organisation im Haus, Leute, ect anbei.

Zum Thema: mir scheint, 3 Menschen, 3 Erfahrungswelten. Zumindest sind wir alle stark von dem geprägt, was wir erlebten. Das liest man deutlich. Als Arzt selbst, sieht man die Leut ja sicher clean werden - aber es gibt keine Garantie, dass sie auch zurück kommen, sind sie wieder rückfällig.

Zu den Studien: ich würde mir das ja anschauen, aber mein Interesse - über eine Plattform hinaus mit ihren Menschen - ist für den Suchtbereich gleich null. Insofern, ich las noch nie etwas darüber, suchte danach... Ich erlebte eine Menge, kannte zig User, kenne noch einige wenige - davon allein, ließe sich heute nichts ableiten. . .

Ich meine, bez Zahlen - das ist grundsätzlich so eine Sache überhaupt. Und wie wir nun ja auch ganz öffentlich gar erlebten, lach** Aber ich neige dazu, Dir zu glauben, Praxx (nicht dass ich davon ausginge, Du lügst, ganz sicher nicht! Aber "Eindrücke"? Jene können täuschen - jeden. in Deinem Falle wie ich oben schrieb allein schon...)

Unterm Strich, habe ich das Gefühl, wir sind alle drei doch "sehr überzeugt" von dem, was wir dazu schrieben. Very Happy

In einem bin ich mir jedoch sicher: die Politik mit den Rezeptblöcken, um die Leute ruhig zu stellen, in diesen Ausmaßen, ist Kacke.
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dakini
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Anmeldungsdatum: 07.04.2015
Beiträge: 3358

BeitragVerfasst am: 8. Jun 2021 08:03    Titel: Antworten mit Zitat

P.S. Ich vergaß anzufügen, dass meine Freunde, die drauf waren, noch leben, clean sind heute. Die wenigen, die ich noch näher kannte sonst, verstarben am Alk in jüngster Zeit. (oder an Krankheiten, bz schlechter Diagnostik/Therapien - bevor sie die Chance hatten, ihr Leben zu ändern)
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dakini
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Anmeldungsdatum: 07.04.2015
Beiträge: 3358

BeitragVerfasst am: 8. Jun 2021 08:19    Titel: Antworten mit Zitat

Meine Güte, ich bin so schusselig momentan mal wieder...will sagen: Die Zahlen müsste man sehr gut überprüfen, denn oft sind iwann mal Therapien gemacht worden, das war mein Gedanke, denn damals hieß es (davon bin ich geprägt auch): die Menschen benötigen oft mehrere Therapien, bevor sie clean werden, man müsste den Zahlen also trauen, dass niemals eine Thera gemacht wurde, auch nicht vor zig Jahren, was vllt nicht erhoben wurde? Statistiken sind so eine Sache, Praxx. Dazu kann ich was sagen, grins**. Im Suchtsektor jedoch bist Du von uns jener mit der meisten Erfahrung, ganz sicher. Zudem: gelernt ist gelernt. Smile

...aber wie geschrieben, solchen Daten würde ich selbst nur vertrauen, wenn ich sie auseinander genommen habe. Zudem der Med Sektor vor "einem" massiv geprägt ist und somit viele Daten. Auch das, wäre zu überprüfen.
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Marle
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Anmeldungsdatum: 06.10.2016
Beiträge: 3309

BeitragVerfasst am: 8. Jun 2021 12:30    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Praxx,
Du schreibst es: „Als einer der wenigen Ärzte“.

So ganz verstehe ich nicht, was Du – hier in einen Suchthilfeforum – mit Deinen Ausführungen bezwecken und erreichen willst?

Wir haben m. E. grundsätzlich andere Sichtweisen auf die Suchthilfe, aber das darf – und muss vielleicht sogar – so sein. Eine Beleuchtung aus unterschiedlichen Blickwinkeln bei fair und sachlich beiden Seiten gerechtwerdenden Beurteilungen „kann“ neue Perspektiven eröffnen.

Ich werde also (nicht bei meinen aktuellen Begleitungen) bei den nächsten Hilfsersuchen die Betroffen darauf verweisen, dass sie einfach nur abwarten, und lange genug überleben müssen, bis sich ihr Konsum von ganz alleine ändert.
Und bei grundsätzlichen Lebensproblemen, für die andere zu Therapien greifen, werde ich ihnen zu vermitteln versuchen, dass sich ihr Leben mit oder ohne Therapie insgesamt sowieso nicht verändern wird.

Wenn sie dann noch Fragen haben, dann schicke ich sie auf die Suche nach der unglaublichen Anzahl an Betroffenen, die nie formal „erfasst“ wurden, und die ohne all die sinn- und nutzlosen Behandlungsmöglichkeiten und Selbsthilfegruppen straight ihren Weg gefunden haben, um darüber dann, auf welchen Wegen auch immer, so ausführlich zu berichten, dass man über die konventionellen, von der Suchtmafia betriebenen Einrichtungen gar nicht mehr zu reden braucht.

Einer muss dann am Schluss noch sein, sonst wäre es kein „Marle“:
NRW ist sowieso ganz anders, wie alles andere. Sieht man am Armin, und ich bin mir sicher, auch der spricht von 0,5%, die nicht mit seiner Politik einverstanden sind. Twisted Evil

Grüßle
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